Mit dem vorliegenden Gesetzentwurf regeln wir zwei Dinge. Zum einen stärken wir die Sprachförderung in den Kindergärten und stellen gleichzeitig auch Mittel hierfür zur Verfügung, und zum anderen verabschieden wir die Beitragsfreiheit und legen einen fairen finanziellen Ausgleich fest. Wir als CDU haben von Beginn an deutlich gemacht: Die Beitragsfreiheit geht nur mit den Kommunen. - Wir haben daher diesen Gesetzentwurf frühzeitig eingebracht, damit wir ein ordentliches Beratungsverfahren einleiten können, und wir haben uns für den fairen Ausgleich zwischen Kommunen und Land stark gemacht. Im Ergebnis kann ich sagen: Das ist auch gelungen.
Herr Kollege Schulz-Hendel, ich habe Ihre Frage gesehen, aber die Frau Kollegin hat gesagt, dass sie gerne zu Ende ausführen möchte. Von daher, Frau Wulf, werden wir jetzt keine weiteren Fragen annehmen.
Danke schön. - Dabei steht fest: Ab dem kommenden Kindergartenjahr übernimmt das Land 55 % der Finanzhilfe für die Personalausgaben von derzeit 20 %, und in den drei Folgejahren wird dieser Prozentsatz auf 58 % ansteigen.
Es gab einerseits Kommunen, die mit diesem Ergebnis sehr zufrieden waren. Die haben uns sogar gesagt, dass bei denen die Einnahmen steigen würden und sie in der Lage wären, neue Spielräume für Kita-Qualität zu generieren.
Auch die kommunalen Spitzenverbände haben in der Anhörung gesagt, dass das Geld, das sie jetzt mehr zur Verfügung haben, das vorher für die Beiträge für besonders arme Familien ausgegeben wurde, natürlich im Kita-Bereich verbleiben wird.
Andererseits gab es Kommunen, die uns versichert haben, dass deren Elternbeiträge bisher so hoch gewesen seien, dass das jetzige Verfahren nun Löcher in deren Haushalt reißen würde. Dann haben wir als CDU zugesagt, dass wir genau hier Abhilfe schaffen müssen. Daher haben die Verhandlungspartner den Härtefallfonds mit 48 Millionen Euro für die kommenden drei Jahre vereinbart. Das ist aus unserer Sicht ein gutes Ergebnis. Das war auch notwendig. Vielen Dank dafür!
(Beifall bei der CDU und Zustimmung bei der SPD - Julia Willie Hamburg [GRÜNE]: Warum nur drei Jahre?)
Zudem war für uns auch ganz klar: Die Kindertagespflege ist ein wichtiger Baustein unseres Betreuungssystems. Daher haben wir uns auch dafür eingesetzt, dass die ersetzende Kindertagespflege beitragsfrei wird. Hierfür stehen 20 Millionen Euro aus Bundesmitteln zur Verfügung. Damit ist klar: Wir lassen die Kommunen nicht allein. Wir haben den Härtefallfonds vereinbart, wir stellen die Kindertagespflege beitragsfrei und haben damit sinnvolle und gute Lösungen gefunden.
Wir alle sind uns einig. Die Voraussetzung, um später in der Grundschule nach dem Kindergarten erfolgreich zu sein, ist eben die Sprache. Ja, da beginnen wir in Niedersachsen nicht bei null. Im Gegenteil, vor über zehn Jahren haben wir schon angefangen, die Sprachförderung in den Kitas auszubauen. Wir haben seit 2012 mit 6 Millionen Euro jährlich kommunale Sprachförderkonzepte verankert. Ein Element dieser umfassenden Sprachförderung war die sogenannte vorschulische Sprachförderung durch die Grundschullehrkräfte. Aber die Pädagogik hat sich mittlerweile weiterentwickelt. Denn heute wissen wir, dass dieser Sprachunterricht nicht die pädagogische Wirkung hat, die wir gerne hätten, und die Sprachförderung alltagsintegriert in der Kita erfolgen
muss. Genau das hat die Anhörung ergeben. Vielleicht lesen Sie sich die Stellungnahme des nifbe hierzu durch, was die Forschung dazu sagt.
Deshalb haben die Landkreise schon in den vergangenen Jahren Netzwerke aus Beratern, aus Sprachexperten geschaffen, die Erzieherinnen und Erzieher darin schulen, wie sie die alltagsintegrierte Sprachförderung umsetzen. Genau dieses System werden wir stärken. Hierfür versechsfachen wir die Mittel. Wir stärken den Bildungsauftrag für die Kitas und erhöhen damit auch die Bedeutung der Erzieherinnen und Erzieher. Genau diese Rückmeldung habe ich auch aus den Kitas bekommen, dass dies fachlich und sachlich ein richtiger und guter Weg ist.
