Es ist sehr überraschend, und es wird die Verbände ausgesprochen enttäuscht haben, dass der Ministerpräsident so etwas mitmacht.
Ich möchte drittens noch auf einen inhaltlichen Punkt hinweisen. In diesem Gesetz wird ein Angriff auf die Unabhängigkeit der Medienanstalt verankert. Das ist schon ein bemerkenswerter Vorgang. Zunächst schaffen Sie sich eine Mehrheit nach Ihrem Gusto, indem Sie Verbände dort hineinpacken, die den Grünen nahestehen. Ich will ein Beispiel aufgreifen, an dem darüber hinaus deutlich wird, welches Gesellschaftsbild dahintersteckt. Sie schmeißen den Deutschen Familienverband, die Vertreter der Familien, raus - aber der Lesben- und Schwulenverband kommt rein. Das entspricht nicht unserer Vorstellung von dieser Gesellschaft. Wir meinen, dass auch Mehrheitsgruppen in diesem Land einen Anspruch darauf haben, in der Landesmedienanstalt vertreten zu sein.
Aber obwohl Sie jetzt eine Mehrheit nach Ihrem Gusto verankert haben, obwohl Sie als Kaderpartei Ihre Leute versorgen, bringen Sie mit diesem Gesetz trotzdem noch Ihr Misstrauen zum Ausdruck, und zwar, indem Sie sagen, 42 % der Haushaltsmittel schreiben wir einfach fest.
Die Versammlung der Landesmedienanstalt soll künftig nicht frei darüber entscheiden können, wie die Mittel verwendet werden. Zukünftig soll es also nicht mehr darum gehen, ob die Projekte oder das Programmangebot gut sind, sondern Sie wollen per Gesetz die Mittel festschreiben. Damit brechen Sie ausdrücklich mit dem Prinzip der Staatsferne, auf das Sie sich an anderer Stelle noch berufen haben. Das wird sicherlich verfassungsrechtlichen Bedenken begegnen, und das werden wir selbstverständlich intensiv mit dem Gesetzgebungs- und Beratungsdienst diskutieren.
Was dahintersteckt, haben Sie gerade deutlich gemacht: Sie versuchen, sich ein wenig zu verstecken. Das, was Sie jetzt festschreiben wollen, hat die Versammlung der Landesmedienanstalt - in der Sie ja Mitglied sind; von daher kennen Sie auch die Beratungen - ganz alleine hinbekommen. Dieser Anteil von 42 %, diese krumme Zahl, kommt ja nicht von ungefähr, sondern sie entspricht exakt
dem derzeitigen Bestand. Das heißt, es geht Ihnen nicht darum, einen neuen Impuls zu setzen. Vielmehr misstrauen Sie der neuen Versammlung mit ihrer Mehrheit. Deswegen wollen Sie an dieser Stelle offenkundig etwas festschreiben. Aber das wird ganz gewiss nicht so im Gesetz bleiben können.
Meine sehr verehrten Damen und Herren, ich gehe davon aus, dass der Ministerpräsident hier nicht das Wort ergreifen wird. Denn die Staatskanzlei hat ja ausdrücklich deutlich gemacht, dass sie mit diesem Gesetz so nichts zu tun haben will, sondern die Federführung Herrn Heere überlässt. Gleichwohl, Herr Ministerpräsident, werden Sie sich überlegen müssen, ob Sie tatsächlich die Verantwortung dafür übernehmen wollen, dass das Prinzip der Staatsferne aufgeweicht und die Mittel festgeschrieben werden sollen - und all das nur, um den Grünen die Posten zuzuschustern.
Vielen Dank, Herr Kollege Nacke. - Jetzt gibt es eine Kurzintervention. Bitte schön, Herr Kollege Heere! Sie haben das Wort.
Sehr geehrter Vorsitzender! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich habe mich zu einer Kurzintervention gemeldet, um die falschen Darstellungen von Herrn Nacke zu korrigieren.
Zum Stichwort „Parität der Sozialpartner“: Der alten Versammlung der Landesmedienanstalt gehörten von der Arbeitgeberseite an: die Unternehmerverbände, die freien Berufe und das Handwerk sowie die Verlegerinnen und Verleger. Ob Sie Letztere mitzählen, können Sie selbst entscheiden. Wenn Sie das tun, sind es fünf Sitze. Auf der Gegenseite, der Gewerkschaftsseite, waren es zwei Sitze für den DGB und einer für den JournalistenVerband. Das sind zusammen drei Sitze. Also hatten wir ein Verhältnis von 5 : 3.
Die von uns vorgesehene Änderung zielt auf ein Verhältnis von 3 : 3 ab. Das heißt: Wir haben hier eine Parität der Sozialpartner.
(Ulf Thiele [CDU]: Und was ist mit den Lehrern? Was ist mit der GEW? Ist das keine Gewerkschaft mehr?)
- Die GEW hat gar keinen Sitz in der Versammlung. Einen Sitz hat bislang nur - von Ihnen exklusiv erkoren - der Deutsche Lehrerverband. In diesem Verband sind lediglich die Philologen, die Realschullehrer und die Berufsschullehrer organisiert. Die GEW ist in der Versammlung bislang nicht vertreten gewesen, und die Grundschullehrer, die überwiegend im VBE organisiert sind, auch nicht.
