Protocol of the Session on September 17, 2015

Das bedeutet doch eines: Wir laufen gerade, indem Sie versuchen, die Inklusion im Galopp voranzutreiben, Gefahr, die Menschen zu verlieren. Gehen Sie doch lieber den Weg, den wir alle ursprünglich gemeinsam gehen wollten: Inklusion Schritt für Schritt, nach und nach in der Schule verankern; mit den entsprechenden Ressourcen. Wenn die Eltern dann am Ende keine Förderschule mehr anwählen, dann sind wir die Ersten, die gemeinsam mit Ihnen die Förderschulen aus dem Schulgesetz herausstreichen. Das ist der richtige Weg. Das ist Inklusion durch Gelingen und nicht par ordre du mufti.

(Beifall bei der FDP und bei der CDU - Christian Dürr [FDP]: Richtig!)

Schönen Dank, Herr Försterling. - Weitere Wortmeldungen liegen dazu nicht vor.

Wir kommen zur Abstimmung.

Der Antrag der Fraktionen von CDU und FDP lautet, die Petition der Landesregierung als Material zu überweisen. Wer dem zustimmen möchte, den bitte ich um ein Handzeichen. - Gegenstimmen? - Letzteres war die Mehrheit.

Ich komme jetzt zur Abstimmung über die Beschlussempfehlung des Ausschusses. Sie lautet „Sach- und Rechtslage“. Wer dem zustimmen möchte, den bitte ich jetzt um ein Handzeichen. - Gegenstimmen? - Das Erste war die Mehrheit; wir haben „Sach- und Rechtslage“ beschlossen.

Meine Damen und Herren, damit sind wir schon am Ende der Beratung der Petitionen.

Ich rufe auf den

Tagesordnungspunkt 17: Besprechung: Wie groß ist die Arbeitsüberlastung der Polizei? - Große Anfrage der Fraktion der CDU - Drs. 17/3457 - Antwort der Landesregierung - Drs. 17/4170

Nach § 45 Abs. 5 unserer Geschäftsordnung wird zu Beginn der Besprechung einer der Fragestellerinnen oder einem der Fragesteller das Wort erteilt; alsdann erhält es die Landesregierung.

Für die Fraktion, die die Anfrage gestellt hat, liegt mir die Wortmeldung des Abgeordneten Adasch vor. Herr Adasch, Sie haben das Wort.

Herr Präsident! Verehrte Kolleginnen und Kollegen! „Flüchtlinge, Demos, Fußball - Belastung bei der Polizei steigt stetig“, heißt es in einer Pressemitteilung der Gewerkschaft der Polizei Niedersachsen vom 13. September 2015. Die BildZeitung schreibt vor einigen Tagen vom „Notstand“ bei der Polizei.

Egal, ob es nun um die Unterbringung und Sicherheit von Flüchtlingen geht, die Gewährung von Sicherheit bei Großdemonstrationen, Aufmärschen gewaltbereiter Gruppen, Fußballspielen oder den inzwischen notwendigen Schutz von Rocker-, Mafia- oder Mhallamiye-Kurden- oder IS-Prozessen - die Aufgaben der niedersächsischen Polizei und deren Umfang nehmen immer weiter zu.

Gleichzeitig ist die Kriminalitätsentwicklung in Niedersachsen aber keineswegs rückläufig. Im Gegenteil: 2014 gab es einen Anstieg der Straftaten um rund 1,3 %. Die Aufklärungsquote bei Wohnungseinbrüchen liegt mit 24,6 % noch immer erschreckend niedrig.

Bereits am 30. Januar 2015 stellte der Bundesvorsitzende der Deutschen Polizeigewerkschaft, Rainer Wendt, fest - ich zitiere -:

„Es ist doch völlig klar: Wer Fußball, Rocker, Salafisten und Pegida macht, der steht für die Bekämpfung von Wohnungseinbrüchen eben nicht zur Verfügung.“

Nun hat sich das Thema Pegida Gott sei Dank offenbar fürs Erste erledigt. Hinzugekommen ist allerdings die zuletzt noch dramatisch gestiegene

und weiter steigende Zahl von Asylbewerbern. Die Bilder aus München und Braunschweig haben wir alle im Kopf. Auch hier ist wieder einmal die Polizei gefordert, indem sie organisiert und auch eigene Unterkünfte in Hannover, Hannoversch Münden oder im Wendland mit Flüchtlingen teilt.