Vor diesem Hintergrund macht Ihr Antrag, den Sie von den Grünen und der FDP jetzt gestellt haben, keinen Sinn, weil wir eben nicht wollen, dass sich Erzieherinnen und Erzieher jetzt ein Jahr hinsetzen, theoretisieren und Konzepte entwickeln. Nein, wir wollen die Arbeit an den Kindern haben. Deshalb werden wir diesem Antrag nicht stattgeben.
In diesem Zusammenhang noch ein paar Worte zu Ihrem zweiten Antrag: Ich hatte bisher angenommen, hinsichtlich der Beitragsfreiheit an sich bestehe Konsens, auch bei Grünen und FDP. Plötzlich stellt sich die Situation aber ganz anders dar. Denn nun stellen Sie einen Antrag, der Anreize schafft, Eltern mit hohen Kosten für die Kinderbetreuung zu belegen. Das ist genau nicht der richtige Weg. Wir wollen die Kindergärten beitragsfrei machen. Wir wollen junge Familien entlasten. Deshalb wird dieser Antrag hier keine Berücksichtigung finden.
Lassen Sie es mich aus diesem Anlass noch einmal ganz deutlich sagen! Für wen machen wir denn diese Politik? Warum werden die Kindergärten beitragsfrei? Das kann ich für die CDU ganz deutlich sagen: Wir wollen die Mittelschicht in diesem Land stärken, und das sind die jungen Familien, meine sehr verehrten Damen und Herren.
In diesem Zusammenhang noch einmal: Die Kindergartengebühren treffen in der Regel nicht die ganz Reichen; denn denen machen die Gebühren nichts aus. Sie treffen in der Regel auch nicht die ganz Armen; denn zumeist liegt hier bereits eine Befreiung vor. Nein, sie treffen die Menschen mit mittlerem Einkommen. Das sind diejenigen, die
von Steuern und Abgaben in diesem Land am meisten belastet sind. Das sind die Menschen Anfang 30, die in ihrer Einkommensentwicklung noch nicht so weit sind, wie sie später einmal sein werden, die Rentenbescheide bekommen, die alles andere als Sicherheit vermitteln. Es sind diejenigen, die sich fragen: Können wir uns das Eigenheim, können wir uns die große Wohnung für unser Leben mit Kindern eigentlich leisten? Und manchmal steht auch die Frage im Raum: Reicht das Einkommen für das zweite oder das dritte Wunschkind? Genau für diese Leute machen wir die Kindertagesstätten, die Kindergärten beitragsfrei. Dies entlastet die Mitte der Gesellschaft. Das war immer ein zentrales Anliegen der Christlich Demokratischen Union.
Lassen Sie mich, weil noch ein bisschen Zeit übrig ist, noch einmal besonders auf die jungen Mütter eingehen. Ich kenne die Konflikte der jungen Mütter aus meinem Bekanntenkreis nur zu gut. Für viele gut qualifizierte Frauen stellt sich weiterhin die Frage: Lohnt sich die berufliche Rückkehr überhaupt, wenn ich in Teilzeit arbeite, oder geht mein Gehalt für die Betreuungskosten drauf? - Ich bin stolz, dass wir diesen jungen Müttern in Niedersachsen diese Entscheidung ab jetzt erleichtern können. Damit verbessern wir die Vereinbarkeit von Familie und Beruf ganz deutlich, und wir signalisieren allen jungen Frauen in Niedersachsen: Eure Wünsche nach Beruf und Familie haben für uns einen hohen Stellenwert.
Meine sehr verehrten Damen und Herren, die Beitragsfreiheit und die Weiterentwicklung der Qualität müssen natürlich Hand in Hand gehen. Deshalb haben wir als Große Koalition in den letzten Wochen sehr viel darüber diskutiert. Im Anschluss werden wir auch noch einen Antrag zum Thema Kita-Qualität einbringen und mit Ihnen diskutieren. Nach all den Wochen der Verhandlungen bitte ich Sie aber nun um die Zustimmung zu diesem Gesetzentwurf, damit wir am 1. August mit Stolz sagen können: Das ist Niedersachsen. Hier sind die Kindergärten beitragsfrei.
