Protocol of the Session on November 12, 2015

Wir kommen nun zur Behandlung der strittigen Eingaben. Ich rufe die Eingaben aus der besagten

Eingabenübersicht auf, zu denen Änderungsanträge vorliegen.

Wir treten in die Beratung ein. Ich gehe in der Reihenfolge der Wortmeldungen vor, weil sich diejenigen, die Änderungsanträge eingebracht haben, als Erste gemeldet haben. Wenn andere Positionen zu diesen Eingaben vorgetragen werden sollen, bitten wir darum, dass uns die Wortmeldezettel zu der laufenden Rede gegeben werden, damit im Sachzusammenhang diskutiert wird und nicht zwischen unterschiedlichen Themen hin und her gesprungen werden muss.

Es spricht zunächst für die FDP-Fraktion der Abgeordnete Dr. Gero Hocker, und zwar zu den lfd. Nrn. 5, 7 und 14. Herr Dr. Hocker, Sie haben das Wort.

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Sie müssen leider damit leben, dass wir in jedem Plenum diejenigen Eingaben strittig stellen, die sich mit den Abstandsregelungen zu Windkraftanlagen beschäftigen. Das tun wir, solange Sie Ihre Haltung nicht ändern. Also sprechen wir auch heute darüber.

Ich war in der vergangenen Woche beim Branchentag des Bundesverbands Windenergie zu Gast. Die Kollegin Westphely von den Grünen war ebenfalls vor Ort. Ein prägendes Thema an diesem Tag ist die Frage gewesen, wie man die Akzeptanz für Windkraftanlagen herstellen und die Akzeptanz für die Energiewende befördern kann.

Und hier bin ich ausdrücklich anderer Auffassung als viele andere hier in diesem Hohen Hause. Ich bin nämlich der festen Überzeugung, dass ein ganz zentraler Punkt ist, die Menschen über Kommunikation und frühzeitige Information in Entscheidungsprozesse einzubinden. Ebenso wichtig, um Akzeptanz herstellen zu können, ist die Frage, mit welchen Abständen Windkraftanlagen installiert werden.

(Zustimmung bei der CDU)

Die FDP-Fraktion hat zu diesem Thema einen Gesetzentwurf eingebracht. Wir halten das Zehnfache der Nabenhöhe für einen angemessenen Abstand zur Wohnbebauung. In vielen Eingaben spiegelt sich wider, dass wir damit nicht so schrecklich falsch liegen, meine Damen und Herren.

Wenn Sie sich dieser politischen Zielsetzung ebenso verpflichtet fühlen würden wie wir und

wenn Sie diese Zielsetzung auch in dem Windkrafterlass, der noch in diesem Jahr das Licht der Öffentlichkeit erreichen soll, berücksichtigen würden, dann würden Sie dem Thema Akzeptanz für Windkraftanlagen, Akzeptanz für die Energiewende in Niedersachsen einen großen Dienst erweisen. Deswegen plädieren wir bei diesen drei Eingaben, die wir strittig gestellt haben, für „Berücksichtigung“.

Vielen Dank.

(Beifall bei der FDP)

Vielen Dank, Herr Kollege Dr. Hocker. - Zu dem gleichen Themenkomplex hat jetzt für die SPDFraktion der Abgeordnete Axel Brammer um das Wort gebeten. Bitte schön, Herr Kollege!

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Die Kollegen Bratmann, Winkelmann und ich haben gerade zum ersten Mal gehört, warum die FDPFraktion diese Eingaben - bei zweien davon bin ich Berichterstatter - strittig gestellt hat. Es wäre gut gewesen, wenn wir das im Ausschuss inhaltlich hätten diskutieren können. Darauf haben die Petenten meines Erachtens auch einen Anspruch.

(Beifall bei der SPD und bei den GRÜNEN)

Außerdem hätte ich mich sehr darüber gefreut, eine inhaltliche Diskussion z. B. über das uralte Thema Infraschall führen zu können. Aber das ist wegen der Kürze der Zeit heute leider nicht möglich.

(Christian Grascha [FDP]: Das wurde doch ausführlich im Umweltausschuss diskutiert!)

- Ich glaube, ich habe das Wort.

(Christian Grascha [FDP]: Ich glaube, da oben sitzt der Präsident!)

