Protocol of the Session on May 17, 2018

(Zurufe von den GRÜNEN: Oh!)

Aus meiner Sicht kann es dafür zwei Gründe geben: Erstens. Die Idee war doch nicht so schlecht, sodass Sie sie jetzt für die gesamte Verwaltung umsetzen wollen. Oder zweitens, das Misstrauen der Großen Koalition erstreckt sich tatsächlich nicht nur auf die Polizei, sondern auf die gesamte Landesverwaltung.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Das können Sie ja gleich noch klarstellen, sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen.

Alles in allem kann ich sagen: Sie werden bei der Beratung dieses Gesetzentwurfs Gott sei Dank nicht solch einen Schnellschuss wie beim Datenschutzgesetz hinlegen können. Wir haben uns ja schon darüber unterhalten, dass wir eine breite Anhörung im Ausschuss dazu durchführen werden. Ich kann Ihnen versichern: Die Anzuhörenden werden noch weitere Kritikpunkte nennen und diesen Gesetzentwurf ebenso zerpflücken.

Vielen Dank für die Aufmerksamkeit.

(Beifall bei den GRÜNEN und Zu- stimmung von Jan-Christoph Oetjen [FDP])

Vielen Dank, Herr Kollege Onay. - Es gibt jetzt eine Kurzintervention des Kollegen Watermann. Bitte, Herr Kollege!

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich finde, Herr Kollege Onay, Ihre Darstellung war sehr einseitig und auch sehr ausweichend. Wenn Sie sich ernsthaft mit dem auseinandergesetzt hätten, was wir in den vergangenen Jahren miteinander besprochen haben, dann hätten Sie hier erst einmal ausführen müssen, dass wir nach der Regierungsübernahme erleben mussten, dass sich dieses Land durch Terroranschläge gewaltig verändert. Damit haben wir uns auseinandergesetzt. Deshalb bin ich über Ihre Redebeiträge, aber zum Teil auch über die der FDP zu diesem Gesetz, die sehr davon abweichen, verwundert - zumal mit Blick darauf, dass wir gemeinsam den Untersuchungsausschuss zu diesem Thema begleitet haben.

(Dr. Stefan Birkner [FDP]: Nein, wir haben nie 74 Tage gefordert!)

Dabei haben wir doch feststellen müssen, dass sich die Gefahrenlage etwas verändert hat und dass wir auf ganz neue Herausforderungen reagieren müssen.

(Meta Janssen-Kucz [GRÜNE]: Wir hatten uns das schon weit vorher vor- genommen, lieber Kollege Water- mann, bevor es zu den Veränderun- gen gekommen ist!)

Das haben wir auch zusammen getan, indem wir uns damit auseinandergesetzt haben, was ein Gefährder ist und wie damit umzugehen ist. Die Gefahren haben sich verschoben.

Ich sage Ihnen ganz deutlich: Ich finde, dass wir gerade in der Frage der Sicherheit sehr sorgsam dabei sein sollten, Dinge pauschal miteinander zu vergleichen. Dieser Gesetzentwurf ist nicht vergleichbar mit dem bayerischen Gesetz. Das ist sehr spezifisch. Man kann sicherlich über einzelne Regelungen streiten, aber über eines ganz bestimmt nicht - und dass das passiert, finde ich eigentlich am erschütterndsten -: Ich finde es erschütternd, dass immer wieder ein solches Misstrauen gegenüber den Sicherheitskräften und der Justiz zum Ausdruck kommt. Ich sage Ihnen ganz deutlich: Ich habe dieses Misstrauen nicht.

(Zustimmung bei der SPD)

Ich bin mir relativ sicher, dass weder ein Richter noch ein Polizeibeamter willkürlich handeln wird.

(Beifall bei der SPD und bei der CDU)

Letzter Satz, bitte, Herr Kollege!

Ich bin mir sehr sicher, dass wir darauf vertrauen können, dass wir einen guten Sicherheitsapparat haben, der sorgsam mit diesem Gesetz umgeht. Ich frage mich, wie mancher, der seine Rechte schon an Wirtschaftsunternehmen abgetreten hat, hier eigentlich zu solchen Redebeiträgen kommen kann.

