In dem Antrag wird der Landtag aufgefordert, dass die bereits auf Bundesebene erfolgte Reform des Bedarfsplanes den Erfordernissen besonders des ländlichen Raumes Rechnung trägt. Was heißt das für Nichtfachleute? - Es gibt eine Bedarfsplanung der Kassenärztlichen Bundesvereinigung, die von jeder Kassenärztlichen Landesvereinigung eines jeden Bundeslandes angewendet werden muss. Es geht dabei um die Frage, wie viele niedergelassene Ärzte in einer Region eine Kassenzulassung erhalten. Das heißt, dass der niedergelassene Arzt mit einer gesetzlichen Krankenkasse abrechnen darf. Privat kann das jeder Arzt überall. Aber erst die Kassenzulassung ist der Garant für ein festes und kalkulierbares Einkommen.
Mit der Bedarfsplanung wird ähnlich wie bei den mittelalterlichen Handwerkerzünften eine existenzielle Konkurrenz vermieden. Mit dem Gesundheitsversorgungsstrukturgesetz, auch Landärztegesetz genannt, hat der Bundestag vor einigen Monaten die Berechnungsformel für die Bedarfsplanung verändert. Die jeweilige Landes-KV kann aber von der Bedarfsplanung je nach regionalen Gegebenheiten abweichen. So ist die KV Niedersachsen bereits dabei, eine neue Bedarfsplanung zu erstellen, und wird diese in nächster Zeit mit den Landesverbänden der Krankenkassen und dem MS abstimmen.
Das, was die CDU hier durch den Landtag festgestellt haben möchte, ist bereits auf dem Wege. Ich möchte aber Folgendes hinzufügen: Durch die neue Berechnungsformel besteht die Gefahr, dass es in größeren Gemeinden in der Nähe von Ballungsgebieten, z. B. Langenhagen oder Garbsen in der Nähe von Hannover, dennoch zu Überversorgungen kommen kann und andere dünn besiedelte Gebiete nach wie vor schlecht versorgt werden.
Die Bedarfsplanung von Allgemeinärzten kleinteiliger und regional angepasst zu verändern, ist notwendig, reicht aber nicht. Der beste Weg ist ein integrierter Ansatz, der die Grenzen stationärer und ambulanter Versorgung überwindet. Das aber wird auch durch das neue Bundesgesetz nicht geleistet.
demokratinnen und Sozialdemokraten freuen uns, dass unsere Idee des Runden Tisches zur hausärztlichen Versorgung auf Landesebene von der vormaligen Sozialministerin aufgegriffen wurde. Schade war nur, dass sie ihn als ihre eigene Idee verkauft hat.
Der Runde Tisch hat sich insgesamt dreimal getroffen. Parallel dazu waren die Gesundheitsregionen Emsland, Heidekreis und Wolfenbüttel projektiert worden, die durch einen auf Landesebene agierenden Beirat begleitet werden. Da auch beim Runden Tisch die Erkenntnis gereift war, dass man regional arbeiten muss, wenn man die bestehenden Versorgungsstrukturen besser verzahnen will, hatte sich der Runde Tisch nach diesen fruchtbaren Treffen strukturell überlebt und hat er das auch erkannt. Von den Fachleuten selbst wird die Weiterführung nicht mehr gefordert. Wir teilen diese Einschätzung und widersprechen damit Punkt 4 in dem Forderungskatalog des Entschließungsantrags.
Nach dem Antrag der CDU soll die Landesregierung die Förderung von Studierenden fortführen, die im Praktischen Jahr vier Monate in einer Allgemeinarztpraxis verbringen. Wie muss man sich diese Förderung vorstellen? In den letzten beiden Studiensemestern gehen die Medizinstudierenden an Universitätskliniken oder akademische Lehrkrankenhäuser und lernen die praktischen Fertigkeiten - wie Blut abzunehmen, Arztbriefe zu schreiben und Assistenz im OP - oder tun dies in einer Hausarztpraxis. Diese Tätigkeiten gelten als Studium.