Die Abstände von Windenergieanlagen sind zurzeit baurechtlich geregelt, und diese Regelungen sind auch mit einschlägigen Gerichtsurteilen hinterlegt. Anträge sind von den Kommunen ordnungsgemäß abzuarbeiten. Zum derzeitigen Zeitpunkt besteht aus unserer Sicht kein Handlungsbedarf. Deshalb bleiben wir bei unserer Empfehlung „Sach- und Rechtslage“.

(Beifall bei der SPD und bei den GRÜNEN)

Sie hatten das Wort, Herr Kollege Brammer. Deswegen musste ich auch nicht eingreifen. Sie haben es sich ja auch nicht nehmen lassen.

Das war es zu diesem Themenkomplex. Jetzt habe ich wieder eine Wortmeldung aus der FDPFraktion, und zwar vom Kollegen Björn Försterling. Dabei geht es um die Eingaben mit den Nummern 01867, 02066 und 02119. Wer dazu reden möchte, den bitte ich, jetzt den Wortmeldezettel abzugeben. - Herr Försterling, bitte!

Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! In allen drei Eingaben geht es um die Umsetzung der Inklusion. Auch dieses Thema wiederholt sich von Plenarwoche zu Plenarwoche.

Was haben wir hier gestern für ein Loblied des Kollegen Santjer auf die Inklusion gehört. Aber anscheinend kommt das alles bei betroffenen Eltern noch nicht an. Wir haben hier die Eingabe einer Mutter und Lehrerin sowie die Eingabe von zwei Elternräten, die genau die Dinge bemängeln, bei denen wir in den letzten Jahren immer wieder deutlich gemacht haben, dass genau dort Nachsteuerungsbedarf besteht und dieser sich auch schon heute erkennen lässt.

Wer Inklusion gelingen lassen will - und ich habe es immer so verstanden, dass wir das alle hier im Haus wollen und dass uns das eint -, der muss endlich auch einmal die wesentlichen Bausteine - dass die Klassen zu groß sind, dass es nicht reicht, die Doppelzählung zu machen, dass die sonderpädagogische Grundversorgung von zwei Stunden pro Woche nicht ausreicht und dass die Abschaffung der Förderschule Lernen ein Fehler gewesen ist - aufnehmen und zeigen, dass er an konkreten Verbesserungen arbeiten will.

Dies ist das ein neuerlicher Versuch, Sie davon zu überzeugen, diesen Petitionen den Status der „Berücksichtigung“ zu geben, damit wir den Eltern signalisieren können, dass der Niedersächsische Landtag nach wie vor daran interessiert ist, dass Inklusion gelingt. Wir sehen, dass diese Bausteine genau die Bausteine sind, die Inklusion zum Gelingen bringen können. Dazu kann man viele Worte finden, aber am Ende wird man sich an den Taten messen lassen müssen.

Sie können sich heute wieder an Ihrer Abstimmung messen lassen, ob Sie Inklusion gelingen lassen wollen oder nicht.

(Beifall bei der FDP)

Vielen Dank, Herr Kollege Försterling. - Zum gleichen Themenkomplex, zu den Eingaben 02066 und 02119, gibt es noch zwei weitere Wortmeldungen. Zunächst spricht der Abgeordneter Kai Seefried, CDU-Fraktion.

Vielen Dank. - Herr Präsident! Verehrte Kolleginnen und Kollegen! Der Kollege Försterling hat es schon gesagt: Es ist nicht das erste Mal, dass wir hier im Niedersächsischen Landtag ausführlich über die Umsetzung der Inklusion sprechen und dass wir vor allen Dingen darüber sprechen, welche Probleme in der Umsetzung der Inklusion auftreten bzw. welche Probleme diese Landesregierung zu verantworten hat.

Viele Bürgerinnen und Bürger, in diesem Fall Elternräte, wenden sich mit Petitionen regelmäßig und wiederholt an den Niedersächsischen Landtag und bitten um mehr Unterstützung, einerseits bei Inhalt und Qualität, andererseits bei dem großen Thema der tatsächlichen Freiheit der Eltern bei der Wahl des besten Lern- und Förderorts für ihre Kinder.

An der Eingabenübersicht und der Debatte, wie sie in dem entsprechenden Ausschuss gelaufen ist, sehen wir, dass es sich die Abgeordneten von SPD und Grünen nach wie vor viel zu einfach mit der gesamten Thematik machen, indem bei allen diesen berechtigten Interessen einfach gesagt wird: Der Petent ist über die Sach- und Rechtslage zu unterrichten.

