Protocol of the Session on January 20, 2016

Vielen Dank, Herr Minister. - Ich stelle fest, dass in dieser zweiten Beratung keine weiteren Wortmeldungen mehr vorliegen und dass wir deswegen zur Abstimmung kommen. - Wer von den Kolleginnen und Kollegen des Hauses daran mitwirken möchte, den bitte ich, Platz zu nehmen. - Vielen Dank.

Ich lasse abstimmen.

Wer der Beschlussempfehlung des Ausschusses folgen und damit den Antrag der Fraktion der FDP in der Drucksache 17/3207 ablehnen will, denn bitte ich um ein Handzeichen. - Ich frage nach den Gegenstimmen. - Das Erste war die Mehrheit. Sie sind der Beschlussempfehlung gefolgt.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, ich rufe dann auf den

Tagesordnungspunkt 6: Abschließende Beratung: Digitaler Binnenmarkt in Europa: Chancen für Niedersachsen nutzen! - Antrag der Fraktion der SPD und der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen - Drs. 17/3839 - Beschlussempfehlung des Ausschusses für Bundes- und Europaangelegenheiten, Medien und Regionalentwicklung - Drs. 17/4641

Der Ausschuss empfiehlt Ihnen, den Antrag in geänderter Fassung anzunehmen.

Eine Berichterstattung ist nicht vorgesehen.

Wir treten in die Beratung ein.

Es hat sich als Erster Herr Abgeordneter Maximilian Schmidt gemeldet, der das Wort hat. Bitte schön!

Vielen Dank. - Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Heute beraten wir abschließend unseren Antrag zum digitalen Binnenmarkt in Europa. Dieser digitale Binnenmarkt ist ein enormes Projekt, weil es mit Fortschritt zu tun hat - wirtschaftlich, technologisch, vor allen Dingen aber auch gesellschaftlich. Allein die wirtschaftliche Bedeutung ist herausragend. In der IKT-Branche arbeiten in Deutschland mittlerweile 1 Million Menschen in 91 000 Unternehmen, die 226 Milliarden Euro Umsatz erzeugen.

Die Triebfeder für diese wirtschaftliche Leistung ist technologischer Fortschritt. Ich sage ganz deutlich:

Wir wollen, dass diese Innovationen bei uns in Europa, in Deutschland und Niedersachsen entwickelt werden und eben nicht nur auf der anderen Seite des Atlantiks. Dafür brauchen wir einen digitalen Binnenmarkt. Wir brauchen dafür aber auch klare Regeln. Einen guten Binnenmarkt wird es nur geben, wenn es weiter ein freies offenes Netz für alle, Datenschutz für alle und auch die Chance gibt, wirklich diskriminierungsfrei über Grenzen hinweg neue Ideen auf den Markt zu bringen. Das darf nicht nur für große Konzerne gelten, sondern auch kleine und mittlere Unternehmen sowie Startups müssen eine Chance haben. Nur dann wird dieser Markt erfolgreich sein.

Meine Damen und Herren, allerdings gibt es in Europa noch einige Hindernisse. Ein Beispiel: 39 % der Unternehmen, die ihre Waren online verkaufen, führen als größtes Hindernis das unterschiedliche Vertragsrecht in Europa an. Dadurch würden Kosten in Höhe von rund 4 Milliarden Euro jährlich entstehen; übrigens Kosten, die am Ende die Verbraucherinnen und Verbraucher zahlen müssen.

Ebenso gibt es nach wie vor Hindernisse aus Sicht der Verbraucher. Nur 18 % der Menschen, die das Internet für private Zwecke nutzen, kauften im Jahr 2014 Waren aus einem anderen EU-Land online, 55 % hingegen nur aus dem eigenen Land. Verbraucher sehen sich im Nachteil, weil sie ihre Rechte beim Onlinehandel und bei digitalen Inhalten nicht klar genug geregelt sehen. Genau diese Sicherheit für Unternehmen und Verbraucher muss der digitale Binnenmarkt aber bringen.

