Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Auch wenn alle schon lange wussten, dass es Briefkastenfirmen in steuerbegünstigten Staaten gibt, stellen wir jetzt fest, dass bislang offensichtlich nur die Spitze des Eisbergs von internationaler Steuervermeidung und Steuerhinterziehung entdeckt worden ist. Dabei betrifft das Panama-Datenleck nur ein Land und eine Kanzlei. Es zeigt uns dennoch ein weltumspannendes System in einer Detailtiefe, Unmittelbarkeit und zeitlichen Nähe, wie es vorher undenkbar war.
An diesen dubiosen Geschäften zur Steuerhinterziehung, Steuervermeidung und Geldwäsche waren auch deutsche Banken, Unternehmen und Privatpersonen beteiligt. Das macht den dringenden Handlungsbedarf deutlich, weil im Kampf gegen Steuerflucht bisher oft nicht genug getan worden ist und wir sehr, sehr viel konsequenter handeln müssen.
Dieses Wissen um die Dimension des Schadens ist eine wichtige Grundlage, politisch notwendige Prozesse jetzt endlich wieder oder wieder neu in Gang zu setzen. Auch wenn nach jetzigem Stand viele der Geschäfte, die öffentlich geworden sind, möglicherweise nicht illegal sind, so müssen wir uns meiner Meinung nach von der Vorstellung verabschieden, dass anonyme, nicht börsennotierte Briefkastenfirmen in Steueroasen irgendeinem legitimen Zweck dienen könnten.
Die Mehrung des Gemeinwohls steht auf jeden Fall nicht im Interesse derer, die eine solche Firma eröffnen, und vollständige Transparenz ist auch nicht deren Ziel. Daher sind auch Zweifel erlaubt, ob der Versuch, solche Gesellschaften in unschädliche leere Firmenmäntel einerseits und in schädliche Briefkastenfirmen andererseits einzuteilen, uns im Kampf gegen den systematischen Steuerbetrug weiterhilft. Ich habe daran meine Zweifel.
Der rote Faden in den Panama Papers ist die Geheimhaltung, die es den Tätern ermöglicht, illegale Erträge aus Korruption, Steuerhinterziehung, Drogengeld usw. zu waschen. Zukünftig muss nach unserer Überzeugung generell offengelegt werden, wem Vermögen tatsächlich gehört, egal wo und in welcher Anlageform es vorliegt. Dazu ist das vorgesehene Transparenzregister ein erster und wichtiger Schritt. Wir werden aber sehr darauf zu achten haben, dass nicht Hintertüren für neue Umgehungsmöglichkeiten offen gehalten werden.
Banken kommt bei diesem System der Briefkastenfirmen eine Schlüsselrolle zu, nicht nur bei der Vermittlung, sondern auch bei der Bereitstellung von Kontoverbindungen und Bankendienstleistungen. So ist es in Deutschland bislang nicht strafbar, wenn Banken ausländischen Kunden bei der Hinterziehung ausländischer Steuern behilflich sind.
Niedersachsen hat bereits 2014 eine Bundesratsinitiative zur Bekämpfung von Steuerstraftaten im Bankenbereich in den Bundesrat eingebracht. Die Vorschläge mit dem Ziel eines konsequenten Vorgehens gegen Banken im Falle systematischer
Finanzminister Schäubles jetzt vorgestellter 10Punkte-Plan zur konsequenten Bekämpfung von Steuerbetrug, trickreicher Steuervermeidung und Geldwäsche enthält viele, zum Teil auch bekannte Ideen, ist aber bisher auch noch unzureichend. Das möchte ich an einem Beispiel klarstellen. Es reicht nicht aus, Panama zur Kooperation aufzufordern, solange es zig andere Schattenfinanzplätze auf der Welt gibt, in die Geldwäscher und Steuerflüchtlinge ausweichen können.
Das führt dann lediglich zum Ansturm auf verbleibende Mega-Oasen. Die Panamapiere zeigen uns aber auch deutlich, dass es bei diesem Thema nicht um einzelne schwarze Schafe geht, sondern um einen systematisch betriebenen Betrug am ehrlichen Steuerzahler. Konkrete Maßnahmen auf nationaler und internationaler Ebene gegen internationale Steuerflucht und Steuerhinterziehung sind damit auch ein zentraler und unverzichtbarer Beitrag zur Stärkung der Steuergerechtigkeit.