Das bedeutet aber auch: Für das Alltagsgeschäft der niedersächsischen Polizei stehen immer weniger Beamtinnen und Beamte zur Verfügung. Die Polizeigewerkschaften beklagen daher völlig zu Recht eine zunehmende Belastung für die Polizistinnen und Polizisten, ohne dass eine Strategie der rot-grünen Landesregierung erkennbar wäre, wie sie dieses Problem kurzfristig oder wenigstens mittelfristig lösen will.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Im Gegenteil: Nach Ihrem Antrittsgeschenk an die Polizistinnen und Polizisten, Herr Minister Pistorius - wir haben die Stellenhebungen nach A 11 immer begrüßt und unterstützt -,

(Lachen bei der SPD und bei den GRÜNEN)

ist außer vielen Verlautbarungen im Bereich der Polizei noch immer nichts Substanzielles geschehen. Es wurden viele Arbeitsgruppen eingesetzt, aber die Ergebnisse werden nicht umgesetzt - wenn es denn überhaupt welche gab. Und Sie wissen ja, wie es heißt, Herr Minister: Stillstand ist Rückschritt.

So enthält auch Ihre Antwort auf unsere Große Anfrage zur Arbeitsbelastung der niedersächsischen Polizei leider wieder einmal wenig Konkretes. In der Kriminalitätsentwicklung sprechen Sie von zielgerichteten präventiven und repressiven Maßnahmen. Im Bereich der Wohnungseinbrüche sprechen Sie von optimierten Analysemöglichkeiten, verbesserter Tatortarbeit und speziellen Kontrollmaßnahmen. Im immer dringender werdenden Bereich Cybercrime ist nebulös von umfangreichen Verbesserungen die Rede, die etabliert werden müssten. Bei der wichtigen Bekämpfung von Kinderpornografie möchten Sie technische Möglichkeiten weiterhin intensiv nutzen und haben Sie im Übrigen erneut eine Ihrer zahlreichen Studien in Auftrag gegeben. Im Bereich der organisierten Kriminalität stellen Sie fest, dass Kriminalitätsbekämpfung kontinuierlich personalintensiv ist. Auch im Bereich der Bekämpfung von Salafismus bleiben Sie im Allgemeinen, wenn Sie davon sprechen, erforderliche Maßnahmen für eine gezielte

Gefahrenabwehr und für eine konsequente Strafverfolgung zu treffen.

Herr Minister Pistorius, sehen so Ihre Konzepte für eine erfolgreiche Polizeiarbeit in Niedersachsen aus? Seite für Seite, Absatz für Absatz, Punkt für Punkt wird in Ihrer Antwort auf unsere Große Anfrage das ganze Ausmaß Ihrer eigenen Ideen- und Antriebslosigkeit deutlich.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Allgemeinplätze, Arbeitsgruppen, Studien, Verlautbarungen - Sie, Herr Minister Pistorius, sind ein Ankündigungsminister par excellence.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Die Polizei hingegen geht unterdessen auf dem Zahnfleisch. Mir sagen viele ehemals hoch motivierte Beamte vor Ort, dass sie gerne Abschläge bei ihrer Pension in Kauf nehmen, um so schnell wie möglich - mit 60 - in den vorzeitigen Ruhestand zu gehen. Sie halten die immer weiter steigende Arbeitsverdichtung und den Leistungsdruck nicht mehr aus.

Insgesamt 1 506 429 Überstunden, ca. 80 Stunden pro Kopf, haben die niedersächsischen Polizeibeamtinnen und Polizeibeamten bis Ende 2014 angesammelt. Seitdem wird noch einiges dazugekommen sein. Anstatt die Polizei besser auszustatten, schieben sie die Verantwortung für den Umgang mit Überstunden, ausweislich Ihrer Ausführungen, auf die polizeilichen Führungskräfte. Sie bezeichnen den Anfall dieser Überstunden allen Ernstes als normal und dienstimmanent und betrachten die derzeitige Personalstärke als angemessen.

(Jörg Bode [FDP]: Hohn!)

