Protocol of the Session on May 16, 2018

Immerhin hat Herr Muhle, Ihr Staatssekretär für Digitalisierung, inzwischen festgestellt, dass man in Österreich „in jeder Gondel mit dem Laptop arbeiten“ kann - das stand heute in der Zeitung -, aber dass dies in Deutschland z. B. im Zug von Berlin nach Hannover nicht möglich ist. Dieses Problem wollten wir mit unserem Antrag „Digitalisierung der Hauptverkehrsachsen“ bereits im März lösen.

Herr Minister, Ihre bei jeder Gelegenheit gehaltenen Reden zur Digitalisierung machen das Netz nicht schneller. Herr Minister, liefern Sie endlich!

(Beifall bei der AfD)

Vielen Dank. - Für die SPD-Fraktion hat sich nun die Kollegin Frauke Heiligenstadt gemeldet.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Mit dem heute zur Beratung anstehenden Gesetzentwurf werden wir ein Sondervermögen einrichten, das zum einen der Digitalisierung in Niedersachsen Vorschub leisten wird, und zum anderen werden wir zusätzliche Investitionsmaßnahmen für den Bereich der Universitätskliniken in Niedersachsen, nämlich in Hannover und Göttingen, ermöglichen.

Lassen Sie mich ganz kurz zurückschauen: Wie war das mit der Haushaltspolitik in den letzten Jahrzehnten? - Die Haushaltspolitik war immer von zusätzlichen Kreditaufnahmen und vom Verschleiß des Vermögens geprägt.

Seit einigen Jahren - konkret: seit 2016 - können wir anders Haushaltspolitik machen. Das ist einer sehr nachhaltigen und seriösen Haushaltspolitik nicht zuletzt unseres vormaligen Finanzministers Peter-Jürgen Schneider zu verdanken, aber natürlich auch der ausgeprägten Haushaltsdisziplin, die diese Landesregierung und die Vorgängerregierung geprägt hat.

(Beifall bei der SPD)

Jetzt haben wir also die Möglichkeit, mit den Ergebnissen eines guten Jahresabschlusses und einem genauso seriös und nachhaltig arbeitenden neuen Finanzminister Reinhold Hilbers neue Schwerpunkte zu setzen und neben Tilgung

(Jörg Bode [FDP]: Was für eine Til- gung denn?)

auch noch Investitionen in Niedersachsen zu tätigen. Meine Damen und Herren, das ist eine einmalig gute Ausgangssituation, um wichtige Zukunftsaufgaben unseres Landes angehen zu können.

(Zustimmung bei der SPD und bei der CDU)

Natürlich bleibt Haushaltsdisziplin oberstes Gebot. Aber mit diesen zusätzlichen Investitionsmöglichkeiten wollen wir uns wichtigen Schwerpunkten zuwenden.

Die Gründe dafür, dass wir das so machen, liegen auf der Hand: Wir befinden uns auf dem Weg in die digitale Gesellschaft. Neue Technologien und Dienstleistungen durchdringen nahezu jeden Bereich des täglichen Lebens und Wirtschaftens. Informations- und Kommunikationstechnologie eröffnet den Menschen und den Unternehmen in Niedersachsen ganz wichtige Chancen. Sie ermöglicht z. B. neue Wege des Zusammenlebens und der Zusammenarbeit, aber auch bessere Teilhabe von Menschen, denen bestimmte Teilhabemöglichkeiten bisher verwehrt waren.

Dafür ist eine flächendeckende Breitbandversorgung notwendig. Sie führt dann auch zu volkswirtschaftlich positiven Effekten, weil Wachstum und Innovation in allen Wirtschaftszweigen beschleunigt und der Bevölkerung neue Möglichkeiten zur kulturellen und sozialen Teilhabe gegeben werden können.

Diese Digitalisierung wirkt sich auf alle Bereiche des Lebens aus. Deshalb ist sie eine Aufgabe aller Ressorts. Notwendig sind unterschiedliche Strategien. Diese Strategien werden wir im Rahmen eines Masterplanes entwickeln bzw. sie werden gerade erarbeitet.

Das Ganze wird vom Ministerium für Wirtschaft, Arbeit, Verkehr und Digitalisierung koordiniert. Ein entsprechender Maßnahmenfinanzierungsplan ist aufzustellen. Das steht ganz konkret in diesem Sondervermögensgesetz. Das wird nicht in irgendwelchen Hinterzimmern diskutiert, sondern hier im Parlament. Der Maßnahmenfinanzierungsplan wird jährlich dem Haushaltsausschuss vorgelegt und bedarf immer wieder der Genehmigung. Er wird Bestandteil des Haushaltes.