Vielen Dank, Frau Geuter. - Es hat sich der Kollege Reinhold Hilbers, CDU-Fraktion, zu Wort gemeldet. Bitte schön, Herr Hilbers!
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Um es gleich zu Beginn klar zu sagen: Steuerhinterziehung ist unanständig! Steuerhinterzieher schädigen das Gemeinwesen und sind unsolidarisch! Steuerbetrug, Steuerverschleierung und Geldwäsche gehören nachdrücklich und ausdrücklich bekämpft! Dagegen muss alles getan werden!
Meine sehr verehrten Damen und Herren, das muss man aber wirkungsvoll tun. Das muss man nicht mit Schaum vor dem Mund tun, sondern man muss es analytisch tun, und man muss die richtigen Mittel wählen.
(Maximilian Schmidt [SPD]: Ohne Schaum vor dem Mund? Das geht bei Ihnen doch gar nicht! - Heiterkeit bei der SPD)
Herr Heere, Sie spielen sich hier auf wie ein moderner Robin Hood, der den Reichen das Geld nimmt und es an die Armen verteilt. Sie fordern hier wohlfeile Maßnahmen, von denen Sie wissen, dass Sie sie international gar nicht umsetzen können. Sie tun hier so, als wüssten einzig und allein Sie, was unternommen werden muss, erkennen aber nicht, dass auf diesem Feld bereits viele sehr erfolgreich tätig sind.
Sie sollten das machen, was Ihr Finanzminister zu Beginn der Debatte über die Panama Papers, die uns alle erschüttert und erschrocken gemacht haben, gesagt hat. Finanzminister Schneider hat dem NDR nämlich erklärt:
„Der deutsche Staat habe den Kampf gegen Steuerhinterziehung in den vergangenen Jahren erheblich forciert, erklärte der SPD-Politiker.“
„Als positiven Schritt im Kampf gegen Steuerkriminalität nannte Schneider das internationale Steuerabkommen, dem bisher 70 Staaten beigetreten sind. ‚Wir schieben damit den internationalen Datenaustausch an, dann brauchen wir auch keine CDs mehr zu kaufen.‘“
Ich kann ihn darin nur ausdrücklich unterstützen. Herr Heere, Sie sollten, was den Schäuble-Plan angeht, insbesondere was den Punkt internationale Transparenz zu schaffen betrifft, Ihren Finanzminister und den Bundesfinanzminister unterstützen. Herr Schneider, wenn Sie dabei die Unterstützung von den Grünen nicht bekommen - von uns haben Sie sie in dieser Frage ausdrücklich!
Meine Damen und Herren, Steuerbetrug können Sie nur bekämpfen mit internationaler Transparenz und indem Sie international kooperieren und den Informationsaustausch voranbringen. Dabei ist in den vergangenen drei Jahren, von der Bundesregierung angestoßen, mehr passiert als in den 30 Jahren zuvor. Ich sage nicht, dass wir dabei am Ziel sind. Aber ich weise ausdrücklich darauf hin,
dass Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble keiner ist, der Steuerverschleierung wünscht oder dort nachlässig handelt. Im Gegenteil! Er hat diese Dinge maßgeblich angestoßen. Sie sind in Europa und mit allen Staaten verhandelt worden. Es ist ein riesiger Erfolg, dass diese Verhandlungsergebnisse erzielt worden sind, meine Damen und Herren.
Wir brauchen Vereinheitlichung und Transparenz. Auch Panama muss hier kooperieren. Geschäfte mit den Staaten, die nicht kooperieren, müssen international teilweise verboten oder überwacht werden. Ich warne aber davor, das Kind mit dem Bade auszuschütten. Bei den Briefkastenfirmen müssen wir sehr wohl zwischen unschädlichen leeren Firmenmänteln und schädlichen Briefkastengesellschaften, durch die etwas verschleiert oder vertuscht werden soll, unterscheiden.