Im Zuge der Ideologie des Wettbewerbs sind Krankenhäuser dazu übergegangen, den Studierenden im Praktischen Jahr ein kleines Monatsgehalt zu zahlen, das sich meistens um 400 Euro bewegt. Ich kenne die Diskussion aus meiner eigenen Abteilung an der MHH, ob man sich an diesem Trend überhaupt beteiligen soll. Letztlich kommen diese Förderungen, Monatsgehälter - oder wie immer man es nennen möchte - aus der Krankenversorgung, sprich: von den Krankenkassen. Nur in den Arztpraxen fühlte sich dafür niemand zuständig. Die vormalige Landesregierung hat für Studierende 600 Euro pro Monat zur Verfügung gestellt. Erstens sollten Studierende nicht schlechter gestellt werden, wenn sie das PJ in einer Allgemeinarztpraxis machen. Zweitens wurde ein Anreiz geschaffen, eher Allgemeinmedizin mit 600 Euro als irgendein klinisches Fach mit
Inzwischen hat der Bundestag im Gesundheitsversorgungsstrukturgesetz den KVen die Möglichkeit eingeräumt, einen Strukturfonds einzurichten, aus dem finanzielle Anreize zur Niederlassung in unterversorgten Gebieten geschöpft werden können. In diesen Fonds können die KV und die Krankenkassen einzahlen.
Da es nicht dauerhafte Aufgabe einer Landesregierung sein kann, Studierenden ein ohnehin fragwürdiges Gehalt zu zahlen, sollte dieser Strukturfonds schnell eingerichtet und u. a. zu diesem Zwecke genutzt werden. Das Delegationsmodell Niedersachsen - kurz MoNi - ist nicht, wie im CDUAntrag behauptet, das einzige in Deutschland. Es laufen auch Modellprojekte mit den entzückenden Frauennamen Vera und Agnes. Medizinische Fachangestellte in Baden-Württemberg, Hessen und Sachsen durchlaufen im Modell VERAH ein Curriculum, übernehmen Hausbesuche für den Hausarzt bei Routinetätigkeiten und rechnen dann mit ihm in der Praxis ab. „VERAH“ steht für Versorgungsassistentin in der Hausarztpraxis. MoNi beruht auf dem gleichen Modell.
AGnES steht in Modellprojekten in MecklenburgVorpommern, Brandenburg und Sachsen für arztentlastende gemeindenahe E-Health-gestützte Systemische Intervention, die durch examinierte Krankenschwestern und Pfleger durchgeführt wird.
Wie bewerten wir als SPD-Fraktion die Entwicklung politisch? - Ein großer Teil der angesprochenen Maßnahmen liegt im Zuständigkeits- und Verantwortungsbereich der KV Niedersachsen. Sie hat den Sicherstellungsauftrag, für eine gute Versorgung zu sorgen. Mit ihrem Alarmruf, dass Niedersachsen auf eine Unterversorgung zuläuft, hat sie 2008 geschickt die Politik auf den Plan gerufen, zum Handeln motiviert und dabei aber nicht ganz koscher mit nicht guten Zahlen gearbeitet, weil sie zwar die Abgänge berechnet, aber die Zugänge außen vor gelassen hat. Damit hat die KV elegant von dem Problem abgelenkt, dass sie den Sicherstellungsauftrag nicht erfüllen kann.
In einer freiheitlichen Gesellschaft können wir Menschen nicht zwingen, in Gebiete zu gehen, in denen sie nicht arbeiten möchten. Deswegen ist es gut, dass alle Beteiligten an den Modellprojekten, die wir weiterhin in Niedersachsen fördern werden, an einen Tisch kommen, um den Arztberuf in der Fläche attraktiv zu machen. Das wird die Landesregierung weiterhin als Aufgabe begreifen.
Ich schließe meinen Redebeitrag und bedanke mich für die Aufmerksamkeit. Ich freue mich auf die Diskussion im Ausschuss.
Vielen Dank, Frau Dr. Wernstedt. - Wenn man so lange dabei ist wie ich, hat man hier im Hause schon viele Wernstedt-Reden gehört. Es wird sicherlich nicht die letzte gewesen sein.
Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Der demografische Wandel ist zuerst einmal ein technischer Begriff. Er wird erst zu einem Bild, wenn man ihn an manchen Orten vor Augen hat, wenn die Bäckerei mit Brettern vernagelt ist und nicht mehr öffnet, wenn das Schulgebäude für die wenigen Kinder zu groß geworden ist und wenn man kilometerweit bis zum nächsten Arzt fahren muss.
Schon heute ist die Versorgung mit Landärzten in einigen Gebieten verbesserungswürdig. Der Fortgang des demografischen Wandels macht deutlich: Das Problem wird in Zukunft nicht kleiner, sondern eher größer werden. Deshalb hat die Bundesregierung durch ein Gesetz Maßnahmen auf den Weg gebracht, die die Versorgungsstrukturen eindeutig verbessern werden. Ich werde mich an dieser Stelle beim Lob leider auf zwei Dinge beschränken müssen:
Erstens. Flexibilisierung der Planungsbereiche: Endlich kann von den starren Messzahlen in der Bedarfsplanung abgewichen werden. Ebenso muss sich die Planung nicht mehr an den starren Kreis- und Stadtgrenzen orientieren. Eine Planung näher am Bedarf wird endlich möglich.
Zweitens. Abschaffung der Residenzpflicht: Es gibt endlich mehr Freiheit in der Wohnortwahl. Gerade für junge Ärztinnen und Ärzte - ob mit oder ohne Familie - spielt das eine zentrale Rolle bei der Entscheidung, eine Landarztpraxis zu übernehmen oder sogar neu zu eröffnen. CDU und FDP in Berlin verbessern die Ärzteversorgung im ländlichen Raum. Das finden wir sinnvoll und gut.
Sehr geehrte Damen und Herren, wir begrüßen auch, dass sich Niedersachsen auf Beschluss der schwarz-gelben Landesregierung am GKV-Strukturfonds beteiligt. CDU und FDP haben dafür gesorgt, dass in den vergangenen Jahren jeweils 1 Million Euro zur Verfügung gestellt wurde. Herr Böhlke hat das auch angesprochen.
Auch dadurch wird die Hausärzteversorgung im ländlichen Raum deutlich gestärkt. Aber wir müssen auch konstatieren, dass gegen den Ärztemangel nicht nur ein Mittel hilft. Wir brauchen einen Blumenstrauß von Mitteln. Projekte wie MoNi und die Gesundheitsregionen, die gerade schon angesprochen worden sind, sind ebenso wichtige und begleitende Aktionen. Es wird in Zukunft noch viel mehr nötig werden, wenn wir die Aufgabe bewältigen wollen.
In Niedersachsen haben wir eine steigende Anzahl von Ärzten. Im Jahr 2010 gab es 25 830 Ärztinnen und Ärzte, die ambulant oder stationär an der Gesundheitsversorgung beteiligt waren. Das sind rund 16,6 % oder 3 663 mehr als zehn Jahre zuvor. Die Gesamtzahl ist also regelmäßig gestiegen.
Dennoch gibt es einen Mangel an Landärzten. Viele junge Ärztinnen und Ärzte müssen heute zuerst einmal davon überzeugt werden, dass Landarzt ein Beruf mit Zukunft ist. Dabei geht es nicht nur um das Geld, sondern auch um die Rahmenbedingungen, die den jungen Leuten geboten werden, wenn sie sich dafür entscheiden. Wenn die junge Ärztin oder der junge Arzt auf dem Land keine Kinderbetreuung findet, geht sie oder er nicht aufs Land. Das reicht von der Krippe über die Tagesmutter und Kita bis zur Ganztagsschule. Die Rahmenbedingungen, die wir den Leuten bieten, müssen stimmen, damit die Entscheidung stattfindet.
Die Entlastungsassistenten, die für die Zeit bis zu 36 Monate nach der Geburt eingeführt worden sind, sind eine gute Sache und sollten auf jeden Fall fortgeführt werden.