So einfach ist es nicht. Deshalb muss man es auch aushalten, dass wir, wie Herr Försterling schon sagte, in jeder Plenarwoche, immer wieder über dieses Thema sprechen müssen und auch sprechen werden, weil es unser ganz besonderes Anliegen ist, die Interessen der Eltern und vor allen Dingen der Schülerinnen und Schüler gerade bei der Umsetzung der Inklusion zu vertreten.

(Zustimmung bei der CDU)

Gestern hat der Kollege Politze hier im Landtag in Richtung der CDU-Fraktion gesagt, stetes Wiederholen schafft vertiefte Bildung. So sehe ich das ein Stück weit auch bei diesem Thema und hoffe wie

beim speziellen Bildungsprogramm des Kinderfernsehens darauf, dass es bei der SPD und bei den Grünen irgendwann einmal Wirkung entfalten und dass tatsächlich ein vertieftes Verständnis dieser wichtigen Themen zutage treten wird.

(Zustimmung bei der CDU und bei der FDP)

Wir als CDU-Fraktion haben die Forderung der Eltern, die diese an uns herangetragen haben, unterstützt. Ich möchte hier nochmals betonen - das haben wir schon mehrfach im Landtag debattiert -: Politik beginnt mit der Betrachtung der Realität. Und es ist einfach die Realität, dass es in der Umsetzung der Inklusion viele einzelne Bausteine gibt, um die wir uns kümmern müssen, dass aber vor allen Dingen bei den Eltern eine riesengroße Sorge besteht, die fragen: Was ist der richtige Förderort für mein Kind? Ist es die Förderschule, oder ist es die allgemeinbildende Schule? - Damit, dass Sie den Eltern diese Wahlmöglichkeit nehmen, und mit Ihrer Entscheidung, weiterhin daran festzuhalten, die Förderschule Lernen im Grundschulbereich auslaufen zu lassen und zukünftig den Förderbereich Lernen ganz auslaufen zu lassen, laufen Sie Gefahr, dass für die Umsetzung der Inklusion keine Akzeptanz erreicht wird.

Das darf uns nicht passieren. Aber wenn jemand das Scheitern der Inklusion zu verantworten hätte, dann wären das Sie von SPD und Grünen. Davor möchte ich Sie ausdrücklich warnen.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP - Gerd Ludwig Will [SPD]: Sie sind ein ganz Schlauer!)

Sie zerschlagen bestehende Systeme. Auch das wird in diesen Petitionen nochmals deutlich. Deswegen abschließend wirklich ganz eindringlich: Bitte denken Sie neu über dieses Thema nach. Bitte nehmen Sie die Interessen der Eltern wirklich ernst. Reagieren Sie auf diese vielen Petitionen. Reagieren Sie auf die Realität in unseren Schulen, und folgen Sie dementsprechend auch den Anträgen der CDU, wie sie heute vorgebracht worden sind, damit wir zu Verbesserungen für die Eltern kommen können!

(Beifall bei der CDU)

Vielen Dank, Herr Seefried. - Zum selben Thema hat jetzt für die SPD-Fraktion der Abgeordnete Axel Brammer das Wort.

Vielen Dank. - Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Herr Försterling, auch wir haben ein Interesse daran, dass Inklusion gelingt. Das Auslaufen der Förderschulen Lernen wurde u. a. durch die letzte schwarz-gelbe Landesregierung beschlossen, allerdings mit den Stimmen der SPD. Und an unserer Haltung dazu wird sich aus folgenden Gründen auch nichts ändern:

(Dr. Gero Hocker [FDP]: Es ist ja auch Vergangenheit!)

Erstens. Im Ersten Bericht des UN-Fachausschusses vom 17. April 2015 über das Staatsprüfungsverfahren Deutschlands zum Stand der Umsetzung der UN-Behindertenrechtskonvention wird Deutschland u. a. aufgefordert, die Anzahl der Förderschulen zu verringern.

(Björn Försterling [FDP]: Also doch al- le abschaffen!)

Zweitens. Was wollen wir eigentlich denen erzählen, die sich schon lange erfolgreich inklusiv auf den Weg gemacht haben, wenn wir jetzt auf einmal wieder eine Rolle rückwärts machen? - Das kann ich keinem erzählen.

(Beifall bei der SPD und bei den GRÜNEN)