Transparenz ist geboten, meine Damen und Herren. Aber das Wichtigste bei Transparenz ist, dass die zuständigen Behörden, nämlich die Steuerbehörden und die Strafverfolgungsbehörden sowie die für Geldwäsche zuständigen Stellen, in der Lage sind, an die entsprechenden Daten heranzukommen. Es muss klar sein, wem welches Unternehmen gehört. Es muss aus diesen Listen bzw. Aufstellungen zu erkennen sein, wer zu welchem Unternehmen gehört und wer welches Unternehmen zu welchem Zweck eingerichtet hat und was mit diesen Unternehmen passiert und wer für diese Unternehmen verantwortlich zeichnet, meine Damen und Herren.
Deshalb müssen wir diese schwarzen Listen auf europäischer Ebene weiter voranbringen. Dieser Mechanismus funktioniert nur international. Sie müssen darüber mit allen Staaten verhandeln. Das alles sind souveräne Staaten, denen Sie nicht irgendetwas oktroyieren können, denen wir aber mit Nachdruck zeigen müssen, dass wir nicht willens sind, mit Staaten, die sich an diesen Dingen nicht beteiligen, Geschäfte zu machen, und dass wir sie unter besondere Beobachtung stellen.
Deutschland wird dieses Register der Unternehmenskonstruktionen und der wirtschaftlich Berechtigten, das Transparenz herstellen soll, schnell einrichten. Auch die 4. Anti-Geldwäsche-Richtlinie der Europäischen Union soll weiter vorangebracht werden, damit wir auch bei Geldwäsche zu noch effektiveren Formen der Bekämpfung kommen,
Nun zum letzten Stichwort. Sie haben über die Banken gesprochen. Banken, die sich an Geschäften, die diese Dinge fördern, beteiligen und deren Beteiligung offensichtlich nachgewiesen werden kann, gehören bestraft. Derartige Geschäfte sind heute schon rechtswidrig.
Wir müssen alles tun, dass diese Geschäfte erkannt werden; denn das alles hat nur dann einen Sinn, wenn Sie sie nachweisen können. Die Transparenz zwischen den Staaten steht dabei ganz oben auf der Tagesordnung. Wir müssen die Transparenz herstellen.
Ich finde, der 10-Punkte-Plan von Schäuble bringt das hervorragend zum Ausdruck. Er hat es verdient, von der Niedersächsischen Landesregierung unterstützt zu werden.
Vielen Dank, Herr Hilbers. - Nunmehr hat sich unser Finanzminister Herr Schneider zu Wort gemeldet. Bitte schön!
Vielen Dank. - Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Alle Redner haben darauf hingewiesen, dass Steuergerechtigkeit und eine faire Finanzierung der öffentlichen Haushalte die Grundvoraussetzungen für ein funktionierendes Gemeinwesen und einen handlungsfähigen Staat sind. Internationale Steuerflucht und Steuerhinterziehung führen dazu - darin sind wir uns wohl alle einig -, dass nicht nur dem Staat die ihm zustehenden Mittel fehlen, sondern dass auch die Gerechtigkeit auf der Strecke bleibt, die Gerechtigkeit gegenüber den ehrlichen Steuerpflichtigen, die dann die Dummen sind.
Mangelnde Transparenz und ein eingeschränkter Austausch von Informationen in Steuerangelegenheiten begünstigen internationale Steuerflucht und Steuerhinterziehung. Es war richtig, dass seinerzeit das Abkommen über anonymisierte Zahlungen, das Bundesminister Schäuble mit der Schweiz schließen wollte, gescheitert ist und dass die Amerikaner die Kavallerie haben reiten lassen. Die haben nämlich mit ihrer Wirtschaftsmacht den Durchbruch gegen die Schweiz erzielt.
Dass wir diese Schwarzgeldkonten heute nicht mehr haben, ist das Ergebnis dieser Politik, einer Politik, die nicht so viel Verständnis für die Steuerhinterzieher hat, wie ich es manchmal bei dem einen oder anderen heraushöre.
Wir haben konsequent durchgegriffen. Wir haben mit den Steuer-CDs durchgegriffen. Auch diesbezüglich haben Sie sich immer sehr bedeckt gehalten, Herr Grascha.