Protocol of the Session on October 14, 2015

Nach § 80 unserer Geschäftsordnung lasse ich über den Antrag von Herrn Nacke abstimmen, bei dem es um die Vertagung dieses Tagesordnungspunktes auf morgen geht. Wer diesem Antrag des Kollegen Nacke zustimmen möchte, den bitte ich um ein Handzeichen.

(Jens Nacke [CDU]: Unfassbar! Un- glaublich!)

Gegenstimmen? - Das Zweite war die Mehrheit. Damit ist dieser Antrag abgelehnt.

Wir kommen jetzt zu dem Antrag der CDU-Fraktion auf sofortige Abstimmung, den der Kollege Thümler eingebracht hat.

Das Verfahren, meine Damen und Herren, ist Ihnen bekannt. Nach § 27 - - -

(Unruhe)

- Meine Damen und Herren, wir sind jetzt im Abstimmungsverfahren. Wir brauchen inhaltlich nicht mehr zu diskutieren. Ich darf Sie bitten, sich daran zu halten.

Nach § 39 Abs. 3 Satz 2 der Geschäftsordnung gilt: sofern nicht gemäß § 27 Abs. 2 Satz 1 der Geschäftsordnung mindestens 30 Mitglieder des Landtages für eine Überweisung des Antrages an einen oder mehrere Ausschüsse stimmen.

Ich frage deshalb zunächst: Wird Ausschussüberweisung beantragt?

(Zurufe von der SPD: Ja! - Christian Dürr [FDP]: Absurd! - Zurufe von der CDU)

- Ich bitte, darüber jetzt abzustimmen, damit das klar wird. Wer möchte eine Ausschussüberweisung beantragen? -

(Zurufe von der CDU: Oh, oh!)

Gegenstimmen? - Das Erste war die Mehrheit.

Meine Damen und Herren, wir kommen damit jetzt zur Ausschussüberweisung.

Es ist vorgesehen, den Antrag an den Ausschuss für Inneres und Sport zu überweisen. Wer so verfahren möchte, den bitte ich jetzt um ein Handzeichen. - Gegenstimmen? - Meine Damen und Herren, damit sind wir am Ende dieses Tagesordnungspunktes.

Ich rufe auf den

Tagesordnungspunkt 14: Erste Beratung: Die Landesregierung muss alle Forderungen der Kommunen zur Vereinfachung von Abschiebungen erfüllen! - Antrag der Fraktion der CDU - Drs. 17/4362

Den Antrag bringt der Kollege Jens Nacke von der CDU-Fraktion ein. Bitte schön, Herr Kollege!

(Vizepräsident Klaus-Peter Bachmann übernimmt den Vorsitz)

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen!

„Nach Rückmeldung der Ausländerbehörden führt die konkrete Anwendung des Erlasses zur Durchsetzung des Härtefallverfahrens und des Rückführungserlasses zu einer erheblichen, mehrere Monate andauernden Verzögerung bis zur Einleitung aufenthaltsbeendender Maßnahmen. In vielen Fällen scheitert die Rückführung endgültig an den in den beiden Erlassen vorgegebenen Modalitäten. Dies steht einer konsequenten Abschiebung abgelehnter und somit ausreisepflichtiger Asylbewerber entgegen.“

Meine Damen und Herren, dieses wörtliche Zitat aus dem Brief der kommunalen Spitzenverbände vom 10. September 2015 ist im Grunde genommen bereits die vollständige Begründung für unseren Antrag. Auf den diesem deutlichen Zitat folgenden sieben Seiten haben die Oberbürgermeister, Bürgermeister und Landräte ihre Forderungen für eine brauchbare Abschiebepraxis in Niedersachsen zusammengetragen. Forderung für Forderung dokumentieren die kommunalen Spitzenbeamten dabei das Scheitern der Politik des Innenministers. Der Brief der kommunalen Vertreter macht deutlich: Rot-grüne Asylpolitik in Nieder

sachsen ist in Wirklichkeit nichts anderes als die Verhinderung der Durchsetzung geltenden Rechts.

(Beifall bei der CDU)

Meine sehr verehrten Damen und Herren, die CDU-Fraktion hat das Schreiben bereits im vergangenen Plenarabschnitt in der Aktuellen Stunde und als Dringliche Anfrage thematisiert. Ich möchte einige Aspekte aus dieser Debatte wieder aufgreifen.

