Protocol of the Session on October 14, 2015

- Ich kann mir vorstellen, Herr Nacke, dass Sie das nicht wissen. Wer zehn Jahre lang Wohnungsmarktpolitik nicht verstanden hat, der versteht auch als Opposition nicht, was die Landesregierung macht.

(Beifall bei der SPD und bei den GRÜNEN)

Das scheint ja nicht gerade der Schwerpunkt Ihres Regierungshandelns gewesen zu sein.

(Jens Nacke [CDU]: Warum fragen Sie dann?)

Diese Landesregierung hat die Mittel für die nächsten Jahre mehr als vervierfacht.

(Beifall bei der SPD und bei den GRÜNEN)

Wenn es so weitergegangen wäre wie unter Schwarz-Gelb, hätten wir ausschließlich die Kompensationsmittel des Bundes in Höhe von 160 Millionen Euro für vier Jahre zur Verfügung gehabt. Diese Landesregierung hat die Kraft, 720 Millionen Euro zur Verfügung zu stellen.

(Zustimmung bei der SPD und bei den GRÜNEN)

Das ist mehr als eine Vervierfachung. Und sie hat die Kraft, dafür zu sorgen, dass in diesen vier Jahren nicht nur 2 000 Wohnungen, sondern fast 10 000 Wohnungen - öffentlich gefördert - durch das Land Niedersachsen errichtet werden können.

(Zustimmung bei der SPD und bei den GRÜNEN)

Das sind, um es in den einzelnen Bereichen darzustellen, alleine 600 Wohnungen im studentischen Bereich. Wir werden die Studentenwerke ermächtigen, Bautätigkeiten vorzunehmen. Im Rahmen der regulären Kompensationsmittel können weitere knapp 2 000 Wohnungen in diesen vier Jahren entstehen. Hier sei ein besonderer Dank an die Landesregierung, an Herrn Stephan Weil, gerichtet, der auf Bundesebene mit dazu beigetragen hat, dass die Bundesregierung die Kompensationsmittel für die Länder für vier Jahre deutlich erhöht.

Niedersachsen hat endlich wieder eine Bauministerin. Auch das, Herr Nacke, hätten Sie ja in der Zeit Ihrer Regierungsverantwortung machen können. Die Bauministerien Cornelia Rundt trägt dazu bei, dass wir 400 Millionen Euro für den Wohnraumförderfonds zur Verfügung stellen können, sodass 5 000 Wohnungen errichtet werden können.

(Beifall bei der SPD und bei den GRÜNEN)

Das zeigt, welches Gewicht das Thema bezahlbares Wohnen für diese Landesregierung hat. Das zeigt, um es mit der Wiener Aussage im Wahlkampf zu sagen, die Haltung zu einem Thema, was wichtig ist und wichtiger wird, um den sozialen Zusammenhalt in diesem Land mit darstellen zu können.

Uns geht es darum, Wohnungen für alle Menschen in diesem Land zur Verfügung zu stellen. Das gilt für Leistungsempfänger, für Familien, für ältere Menschen, die barrierefreien Wohnraum brauchen, aber auch für Flüchtlinge.

Wer von Ihnen die Zeitung von Haus & Grund Niedersachsen liest, wird es gesehen haben. Das ist ja nicht immer das Mitteilungsblatt der Sozialdemokratie in diesem Land. Zum Thema Flüchtlinge - was mich besonders gefreut hat - gibt es in der aktuellen Ausgabe unter dem Kommentar, der mit der Überschrift „Motivation“ versehen ist, den Aufruf von Haus & Grund, Wohnraum für Flüchtlinge

zur Verfügung zu stellen - dezentral. Ich will einen Satz, der mir besonders in Erinnerung geblieben ist, zitieren:

„Dieses Engagement der Kommunen ist wichtig, um einen gelungenen Neustart in ein selbstständiges Leben zu ermöglichen.“

Mit dem Ausdruck „dieses Engagement“ ist die dezentrale Zurverfügungstellung von Wohnraum gemeint.

Ich finde, es ist ein wichtiges Signal, wenn Haus & Grund an der Stelle deutlich macht: Auch wir tragen eine Verantwortung zur Unterbringung dieser Menschen.