Deswegen stellen wir heute eine Entschließung zur Abstimmung, die wichtige Punkte für die Gestaltung des digitalen Binnenmarkts in Europa enthält. Vier will ich aufzählen:

Erstens. Die Grundlage für ein offenes Netz für alle ist die uneingeschränkte Einhaltung des Prinzips der Netzneutralität. Wir wollen einen offenen, freien und unbeschränkten Zugang bei fairen Marktbedingungen. Der hier zu kürzlich getroffene Beschluss des Europäischen Parlaments ist in diesem Kontext leider nur unzureichend. Er ermöglicht es den Telekommunikationsunternehmen nämlich, die Netzneutralität u. a. durch sogenannte Zero-Rating-Dienste zu umgehen oder für bestimmte Dienste oder Regionen Zusatzgebühren zu erheben. Diese Regelungslücken müssen geschlossen werden. Insbesondere muss ZeroRating ausgeschlossen werden. Viel einfacher gesagt: Wir wollen kein Netz, in dem man sich

quasi einen Fahrschein für die erste, zweite oder dritte Klasse kaufen muss, sondern wir wollen ein Netz, an dem alle frei und gleich teilhaben können.

(Zustimmung bei der SPD und bei den GRÜNEN)

Zweitens. Wir wollen, dass es in Europa endlich rechtssichere und einheitliche Datenschutzstandards auf höchstem Niveau gibt. Das gilt auch für das Urheberrecht. Rechte wie die Panoramafreiheit müssen im Telekommunikationsrecht europaweit festgeschrieben werden. Um es klar zu sagen: Wir wollen ein Netz, in dem sich Bürgerrechte nicht Wirtschaftsinteressen unterordnen müssen, sondern immer Vorrang haben.

Drittens. Wir wollen, dass es bei der Telekommunikation endlich einen echten freien Markt gibt. Es ist ja ein richtiger erster Schritt, dass die Roaminggebühren für Anrufe, Kurznachrichten und Datenverbindungen schrittweise abgeschafft werden. Ziel muss es allerdings sein, dass sie vollständig aus dem Weg geräumt werden. Dazu gehört auch, dass es künftig einfacher möglich sein muss, Telekommunikationsnetze länderübergreifend aufzubauen und auch zu betreiben. Letztlich gilt: Wir wollen, dass im digitalen Binnenmarkt bestehende Ländergrenzen in Netzen und Diensten vollständig entfallen können; denn nur dann gäbe es einen wirklichen europäischen Binnenmarkt.

Schließlich viertens. Niedersachsen muss Netzland Nummer eins bleiben. Deshalb arbeiten wir weiter mit aller Kraft am Breitbandausbau in unserem Land. „Mindestens 30 Mbit/s für alle bis 2020“ ist nur ein Zwischenziel. Wir wollen mehr. 50 Mbit/s hat die Bundesregierung aufgeschrieben. Der Kern aber ist doch: Schon heute gibt es in anderen Ländern viel höhere Bandbreiten. Dementsprechend müssen wir hier noch viel weiter vorankommen. Es geht um den flächendeckenden Ausbau von Glasfasernetzen. Diese sind wirklich zukunftssicher und bieten noch mehr.

In der Summe bringen wir in Niedersachsen dafür übrigens 600 Millionen Euro an Fördermitteln plus 1 Milliarde Euro an Darlehen an den Start. Ich glaube, das ist eine ganz enorme Investition, die dazu dient, diesen digitalen Binnenmarkt überhaupt erst zu ermöglichen.

Letztlich: Das ist die Grundlage für den Binnenmarkt, dessen Chancen wir nutzen wollen, indem wir allen Menschen den Zugang zum Netz ermöglichen, egal ob in der großen Stadt oder im ländlichen Raum.

Schlussendlich: Der digitale Binnenmarkt birgt große Chancen in sich. Ja! Er braucht aber auch Regeln, damit er funktioniert. Diese wollen wir setzen. Dafür bitten wir Sie heute um Unterstützung für unseren Antrag.

