Protocol of the Session on January 20, 2016

(Beifall bei der SPD und bei den GRÜNEN)

sondern man wählt seine Interessenvertretung. Liebe CDU, vielleicht ist das ja in Ihrer Welt so, dass ich, wenn ich einmal die CDU gewählt habe, einen Vertrag eingehe und deshalb die CDU immer wählen muss.

(Beifall bei der CDU - Hans-Heinrich Ehlen [CDU]: Sehr gut!)

Für uns ist es selbstverständlich, dass man seine Stimme nach eigenen Prioritäten abgibt und dass sich die Menschen bei der nächsten Wahl auch anders entscheiden können. Das mussten Sie ja bei der letzten Landtagswahl feststellen.

(Beifall bei der SPD und bei den GRÜNEN - Zuruf von der SPD: Bei der nächsten auch!)

Genau das trauen wir Jugendlichen durchaus zu.

Mit dieser Ansicht stehen wir nicht allein da. Andere Länder haben diesen Schritt bereits gewagt. Neben Bremen und Hamburg sind auch Brandenburg und Schleswig-Holstein nachgezogen - und aus diesem Grund: Demokratie braucht frühe Teilnahme in der Politik!

Herr Thümler, Sie sagten gegenüber der Presse, dass es sich hierbei um eine reine Showveranstaltung handele. Das zeigt mir, dass Sie die Belange der Jugendlichen nicht ernst nehmen.

(Beifall bei der SPD und bei den GRÜNEN - Björn Thümler [CDU]: Doch! Ich schon, aber Sie nicht!)

Sollte es nicht so sein, dass man eine ernsthafte Debatte führt und sich Argumenten und Stellungnahmen gegenüber öffnet? - Diese Hoffnung hatte ich zumindest. Ich glaube, das erwarten auch die Jugendlichen von uns.

Die FDP bitte ich: Nehmen Sie sich die Zeit für die Beratung, vielleicht auch bis zu Ihrem Parteitag, an dem Ihre Jugendorganisation Sie hoffentlich davon überzeugen kann, bevor Sie sich entscheiden, nicht für diesen Gesetzentwurf zu stimmen! - Ich freue mich auf die Beratung im Ausschuss.

(Lebhafter Beifall bei der SPD und bei den GRÜNEN)

Vielen Dank, Frau Glosemeyer. - Jetzt hat sich Dr. Marco Genthe, FDP-Fraktion, gemeldet.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Es ist nicht das erste Mal, dass sich der Niedersächsische Landtag mit einer Absenkung des Wahlalters beschäftigt. Bereits im Mai 2008 hat die Fraktion der Grünen einen Entschließungsantrag eingebracht, um das Wahlalter auf 14 Jahre zu senken. Der damalige Fraktionsvorsitzende Stefan Wenzel war sich sicher, dass Jugendliche bereits im Alter von 14 Jahren politische Zusammenhänge durchschauen, bewerten und einordnen können.

(Miriam Staudte [GRÜNE]: Fragen Sie mal Professor Pohlmann, der fand das auch gut!)

Dieser Meinung, meine Damen und Herren, sind die Grünen offenbar nicht mehr; denn nun haben sie einen alten Antrag der Linken aus dem Jahr 2012 abgeschrieben und favorisieren jetzt eine Absenkung auf 16 Jahre.

(Julia Willie Hamburg [GRÜNE]: Ha- ben Sie keine inhaltlichen Argumen- te?)

Dies geschieht im Prinzip mit denselben Argumenten. Daraus kann man nur den Schluss ziehen, meine Damen und Herren, dass die Auswahl des konkreten Alters offenbar nicht von fachlichen Argumenten, sondern von einer vermuteten populistischen Wirkung geleitet war.

(Beifall bei der FDP und bei der CDU - Christian Grascha [FDP]: So sehe ich das auch!)

Meine Damen und Herren, für Freie Demokraten gehören Rechte und Pflichten immer zusammen. Jugendliche mit 16 sind noch nicht voll geschäftsfähig. Im Zweifel sind die von ihnen geschlossenen Verträge schwebend unwirksam, bis der gesetzliche Vertreter zustimmt. Das hat seinen Grund. Auf diese Weise sollen die Jugendlichen davor geschützt werden, für sie ungünstige Geschäfte einzugehen, die sie aufgrund ihrer geistigen Entwicklung noch nicht vollständig übersehen können.

(Miriam Staudte [GRÜNE]: Bei der Wahl kauft man aber keine Wasch- maschine!)

Auch das Strafrecht billigt den Jugendlichen von vornherein eine Strafmilderung zu, da sie eine geringere Reife und Einsichtsfähigkeit als Erwachsene haben. Das alles, meine Damen und Herren, ist unstrittig. Zumindest habe ich noch nicht gehört, dass SPD und Grüne auch in diesen Punkten Jugendliche mit Erwachsenen gleichstellen wollen.

Rechte und Pflichten gehören zusammen.

(Beifall bei der FDP und bei der CDU - Dr. Stefan Birkner [FDP]: Sehr gut!)

Aus denselben Argumenten, die für einen Schutz der Jugendlichen im Zivilrecht und im Strafrecht sprechen, ist das Wahlrecht für Jugendliche abzulehnen. Jugendliche haben eine geringere Lebenserfahrung und sicher - nicht immer, aber oft - weniger politische Kenntnisse als Erwachsene. Sie sind im Allgemeinen eher leichter zu beeinflussen. Das gilt insbesondere für ganz bewusst einfach gehaltene politische Botschaften extremistischer Organisationen. Der IS macht das übrigens vor.