Insofern ist nichts unkonkret, meine sehr verehrten Damen und Herren. Das ist ein Sondervermögensgesetz, wie es sie immer gegeben hat. Es schafft die Möglichkeit, bestimmte Investitionsförderungsmaßnahmen in einem bestimmten Umfang nachhaltig und mit einer Dauer, die nicht an einzelne Haushaltsjahre gebunden ist, auf den Weg zu bringen.

Der zweite wichtige Punkt ist die bessere Ausstattung des Sondervermögens für die Kliniken in Hannover und in Göttingen. Dabei geht es um ganz wichtige, zentrale Investitionsvorhaben in unserem Land, meine sehr verehrten Damen und Herren. Die grundlegende Sanierung der MHH und der Universitätsmedizin Göttingen ist notwendig und dient unserer Bevölkerung.

Das sind ganz klare Belege dafür, dass wir sehr konsequent die nächste Stufe unserer Finanzstrategie fortführen. Wir haben den Haushalt in Ordnung gebracht, wir haben im letzten Jahr Überschüsse erarbeitet, und jetzt können wir investieren und unsere Prioritäten festlegen. Das ist nachhaltige Finanzpolitik, meine sehr verehrten Damen und Herren.

(Beifall bei der SPD)

Zu dem Vorwurf, sehr geehrter und geschätzter Kollege Stefan Wenzel, es handele sich um einen Reptilienfonds, habe ich - weil Sie diesen ja auch schon im Haushaltsausschuss einmal angedeutet haben - bei Wikipedia nachgeschaut. Man muss es nicht glauben, aber es scheint wohl durchaus eine entsprechende Definition für einen Reptilienfonds zu sein. Dort steht u. a., dass es eine „schwarze Kasse“ sei mit „abgezweigten Mitteln oder aus vor der Steuer verstecktem Schwarzgeld, die in der

Regel zur politischen Einflussnahme oder zur Zahlung von Schmiergeldern benutzt wird und über deren Verwendung keine öffentliche Rechenschaft abgelegt werden muss“.

Lieber Kollege Stefan Wenzel, es wird hier öffentlich diskutiert. Wir sagen offen, wie viel Geld wir aus dem Jahresabschluss zurücklegen. Wir diskutieren es demokratisch im Parlament. Wir beschließen es als Gesetz. Es wird hiermit kein Schmiergeld oder so etwas gezahlt, und es wird auch nicht beschlossen, ohne öffentlich Rechenschaft abzulegen, sondern es wird regelmäßig im Haushalts- und Finanzausschuss vorgelegt, und der Maßnahmenfinanzierungsplan muss im Haushalt genehmigt werden. Noch öffentlicher und noch demokratischer geht es kaum. Deshalb würde ich das an Ihrer Stelle zurücknehmen.

(Lebhafter Beifall bei der SPD und bei der CDU)

Vielen Dank, Frau Kollegin Heiligenstadt. - Für die FDP-Fraktion hat nun das Wort Herr Jörg Bode.

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Frau Heiligenstadt, natürlich geht es demokratischer und klarer, was das Haushaltsrecht angeht. Die FDP-Fraktion hat bereits im letzten Jahr einen Nachtrag für dieses Jahr vorgelegt, und wir haben rund 50 Millionen Euro für Maßnahmen zum Breitbandausbau und zur Digitalisierung der Verwaltung direkt in den Haushalt eingestellt. Da war ganz klar, wie viel Geld in diesem Jahr verbaut werden sollte. Und Sie? - Sie haben das abgelehnt, weil von Ihnen 1 Milliarde Euro als Sondervermögen zur Verfügung gestellt werden sollte.

Heute lassen Sie die Katze aus dem Sack: Von der 1 Milliarde Euro sind gerade einmal 500 Millionen Euro übrig.

(Widerspruch von Frauke Heiligen- stadt [SPD])

Sie sagen, da wird noch mehr kommen. Aber weder in der mittelfristigen Finanzplanung noch in einer anderen Festlegung dieser Landesregierung ist nur ein Cent dafür vorgesehen.

Wo ist denn bitte schön die Milliarde, die Herr Althusmann immer abfeiert? - Sie ist irgendwo virtuell im Raum, vom Haushaltsrecht null abgedeckt. - So kann man nicht arbeiten, meine sehr geehrten Damen und Herren!

(Beifall bei der FDP und bei den GRÜNEN)

Es ist ja nicht nur so, dass Sie hier haushaltsrechtlich grenzwertig arbeiten. Der Sache, der Digitalisierung, dem Glasfaserausbau erweisen Sie so auch noch einen Bärendienst. Wir haben es hier heute ja auch vom Finanzminister gehört. In der Kabinettsbeschlussfassung war es auch so. Sie haben bei diesem Sondervermögen einen bürokratischen Weg aufgebaut, der bedeuten wird, dass in diesem Jahr nicht ein einziger Cent von dem Geld bewilligt werden wird. Nicht ein einziger Cent wird in diesem Jahr tatsächlich in den Glasfaserausbau oder Ähnliches fließen können. Sie haben also die Bremse voll durchgetreten. Sie werfen das Land zurück, meine sehr geehrten Damen und Herren.

