Protocol of the Session on March 1, 2018

rechts keine Hinweise dazu, wie wir den Tierschutz in Niedersachsen verbessern.

(Beifall bei den GRÜNEN und bei der SPD)

Ich glaube, Sie haben die letzten fünf Jahre - Sie waren ja nicht im Parlament - nicht verfolgt. Wir kümmern uns doch genau um die Millionen Schweine, Rinder, Ziegen etc.

Natürlich gibt es weiterhin Missstände bei den Schlachtungen. Dazu hätte ich mir etwas gewünscht. Aber Sie greifen sich - und das gezielt - den ganz, ganz kleinen Punkt der Religionsfreiheit heraus.

Noch einmal: Nur eine einzige Ausnahmegenehmigung ist in den letzten Jahren erteilt worden. Das ist doch wirklich etwas, das man sich unter dem Gesichtspunkt der Verhältnismäßigkeit anschauen muss.

Wenn Sie Jurist sind, kennen Sie sicherlich den Unterschied zwischen Grundrechten, wie der Religionsfreiheit, und Staatszielen. Der Tierschutz und der Schutz der natürlichen Lebensgrundlagen sind Staatsziele, während die Grundrechte unabänderliche Grund- und übrigens auch Menschenrechte sind.

(Beifall bei den GRÜNEN und bei der SPD)

Deshalb ist das anders zu bewerten. Die Meinungsfreiheit, die Forschungsfreiheit sind Grundrechte. Das andere sind Staatsziele. Deshalb würde ich mir wünschen, wenn wir einen Konsens hätten. Aber für mehr Tierschutz brauchen wir, glaube ich, keine Belehrungen von der AfD. Dazu werden Grüne, SPD, CDU und FDP schon ihre eigenen Anträge stellen und den Tierschutz in Niedersachsen wirksam und wirklich voranbringen.

(Beifall bei den GRÜNEN, bei der SPD und bei der FDP - Wiard Siebels [SPD]: So ist es!)

Wir sind jetzt am Ende der Beratung.

Wir haben hier oben im Hinblick auf den Kollegen Herrn Bosse festgestellt, dass wir demnächst auch für „scheinheilig“ Ordnungsrufe verhängen wollen. Wir hatten es nur nicht in unserer Akte gefunden. Es ist aber in der Vergangenheit häufig gerügt worden, wie man uns sagte. Es wird in Zukunft auch so sein.

Wir kommen jetzt zur Ausschussüberweisung.

Federführend beraten soll der Ausschuss für Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz. Wer so entscheiden möchte, den bitte ich um das Handzeichen. - Wer ist dagegen? - Wer enthält sich? - Dann ist das einstimmig so entschieden.

Wir kommen zu dem

Tagesordnungspunkt 30: Erste Beratung: Ein neuer weltlicher Feiertag für Niedersachsen - Antrag der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen - Drs. 18/343

Zur Einbringung meldet sich gerade die Fraktionsvorsitzende Anja Piel. Sie haben das Wort.

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Dass das Thema Feiertag das Politikum der ersten Monate dieser Legislaturperiode werden würde, hätten wir nicht angenommen.

Alle, mit Ausnahme der FDP hier im Hause, sind sich einig: Es soll einen neuen Feiertag geben, ein bisschen mehr Gerechtigkeit zwischen Norden und Süden. 14 Tage in Augsburg, aber nur neun in Hannover, das ist ungerecht. Das muss geändert werden.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Wer nun denkt, das Thema wäre schnell erledigt, der hat sich an der Stelle getäuscht. Das hat die Große Koalition erst einmal grandios verstolpert.

Die Dreistigkeit: Vier Männer und eine Frau setzen den Reformationstag als Feiertag in kleiner Runde fest - zack, auf höchster Ebene geklärt. Die Parlamente in den norddeutschen Bundesländern dürfen nur noch abnicken.

Ich will Ihnen einmal den Gegensatz dazu aufzeigen. Wenn man über die Reformation spricht, dann spricht man vor allen Dingen über den Beginn der Aufklärung. Mit der Aufklärung kam die Infragestellung von Herrschaft und Macht. Und: Während der Aufklärung sollten die Menschen gegenüber den Mächtigen gestärkt werden.

Wie passt dazu diese Hinterzimmerpolitik?

(Julia Willie Hamburg [GRÜNE]: Gar nicht!)