Was ich noch sagen möchte: Uns hat gefreut, dass in den Ausschussberatungen zumindest vonseiten der FDP Wohlwollen signalisiert worden ist. Schade war, dass sich die CDU hier nicht hat beteiligen können. Das liegt wahrscheinlich mit daran - vielleicht wird das gleich noch begründet -, dass man sich an dieser Stelle nach wie vor nicht zur Netzneutralität und zum Datenschutz bekennt. Wir aber tun das sehr deutlich. Deshalb bleibt dies in unserem Antrag. Wir wollen eben nicht nur einen freien Markt, sondern wir wollen einen freien und fairen Markt mit gerechten Regeln.

Schönen Dank für die Aufmerksamkeit.

(Beifall bei der SPD und bei den GRÜNEN - Helge Limburg [GRÜNE]: Sehr gut!)

Vielen Dank, Herr Kollege Schmidt. - Für die CDUFraktion erteile ich das Wort jetzt dem Kollegen Clemens Lammerskitten.

Herr Präsident! Verehrte Kolleginnen und Kollegen! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Herr Schmidt hat gerade dargestellt, wie wichtig der digitale Binnenmarkt für Europa ist. Die Überschrift des Antrags lautet auch: Chancen für Niedersachsen nutzen! - Wir von der CDU-Fraktion haben schon dargelegt, dass das für uns etwas ganz Wichtiges ist. Herr Schmidt hat auch dargestellt, welch riesige Vorteile sich durch den digitalen Binnenmarkt ergeben. Im zur Beratung anstehenden Entschließungsantrag heißt es z. B., dass die Digitalisierung eine wesentliche Triebfeder für Fortschritt in Wirtschaft und Gesellschaft ist. Einige Beispiele dafür hat er gerade genannt.

(Zuruf von der SPD: Guter Mann!)

Wenn unser Bundeswirtschaftsminister die Vorteile der Digitalisierung beschreibt und darlegt, für welche Bereiche sie Vorteile mit sich bringt, dann listet er auch die Bereiche Wissenschaft und Politik auf. Schon bei der Einbringung dieses Antrages habe ich darauf hingewiesen, dass die Nichtaufzählung dieser beiden Bereiche voraussichtlich darauf zurückzuführen ist, dass wir im Land Niedersachsen

genau für diese Bereiche Wissenschaft und Politik zuständig sind und dass wir hier im Parlament - oder auch die Ministerien - dafür sorgen können, dass die Chancen, die sich für Niedersachsen ergeben, entsprechend aufgegriffen werden.

Bei der ersten Lesung habe ich darauf hingewiesen, dass wir als CDU gern daran mitarbeiten würden, gerade auch für diese Politikfelder positive Dinge nach vorn zu bringen. Also: Dort, wo wir zuständig sind, sollten wir auch handeln.

(Maximilian Schmidt [SPD]: Von Ihnen ist doch nichts gekommen! Sie haben doch nichts vorgelegt!)

Mit Ihrem Änderungsvorschlag, den Sie dann in der Ausschusssitzung eingebracht haben, sind Sie diesem Hinweis jedenfalls nicht gefolgt. Auf diesem Feld sind wir von daher nicht weitergekommen. Mit Ihrem Änderungsvorschlag haben Sie den Ursprungsantrag nur aktualisiert.

Sie haben einige Punkte genannt, bei denen wir unterschiedlicher Meinung sind.

Klare Regeln braucht man für den digitalen Binnenmarkt. In Europa ist man dabei, diese klaren Regeln zu schaffen. Innerhalb der Europäischen Union gibt es ein 16-Punkte-Programm. Weil meine Redezeit nicht ausreichen wird, werde ich jetzt nicht auf jeden einzelnen Punkt eingehen. Aber der erste Punkt lautet: Der Breitbandausbau soll vorangetrieben werden. - Darüber sind wir uns alle einig.