Erstens. Wir brauchen eine zügige Durchführung von Asylverfahren. Ausdrücklich, Herr Innenminister, möchte ich an dieser Stelle betonen, dass die lange Verfahrensdauer beim Bundesamt für Migration auch aus unserer Sicht nicht hinnehmbar ist. Hier besteht dringender Handlungsbedarf.

(Beifall bei der CDU)

Menschen, die sich auf das Asylrecht in Deutschland berufen, sollen möglichst schnell Klarheit bekommen. Wenn ihr Asylantrag positiv beschieden wird, haben sie einen Anspruch auf Integration in unsere Gesellschaft. Dabei bedürfen sie unserer Hilfe, und die sollen sie auch bekommen. Dies gilt insbesondere für den Spracherwerb. Eine Integration in Deutschland wird nur gelingen, wenn auch die deutsche Sprache erlernt wird.

(Beifall bei der CDU)

Bei denjenigen indes, deren Asylantrag nicht positiv beschieden werden kann, muss ebenfalls schnell Klarheit herbeigeführt werden. Diese Menschen können zumindest auf der Basis des Asylrechts nicht in Deutschland bleiben. Genau an dieser Stelle geht die Politik der Landesregierung fehl.

Mit Ihrer Erlasslage setzen Sie gegenüber diesen Menschen das Signal: Es ist völlig egal, wie der Asylantrag entschieden wird, irgendwie kann man trotzdem in Deutschland bleiben, und je mehr man sich widersetzt und je weniger man mitarbeitet, umso besser sind die Chancen. - Genau damit setzen Sie Fehlanreize, Herr Minister.

(Beifall bei der CDU)

Zweitens. Freiwillige Ausreise geht vor. An dieser Stelle gibt es einen Konsens zwischen der Landesregierung und der CDU-Fraktion. Es ist richtig, darauf zu setzen, dass abgelehnte Asylbewerber das Land freiwillig wieder verlassen. Das ist auch keine Besonderheit, sondern eine Selbstverständlichkeit. Wir erwarten ja auch bei jeder anderen

staatlichen Anordnung, dass sie ohne Zwang befolgt wird.

Richtig ist auch, dass die Menschen bei ihrer freiwilligen Ausreise Hilfestellung durch den Staat erhalten. Wie sollten sie es auch alleine bewerkstelligen können? Die Hilfe, Herr Minister, darf aber nicht so weit gehen, dass sie ihrerseits Fehlanreize setzt. Auf keinen Fall darf ein Drehtüreffekt entstehen. Es darf nicht sein, dass Menschen von vornherein einen Asylantrag mit dem Ziel stellen, bis zu seiner Ablehnung in Deutschland bleiben zu können, anschließend unter Zuhilfenahme staatlicher Mittel freiwillig ausreisen, um zu einem späteren Zeitpunkt zurückzukehren und einen erneuten Asylantrag mit demselben Ziel zu stellen.

Auch die freiwillige Ausreise muss daher mit einem Verbot der Wiedereinreise verbunden sein. Wer dann trotzdem wiederkommt, hat eben keinen Anspruch mehr auf staatliche Unterstützung. Asylfolgeanträge jedenfalls aus sicheren Drittstaaten dürfen bestenfalls aus dem Heimatland gestellt werden.

Herr Minister, wer Wirtschaftsflüchtlinge verhindern will, muss aussichtslose Asylverfahren wirtschaftlich unattraktiv machen. So einfach ist das.

(Beifall bei der CDU)

Drittens. Wer sich der freiwilligen Ausreise widersetzt, muss zurückgeführt werden. An diesem Punkt hat die Landesregierung ausweislich des Schreibens der Kommunen versagt. Aus Angst vor der Reaktion der Grünen-Basis auf Abschiebung haben Sie Regeln geschaffen, die eine Rückführung abgelehnter Asylbewerber erschweren oder sogar unmöglich machen. Nach wie vor haben der Ministerpräsident - er ist wieder einmal nicht da - und Sie, Herr Pistorius, nicht die politische Kraft, sich in dieser Frage durchzusetzen.

In Ihrem Redebeitrag auf die Dringliche Anfrage vom 17. September 2015 haben Sie, Herr Minister Pistorius, mehrfach betont, es gehe nicht um das Ob, sondern um das Wie einer Abschiebung. Das ist die schlichte Unwahrheit. Die Wahrheit ist, dass Ihre Politik seit Ihrem Antrittsantritt darauf ausgerichtet ist, Abschiebungen gegen geltendes Recht zu verhindern.

