Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Sehr verehrte Damen und Herren! Ich bin der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen für diesen Tagesordnungspunkt sehr dankbar; denn auch ich persönlich habe den Eindruck, dass diese Themen gerade aufgrund der vielen Opfer und der Langfristigkeit von strahlendem Atommüll zu schnell in Vergessenheit geraten. Ich denke, man muss in der Gesamtbetrachtung auch die Historie betrachten. Von den 50er-Jahren bis zum Jahr 2000 waren alle Bundesregierungen - egal welcher Farbe, auch unter Beratung von Wissenschaftlern - der Ansicht, dass Kernenergie eine saubere Energie und eine effiziente Energie ist. Es gab ein Atomministerium. Franz Josef Strauß war wohl der prominenteste Atomminister.
Aber im Laufe der Jahre gab es auch Kritik. Es gab Fragen. Es gab insbesondere die Frage, wohin der Müll soll. An der Stelle kam natürlich Niedersachsen in den Fokus. Einige Kolleginnen und Kollegen waren im Asse-Untersuchungsausschuss und konnten auch in historische Akten hineinsehen. Man war sich schnell einig: Den hoch radioaktiven Müll lagern wir zwischen, für den mittelradioaktiven und den schwach radioaktiven Müll nehmen wir dieses Bergwerk Asse II, und unter dem Deckman
Aber man muss natürlich auch eine Frage zu dem Müll stellen. 30 Staaten betreiben AKWs. Nicht in einem einzigen Land ist ein Endlager im Betrieb. Die Frage ist noch immer ungelöst, meine sehr verehrten Damen und Herren.
Bei einem Uranbrennstab ist es ja ähnlich wie mit einer Batterie. Die ist auch irgendwann leer. Eine Batterie kann man entsorgen. Dafür ist eine Lösung gefunden worden. Bei einem Uranbrennstab ist das nicht so einfach möglich. Es gibt eine Halbwertszeit von 1 Million Jahre. Über die muss man sich Gedanken machen.
Die Bundesregierung hat diesen Irrweg der Kernenergie bis zum Jahre 2000 verfolgt. Rot-Grün hat dann im Jahr 2000 den Ausstieg beschlossen. Danach hat Schwarz-Gelb den Ausstieg aus dem Ausstieg beschlossen. Nach Fukushima - Simsalabim - gab es wieder einen Ausstieg. Bei den Kolleginnen und Kollegen von Schwarz-Gelb dauern manche Entscheidungsphasen zwar ein bisschen länger. Aber letzten Endes sind sie doch wohl auf den richtigen Weg gekommen.
Die Lage stellt sich so dar, dass es bei den AKWs, die in Deutschland betrieben werden und auf die ich den Fokus richten möchte, in den letzten sechs Jahren 1 000 Störfälle gab. Fukushima und Tschernobyl sind doch Namen des Schreckens. Das sind doch Namen der Angst, der Verunsicherung. Da möchte doch - das sage ich in aller Deutlichkeit - keiner mehr wohnen, und da möchte auch keiner mehr hin.
Bei dem GAU von Tschernobyl sind Hunderte von Menschen gleich verstorben, Tausende erkrankten schwer, und Hunderttausende haben unter Missbildungen und Krankheiten zu leiden. Eine verseuchte Landschaft wurde hinterlassen. Das Ausmaß ist bis heute nicht bekannt.
Schon bei kleineren Unfällen kann es, vor allem bei betriebenen Atomkraftwerken, zu Strahlenbelastungen kommen. Die Gefahr steigt natürlich, je älter die Kraftwerke sind. Gerade weil die Betreiber wissen, dass Sie die Werke bis 2022 abschalten müssen, liegt natürlich die Versuchung sehr nahe, Geräte und Instrumentarien eventuell länger laufen zu lassen. Darum bedarf es einer starken Atomaufsicht. Die hat das Land Niedersachsen. An der
Erstens. Es gibt keine absolute Sicherheit. Das lehrt uns die Vergangenheit. Tschernobyl ist letzten Endes durch einen menschlichen Fehler entstanden.
Fünfter Punkt. Kernenergie leistet keinen, und zwar auch nicht den geringsten Beitrag zum Klimaschutz. Das haben die Bundesregierungen schon in den 90er-Jahren festgestellt, meine sehr verehrten Damen und Herren.
Das heißt, de facto ist Atomenergie aus ökonomischen, aus ökologischen und aus sicherheitspolitischen Gründen nicht zukunftsfähig. Der Ausstieg ist der einzige vernünftige und richtige Weg.
Es gibt Alternativen, denen die Zukunft gehört. Dafür macht sich diese Landesregierung stark. Dafür danke ich ihr.
Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Politik besteht nicht aus dem Beschreiben der Vergangenheit. Politik muss mehr tun als das, was die beiden Kollegen von SPD und Grünen hier heute Morgen abgeliefert haben. Dafür sind wir nicht gewählt worden.
