Protocol of the Session on December 15, 2015

Fakt ist: Wir haben davon bis heute nichts mehr gehört, weil nichts koordiniert worden ist. Sie sind abgetaucht, meine Damen und Herren, weil Ihnen der Mut fehlt, Prioritäten zu setzen. Im Gegenteil: Sie haben aufgesattelt.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Sie haben aufgesattelt, meine Damen und Herren, indem Sie Bezirksregierungen light durch die Hintertür eingeführt haben. Sie haben das Landesjugendamt wieder eingeführt. Sie haben eine Klimaschutzagentur eingerichtet. Eine Beschwerdestelle im Innenministerium wurde geschaffen. Ein Wolfsbüro wurde installiert. Zu allem Überfluss wollen Sie noch eine Pflegekammer einrichten, die niemand braucht.

(Beifall bei der SPD und bei den GRÜNEN)

Und schließlich, meine Damen und Herren, haben Sie Dutzende von Arbeitskreisen und Projektgruppen installiert, bei denen am Ende des Tages der Hintern über den Verstand siegt, weil sich plötzlich viel zu viele Menschen in irgendwelchen Gruppen wiederfinden, in denen sie von dem, was sie eigentlich machen sollen, nämlich dieses Land voranzubringen, abgehalten werden. Am Ende wird das nichts bewirken, meine Damen und Herren. Das ist klar.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Damit, meine Damen und Herren, haben Sie eines erreicht: Sie haben das Land Niedersachsen, das in der Frage der Verwaltungsmodernisierung große

Fortschritte gemacht hat, wieder um Jahrzehnte zurückgeschmissen. Zunichtegemacht worden sind die Erfolge der Verwaltungsmodernisierung. Weil Sie es nicht ertragen können, dass Sie keine Stellen schaffen konnten, haben Sie den Apparat weiter aufgebläht. Sie haben dafür gesorgt, dass hoch dotierte Stellen geschaffen worden sind, ohne darüber nachzudenken, ob es sinnvoll ist oder nicht. Das führt dazu, dass Niedersachsen im Ländervergleich wieder ganz nach hinten, ans Ende, rutscht, meine Damen und Herren. Das ist eben ein großes Versagen Ihrer Politik. Aufgabenkritik geht anders.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Deswegen, meine Damen und Herren, will ich Ihnen sagen, wie Aufgabenkritik aus unserer Sicht geht. Erstens muss eine ehrliche Debatte darüber geführt werden, welche Landesaufgaben in der Zeit des demografischen Wandels unverzichtbar sind. Zweitens müssen daraus die notwendigen Schlussfolgerungen gezogen werden. Dazu gehört allerdings Mut, Schwerpunkte zu setzen und sich auch von bestimmten Aufgaben zu trennen, nämlich dann, wenn man feststellt, dass andere diese Aufgaben besser erledigen können. In Niedersachsen gibt es eine ganze Reihe von Menschen und Institutionen, die viele Aufgaben besser erledigen können, als dies von einem Wasserkopf aus dem Raumschiff Hannover heraus geleistet werden kann.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Ich nenne als zweites Beispiel Ihre leeren Bekenntnisse zum Autobahnbau. Wenn der Ministerpräsident bei Wirtschaftsverbänden zu Gast ist, gehört das Bekenntnis zum Ausbau der Verkehrsinfrastruktur zum guten Ton. Der Bau der A 39 und auch der A 20 scheitert aber nicht am fehlenden Geld, meine Damen und Herren, sondern am hinhaltenden Widerstand Ihres grünen Koalitionspartners.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Deshalb machen Sie sich doch in dieser Frage einfach ehrlich. Sagen Sie doch einfach: Solange diese Koalition regiert, wird es für diese wichtigen Infrastrukturprojekte in diesem Land keinerlei Spatenstiche geben. - Sagen Sie es doch einfach! Es hilft Ihnen, befreiter aufzutreten, und Sie brauchen die Leute nicht mehr zu täuschen. Das wäre mal Politik, meine Damen und Herren.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Als drittes Beispiel nenne ich die falschen Spiele mit den Gymnasien. Vom Tag der Regierungsübernahme an hat der Ministerpräsident wiederholt beteuert, die Gymnasien hätten von dieser Landesregierung nichts zu befürchten.

(Johanne Modder [SPD]: Haben sie auch nicht! Wir haben sie sogar ge- stärkt!)

Im Regierungshandeln, meine Damen und Herren, ist davon aber nichts zu merken. Im Gegenteil: Die erhöhte Unterrichtsverpflichtung, die Verabschiedung des Gesamtschulgesetzes und die Benachteiligung der Gymnasien bei der Neueinstellung von Lehrkräften sind signifikante Beweise dafür, dass Sie eine Politik auf Kosten der Gymnasien betreiben wollen, meine Damen und Herren.