Frau Kollegin Wulf, es gibt den Wunsch nach einer Kurzintervention. Frau Julia Willie Hamburg möchte diese platzieren. Sie haben maximal 90 Sekunden. Bitte!
Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Frau Wulf, ich hätte mir gewünscht, dass Sie Ihre Redezeit dafür nutzen, die vielen Sorgen, die es in diesem Land in Bezug auf die Gesetzesnovellierung gibt, ernst zu nehmen und anzusprechen. Die vielen offenen Fragen, die es gibt, haben Sie mit keinem Wort ausgeräumt.
Die Kommunen diskutieren darüber, Betreuungszeiten zu reduzieren. Es werden Flexibilisierungszeiten reduziert. Es werden Randzeiten abgeschafft. Es werden nicht ausreichend Kitaplätze zur Verfügung gestellt. Auf viele schriftliche Anfragen, die wir an die kommunalen Gremien gestellt haben, wird geantwortet, dass der Platzbedarf nicht bedient werden kann, weil sie von einem erhöhten Anspruch ausgehen.
- Sagen Sie doch nicht „was“! Das haben Sie doch wohl auch gehört. Dazu haben wir alle im Haus E-Mails bekommen. Die werden doch die CDU nicht ausgelassen haben. Das können Sie mir wirklich nicht erzählen.
Es gibt Zuschriften von Kitas, die mit der Schließung drohen, weil sie bei Ihnen durch das finanzielle Raster fallen. Es gibt Kinder, die bei Tagesmüttern sind und für die jetzt plötzlich ab dem dritten Lebensjahr trotzdem weiter Gebühren bezahlt werden müssen, weil sie nämlich gerne ein halbes Jahr länger in den Einrichtungen bleiben wollen. Es gibt Kinder, die von Grundschulen weggeschickt werden, weil sie dort keine Sprachförderung mehr bekommen, obwohl sie keine Kitas besuchen. Es gibt Kinder, für die die Sprachförderung ausfällt. Die Kitas sagen: Wir finden gar nicht das Personal, um ab August mit diesen Leuten gezielt eine zusätzliche vorschulische Sprachförderung zu machen.
Das Land erlässt Gesetze und lässt die Kommunen das Risiko dafür tragen, und Sie schweigen sich über alle diese Probleme aus. Ich erwarte von Ihnen, dass Sie zu den vielen Anregungen in den Stellungnahmen der Verbände Stellung beziehen und hier sagen, wie Sie damit umgehen wollen.
Dann geht es entsprechend der Liste der Anmeldungen weiter. Die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen ist gleich wieder dran. Frau Julia Willie Hamburg, Sie haben das Wort. Bitte!
(Jens Nacke [CDU]: Keine Feiertage, keine Beitragsfreiheit, was wollen Sie eigentlich noch? - Heiterkeit bei der CDU)
Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich kann die Flapsigkeit an dieser Stelle nicht verstehen, Herr Nacke. Das Thema ist zu ernst.
Die Beitragsfreiheit ist richtig. Daran hat hier im Haus niemand Zweifel. Auch die Grünen haben die kostenlose Bildung als großes Ziel in ihren politischen Vorhaben. Ich sage Ihnen aber ganz deutlich: Das Problem ist Ihr Hauruckverfahren, Ihre Missachtung von Stellungnahmen der Verbände und die Durchführung von Politik mit der Brechstange. Dabei fallen viele Menschen, vor allem Kinder, durch Ihr Raster.
Die Grünen-Landtagsfraktion hat im Zuge dieser Gesetzesnovellierung eine Kita-Tour gemacht und hat nach den Problemen vor Ort gefragt. Flächendeckend wurde uns gesagt, dass es - so wie Sie dieses Gesetz auf den Weg bringen - massive Probleme vor Ort geben wird.
(Beifall bei den GRÜNEN und bei der FDP - Wiard Siebels [SPD]: Und die Eltern wollen gerne ein Jahr länger bezahlen?)
Wenn man im Lexikon nachschlagen würde, was die Redewendung „Gut gemeint ist noch lange nicht gut gemacht“ bedeutet, dann wäre diese Gesetzesnovellierung das perfekte Beispiel dafür. Ich kann es nicht anders sagen: Sie fahren ein großes Gewinnerthema an die Wand, liebe Kolleginnen und Kollegen.
Die Gesetzeslücken und die Folgewirkungen sind gravierend, und das geschieht ohne Not und auf dem Rücken der Kitas, der Erzieherinnen und Erzieher und nicht zuletzt der Kinder, um die es uns allen geht. Das haben wir hier schon oft festgestellt.