(Beifall bei der SPD und bei den GRÜNEN)

Neubauaktivitäten wie die 10 000 Wohnungen, die durch die Landesförderung möglich werden, stellen natürlich auch Anforderungen an die Kommunen: Verdichtetes Bauen, Nutzung von Freiflächen, die Aktivierung von Baulandreserven und das wahrscheinlich stärkere Bauen in die Höhe werden den Geschosswohnungsbau in den nächsten Jahren bestimmen und werden an die Politik vor Ort und an die Raumordnung die Frage stellen, wie man einen wachsenden Bedarf an Wohnraum mit Anforderungen an städtische Gestaltung hinbekommen kann. Wer sich die Diskussion im Detail ansehen will, sollte sich aktuell anschauen, wie in Hannover diskutiert wird. Hier wird deutlich, wo die Herausforderungen neben der Zurverfügungstellung von Fördermitteln liegen.

Wir haben - auch das macht Wohnraum für die Menschen mit aus - im Bereich des Bürgschaftsprogramms für Wohnungseigentümergemeinschaften deutlich gemacht, dass auch hier ein Bereich erschlossen werden soll, der sich lange nicht im Bereich der energetischen Sanierung bewegt hat. Wir haben mit dem CO2-Minimierungsprogramm für sozial benachteiligte Quartiere 30 Millionen Euro zur Verfügung stellen können und glauben, dass es eine weitere deutliche Komponente ist.

Es ist in Niedersachsen viel passiert. Man kann nicht alles alleine vor Ort entscheiden. Das ist auch den Kompensationsmitteln des Bundes deutlich geworden. Deswegen wollen wir, dass die Niedersächsische Landesregierung die Initiative, die der Ministerpräsident im letzten Jahr deutlich mitverfolgt hat, aktiviert und dass auf der Bundesebene diskutiert wird, wie Wohnungsbau über die steuerliche Komponente angereizt werden kann und wie energetische Sanierungen aktiviert werden kön

nen. Wir würden uns freuen, wenn dieses Mal nicht die Unionsfraktion in Form der CSU auf der Bremse steht und verhindert, dass es zu einer Lösung kommt.

Sigmar Gabriel hat mal sehr deutlich gemacht, wie sich der Steuerspartrieb in Deutschland ausprägt. Ich glaube, dass wir hier durchaus die Chance haben, über eine weitere Darstellung der steuerlichen Komponente anzureizen.

Ich möchte zum Schluss erwähnen, da nicht nur Haus & Grund genannt werden soll, dass sich auch der Verband der Wohnungswirtschaft vor ein paar Wochen in Göttingen zu seiner sozialen Verantwortung bekannt hat. Er hat alleine für dieses Jahr mehr als 800 Millionen Euro an Investitionen dargestellt. Das sind in vielen Fällen kommunale Unternehmen, die sich ihrer sozialen Verantwortung im Rahmen ihrer kommunalen Daseinsvorsorge stellen. Das ist ein Wort des VDW, das wir als sehr unterstützenswert empfinden. Wir glauben, dass es hier im Verbund der Akteure miteinander gelingen wird, Wohnraum zur Verfügung zu stellen.

(Beifall bei der SPD und bei den GRÜNEN)

All das zeigt: Der Wohnungsbau in Niedersachsen ist bei einer Ministerin in guten Händen, die sich für dieses Thema einsetzt. Sie zeigt, dass es eine Verantwortung auf Landesebene gibt, die man wahrnehmen kann, wenn man es will. Das hebt sich sehr von dem ab, was wir in den letzten zehn Jahren hier unter anderen Mehrheiten erlebt haben. Es zeigt, dass man, wenn man es will, Wohnraum für alle Menschen, die in diesem Land leben, darstellen kann.

Vielen Dank.

(Beifall bei der SPD und bei den GRÜNEN)

Danke, Herr Kollege Brunotte. - Das Wort hat jetzt für die CDU-Fraktion der Abgeordnete Dr. Max Matthiesen. Bitte, Herr Kollege!