Ich habe Ihnen sehr deutlich zugehört, und ich habe auf das gehört, was Sie gesagt haben, aber noch viel mehr auf das, was Sie nicht gesagt haben. Und das, meine sehr geehrten Damen und Herren, ist skandalös.
Wir erinnern uns an den Sommer 2011! Fukushima war am 11. März gerade passiert. In der gesamten Bundesrepublik bestand Einigkeit: Ja, wir steigen aus! - Ich frage Sie, meine sehr geehrten Damen und Herren: Was kann denn Politik in einem Land konsequenter machen, als nach dem Ereignis von Fukushima auszusteigen?
Daran gibt es auch gar nichts zu rütteln oder zu deuteln. Das muss nicht ins Grundgesetz, Frau Kollegin. Das ist Konsens in diesem Lande. Und dazu stehen wir auch.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, ich darf noch einmal um Ruhe bitte. Wir unterbrechen so lange, bis Ruhe eingekehrt ist. - Herr Bäumer, die Zeit wird gestoppt. - Bitte!
Nach und nach gehen die Kernkraftwerke vom Netz. 2021 wird Grohnde abgeschaltet sein und 2022 Lingen. In ca. sechseinhalb Jahren, meine sehr geehrten Damen und Herren, ist die Stromproduktion aus Kernkraftwerken in Deutschland Geschichte. Aber was passiert dann? - Dazu, meine sehr geehrten Damen und Herren, habe ich
Darüber würde es sich lohnen zu sprechen. Ich stelle fest: Ein Endlager für hoch radioaktive Stoffe ist nicht vorhanden. Ich stelle fest: Ein Endlager für schwach und mittelradioaktive Stoffe gäbe es in Schacht Konrad. Aber diese Regierungsfraktionen tun momentan alles, um zu sagen: Auch das geht nicht. Dazu müssen wir noch einmal ganz von vorne anfangen.
Wir haben Zwischenlager quer durch die Republik an allen Standorten von Kernkraftwerken, und da reden Sie hier heute Morgen vom Thema Risiko! Ich frage Sie: Wo ist denn da das Thema Sicherheit? Wie sorgen wir dafür, dass die radioaktiven Abfälle, die quer durch die Republik verteilt sind, sicher aufbewahrt werden? - Dafür tun Sie, meine sehr geehrten Damen und Herren, nichts.
(Beifall bei der CDU und bei der FDP - Miriam Staudte [GRÜNE]: Ich habe Sie noch nie bei der Endlagerkom- mission gesehen!)
Ich kann mich erinnern, dass früher auf der linken Seite des Hauses von Gorleben als Kartoffelscheune gesprochen worden ist. Davon habe ich in den letzten drei Jahren überhaupt nichts gehört. Wir haben das Zwischenlager in Leese. Wir nehmen zur Kenntnis, dass dieser Umweltminister regelmäßig Pressemitteilungen verschickt, in denen es heißt: Es sind an den Fässern in Leese schon wieder irgendwelche Ringe aufgeplatzt. - Ich würde mir das gerne in der nächsten Woche mit meinem Arbeitskreis anschauen. Vielleicht schafft es das Umweltministerium ja auch, das Ganze zu genehmigen, sodass wir da hinfahren dürfen.
Ich muss ganz ehrlich sagen, lieber Kollege Tonne: Es kann Ihnen doch überhaupt nicht recht sein, dass Sie bei sich zu Hause ein Zwischenlager haben, das doch de facto ein Endlager ist; denn, meine sehr geehrten Damen und Herren, nach alldem, was passiert, kann man doch nicht davon ausgehen, dass bis zum Ende des Lebens bestimmter Personen dieses Lager aufgelöst sein wird. Selbst bei einem Kind, das heute, im Jahre 2016, geboren wird, ist nicht sicher, dass es erleben wird, dass wir in Deutschland ein Endlager haben werden. Dieser Minister Wenzel hat letzte Woche bei einer seiner berühmten Endlagerveranstaltungen aus der Reihe „Bis in alle Ewigkeit …“
eine Grafik aufgelegt, in der es hieß, ein Endlager in Deutschland werde voraussichtlich im Jahre 2120 zur Verfügung stehen. Dann wäre das Thema abgeschlossen. - Meine sehr geehrten Damen und Herren, haben wir die Chance, das noch zu erleben? - Ich fürchte, nein. Da würde ich mir, lieber Kollege Wenzel, lieber ein wenig mehr Einsatz wünschen, Einsatz von Ihnen, und dass Sie nicht in die Vergangenheit schauen, sondern dass Sie in die Zukunft schauen und mit aller Kraft anpacken, dass wir diesen Müll endlich sicher dahin bekommen, wo er sicher ist.