Wir stellen an dieser Stelle einen Ausgleich her und sagen: Für die Lehrerverbände sollen die drei größten Verbände in Niedersachsen gemeinsam einen Sitz haben. Das ist anders, als Sie es gemacht haben. Sie haben einfach dem zweitgrößten Lehrerverband einen Sitz zugeschustert, weil der politisch auf Ihrer Linie liegt. Das ist nämlich die politische Sauerei, dass Sie hier sehr einseitig vorgegangen sind. Wir aber gleichen das aus.
Vielen Dank. - Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Herr Kollege Heere, an Ihrem Beitrag wird deutlich, wie wenig Zugang Sie zu unserem Unternehmertum, zu den freien Berufen haben. Hier mal eben die freien Berufe der Arbeitgeberseite zuzuschlagen und das Handwerk und die Unternehmerverbände in einen Topf zu werfen, ist so was von falsch, dass anderthalb Minuten wirklich nicht ausreichen, um Ihnen das zu erklären. Das ist ein klares Bekenntnis Ihres Misstrauens gegen die Unternehmer in diesem Land.
Dieses Misstrauen setzt sich aber fort. Denn gegenüber den privaten Rundfunkanbietern agieren Sie ja auf vergleichbare Weise. Auch für die priva
ten Rundfunkanbieter wird es künftig schwieriger, ihr Angebot zu gestalten. Sie haben zwar etwas flott behauptet, das gelte nur für zukünftige Anträge. Aber das wird sich natürlich auch schon bei bestehenden Angeboten zeigen. Es ist doch klar: Sobald sich die Eigentümerstruktur in irgendeiner Form ändert, wird es für die privaten Rundfunkanbieter schwieriger.
Ich sage noch einmal: Hören Sie auf die Hannoversche Allgemeine Zeitung vom heutigen Tage! Der Ministerpräsident rühmt sich immer damit, dass er zu den Unternehmerverbänden einen guten Draht hat.
Aber hier wird ausdrücklich gegen den Wunsch und den Willen der Unternehmerverbände Politik gemacht - zugunsten von Gruppierungen, die den Grünen nahestehen.
Herr Müller sagt in der Hannoverschen Allgemeinen Zeitung, dass die Landesregierung in jeder Sonntagsrede betont, wie wichtig die Sozialpartnerschaft sei. Aber in der Versammlung der Landesmedienanstalt müssen die Unternehmerverbände Plätze abgeben, damit Ihre Verbände Berücksichtigung finden. Das ist nicht in Ordnung, und Sie glauben doch wohl, dass das zurückschlagen wird.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Hier ist ja eine richtig spannende Diskussion entstanden. Dennoch glaube ich, dass wir den Gesetzentwurf in aller Ruhe behandeln sollten.
wollen wir, also die Regierungsmehrheit aus Rot und Grün, gemeinschaftlich das Mediengesetz modernisieren. Nach zwölf Jahren wollen wir eine Novelle auf den Weg bringen, weil das Mediengesetz einer der zentralen Pfeiler unseres Medienrechts ist.
Die niedersächsische Medienpolitik steht für Transparenz, Teilhabe und Meinungsvielfalt. Das muss auch in einer sich verändernden Welt gewährleistet sein.
Wenn ich mich an die Debatte im Jahr 2003 erinnere, die unter ganz anderen Vorzeichen stattfand und mit Streit und dem Auszug einer nicht kleinen Fraktion endete, dann sehe ich uns hier sehr maßvoll auf dem richtigen Weg.
Ich glaube, ein Mediengesetz kann nie etwas Statisches sein, sondern bedarf immer wieder der Anpassung an gesellschaftliche Veränderungen. Wir standen auch nicht unter einem Druck, etwas ändern zu müssen - auch wenn das gerade suggeriert worden ist -, sondern haben die Änderungen gemeinschaftlich entwickelt. Während man beim ZDF unter Druck stand, weil es ein Urteil zur Besetzung des ZDF-Fernsehrats gab, haben wir uns mit Betroffenen und Verbänden zusammengesetzt, um Änderungen ermöglichen.
Das Prinzip der Staatsferne war dabei kein Thema. Allerdings werden wir insofern sogar noch besser, weil der Politik künftig zwei Sitze weniger zur Verfügung stehen.
Das zweite Mandat, das nach dem geltenden Gesetz der stärksten Fraktion im Landtag zusteht - also für die CDU vorgesehen war -, soll nun ebenso zurückgehalten werden wie das der Linken. Ich glaube, es ist gut, wenn wir in Zukunft den Einfluss des Staates ein wenig reduzieren.
Mit dem neuen Gesetz schaffen wir ein modernes Medienrecht und stärken den wirtschaftlichen Faktor des Medienstandorts Niedersachsen. Insofern liegen die Kommentare, die in einigen Zeitungen von „Gremiengedöns“ oder Ähnlichem sprechen, gänzlich daneben. Wir müssen uns mit diesen Anpassungen ernsthaft und inhaltlich auseinandersetzen und sie in aller Offenheit gemeinschaftlich erörtern. Am Schluss müssen wir schauen, was dabei herauskommt.
Meine Damen und Herren, Herr Heere hat es schon gesagt: Wir wollen in der Medienpolitik mehrere Ziele erreichen und haben diese deshalb in das neue Mediengesetzes aufgenommen.