Seien Sie glücklich, dass der neue Innenminister Boris Pistorius heißt und dass er wie Sie liberale Ansichten vertritt.
Herr Kollege Oetjen, haben Sie eigentlich nicht gemerkt, dass der Zug von diesem Innenminister in Sachen Reform schon mit rasender Geschwindigkeit in Gang gesetzt wurde? Sie laufen hinterher. Sie versuchen, ihn zu überholen. - Es wird Ihnen noch nicht mal gelingen, aufzuspringen.
Es gibt einen weiteren Unterschied zu dem, was wir hier noch vor einem Jahr debattiert hätten: Dieser Innenminister beruft nicht nur jemanden aus der Szene der Anwälte im Sinne der Wahrnehmung von Interessen der Menschen mit Flüchtlingsstatus in seine neue Kommission, sondern er redet auch mit denen. Noch nie in der Geschichte des Landes - unter Herrn Schünemann wäre es überhaupt nicht vorstellbar gewesen - gab es einen Innenminister, der höchstpersönlich bei der Hauptversammlung des Niedersächsischen Flüchtlingsrats war und dort tosenden Applaus bekommen hat.
Ich will Ihnen noch etwas sagen: Der Entwurf der Härtefallkommissionsverordnung befindet sich in der Anhörung. In Gesprächen, die ich mit denen geführt habe, die angehört werden, z. B. mit den Vertretern der Konföderation evangelischer Kirchen, des Katholischen Büros Niedersachsen und der LAG Freie Wohlfahrtspflege, wurde gesagt: Kann so durchlaufen; keine Stellungnahme; volle Zustimmung. - Das hat es bei Herrn Schünemann nie gegeben.
Diesmal kann es passieren, dass einige Bedenken von kommunalen Vertretern formuliert werden, die sich natürlich die Frage stellen, ob sie, wenn es zu einer erhöhten Anerkennungsquote kommt, diejenigen sind, die die Integrationsarbeit vor Ort zu leisten haben. - Ja, richtig. Da müssen wir gemeinsam durch. Aber das Bundesrecht sieht ausdrücklich vor - das ist Geist des Bundesgesetzes -, dass die Länder eine Härtefallkommission bilden können, die außerhalb jeder Rechtswege allein nach humanitären Gründen entscheidet. Wenn diese humanitäre Entscheidung erforderlich ist, dann muss sie getroffen werden, ganz gleich, was es dann kostet. Es geht um Humanität!
Zur Erhöhung auf neun Mitglieder. Dass auch der Flüchtlingsrat dabei sein soll, erwähnen Sie nicht. Das halten wir aber für erforderlich. Wir sind uns darüber einig, dass es neun Mitglieder werden. Das ist ja schon vorgeschlagen. Das müssen Sie hier nicht beantragen. Aber es ist schon bezeichnend, dass im Entwurf der Verordnung steht, dass ein Arzt oder eine Ärztin aus dem öffentlichen Gesundheitswesen und mit medizinisch-therapeutischem Sachverstand in diese Kommission berufen werden soll - in der Begründung wird es noch deutlicher: der oder die Erfahrung mit traumatisierten Menschen hat -, während Sie ersatzweise einen Vertreter des Hartmannbundes, eines Klientelverbandes der niedergelassenen Ärzte, vorschlagen. Das ist kein adäquater Ersatz, aber typisch FDP.
Noch ein Satz zur Zusammensetzung: Es ist halt so, dass der Minister diese Verordnung macht, weil das Bundesrecht ihm das Recht dazu gibt. Sie hätten die Chance gehabt, in der vorigen Wahlperiode mit uns ein Härtefallkommissionsgesetz zu
beschließen. Dann würden wir als Parlament entscheiden, wer in der Kommission sitzt. Aber wenn es nun einmal eine Kommission ist, die der Minister beruft, weil er die Verordnungsermächtigung anwendet, dann entscheidet er auch, wie er beruft, und dann können Sie ihm nicht vorschreiben, dass, wenn es keinen Vorschlag der Vorschlagsberechtigen gibt, der Sitz eher frei bleibt, als dass er eine Alternative benennt. Das wäre ebenfalls kontraproduktiv.
Deswegen sage ich Ihnen, meine Damen und Herren: Wir nehmen Ihren Antrag ernst. Wir freuen uns, dass Sie konstruktiv mitgestalten wollen. Das bieten wir Ihnen auch an. Im Innenausschuss wird es demnächst eine Unterrichtung über das Ergebnis des Anhörungsverfahrens geben. Dann werden Sie sehen: Alle Verbände, die in der Vergangenheit Kritiker waren, sind jetzt Befürworter dieser hervorragenden Reform. Dann schauen wir einmal, was von Ihrem Antrag noch übrig bleibt.
Sie kommen zu spät. Sie hätten vor einem Jahr, als wir hier solche Anträge gestellt haben, die Chance gehabt, diesen eine Mehrheit zu verschaffen. Seien Sie froh, dass wir gewonnen haben. Jetzt haben wir sie allein.
Frau Präsidentin! Verehrter Herr Kollege, ich möchte Sie erstens bitten, dass Sie sich anschauen, wie ich mich, auch im Namen der FDP-Landtagsfraktion, in der letzten Wahlperiode zu dieser Thematik eingelassen habe. Dabei werden Sie feststellen, dass ich auch hier im Plenum schon deutlich gemacht habe, welche Veränderungen der Härtefallkommissionsverordnung wir über die in der letzten Wahlperiode vorgenommenen hinaus vorschlagen.