(Beifall bei der SPD und bei der CDU - Dr. Stefan Birkner [FDP]: Was? Wer hat denn seine Rechte an Wirt- schaftsunternehmen abgetreten? - Gegenruf von Ulrich Watermann [SPD]: Jeder, der bei Google surft!)

Danke schön. - Herr Kollege Onay möchte antworten. Bitte sehr!

Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Kollege Watermann, Ihre letzte Bemerkung hat mich schon etwas irritiert. Ich bitte Sie, klarzustellen, was Sie damit meinen,

(Zustimmung bei den GRÜNEN - Dr. Stefan Birkner [FDP]: Das hört sich ja an, als ob wir käuflich wären!)

ob Sie das auf mich persönlich bezogen haben. Ich habe niemandem meine Rechte - auch keinerlei Rechte in diesem Haus - abgetreten. Wie auch immer.

Die Bemerkung über die Willkür habe ich nicht auf Richterinnen und Richter bezogen, sondern - ganz im Gegenteil - auf Sie. Der Vorwurf geht ganz ausdrücklich an die Große Koalition.

(Beifall bei den GRÜNEN und bei der FDP)

Da brauchen Sie auch gar nicht mich zu kritisieren; ich bin nur der Überbringer der Botschaft. Ich habe Herrn Boris Pistorius im Innenausschuss gefragt - lesen Sie es in den Protokollen nach! -, wie diese Regelung mit den 74 Tagen zustande gekommen ist. Die Bürgerrechte sind in den Koalitionsver

handlungen wahrscheinlich regelrecht verramscht worden, meine sehr geehrten Damen und Herren; anders kann man das gar nicht beschreiben.

(Beifall bei den GRÜNEN - Wider- spruch bei der CDU)

Es standen 14 Tage bis 18 Monate im Raum - herausgekommen sind 74 Tage. Hat man das ausgewürfelt, oder wie ist das zustande gekommen? - Vielleicht kann das die CDU noch einmal darstellen. Denn hinsichtlich der Gefährdersituation kann man sich ja praktische Fälle anschauen. Ich hatte die Fälle aus Göttingen genannt. Lassen Sie uns die Verfahren doch noch einmal anschauen! Lassen Sie uns noch einmal anschauen, wie viele Tage die Personen in Präventivhaft waren, wie lange sie in Abschiebehaft waren, bis es zur Abschiebung gekommen ist, und welche Forderungen seitens der Sicherheitsbehörden in unsere Richtung geäußert worden sind. Sehr geehrter Kollege Watermann, ich bin sehr gespannt darauf, wie wir in den Beratungen weiter damit umgehen.

Sie können uns bei Ihrer Hysterie nicht sozusagen in Mithaftung nehmen, indem Sie auf die Terrorangst in der Bevölkerung, einen Rechtsruck innerhalb der Sicherheitspolitik und der Debatte verweisen. Da sind wir auch damals in unseren Beratungen nicht mitgegangen.

Letzter Satz!

Natürlich haben auch wir Kompromisse gemacht, aber z. B. eine Online-TKÜ, Staatstrojaner, aber auch eine Präventivhaft oder eine Videoüberwachung in diesem Ausmaß - darüber haben wir gestern beim Datenschutzgesetz diskutiert - hat es mit uns nicht gegeben.

(Christian Meyer [GRÜNE]: Und wird es mit uns auch nicht geben! - Beifall bei den GRÜNEN und Zustimmung von Christian Grascha [FDP])

Danke schön, Herr Kollege Onay. - Jetzt hat für die AfD-Fraktion der Kollege Ahrends das Wort. Bitte sehr!

Vielen Dank. - Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Deutschland ist so sicher wie seit 1992

nicht mehr - so sagte Bundesinnenminister Seehofer. Auch Niedersachsen ist so sicher wie seit zehn Jahren nicht mehr, wie wir hören konnten.

Grundlage für diese Aussagen ist jeweils die PKS. Trotzdem stellen wir zusätzliche Polizeikräfte ein und reformieren das Niedersächsische Gesetz über die öffentliche Sicherheit und Ordnung - künftig soll es „Niedersächsisches Polizei- und Ordnungsbehördengesetz“ (NPOG) heißen -, trotz des Schauens von Astro TV seitens der SPD, wie wir gehört haben, und trotz unbegründeter Ängste, die scheinbar doch nicht nur die AfD hat.