Stephan Weil ist ja leider nicht am Platz. Ich hätte ihn an dieser Stelle gern gefragt, wie ernst er die Debatte über die Aufklärung eigentlich nimmt. Wir holen jetzt die Debatte dahin, wohin sie gehört, nämlich in das Parlament.

Es gibt Tage, die durchaus geeigneter sind als der Reformationstag. Denn nicht einmal die Hälfte der Menschen in Niedersachsen sind Protestanten. Es kann auch nicht sein, dass ein solcher Feiertag mit der evangelischen Kirche geklärt wird, dann aber ignoriert wird, dass es große Bedenken der jüdischen Gemeinden gibt - wir alle konnte das heute Morgen noch einmal lesen -, Bedenken bei den Katholiken, bei den Muslimen, bei der Humanistischen Union und bei den Frauenverbänden. Die Hälfte der Niedersachsen sind Frauen; das ist übrigens keine Glaubensfrage.

Bedenken in der eigenen Fraktion muss es auch geben. Wir lernen, dass eine satte Mehrheit in einer Großen Koalition den einzelnen Abgeordneten nicht unbedingt mehr Mitsprachemöglichkeiten bringt.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Wir wollen das gerne anders machen. Wir nehmen die Aufklärung genauso ernst wie die Gleichberechtigung von Frauen und Männern. Es gibt Tage, die für alle Menschen relevant sind. Ein weltlicher Feiertag wäre ein Zeichen eines aufgeklärten und weltoffenen Niedersachsens.

Zum Beispiel der Europatag: Die EU hat sicherlich für viel Frieden gesorgt, vielleicht sogar für mehr Frieden als die Reformation.

Oder der Frauentag: Der Frauenanteil in diesem Parlament ist beschämend niedrig. Die Hälfte der Bevölkerung ist weiblich. Wir haben 100 Jahre Frauenwahlrecht zu feiern. Wir unterstützen die Landtagspräsidentin mit ihrem guten Vorschlag.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Aber unabhängig davon, welcher Tag es am Ende wird, fordern wir ein ordentliches Beteiligungsverfahren. Liebe Landesregierung, laden Sie diejenigen ein, die diesen Feiertag verdienen!

Frau Piel, gestatten Sie eine Zwischenfrage von Dr. Birkner?

Ja.

Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Frau Kollegin Piel, wie bewerten Sie den Umstand, dass weder der die Debatte insbesondere betreibende Herr Ministerpräsident noch der Innenminister, in dessen Ressort das ja wohl zu verorten ist, dieser Debatte jetzt hier folgen?

(Beifall bei der FDP und bei den GRÜNEN)

Es scheint, dass wir als Parlament in dieser Sache nicht wichtig sind. Damit setzt sich mein Eindruck fort, dass solche Entscheidungen in Hinterzimmern getroffen werden. Offensichtlich klagen auch die beiden Fraktionen der Großen Koalition, die hier sitzen, ihr Mitspracherecht nicht ein.

(Beifall bei den GRÜNEN und bei der FDP)

Laden Sie diejenigen ein, die diesen Feiertag verdienen! Denn sie verdienen auch, dazu gehört zu werden.

(Vizepräsident Frank Oesterhelweg übernimmt den Vorsitz)

Reden Sie mit allen Religionsgruppen, und hören Sie sich auch die Einwände und Bedenken an! Und reden Sie auch mit denjenigen, die gar keine Religion haben! Die gibt es nämlich auch.

Vielen Dank.

(Lebhafter Beifall bei den GRÜNEN und bei der FDP)

Herzlichen Dank, Frau Kollegin Piel. - Das Wort hat für die CDU-Fraktion der Kollege Nacke. Bitte schön, Herr Nacke!

(Julia Willie Hamburg [GRÜNE]: Wol- len Sie vorher den Ministerpräsiden- ten herbeizitieren?)

Ich habe keinen entsprechenden Antrag gehört.

(Julia Willie Hamburg [GRÜNE]: Den können Sie doch stellen! Sie haben darin doch fünf Jahre Übung!)

- Ich bin immer wieder überrascht, wie die Aufarbeitung meiner Vergangenheit dieses Haus noch befasst.

(Heiterkeit - Dirk Toepffer [CDU]: Wir können eine Kommission einrichten! - Christian Meyer [GRÜNE]: Einen Un- tersuchungsausschuss!)

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Frau Kollegin Piel, die Debatte um den Feiertag wird in der Tat sehr intensiv geführt. Insofern kann ich nachvollziehen, dass die Grünen diese Debatte hier eröffnen und sie in dieses Haus holen.