Herr Präsident! Meine Kolleginnen und Kollegen! Lieber Kollege Brunotte, wer nichts zu bieten hat, der rechnet Jahre hoch, weil es einfach hinten und vorne nicht reicht. Wer sich Ihren Antrag mit der Überschrift „Bezahlbarer Wohnraum für alle Menschen in Niedersachsen!“ - das ist wirklich ein gro

ßes Wort - anschaut, stellt fest, dass nicht viel dahinter steckt. Sie rühmen sich in Wirklichkeit eines Klein-Klein. Es ist kein Konzept erkennbar, wie Sie die jetzigen Riesenengpässe auf dem Wohnungsmarkt beheben wollen.

Ich komme sofort auf den Kern Ihrer Politik zu sprechen: Aus dem 400-Millionen-Euro-Programm sollen angeblich bis zu 5 000 Sozialwohnungen gefördert werden. Das ist eine wundersame Wohnungsvermehrung. Bei der Vorstellung des Entwurfes für den Landeshaushalt 2016 hieß es noch, dass 3 600 Wohnungen gefördert werden sollen. Wer ein bisschen nachrechnet, wird feststellen, dass Sie das Ganze schönen. 5 000 Sozialwohnungen würden bedeuten, dass jede Wohnung mit 80 000 Euro gefördert wird. Das ist viel zu wenig. Sie müssen überlegen, dass gerade größere Wohnungen gefördert werden müssen. Für einen VierPersonen-Haushalt benötigt man bei mittleren Baukosten 127 500 Euro. Sie kommen also mit dem Betrag überhaupt nicht aus.

(Zuruf von der SPD: Hätten Sie so ei- ne Rede einmal vor fünf Jahren ge- halten!)

Das Programm wird mit den unveränderten Förderkonditionen des laufenden Wohnungsbauförderprogramms nicht viel daran ändern, dass der Bedarf an Wohnraum das Angebot weit übersteigt. Die verschiedenen Bevölkerungsgruppen, die dringend Wohnungen suchen, haben Sie ja bereits erwähnt: Haushalte mit niedrigem und kleinem Einkommen, Familien, Zuwanderer, Flüchtlinge, Obdach- und Wohnungslose, Frauen mit Kindern aus Frauenhäusern, Nichtsesshafte. Diese Menschen sind in großer Not, und ihnen wird Ihr Programm nicht allzu viel nutzen.

Ich will das einmal an der Landeshauptstadt Hannover verdeutlichen. Das Eduard Pestel Institut hat gerade festgestellt, dass 10 000 Flüchtlinge für Hannover bedeuten, dass 4 000 zusätzliche Wohnungen gebaut werden müssen. Wenn Sie das jetzt auf Niedersachsen hochrechnen, heißt das, dass, wenn insgesamt 85 000 Flüchtlinge kommen und nur die Hälfte von ihnen in Gebieten wie Hannover, also in Gebieten mit einer angespannten Wohnungslage, bleibt, alleine dafür schon 15 000 neue Wohnungen gebraucht werden. Das werden Sie mit dem laufenden Wohnraumförderprogramm des Landes, das bisher nur mit Bundesmitteln arbeitet, nicht darstellen können. Sie werden auch künftig weiterhin mit Bundesmitteln und mit Mitteln

der NBank arbeiten. Sie werden also nicht auf die erforderlichen Stückzahlen kommen.

Wenn wir uns Ihre Antwort auf unsere Kleine Anfrage, die wir zu dem Thema gestellt haben, anschauen, können wir erkennen, dass aus dem jetzigen Programm 2014/2015 nur 1 076 Mietwohnungen gefördert wurden. Davon waren 422 im allgemeinen Mietwohnungsbau in städtischen Gebieten. Danach sind noch einige Wohnungen in Form von Förderanträgen in diesem Jahr hinzugekommen. Aber auch das sind nur 299 Wohnungen im Mietwohnungsneubau. Wer sich das anschaut, stellt fest, dass mit dem jetzigen Wohnraumförderprogramm das Problem nicht gelöst wird.

Sie müssen Antworten darauf geben, wie Sie auf die dringend benötigten Stückzahlen überhaupt kommen wollen. Dazu nennen wir als CDUFraktion drei Punkte: Sie müssen das Programm der Wohnraumförderung an sich ändern. Wir brauchen zwei neue Förderzweige im sozialen Wohnungsbau. Der erste ist der Bereich der einfacheren Baustandards. Dagegen sperrt sich bisher die Landesregierung. Es muss ein neuer Förderzweig nach dem Motto eingerichtet werden: Abspecken bei den Baustandards. Dadurch sollen die Baukosten um 30 % reduziert werden können, was den Einsatz von weniger Fördermitteln pro Wohneinheit nach sich zieht. Damit sollen neue Förderkomponenten verbunden werden. Dafür hat die Wohnungswirtschaft Pläne in der Schublade, die sich immer wieder bewährt haben.

