Meine Damen und Herren, 805 Millionen Menschen auf der Welt leiden derzeit Hunger. Mehr als 2 Milliarden Menschen sind von Nährstoffmangel betroffen. Gleichzeitig landen weltweit pro Jahr 1,3 Milliarden t Lebensmittel im Abfall. Das ist so nicht in Ordnung! Da besteht entscheidender Handlungsbedarf!
Das Problem, meine Damen und Herren, ist bekannt. Es wird auch schon eine ganze Menge getan. Die EU hat sich des Themas angenommen.
Sie möchte bis 2025 die Lebensmittelverluste um 30 % verringern. Der Bundestag hat eine Entschließung angenommen und möchte bis 2020 die Menge der Lebensmittelabfälle um die Hälfte reduzieren. Die Landesregierung hat sich mit dem Thema befasst, u. a. auf der Verbraucherministerkonferenz im Mai 2015. Wir hatten hier im Ausschuss den Antrag der CDU, haben dazu den Änderungsvorschlag von SPD und Grünen eingebracht und sind dann zu dem gemeinsamen Ergebnis gekommen. Das ist sehr gut so.
Meine Damen und Herren, Verschwendung von Lebensmitteln ist nicht nur aus ethischen Gründen inakzeptabel, sie ist auch für das Klima und die Umwelt problematisch. Fast 30 % des weltweiten Ackerlandes und ca. ein Viertel des gesamten Wasserverbrauchs werden für die Produktion von Lebensmitteln genutzt, die dann in der Tonne landen. Pro Kopf eines jeden Niedersachsen heißt das: Jeder von uns produziert so viel CO2, wie bei einer Autofahrt von Hannover nach Madrid anfällt. Jeder verbraucht 19 Badewannen voll Wasser und verbraucht 3 Tennisplätze landwirtschaftliche Fläche für die Produktion von Lebensmitteln, die er dann wegwirft. Jeder Einzelne von uns ist mit diesen Mengen daran beteiligt. Das ist entschieden zu viel.
Ich habe mich gegen das Wort „Verschwendung“ gewehrt. Das klingt immer so, als ob man ganz bewusst achtlos mit Lebensmitteln umginge. Ich glaube, das darf man niemandem unterstellen. Trotzdem sind Lebensmittelverluste definitiv da. Die wollen wir reduzieren. Wir müssen gucken, wo genau wir ansetzen müssen. Ein hektischer Alltag mit wenig Zeit für Haushaltsmanagement, Hygieneanforderungen, Unkenntnis der Bedeutung des MHD, verpackte Lebensmittel in zu großen Verpackungen - alles das sind Gründe, weshalb Verbraucher zu 40 bis 60 % an weggeworfenen Lebensmitteln beteiligt sind.
Zum Glück gibt es aber auch viele gesellschaftliche Akteure, die sich für Lebensmittelwertschätzung einsetzen: Landfrauen, Tafeln, Kirchen, Initiativen junger Leute, die zeigen, dass man mit Lebensmitteln aus der Tonne Tolles kochen kann. Es gibt viele gute Ansätze. Diese guten Ansätze gilt es weiterzuentwickeln. Dazu fordern wir die Landesregierung auf. Dazu haben wir den Antrag mit diesem umfassenden Katalog verfasst. Lebensmittel sollen in Zukunft vom Feld auf den Teller und
dann mit Wertschätzung verspeist werden. Das ist unser Ziel. Daher bitten wir Sie alle, diesem Antrag zuzustimmen.
Vielen Dank, Frau Rakow. - Für die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen hat nun Frau Kollegin Staudte das Wort.
Wir haben die Zahlen gerade gehört: 82 kg Lebensmittel werden pro Kopf im Jahr verschwendet. Das entspricht, was die Menge in Niedersachsen angeht, 75 000 ha. Es ist ethisch überhaupt nicht zu ertragen, dass wir über 1 Milliarde t Lebensmittel wegschmeißen, während knapp 1 Milliarde Menschen auf der Welt hungern.
Frau Rakow hat es gerade angesprochen: Es geht nicht nur um die Lebensmittel selber. Es geht um die ganzen Ressourcen, die dafür verbraucht werden. Wir bewässern unsere Felder auch mit Grundwasser, wir haben den Energieeinsatz bei der Herstellung, wir haben die Spritzmittel und den Dünger. Ganz besonders ethisch fragwürdig ist es, wenn wir Fleisch produzieren, Tiere töten und dann das Fleisch wegwerfen.
Wenn wir hier ein Lebensmittel nicht wegwerfen, landet es nicht automatisch auf dem Teller irgendwo in Afrika. Aber gerade bei der Fleischproduktion wissen wir alle ganz genau, dass dieses Fleisch hergestellt wurde, indem Soja aus der ganzen Welt importiert wurde. Da erschließt sich dann der Zusammenhang mit dem Hunger in der Welt.