(Gerald Heere [GRÜNE]: Also! Was ist das für ein Vergleich! Eine Unver- schämtheit! Was für ein Niveau hier!)

Das bedeutet aber ganz sicher nicht, dass interessierte Jugendliche keine Möglichkeit hätten, sich politisch zu engagieren. Die eben schon angesprochenen JuLis tun das beispielsweise bei den Freien Demokraten sehr fundiert und sehr konsequent.

Die Forderung nach der Absenkung des Wahlalters bleibt jedoch angesichts der gesellschaftlich gewollten strafrechtlichen und zivilrechtlichen Aspekte zum Schutz der Jugendlichen inkonsequent.

(Ottmar von Holtz [GRÜNE]: Jetzt bin ich aber enttäuscht, dass Sie solche Sachen sagen! Da hätte ich aber et- was anderes erwartet!)

Meine Damen und Herren, lassen Sie mich noch folgende Bemerkung machen, gerade weil ich den Zwischenruf höre: Das habe ich aber anders erwartet! - Für eine Absenkung des Wahlalters ist eine Dreiviertelmehrheit des Landtages notwendig, also eine Verfassungsänderung.

(Helge Limburg [GRÜNE]: Zwei Drit- tel!)

- Entschuldigung! Eine Zweidrittelmehrheit wird für eine Verfassungsänderung benötigt.

Die Verfassung ist das Fundament all dessen, was wir hier tun. Daran schraubt man nicht eben mal so herum. Hätte Rot-Grün es mit diesem Entschließungsantrag wirklich ernst gemeint, dann hätten Sie auch wie bei allen anderen die Verfassung ändernden Anträgen vorher das Gespräch mit den Fraktionen von CDU und FDP gesucht. Aber das haben Sie ganz bewusst nicht getan. So bleibt der Eindruck - das hat Herr Thümler völlig zu Recht gesagt -, dass es sich hier nur um eine reine Showveranstaltung handelt.

(Beifall bei der FDP und bei der CDU - Miriam Staudte [GRÜNE]: Das war ganz schwach!)

Vielen Dank, Herr Dr. Genthe. - Herr Helge Limburg möchte gerne eine Kurzintervention machen. Bitte schön, Herr Limburg!

Vielen Dank. - Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Herr Dr. Genthe, auf einige Punkte möchte ich gerne eingehen.

Zum einen, aber das nur der Form halber: Wir reden - übrigens auch bezogen auf das Jahr 2008 - nicht über einen Entschließungsantrag, sondern über Gesetzentwürfe, die wir damals eingebracht haben und selbstverständlich heute einbringen.

Viel wichtiger aber ist es, auf Ihre Argumentation einzugehen. Der Grundtenor Ihrer Rede war, dass Rechte und Pflichten auseinanderfallen würden. Es ist genau umgekehrt richtig. Jugendliche haben selbstverständlich auch mit 16 und auch mit 17 Jahren sämtliche Pflichten, die auch Erwachsene in diesem Land haben. Sie müssen sich an sämtliche Strafgesetze halten. Sie müssen sich auch an sämtliche anderen Gesetze halten. Sie müssen im Übrigen auch Steuern zahlen. Nur das Wahlrecht haben sie, bezogen auf den Landtag,

noch nicht, Herr Dr. Genthe. So herum ist es richtig.

(Beifall bei den GRÜNEN und bei der SPD)

Wenn Sie Ihre eigene Argumentation ernst meinen, dann müssten Sie doch jetzt eine Initiative starten, um auch das Kommunalwahlrecht wieder auf 18 anzuheben; denn in den Kommunen, vor Ort, werden doch wesentliche Entscheidungen gefällt. Das sehen wir doch gerade in der Flüchtlingssituation. Wir alle würdigen doch die Rolle der Kommunen. Dort dürfen sie ab 16 mitwählen. Ihre Argumentation ist, gelinde gesagt, inkonsequent.

Abschließend, Herr Dr. Genthe: Hinsichtlich der Legende, wir hätten nicht gesprochen, bin ich sehr überrascht, weil ich selber bei den Gesprächen dabei war und ich mich daran erinnere, dass auch Sie selber dabei waren.

Zum einen gab es einen von Rot-Grün eingebrachten Entschließungsantrag, dessen Bestandteil das Wahlalter 16 gewesen ist. Der Antrag ist hier lang und breit, in mehreren Ausschüssen, diskutiert worden. Herr Dr. Genthe, auch Ihre Fraktion war selbstverständlich beteiligt.

Zum anderen hatten wir in der Debatte über diverse Verfassungsänderungen u. a. eine, die von Ihrer Fraktion zu Artikel 3 der Landesverfassung eingebracht wurde. In einem Gespräch am Rande des Rechtsausschusses mit allen Fraktionen - Sie waren dabei - ist uns gesagt worden: Dann bringt doch erst einmal euren Gesetzentwurf konkret ein! Dann können wir darüber im Paket reden. - Jetzt kritisieren Sie, Herr Dr. Genthe, dieses Verfahren hier.

(Widerspruch von Dr. Marco Genthe [FDP])

Sie sollten in Ihrer Argumentation ein bisschen konsistenter sein.

Danke schön.

(Beifall bei den GRÜNEN und bei der SPD)

Danke, Herr Limburg. - Herr Dr. Genthe, möchten Sie antworten? - Bitte schön!

Herr Kollege Limburg, Sie haben sich um die konkrete Frage gedrückt.