Nehmen wir die PKS Niedersachsen von 2014: Unter Ziffer 0.1, Mord gemäß § 211 StGB, waren 76 Fälle zu verzeichnen. 2017 waren es 154 Fälle. Natürlich kann man bei einer Verdopplung der Mordrate von Sicherheit reden; der Bürger empfindet das an dieser Stelle anders.

(Zustimmung bei der AfD)

Wir sehen, wie unsere Polizisten mit Maschinenpistolen, kugelsicheren Westen und in Bayern sogar demnächst mit Handgranaten ausgerüstet werden. Telefone werden abgehört, WhatsAppNachrichten mitgelesen; der Staatstrojaner durchforstet unsere PCs, und wir erweitern jetzt die Befugnisse der Polizei mit dem neuen Niedersächsischen Polizei- und Ordnungsbehördengesetz (NPOG).

Aber wir von der AfD sehen es leider auch als Notwendigkeit an, dies zu tun; denn wir haben eine unbekannte Anzahl von Straftätern in unserem Land - bis hin zu einer konkreten terroristischen Bedrohung. Man liest mittlerweile leider viel zu oft von Anschlägen oder gerade noch verhinderten Anschlägen und von Straftaten, die mit dem IS in Verbindung gebracht werden. Von daher sehen wir es als eine Notwendigkeit an, um die innere Sicherheit und das Recht unserer Bürger auf körperliche Unversehrtheit zu erhalten, der Polizei mehr Kompetenzen zu geben und die Möglichkeiten bei der Überwachung zu erhöhen.

Denn u. a. stellt die Kontrolle der islamistischen Gefährder und deren Anzahl in drei Jahren eine Hauptaufgabe dar. Wie wir gehört haben, hat sich die Anzahl der Gefährder verdreifacht - in nur drei Jahren. Das ist ein massives Problem für unsere Polizeikräfte. So gesehen, müssen natürlich auch elektronische Hilfsmittel genutzt werden sowie Gefährderansprachen, Anschreiben, Meldeauflagen, Aufenthaltsvorgaben, Kontaktverbote in besonderen Fällen - und das bereits auf einen bloßen

Verdacht hin - bis hin zu Bild- und Tonaufzeichnungen, um mögliche Täter bereits im Vorfeld zu identifizieren und geplante Anschläge präventiv zu bekämpfen. Ich sagte es bereits: Prävention statt Repression. Das ist die Vorgabe für die Polizei, und das NPOG ermöglicht mehr Prävention.

Von daher unterstützt die AfD-Fraktion den Gesetzentwurf der CDU und SPD. Insbesondere die Bekämpfung des islamistischen Terrorismus ist künftig ein Schwerpunkt der Polizeiarbeit, um auch die sogenannten Gefährder besser überwachen zu können und Anschläge präventiv abzuwehren. Das ist das Ziel dieser Gesetzesänderung.

Den Regelungen zur Erhebung von Daten, z. B. durch Onlinedurchsuchungen, deren Nutzung und Speicherung sowie einem umfangreichen Katalog von Standardmaßnahmen, aber auch der Präventivhaft von 74 Tagen stimmt die AfD grundsätzlich zu, obwohl es uns bei der Präventivhaft noch nicht einmal weit genug geht. Denn was ist nach diesen 74 Tagen?

Wir bedauern dabei ausdrücklich, dass die Politik, die dieses Land in den letzten Jahren geführt hat, es notwendig macht, diese Regelungen zu treffen und die Rechte der Bürger Stück für Stück immer mehr einzuschränken, um die Sicherheit zu erhalten. Es geht in Richtung Überwachungsstaat, aber wir sehen im Moment bei steigender Bedrohung leider keine andere Möglichkeit.

Aus diesen Gründen stimmen wir dem vorgelegten Gesetzentwurf so weit zu und befürworten die eingebrachten Änderungen.

Vielen Dank.

(Beifall bei der AfD)

Danke, Herr Kollege Ahrends. - Das Wort für die CDU-Fraktion hat der Kollege Schünemann. Bitte sehr!