Trotzdem stellen für mich die Ereignisse der Silvesternacht in Köln eine Art Zäsur dar. Es waren abscheuliche Übergriffe auf schutzlose Personen, die ich aufs Allerschärfste und mit aller Deutlichkeit verurteile.
Die Heftigkeit der aktuellen politischen Debatte ist unverkennbar. Jeden Tag flattern neue Lösungsvorschläge auf den Tisch. Wer aber vorschlägt, meine Damen und Herren, dass in Köln auch die Schusswaffe hätte zum Einsatz kommen müssen, der macht dies entweder aus Unwissenheit der
Gott sei Dank haben wir in unserem Land gut ausgebildete und besonnene Polizeibeamtinnen und -beamte,
die ihre Einsatzmittel verantwortungsvoll einzusetzen wissen. Auch das hat der Bericht des Innenministers gezeigt.
Das Schlimmste für mich ist aber, meine Damen und Herren, dass eine solche Äußerung eines stellvertretenden Fraktionsvorsitzenden nicht von der Fraktionsspitze, von Ihnen, Herr Thümler, als Vorsitzendem dieser Fraktion, gestoppt und korrigiert worden ist.
Die Ereignisse von Köln haben eine Diskussion hervorgerufen, die viele verschiedene Dinge und Themen miteinander vermengt. Als Erstes stand die Frage im Raum, ob Männer aus dem nordafrikanischen Raum, aus dem muslimischen Raum mehrheitlich eine andere Vorstellung vom Selbstbestimmungsrecht der Frauen haben.
Meine Damen und Herren, wir haben lange für die Gleichberechtigung in unserer Gesellschaft gekämpft und kämpfen an ganz unterschiedlichen Stellen leider immer noch dafür. Jede Frau und jeder Mann haben die gleichen Freiheiten und Pflichten. Jede und jeder haben vor allem das Recht der sexuellen Selbstbestimmung. Nein heißt auch Nein.
Jede und jeder, die und der hier leben, und zwar völlig unabhängig von ihrer und seiner Herkunft und davon, aus welchem Kulturkreis sie und er auch immer kommen mögen, haben das zu akzeptieren, meine Damen und Herren.
Als Frau sage ich Ihnen auch ganz deutlich: Ich lasse mir von niemandem neue Verhaltensregeln aufschreiben. Das war völlig daneben.
Ob uns die Integration der vielen Menschen, die tagtäglich zu uns kommen, auch gelingt, hängt von vielen Faktoren ab, nämlich davon, ob der Zustrom weiter ungebremst anhält, ob wir im Bereich Sprache und Integration in den Arbeitsmarkt oder auch im Bereich sozialer Wohnungsbau vorankommen, aber eben auch davon, ob unsere Rechtsordnung und unsere Wertegemeinschaft akzeptiert werden. Wir müssen also nicht nur unsere Sprache, sondern auch das vermitteln, was unsere friedliche und stabile Gemeinschaft und unsere Rechtsstaatlichkeit ausmacht. Denn, meine Damen und Herren, alle Frauen und Männer müssen sich hier in unserem Land frei und unbeschwert bewegen können, ohne dass sie Übergriffen ausgesetzt sind, und zwar völlig egal, welcher Herkunft, welchen Geschlechts oder Glaubens sie sind. Unser Land ist weltoffen, und dabei soll es bleiben, meine Damen und Herren.
Aber wir haben auch in unserer eigenen Gesellschaft Nachholbedarf. Nicht jeder hält sich an diese Verhaltensregeln. Deshalb ist das zweite Thema der öffentlichen Diskussion auch völlig losgelöst von der Flüchtlingssituation zu diskutieren: die Verschärfung des Sexualstrafrechtes. Unsere Rechtsordnung muss jede nicht einverständliche sexualbestimmte Handlung unter Strafe stellen. Ich bin froh, dass jetzt endlich das Bundeskanzleramt die monatelange Blockade des Gesetzentwurfs unseres Bundesjustizministers Heiko Maas aufgegeben hat.
Ich hoffe, dass wir nun schnell zu neuen Regeln kommen können. Denn sexuelle Übergriffe sind nicht erst seit Köln oder Hamburg auf der Tagesordnung, meine Damen und Herren.
Thema Abschiebungen. Manchmal kommt es mir so vor, als wenn Abschiebungen ein Allheilmittel sein sollen. Viele fordern reflexartig schnellere Abschiebung bei Straftätern. Hier lohnt es sich, einmal nachzuschauen und nachzudenken, bevor man neue politische Forderungen in den Raum wirft. Zunächst brauchen wir doch eine Debatte darüber, ob das bestehende Recht auch angewandt wird. Wir dürfen doch nicht da Lösungen vorgaukeln, wo keine sind.
Richtig ist daher der Ansatz von Sigmar Gabriel, sich auch um Abkommen mit den Herkunftsstaaten zu bemühen, die nicht bereit sind, ihre Landsleute wieder aufzunehmen. Hier ist eindeutig der Bund gefragt, meine Damen und Herren.