(Beifall bei der FDP)

Herr Minister Althusmann, Sie müssen ja schon quasi beten, dass zum einen die 500 Millionen Euro noch zusätzlich kommen, aber dass zum anderen im nächsten Jahr, wenn Sie die ersten Projekte vielleicht bewilligen wollen, überhaupt noch Geld in dem Fonds ist. Denn das Gesetz sieht ja vor, dass, solange Sie nichts bewilligen, das Geld erst einmal zur HanBG zum Finanzminister gegeben werden soll, weil da die NORD/LB gerettet werden muss.

(Widerspruch von Frauke Heiligen- stadt [SPD]: - Ulf Thiele [CDU]: Was für ein Unfug!)

Dann ist tatsächlich nichts mehr da, wenn Sie die Projekte bewilligen wollen.

Gestatten Sie eine Zwischenfrage des Kollegen Thiele?

Von Herrn Thiele sehr gerne. Der durfte ja eben nicht, dann darf er jetzt zwei stellen.

(Heiterkeit und Beifall bei den GRÜNEN)

Vielen Dank, Frau Präsidentin. - Herr Bode, können Sie dem Parlament verraten, was Sie dazu treibt, hier in einem Nebensatz zu behaupten, die NORD/LB müsse gerettet werden? - Das ist eine Unverschämtheit!

(Beifall bei der CDU und bei der SPD - Frauke Heiligenstadt [SPD]: Das weiß er jetzt nicht!)

Sehr geehrter Herr Thiele, scheinbar anders als Sie lese ich Zeitung. Dieses Modell ist vom Rundblick und von anderen Medien durchaus aufgegriffen und als ein Szenario beschrieben worden, an dem Sie als Landesregierung und als Große Koalition tatsächlich arbeiten. Im Gesetzentwurf ist vorgesehen, dass das Geld übergangsweise, wenn es noch nicht abgerufen wird, zur HanBG gegeben wird. Dieses Modell wurde in den Zeitungen tatsächlich beschrieben.

(Wiard Siebels [SPD]: Wo muss nun was gerettet werden?)

Von daher, meine Damen und Herren, wollen wir doch einmal abwarten, ob, wenn Minister Althusmann 2019 Projekte bewilligen will, überhaupt ein Cent zur Verfügung steht oder ob das Geld nicht tatsächlich woanders geblieben ist.

(Frauke Heiligenstadt [SPD]: Sie ha- ben die Frage nicht beantwortet! - Wi- ard Siebels [SPD]: Die Frage haben Sie jetzt aber nicht beantwortet, Herr Bode!)

Meine sehr geehrten Damen und Herren, das, was Sie hier tatsächlich machen, ist nicht, die Digitalisierung zu beschleunigen, sondern sie zu entschleunigen. Minister Althusmann hat für den Glasfaserausbau jetzt noch rund 1 700 Arbeitstage zur Verfügung, in denen Glasfaserkabel verbuddelt werden kann, ohne dass er momentan Geld dafür zur Verfügung hat, ohne dass er dafür momentan einen Plan hat, ohne dass es momentan Förderprogramme, Förderprojekte oder gar Genehmigungen gibt.

Herr Minister Althusmann, wenn Sie mit diesem Tempo weitermachen - Sie haben das erste halbe Jahr schon ergebnislos verstreichen lassen -, dann werden Sie genauso enden wie Alexander Dobrindt. Der hat 2015 großmündig erklärt, 2018 werde es keine Funklöcher mehr geben. Heute hat sein Nachfolger eine Funklochmelde-App freigeschaltet. Die Bundeskanzlerin hofft, dass sie irgendwann wieder vom Netz genommen werden kann. Sie suchen selber auch nach dem Superfunkloch des Landes Niedersachsen, und der Nachfolger von Herrn Dobrindt erklärt, jetzt werde man aber den Funklöchern den Kampf ansagen.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, man muss nicht nur über Funklöcher reden, man muss auch etwas dagegen tun.

Sie suchen das Superfunkloch, erwarten als Pflichtfeld bei der Meldung die Begründung, warum gerade dieses Funkloch besonders ärgerlich für den Meldenden ist, und wundern sich, dass er am Ende frustriert ist, weil Sie nämlich gar nichts in der Hand haben, um das Funkloch tatsächlich zu schließen. Wenn Sie dann wenigstens etwas gegen die Funklöcher tun würden, dann wäre ja vielleicht sogar ein Sinn in dieser Meldung. So ist es nichts anderes als Beschäftigungstherapie für Menschen, die schon gestraft genug sind, weil sie zu Hause tatsächlich keinen Empfang haben.