(Beifall bei der CDU)

Deswegen gehen bei Ihnen auch bei diesem Thema Dichtung und Wahrheit weit auseinander.

Was soll man, Herr Ministerpräsident, eigentlich von Ihrem Auftritt beim Philologentag halten? - Sie glauben doch wohl nicht allen Ernstes, die Philologen mit Ihrem Bekenntnis zum Gedichtelernen und zum Kopfrechnen beschwichtigen zu können? - An der Stelle wäre es doch mal angesagt gewesen, sich für die verfehlte Politik Ihrer Kultusministerin bei den Lehrerinnen und Lehrern in diesem Land zu entschuldigen, meine Damen und Herren. Aber auch dazu fehlt Ihnen die Größe.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Als viertes Beispiel nenne ich Ihnen Ihr vermeintliches Bekenntnis zum Agrarland Nummer eins. Die Landwirte in Niedersachsen sind in ihrer großen Mehrheit schon gebeutelte Menschen, weil sie eben nicht das Gefühl haben, dass die Themen, die sie bewegen, und die Sorgen, die sie umtreiben, bei Ihnen wirklich ernst genommen und aufgenommen werden. Da helfen auch die warmen Worte des Ministerpräsidenten bei der Verleihung der Goldenen Olga oder auch bei Landvolkveranstaltungen genauso wenig wie die Auftritte des Wirtschaftsministers, der zunehmend in den Agrarbereich hinüberwechselt, um dort größten Schaden zu verhindern, meine Damen und Herren.

(Beifall bei der CDU)

Sie hätten schon bei der Vorlage des ersten Entwurfs zum Landes-Raumordnungsprogramm Stärke zeigen können, meine Damen und Herren. Der aber ist damals kritiklos durch das Kabinett durchgegangen, und Sie haben gedacht, es merkt nie

mand, was für Sauereien dort enthalten sind. Da haben Sie sich aber mal ziemlich in den Finger geschnitten, meine Damen und Herren.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Deswegen ist es jetzt an der Zeit, beim zweiten Entwurf ein neues transparentes Anhörungsverfahren durchzuführen, damit alle nicht über Weihnachten, sondern nach Weihnachten die Möglichkeit haben, diesen Entwurf noch einmal genau zu prüfen und kritisch zu hinterfragen. Ich sage Ihnen: Viele Landwirte sind nach wie vor tief verunsichert, weil sie Ihnen nämlich nicht glauben, dass das, was Sie vermeintlich versprechen, tatsächlich auch umgesetzt wird.

(Zustimmung bei der CDU)

Ein Weiteres, meine Damen und Herren: Wer das Agrarland Niedersachsen stärken will, der hätte niemals zulassen dürfen, dass Minister Meyer in die Verwaltung der Landwirtschaftskammer in dieser unanständigen Art und Weise eingreift, wie er es tut.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Sie haben die Landeszuwendungen dort um 6 Millionen Euro gekürzt, bei einer Einrichtung, die bundesweit einen hervorragenden Ruf genießt und eine Position innehat, für die sie lange gearbeitet hat. Diese Einrichtung ist fachlich schon weiter als Herr Minister Meyer in seinem Denken. Das aber ist genau das, was Herrn Minister Meyer stört, weil es neben ihm keinen geben darf, der kluge Ansätze in der Landwirtschaftspolitik hat.

Auch die Moderationsgespräche, die von Ihnen, Frau Modder, geführt worden sind, haben zumindest schlimmsten Schaden gerade noch abwenden können. Es reicht aber nicht, weil die Kürzung der Mittel für die Landwirtschaftskammer um 6 Millionen Euro dazu führt, dass gerade in den innovativen Bereichen nicht vernünftig weitergearbeitet werden kann. Und auch das ist staatspolitisches Versagen Ihrerseits, meine Damen und Herren. Das muss hier deutlich benannt werden.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Meine Damen und Herren, ich nenne als fünftes Beispiel die Probleme in der Industriepolitik, weil diese Landesregierung auch industriepolitisch nicht überzeugt. Die Nordseewerker waren Ihnen recht, als sie im Landtagswahltag als Vehikel für Botschaften dienen konnten. Seitdem sind sie Ihnen schlicht und ergreifend egal.