Oft entsteht der Eindruck, wir hätten mit viel mehr Abschiebungen die Probleme des starken Zuzugs gelöst. Das ist jedoch ein Irrglaube. Wer rechtlich keine Chance auf Anerkennung als Asylberechtigter hat, muss wieder in das Heimatland zurück; das ist gar keine Frage. Aber die Hindernisgründe, die dem oft entgegenstehen, sind doch nicht einfach aus der Luft gegriffen. Auch täte ein bisschen mehr Sachlichkeit in dieser Debatte sehr gut.
Wichtiger ist jedoch, dass wir die Fluchtursachen stärker bekämpfen. Wir müssen uns als wirtschaftlich starke Länder stärker vor Ort engagieren und dafür sorgen, dass die Menschen gar keinen Grund mehr haben, sich auf diesen gefährlichen Weg zu machen. Hier sind der Bund und die EU gefragt. Das müsste das Ziel von Frau Merkel sein, meine Damen und Herren.
Leider bewegt sich da wenig. Hier vermisse ich auch eine klare Positionierung der Landes-CDU. Von Ihnen, Herr Nacke, kam heute Morgen kein Wort dazu - kein Wort zu den ungebremsten Flüchtlingsströmen, kein Wort zum Versagen Ihres Bundesinnenministers und des BAMF. Alle wissen, meine Damen und Herren: Bei Ihnen brennt die Hütte richtig! Frau Merkel steht unter Druck wie niemals zuvor. Und die CDU in Niedersachsen sagt kein Wort, liefert keine Fakten dazu. Also, gute Reise bei dem, was Sie da vorhaben!
Meine Damen und Herren, als letztes Thema, das hier reflexartig neben allen anderen Themen auftaucht, ist das Thema „Mehr Personal für die Polizei“. Schärfere Gesetze und mehr Polizei werden immer schnell gefordert, und zwar aus allen politischen Richtungen. Nur macht es diese Forderung nicht immer richtiger. Dann muss man der Bevölkerung auch erklären, dass, wenn man 1 000 Polizisten fordert, diese erst einmal ausgebildet werden müssen, bevor sie auf der Straße sind. Sie haben damals, als wir - - -
Sie haben damals, als wir in einer Enquetekommission den demografischen Wandel besprochen haben, nichts gemacht. In zehn Jahren haben Sie keine Vorratseinstellungen gemacht.
(Jörg Bode [FDP]: Das war die Zeit, als Sie das Tausenderprogramm der Polizei abgelehnt haben! Schämen sollten Sie sich!)
Meine Damen und Herren, ja, auch unsere Polizei steht unter einem enormen Druck. Auch die Flüchtlingsströme tragen das Ihrige dazu bei. Dabei wissen wir doch alle, dass Niedersachsens Polizei so stark ist wie nie. Sie selbst haben auch in Ihrer Regierungszeit zusätzliche Stellen geschaffen, leider durch die Zielvereinbarung III dann wieder abgebaut. Richtig ist, dass der Bund und viele Länder, insbesondere die ostdeutschen Länder in den letzten Jahren teilweise massiv Personal bei der Polizei abgebaut haben. Wir in Niedersachsen haben aber den Höchststand gehalten und haben mit dem 2. Nachtragshaushalt sogar 50 Stellen und im Haushalt 2016 150 Stellen zusätzlich geschaffen. Darüber hinaus haben wir für die Polizeiverwaltung Mittel für 85 zusätzliche Stellen bereitgestellt, damit das Vollzugspersonal aus der Verwaltung zurück auf die Straße gebracht werden kann. Mit diesen Maßnahmen erreichen wir einen neuen Höchststand bei den Polizeibeschäftigten. Der Innenminister hat bereits darauf hingewiesen.
nannten Einplattformstrategie, in der ab 2017 über 300 Beschäftigte für Vollzugs- und Verwaltungsaufgaben frei werden, und auch den Ansatz der niedersächsischen Polizei, sie von der Großraum- und Schwertransportbegleitung zu entlasten. Das ist ein Thema, das Sie nie gelöst haben, meine Damen und Herren.
Das sind Lösungsansätze, um sofort handeln zu können und zur Entlastung der Polizei beizutragen. Ich will ausdrücklich auch die Soko ZERM nennen, die hier hervorragende Arbeit leistet, die noch auszuwerten ist. Die Ausweitung dieses Instruments ist genau der richtige Weg.
Meine Damen und Herren, in der konkreten Situation von Köln waren nicht die Polizeikräfte das Problem, sondern es war die Einschätzung der Gefahrenlage. Das alles wissen Sie. Der pauschale Ruf nach mehr Personal ist also nicht immer richtig. Dennoch werden wir die Sicherheitslage in unserem Land weiter im Auge behalten müssen und nachsteuern, wenn es nötig ist. Wir machen eine vernünftige Politik mit Augenmaß und keinen hektischen Aktionismus. Unser Land ist, was auch die Sicherheit in diesem Land angeht, in guten Händen.