Sie haben aber auch Punkte angesprochen, über die wir uns nicht einig sind. Deswegen werden wir Ihrem Antrag auch nicht zustimmen. Das gilt z. B. für die Netzneutralität, die Sie eben angesprochen haben.

Es ist richtig und gut, dass es den Grundsatz gibt, eine gewisse Gerechtigkeit und Gleichmäßigkeit in die Netze zu bringen. Vor dem Hintergrund von E-Health, Industrie 4.0 und all den anderen Dingen, die sich demnächst im digitalen Binnenmarkt tun werden, stehen wir aber auch vor der Anforderung, dass im Internet Angebote gebraucht werden, die eine höhere Zuverlässigkeit und höhere Geschwindigkeiten gewährleisten, sodass die Marktteilnehmer dann auch bereit sind, für dieses Mehr mehr Geld zu zahlen. Deswegen sind wir unterschiedlicher Auffassung. Deswegen können wir dem nicht zustimmen, was Sie gesagt haben.

(Zustimmung bei der CDU)

Ich will noch auf den letzten Punkt hinweisen, den Sie genannt haben: Sie wollen die Landesregierung auffordern, entsprechende Projekte, Prozesse in Niedersachsen einzuführen, damit auch wir in Niedersachsen uns mit dem digitalen Binnenmarkt befassen.

Die Unterrichtung durch die Landesregierung im Europaausschuss hat deutlich gemacht, dass es zurzeit solche Projekte nicht gibt. Wir als CDUFraktion glauben, dass man, um solche Projekte voranzubringen - also Chancen für Niedersachsen zu nutzen -, nicht unbedingt einen Auftrag des Landtages braucht. Wir gehen davon aus, dass jedes Ministerium auch ohne Aufforderung darüber nachdenkt, wie man Chancen für Niedersachsen nutzen kann.

Sie hatten darum gebeten, dass wir als CDU-Fraktion heute noch einmal deutlich machen, warum wir Ihrem Antrag nicht zustimmen können. Ihr Antrag ist in unseren Augen substanzlos, weil viele Dinge in Europa sowieso geregelt werden. Das ist eine Wiederholung dessen, was man in Europa will. Von daher ist er sehr allgemein gehalten und regelt wenig. In den Punkten, in denen Sie konkreter geworden sind, haben wir halt unterschiedliche Auffassungen. Deswegen werden wir diesen Antrag gleich ablehnen.

Nichtsdestoweniger ist dieses Thema so wichtig, dass es sicherlich nicht das letzte Mal sein wird, dass wir uns im Landtag mit ihm befassen. Damit nicht der Eindruck entsteht, dass es da nichts mehr zu tun gibt, ist es gut, wenn wir diesen Antrag ablehnen. Wir haben dann zukünftig im Europaausschuss noch ausreichend Gelegenheit, Dinge auf den Weg zu bringen, die mehr Substanz haben.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Danke, Herr Kollege Lammerskitten. - Für die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen hat jetzt Frau Abgeordnete Maaret Westphely das Wort. Bitte, Frau Kollegin!

Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Mit dem Thema Breitbandausbau und auch dem Thema Digitalisierung in der Wirtschaft, insbesondere Industrie 4.0, haben wir uns hier im Landtag schon intensiv beschäftigt.

Herr Lammerskitten, dass Sie zu bestimmten Positionen andere Meinungen vertreten, habe ich als gute Demokratin zu respektieren. Aber Sie hätten gerne Vorschläge machen können, wie unser Antrag noch angereichert werden kann. Aber da haben wir leider nichts gehört.

Ich bin sehr dafür und finde es sehr gut, dass wir uns hier zu relevanten europäischen Vorhaben, die auch das Thema Digitalisierung betreffen und die Auswirkungen auf die Menschen und die Unternehmen in Niedersachsen haben werden, positionieren.

Denn Europa hinkt in Bezug auf die Digitalisierung derzeit hinterher. Die wirtschaftlichen wie die gesellschaftlichen Potenziale werden noch lange nicht ausgeschöpft.