So, Herr Minister Pistorius, wird Ihnen der Wettbewerb um die klugen Köpfe, in den Sie angeblich bereits eingetreten sind, sicherlich nicht gelingen. Ein bisschen Facebook, ein bisschen Kino und Radio fangen die Personalprobleme der niedersächsischen Polizei nicht auf. Sie machen Werbung in Bussen und Straßenbahnen, aber für die jungen Menschen wäre es sicherlich überzeugender und mit Blick auf das Sicherheitsempfinden der Bevölkerung insgesamt dringlicher, wenn man auch einmal auf einen echten Polizisten treffen würde. Das kommt nämlich in der Fläche, wie ich aus anderen Wahlkreisen höre, immer seltener vor.

Auch vor diesem Hintergrund stellt sich für mich die Frage, ob unsere Polizei nicht zu oft zum Lü

ckenbüßer in anderen Ländern wird. Knapp 178 000 Einsatzstunden leisteten niedersächsische Polizisten demnach etwa bei Demonstrationen oder Fußballspielen in anderen Bundesländern. Solidarität ist gut - auch wir erhalten Unterstützung aus anderen Bundesländern -, aber Solidarität hat auch ihre Grenzen. Die während unserer Regierungszeit geschaffenen Polizeikapazitäten in Niedersachsen, 1 000 Stellen zusätzlich, sind nicht dazu da, die Einsparungen anderswo aufzufangen.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Die Dienstzeiten, die unsere Polizisten in anderen Bundesländern verbringen, entsprechen etwa 100 Polizistenstellen.

(Johanne Modder [SPD]: Und Polizis- tinnen!)

Darauf hat der Landesvorsitzende der DPolG Niedersachsen, Thomas Kliewer, in der Hannoverschen Allgemeinen Zeitung vom 12. September 2015 vollkommen zu Recht hingewiesen.

Wer, wie Sie, die niedersächsische Polizei als Reparaturbetrieb aufstellt, keinerlei Impulse in der polizeilichen Arbeit setzt, drängende Fragen zur Nachwuchsgewinnung, zum Beförderungsstau nach A 9, zu Vertretungsstellen für Polizistinnen im Mutterschutz und Dauerkranke unbeantwortet lässt und die Ergebnisse seiner eigenen Arbeitsgruppen zurückhält und ignoriert, der, Herr Minister Pistorius, hat wahrlich weder etwas zu verleihen noch zu verschenken.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Hören Sie auf, zu reden, und fangen Sie endlich an, zu liefern! Hören Sie endlich auf das, was Ihnen die Polizeibeamtinnen und -beamten vor Ort sagen! Hören Sie endlich auf die niedersächsischen Polizeigewerkschaften, denen Sie bisher einen Runden Tisch verwehren und die Sie mittlerweile vor einer Gefährdung der Gewährleistung der inneren Sicherheit in Niedersachsen in den kommenden Jahren warnen.

Finden Sie nachhaltige Antworten auf die Frage, wie wir mit der demografischen Entwicklung innerhalb der niedersächsischen Polizei umgehen. Dann erst können Sie - wie in Ihrer Antwort vorschnell geschehen - davon sprechen, dass wir in Niedersachsen tatsächlich zufriedene Beschäftigte bei der Polizei haben. Verschonen Sie unsere Polizei von der das Vertrauen untergrabenden angeblichen Beschwerdestelle bei Ihrem Staats

sekretär. Hören Sie auf, unsere bürgernahe und hoch qualifizierte Polizei, wie zuletzt in Ihren Anträgen geschehen, ohne jeden Anlass mit dem Rassismus der Polizei in den USA in Verbindung zu bringen.

(Beifall bei der CDU und Zustimmung von Jörg Bode [FDP])

Stellen Sie, Herr Minister, mehr Polizisten ein. Entlasten Sie die Polizei von sachfremden Aufgaben wie z. B. nächtlichen Schwertransporten. Schwächen Sie die Polizei nicht weiter durch Ihre geplante Änderung des Polizeirechts. Lassen Sie nicht zu, dass andere Bundesländer weiter auf dem Rücken unserer Polizei Einsparungen bei der inneren Sicherheit vornehmen.

(Beifall bei der CDU und Zustimmung von Jörg Bode [FDP])

Ankündigungen haben wir genug gehört. Werden Sie endlich zum Umsetzungsminister, Herr Pistorius!

Ich bedanke mich für die Aufmerksamkeit.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Vielen Dank, Herr Kollege Adasch. - Nach der in unserer Geschäftsordnung vorgesehenen Reihenfolge spricht jetzt der Minister. Bitte schön!