(Beifall bei der CDU)

Sie können das dem Brief der Kommunen eindeutig entnehmen: Ihre Regeln verhindern Abschiebungen. Inzwischen haben Sie selbst erkannt,

dass es sich dabei um einen politischen Luxus handelt, den Sie sich nicht mehr leisten können.

Meine sehr verehrten Damen und Herren, die CDU-Fraktion möchte wissen, wie Sie sich jetzt gegenüber den Kommunen verhalten. In der Plenarsitzung vom 17. September 2015, Herr Minister, haben Sie ja sogar die abenteuerliche Behauptung aufgestellt, Sie hätten die Kommunen um diesen Brief gebeten. Was für eine Geschichte! In Wirklichkeit lässt sich dem Schreiben der Kommunen eindeutig entnehmen, dass Sie in einem Gespräch Ihre Bereitschaft zur Änderung der Erlasslage signalisiert haben. Einmal mehr hatten Sie geglaubt, Sie können sich mit flotten Sprüchen davonstehlen. Davon haben wir in diesem Haus schon häufiger eine Kostprobe genossen. Und wenn kein Grüner in der Nähe ist, Herr Minister, dann sind Ihre Sprüche umso markiger. So schildern es jedenfalls Teilnehmer des Gesprächs.

Aber dieses Mal haben Sie die Rechnung ohne die Kommunen gemacht. Sie haben unterschätzt, dass die breite Front der kommunalen Ablehnung Ihrer Politik inzwischen auch die sozialdemokratischen Oberbürgermeister, Bürgermeister und Landräte erfasst hat. Nie im Leben haben Sie damit gerechnet, dass es den kommunalen Spitzenverbänden gelingen würde, ein derartiges Scherbengericht zu Papier zu bringen. Sie haben gedacht, Ihre kommunalen Kumpels würden sich schützend dazwischenwerfen.

Meine sehr verehrten Damen und Herren, die CDU-Fraktion will jetzt wissen, wie Sie sich gegenüber den Kommunen verhalten, und zwar nicht nur vom Minister, sondern auch von den SPD-Abgeordneten. In unserem Antrag finden Sie, konkret wiedergegeben, die Forderungen auch Ihrer Oberbürgermeister, Bürgermeister und Landräte. Wir wollen jetzt wissen, ob Sie mit Rücksicht auf Ihren grünen Koalitionspartner Ihre kommunalen Vertreter vor den Kopf stoßen werden. Dieser Antrag wird Sie zwingen, Farbe zu bekennen. Wir sind gespannt, wie Sie sich entscheiden werden. Sie haben die Wahl zwischen taktischen Spielchen mit Rücksicht auf einen brüchigen Koalitionsfrieden - davon haben wir gerade eine Kostprobe gesehen - und verantwortungsvollem Verhalten im Interesse der Kommunen.

(Beifall bei der CDU)

Meine sehr verehrten Damen und Herren, natürlich bleibt auch ein Mittelweg. Im Namen der CDUFraktion biete ich Ihnen dabei ausdrücklich an, über diese Frage Gespräche zu führen. Dabei

kann es allerdings nicht bei den drei mageren Punkten bleiben, die der Minister im letzten Plenarabschnitt angekündigt hat. Ich empfehle Ihnen vielmehr, ernsthafte Gespräche mit den kommunalen Spitzenverbänden über deren Forderungen aufzunehmen. Sofern Sie dazu bereit sind, halte ich einen Kompromiss zwischen SPD und CDU für möglich. Als Basis für einen solchen Kompromiss schlage ich dabei die Leitlinie des Innenministeriums Baden-Württembergs für die Rückkehr- und Abschiebepraxis im Land vor.

(Anja Piel [GRÜNE]: Ist das jetzt die Bewerbung als Koalitionspartner, oder was?)

Auf vier Seiten sind dort in Baden-Württemberg die wesentlichen Punkte zusammengeführt. Den baden-württembergischen Kommunen wird dabei ein großer Spielraum eingeräumt. Außerdem handelt es sich um die Leitlinien eines grün-rot regierten Landes. Und was bei Herrn Kretschmann möglich ist, sollte doch auch in Niedersachsen möglich sein.