Zweitens. Wir haben als FDP-Landtagsfraktion unseren Entschließungsantrag am gleichen Tag vorgelegt, an dem das Kabinett die Änderung der Härtefallkommissionsverordnung in die Anhörung
Drittens. Sie haben sich um die entscheidende Aussage gedrückt, nämlich um eine Aussage hinsichtlich der Frage: Wie ist denn mit denen, die ins Kirchenasyl gegangen sind? Dadurch, dass ich eine Kurzintervention mache, gebe ich Ihnen jetzt die Möglichkeit, sich dazu klar zu äußern. Herr Kollege Bachmann, wie halten Sie es mit denen, die im Kirchenasyl waren?
Die Fälle im Kirchenasyl werden behandelt, wie wir sie in der Vergangenheit bei entsprechenden Eingaben auch behandelt haben. Wenn wir aus humanitären Gründen sagen, dass das für die Menschen die letzte Möglichkeit war, vor einer Abschiebung auf sich aufmerksam zu machen - zu solchen Abschiebungen, wie sie unter Schünemann Fakt waren, wird es nicht mehr kommen -, dann werden die Fälle im Einzelfall beurteilt, ganz gleich, ob die Betreffenden im Kirchenasyl sind oder nicht. Es mag auch Fälle geben, in denen Menschen im Kirchenasyl sind und in denen die humanitären Gründe, die sonst notwendigerweise als Maßstab gelten müssen, nicht angewendet werden können. Das kann man nicht am Kirchenasyl festmachen, sondern man muss es an den humanitären Hintergründen des Einzelfalls festmachen. In Zukunft werden alle die Chance haben, das überprüfen zu lassen.
Ich verbitte mir auch, dass ich von Kollegen im Parlament angegangen werde, warum ich das in diesem Stil vortrage. Sie müssen schon damit leben, dass ich auch in dieser Wahlperiode und auch in neuer Funktion ein engagierter Fighter für humanitäre Fragen bin.
Jetzt nutze ich meine Antwort auf Ihre Kurzintervention, Herr Oetjen. Entschuldigen Sie sich erst einmal für den „Wachhund“. Wir halten es für er
forderlich, dass die Landesbeauftragte in dieser Kommission die Chance hat, nicht aufzupassen, sondern sich in ihrer Funktion konstruktiv einzubringen. Das ist angesagt.
- Entschuldigung. - Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Herr Bachmann, ich finde es schade, dass Sie in diese Debatte eine derartige Schärfe hineinbringen. Ich finde, wir waren in diesem Plenum schon auf einem besseren Weg.
Wenn Sie das schon ansprechen, möchte ich Sie nur darauf hinweisen, dass Sie sich vielleicht einmal zu Gemüte führen sollten, wie im Verhältnis zu den Einwohnerzahlen beispielsweise die Abschiebezahlen in Nordrhein-Westfalen sind, wo Sie regieren. Dort finden nämlich, auf die Einwohnerzahl gerechnet, mehr Abschiebungen statt, als es in Niedersachsen je der Fall war.
Meine Damen und Herren, bevor wir in die Diskussion im Ausschuss einsteigen, möchte ich mich bei den bisherigen Mitgliedern der Härtefallkommission ausdrücklich bedanken. Das ist nicht immer eine einfache Aufgabe. Ich hoffe, dass wir die Härtefallkommission künftig zu einem Gremium weiterentwickeln, das sich wirklich mit den Schicksalen Einzelner beschäftigt. Das ist eine große Aufgabe. Dem gilt jetzt schon mein herzlicher Dank.
Aus dem Antrag der FDP, der ja zeitgleich mit dem Änderungsvorschlag zur Härtefallkommissionsverordnung vorgelegt wurde, will ich einige Punkte herauspicken, bei denen wir, so denke ich, relativ schnell Einigkeit finden werden.
Zu Punkt 1: Einen Vertreter des Hartmannbundes oder einen Arzt oder eine Ärztin als Mitglied zu berufen wird, so denke ich, sinnvoll sein.
Zu Punkt 2: Dass die Verbände ihre Vertreter ohne Vorbehalt des Ministeriums berufen, ist, so finde ich, eine sehr wichtige Anregung. Das sollte den Verbänden direkt überlassen bleiben.
Punkt 3 knüpft im Grunde daran an. Hierbei geht es darum, dass kein Fachministerium ein Ersatzmitglied vorschlagen kann, wenn ein Verband kein Mitglied benannt hat. Ich glaube schon, dass es in der Eigenverantwortung der Mitgliedsverbände liegen muss, wen sie in die Härtefallkommission schicken. Das sollte nicht noch vom Ministerium abgesegnet werden müssen. Ich denke also, das ist eine wichtige Anregung.
Auch mit Ihrer Forderung unter Nr. 8, die Vorprüfungskommission zu stärken, werden wir uns anfreunden können. Schließlich konnte die Vorprüfungskommission ihre Arbeit überhaupt erst nach der letzten Änderung der Härtefallkommissionsverordnung aufnehmen, sodass der Vorsitzende nicht mehr nur allein über die Sach- und Rechtslage entscheiden konnte.