Sie haben gesagt, Herr Weil, dass die maritime Wirtschaft Teil Ihrer DNA ist. Wenn Sie in den Haushaltsplan hineinschauen, dann erkennt man aber, dass es nicht so ein großer Teil Ihrer DNA sein kann; denn gerade in diesem wichtigen Kernbereich der maritimen Wirtschaft werden die Investitionen geradezu bis zur Unkenntlichkeit zurückgeführt. Deswegen sage ich Ihnen: Wir brauchen in Niedersachsen eine starke maritime Wirtschaft. Wir brauchen in Niedersachsen eine leistungsfähige Luft- und Raumfahrtindustrie. Wir brauchen vor allen Dingen in Niedersachsen eine wettbewerbsfähige Automobilindustrie. Das heißt: Wir brauchen in Niedersachsen vor allen Dingen VW, meine Damen und Herren.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Was wir in Niedersachsen vor allen Dingen aber nicht brauchen bzw. nicht brauchen können, ist ein Untersuchungsausschuss zu VW im Europäischen Parlament, der jetzt gerade auf Betreiben von Sozialdemokraten und Grünen im Europäischen Parlament vorangetrieben wird, meine Damen und Herren. Dass mit Herrn Groote und Frau Harms ausgerechnet zwei Niedersachsen zu einem ideologischen Feldzug gegen VW blasen und das Wohlergehen der niedersächsischen Schlüsselindustrie infrage stellen, sollte Ihnen zu denken geben, wohin das eigentlich führt.

Wenn Sie sagen, dass es da um Abgase geht: Nein! In Wahrheit geht es vielen in Europa nicht um die Abgase, sondern es geht um das VWGesetz. Das müssen Sie endlich einmal zur Kenntnis nehmen. Denn das steht auf dem Spiel. Das dürfen wir aber nicht aufs Spiel setzen, meine Damen und Herren! Das ist für uns viel zu wichtig.

(Beifall bei der CDU)

Meine Damen und Herren, was wir nicht brauchen, ist ein Untersuchungsausschuss, sondern wir brauchen Solidarität mit VW, Solidarität mit den Mitarbeitern von VW. Wir haben jahrzehntelang von VW profitiert. Jetzt ist es an uns, etwas an die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter von VW zurückzugeben. Das sind wir den Menschen schuldig, die über viele Jahre und Jahrzehnte hinweg zum Wohle dieses Landes gearbeitet haben. Das ist der Maßstab, nicht aber ein Untersuchungsausschuss zu VW in Brüssel, meine Damen und Herren.

(Beifall bei der CDU)

Kommen wir zu Ihrer Politik gegen die Kommunen. Sie haben einmal gesagt, dass Kommunen einer Ihrer politischen Kernansätze sind. Ich sage Ihnen:

Im Gegenteil. Wenn man nämlich in das Zahlenwerk hineinblickt, wird die Planlosigkeit Ihrer bisherigen Politik nur mühsam kaschiert. Es ist schon ein Kunststück, mit einem Haushaltsvolumen von so vielen Milliarden Euro politisch so wenig zu bewegen. Wir haben es gerade im Vorbericht von Herrn Dr. Siemer gehört. Sie haben eine komfortable Haushaltssituation und machen nichts daraus.

(Zuruf von Renate Geuter [SPD])

Ihr Haushaltsplanentwurf dokumentiert das schwarz auf weiß: Die Investitionsquote geht auf 1,4 Milliarden Euro zurück und erreicht einen historischen Tiefstwert, meine Damen und Herren. Und das feiern Sie hier noch ab. Das ist erbärmlich, weil das an die Substanz dieses Landes geht, meine Damen und Herren.

(Lebhafter Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Deswegen: Investieren Sie mehr, und konsumieren Sie weniger!

Bei all dem müssen Sie vor allen Dingen auch die kommunale Ebene leben lassen. Das machen Sie aber nur mit buchhalterischen Tricks. So geht das gar nicht. Deswegen ist es entscheidend, dass man die Kommunen bei der Erstattung der Kosten der Flüchtlinge nicht zweieinhalb Jahre im Regen stehen lässt, sondern dass man mehr Engagement an den Tag legt, diesen Zeitraum deutlich zu verkürzen. Sie hätten die Mittel dazu. Aber Ihnen fehlt es auch hier leider an Mut, die Kommunen wirklich zu entlasten. In Wahrheit sollen mit der Anordnung, die das Innenministerium jetzt herausgegeben hat, die Haushaltslöcher kaschiert werden. Das Motiv ist klar: Sie wollen im Kommunalwahljahr 2016 die wahre Finanzlage der niedersächsischen Kommunen vertuschen, meine Damen und Herren. Das steht hinter alldem, was Sie dort machen.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP - Zuruf von Wiard Siebels [SPD])

In der vergangenen Woche hat der Stader Kreistag mit den Stimmen von SPD und Grünen einen bemerkenswerten Beschluss gefasst. Darin heißt es nämlich,