Es gibt ganz sicher nicht nur eine einzige Ursache, auch nicht einen einzigen Akteur, den man jetzt verantwortlich machen könnte. Aber gerade darin lag vielleicht die Chance für uns, einen gemeinsamen Antrag über alle Fraktionen hinweg auf den Weg zu bringen und zu beschließen, weil hier keiner mit dem Finger auf den anderen zeigen kann.
Es gibt eine ganze Reihe von Initiativen, die sich mit dieser Thematik befassen. Die Landfrauen sind erwähnt worden, die sehr tatkräftig unterwegs sind, die Rezepte entwickeln für - - -
Wir bringen diese Arbeitsgruppe auf den Weg. Häufig wird es diffamiert, wenn man einen Arbeitskreis bildet. Ich bin aber ganz gespannt darauf, zu welchen Ergebnissen er kommen wird.
Vielen Dank, Frau Kollegin, auch für den Lesehinweis. - Für die FDP-Fraktion hat jetzt Herr Kollege Grupe das Wort. Auch für Sie sind es nur zwei Minuten - ich sage das nur prophylaktisch.
Frau Rakow hat herausgestellt, dass wir das sehr harmonisch beschließen. Deswegen werde ich die Rede von Frau Staudte nicht nachlesen und auch auf die leichten Verdrehungen aus meiner Sicht, liebe Frau Staudte, nicht eingehen. Wir wollen doch die Gemeinsamkeiten hier hochhalten.
Es ist bereits gesagt worden: Es handelt sich dabei um eine Frage der Wertschätzung und des Bewusstseins. Früher hat man gesagt: Lebensmittel bzw. Brot wegzuwerfen ist Sünde. - Es ist etwas ganz Besonderes, dass 1 Milliarde Menschen dieses Nötigste zum Leben nicht in ausreichendem Maße haben. Deswegen sollten wir das Bewusstsein dafür schärfen, wie man das heute besser formulieren würde.
Ich will einen Punkt anfügen, der mir unwahrscheinlich auf die Nerven geht. Das ist dieses Mindesthaltbarkeitsdatum. Es ist eine Katastrophe! Man diskutiert es in der eigenen Familie, man diskutiert es im Bekanntenkreis und bekommt immer wieder entgegengehalten: Lebensmittel, die verdorben sind, kann man doch nicht essen! - Man
In diesem Text steht - das begrüße ich sehr -, dass man doch Lebensmittel, die noch völlig in Ordnung sind, wenigstens caritativen Zwecken zur Verfügung stellen sollte. Da hat man mir auch entgegengehalten: Wenn das für uns nicht mehr in Ordnung ist, kannst du es doch nicht denen geben! - Da verzweifelt man einfach. Wir müssen deutlich machen, dass es andere Kriterien gibt, festzustellen, ob ein Lebensmittel wirklich verdorben ist. Das ist etwas ganz anderes.
Deswegen müssen wir gemeinsam - und das ist das Schöne - an einem Strang ziehen und dieses Mal auch in die gleiche Richtung. Wir müssen daran arbeiten, dass wir etwas im Bewusstsein verändern und dass man Lebensmitteln wieder eine höhere Wertschätzung entgegenbringt. Vielleicht können wir gemeinsam ein bisschen dazu beitragen. Das ist es allemal wert.
Vielen Dank, Herr Grupe. - Nun hat für die Landesregierung Herr Landwirtschaftsminister Meyer das Wort. Bitte!
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Die gemeinsamen Sachen werden immer kurz abgefasst. Deshalb danke ich für diesen fraktionsübergreifenden Entschließungsantrag. Er untermauert die Aktivitäten, die das Landwirtschaftsministerium schon betreibt.
Wir haben am 10. September eine sehr produktive Tagung mit der Deutschen Gesellschaft für Ernährung durchgeführt. Ich konnte ebenso wie Sie leider nicht daran teilnehmen, da wir ja die Sondersitzung hatten. Aber die Ergebnisse dort sind in den relevanten Branchen und Fachkreisen sehr gut aufgenommen worden.
Als wichtigstes Ergebnis wollen wir jetzt diese kontinuierlich arbeitende Arbeitsgruppe einrichten, um alle Beteiligten, die ein gemeinsames Interesse daran haben, dass weniger Lebensmittel verfallen, auf dem Weg verkommen und dann in unseren Kühlschränken grün oder blau anlaufen, an den gemeinsamen Tisch zu bringen.
Deshalb danke ich für diese Gemeinsamkeit und hoffe, dass wir heute Abend und auch in den nächsten Tagen auch bei uns selbst schauen: Was ist Maß? Was ist Mitte? Was ist maßvoll? Muss es immer so viel sein? Muss man immer mehr kaufen, als man am Ende isst? - Wir alle können einen Beitrag dazu leisten, dass die Produkte unserer Landwirte wertgeschätzt werden.
Wer der Beschlussempfehlung des Ausschusses zustimmen und damit den Antrag der Fraktion der CDU in der sich aus der Beschlussempfehlung ergebenden geänderten Fassung annehmen will, den bitte ich um ein Handzeichen. - Die Gegenprobe! - Enthaltungen? - Auch das war einstimmig.