Außerdem können wir das machen, was die Wohnungswirtschaft in Niedersachsen schon seit Längerem fordert, nämlich Zuschüsse gewähren. Wenn wir einen einfacheren Standard haben, fallen dafür geringere Kredite an. Wenn dann die Wohnungen nach einer gewissen Zeit auf einen besseren Standard aufgerüstet werden - z. B. nach Ablauf von zehn Jahren -, werden Tilgungszuschüsse gewährt. Diese Dinge werden jetzt also diskutiert.

Ein zweiter ganz wichtiger Teil, der sich zu Zeiten einer früheren sehr guten CDU-Landesregierung in einer ähnlichen Situation schon einmal bewährt hat, wäre, Zuschüsse für Sozialwohnungen mit praktikablen Sozialbindungen massiv einzusetzen, um dadurch auf eine höhere Stückzahl zu kommen.

Im Jahr 1989 gab es schon einmal einen großen Zustrom von Menschen. Seinerzeit ist ein Programm für ein Jahr mit einem Volumen von 1 Milliarde DM aufgelegt worden, mit dem 30 000 Woh

nungen gefördert worden sind. Das hat richtig geklappt. Das war eine Sache, um sehr schnell auf Stückzahlen zu kommen.

Wir bitten nun darum, diese beiden Punkte in die Programmatik aufzunehmen und dafür auch die Entflechtungsmittel des Bundes, die jetzt verdoppelt worden sind - pro Jahr 38,5 Millionen an Bundesmitteln zusätzlich -, aufzunehmen. Entsprechende Mittel müssen nun vonseiten des Landes hinzukommen.

Zweitens: die Begrenzung und die Reduzierung der Baukosten. Darauf sind Sie gar nicht eingegangen. Es muss sehr viel getan werden, damit die ordnungsrechtlichen Vorgaben geändert und vereinfacht werden. Es gibt das Verbändebündnis „Wohnungsbau“, das gerade erst im Mai dieses Jahres Vorschläge gemacht hat: Energieeffizienz, Barrierefreiheit, Standsicherheit, Brand- und Schallschutz. - Das sind Dinge, die jetzt von allen gemeinsam angepackt werden, also von Bund, Ländern und Kommunen. An dieser Stelle müssen die Landesregierung und die Bauministerin Gas geben.

Drittens will ich die Sonderabschreibungen ansprechen. Sie greifen ja unseren Vorschlag auf, dieses Instrument zu nutzen. Wir wollen gern, dass noch etwas gemacht wird, was sich bereits bewährt hat. Das sind Sonderabschreibungen nach dem Modell des § 7 k des Einkommensteuergesetzes für den Neubau von bezahlbaren Wohnungen mit Sozialbindung. Das hat schon einmal sehr gut geklappt.

Das wäre jetzt ein Drei-Punkte-Programm, mit dem wir auf die Stückzahlen kommen könnten, die wir unbedingt brauchen.

Jetzt sind wir wieder bei dem Ritual, lieber Marco Brunotte, das jedes Mal zur Sprache kommt: Angeblich hat die CDU in der letzten Wahlperiode versagt und 1,1 Milliarden Euro Rückflüsse veräußert. - Auch Thomas Schremmer lacht schon. Dazu kann ich Ihnen nur sagen: Das war 2004. Damals gab es einen entspannten Wohnungsmarkt, wie auch Bernd Meyer bestätigt hat, der ehemalige SPD-Bausenator in Bremen. Der hat immer gesagt: entspannter Wohnungsmarkt. - Damals hatten wir ein jährliches Defizit von 2 bis 3 Milliarden Euro, das uns die SPD-Alleinregierung hinterlassen hatte. Wir mussten konsolidieren, ohne dass dies zulasten der Qualität des Wohnungsmarktes ging.

(Beifall bei der CDU)