Aber eine junge Familie braucht auch Unterstützung darüber hinaus. Dies gilt erst recht, wenn man sich dafür entscheidet, eine Landarztpraxis zu übernehmen.
CDU und FDP haben die Weichen in den vergangenen Jahren in die richtige Richtung gestellt. Wir appellieren an Sie, den Weg weiterzugehen. Für die Fraktion der FDP kann ich sagen. Wir unterstützen und begrüßen den Entschließungsantrag der CDU-Kollegen. Ich freue mich auf die Beratung im Ausschuss.
Frau Bruns, wir bedanken uns bei Ihnen für die Rede. - Nun erteile ich Herrn Kollegen Thomas Schremmer von der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen das Wort.
Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Lieber Kollege Böhlke, das ist ein bisschen ein Hurra-Antrag für die alte Landesregierung. Das sehe ich Ihnen nach. Das Thema ist wichtig.
Beim neuen Landesausschuss sitzt das Land mit am Tisch. Ihn wollen wir gerne nutzen, um neue Planungsempfehlungen mitzugestalten. Allerdings sind wir weiterhin der Meinung, dass es zuallererst eine Angelegenheit der Selbstverwaltung ist. Sowohl aus kommunaler Sicht als auch aus unserer Sicht besteht die Notwendigkeit einer grundsätzlich noch kleinräumigeren Planung zur besseren Versorgung. Das ist schon gesagt worden und will ich nicht verschweigen. Allerdings hat sich natürlich auch die Anzahl der Planungsbereiche in den neuen Richtlinien deutlich erhöht.
Ich will zwei Sachen in aller Kürze noch sagen: Rot-Grün möchte eine Verbesserung der medizinische Versorgung durch regionale Gesundheitskonferenzen erreichen. Das soll sektorübergreifend in den Versorgungsformen passieren. Das setzt aber voraus - das ist ein wichtiger Punkt -, dass es eine Klarheit über sogenannte unterversorgte Gebiete gibt. Der vdek, der Verband der Ersatzkassen, spricht von lediglich zwei bis drei Planungsgebieten, die unterversorgt sind. Das ist zum einen z. B. die Region Munster - so habe ich mir sagen lassen - und zum anderen ein Teil des Planungsbereichs Hamburg. Aber wir brauchen auch eine realistische Angabe der zukünftigen Arztzahl, die zu erwarten ist. Da hat die Kassenärztliche Vereinigung in den letzten Jahren, finde ich, nicht sehr transparent mit ihren Hochrechnungen gearbeitet. Es gab Höchststände, und in der Regel sind nur
Abgänge und nicht Zugänge prognostiziert worden. Insofern muss man da noch einmal seriös nacharbeiten.
Ich möchte auf das Problem der überversorgten Gebiete gar nicht eingehen. Aber doch ein Satz dazu: Die Bundesregierung ist ja auf bundesgesetzlicher Ebene im Prinzip vor den Besitzstandswahrern der Ärztinnen und Ärzte eingeknickt, als es darum ging, über die Honorarabschöpfung zugunsten des ländlichen Raumes zu reden. Das sollte, meine ich, auch noch einmal thematisiert werden. Das ist in dem jetzigen Planungsprozess natürlich schwierig.
Insofern ist es ein richtiger Weg, sich darüber zu unterhalten. Ich freue mich auf die Ausschussberatungen, meine aber, wir sollten zunächst die Ergebnisse des Bedarfsplanungsausschusses abwarten und uns dann gleichzeitig - wie es auch die Kollegin Bruns gesagt hat - darum kümmern, dass es Bildungs-, Mobilitäts- und Kulturinfrastruktur in den unterversorgten Gebieten gibt, die mehr als rein finanzielle Anreize dafür sorgt, dass sich dann auch neue Ärztinnen und Ärzte dort ansiedeln und wir eine ordentliche Versorgung haben.
Vielen Dank, Herr Kollege Schremmer. - Für die Landesregierung hat nun die Sozialministerin, Frau Rundt, das Wort. Bitte schön, Frau Rundt!