Protocol of the Session on September 17, 2015

Wir kommen Abstimmung.

Wer der Beschlussempfehlung des Ausschusses folgen und damit den Antrag der Fraktion der FDP in der Drucksache 17/3835 ablehnen will, den bitte ich um ein Handzeichen. - Ich frage nach Gegenstimmen. - Gibt es Enthaltungen? - Das Erste war die Mehrheit. Der Ausschussempfehlung ist gefolgt worden.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, wir unterbrechen jetzt die Sitzung für die Mittagspause bis 15 Uhr.

(Unterbrechung der Sitzung von 13.43 Uhr bis 15.00 Uhr)

Meine Damen und Herren! Es ist 15 Uhr und 10 Sekunden. Wir beginnen den Nachmittagsteil unserer Sitzung.

Ich rufe auf den

Tagesordnungspunkt 16: Erste Beratung: 25. Übersicht über Beschlussempfehlungen der ständigen Ausschüsse zu Eingaben - Drs. 17/4210 - strittige und unstrittige Eingaben - Änderungsantrag der Fraktion der CDU - Drs. 17/4245 - Änderungsantrag der Fraktion der FDP - Drs. 17/4257

Zu Wort gemeldet hat sich der Abgeordnete Kai Seefried. Sie haben das Wort.

(Unruhe)

- Herr Seefried, wenn Sie noch einen Moment warten, bis sich alle auf Sie konzentrieren! Einen kleinen Moment!

Sehr geehrter Herr Präsident - - -

(Anhaltende Unruhe)

Nein, noch nicht, Herr Seefried.

(Anhaltende Unruhe)

- Meine Damen und Herren, wir wollen mit der Sitzung beginnen, wenn Sie einverstanden sind. - Okay. Wir beginnen. Herr Seefried, Sie haben das Wort.

Vielen Dank. - Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Präsident! Verehrte Kolleginnen und Kollegen! Ich spreche zu der Eingabe 01979, die von mehreren Schulelternräten zur Umsetzung der schulischen Inklusion - zu einem Thema, das uns hier im Niedersächsischen Landtag schon vielfach auch im Rahmen von Petitionen beschäftigt hat - eingereicht worden ist.

Die Schulelternräte beklagen in ihrer Petition eine Vielzahl von aktuellen Problemstellungen, die bei der Umsetzung der Inklusion auftreten. Insbesondere kritisieren diese Schulelternräte die Abschaffung der Förderschule Lernen und auch die Ein

schränkung der Förderschule Sprache, wie sie durch die jetzige Landesregierung in Niedersachsen vorgenommen werden, und sprechen zu Recht davon, dass die Wahlfreiheit der Eltern in Niedersachsen eingeschränkt wird.

Weiterhin machen die Eltern deutlich, dass die sonderpädagogische Grundversorgung in den Grundschulen nicht ausreicht und dass für die Förderbereiche Sprache, Lernen sowie emotionale und soziale Entwicklung keine zusätzlichen Förderstunden gewährt werden.

Die Eltern fordern weiter eine bessere Ausstattung der Inklusion in den Schulen in Form einer Doppelbesetzung im Unterricht und die weitere Reduzierung der Klassengrößen.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, die Eltern wehren sich zu Recht gegen die Form der Inklusion, wie sie derzeit von SPD und Grünen in Niedersachsen umgesetzt wird.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Die Petition macht deutlich - sie wird von diesen Arbeitskreisen der Elternvertretungen nochmals unterschrieben -, dass die Abschaffung der Förderschule Lernen und auch die Einschränkungen im Bereich der Förderschule Sprache sowie das Tempo, das bei der Inklusion durch die jetzige Landesregierung vorgelegt wird, alle Beteiligten überfordern. Es werden die Eltern überfordert, es werden die Lehrkräfte überfordert, und vor allem werden die Kinder überfordert, und um die muss es an allererster Stelle gehen.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Wir haben hier im Parlament mehrfach darüber gesprochen, dass die sonderpädagogische Grundversorgung - und das zeigt sich einfach in der Realität - nicht den Anforderungen des schulischen Alltags gerecht wird. Wir als CDU-Landtagsfraktion haben dazu bereits vor mehr als einem Jahr hier im Parlament einen entsprechenden Antrag eingebracht.

Wir wissen eben auch: Die Unterrichtsversorgung - insbesondere im Bereich der Förderschulen - bricht zusammen. Und gerade das ist die Ausgangsvoraussetzung dafür, auch die allgemeinbildenden Schulen erfolgreich zu versorgen. Ich habe erst kürzlich in der Vorbemerkung einer meiner Anfragen an die Landesregierung davon gesprochen, dass die Unterrichtsversorgung bei den Förderschulen landesweit bei 90 % liegen würde. In der Antwort, die ich von der Landesregierung be

kommen habe, hat mich die Landesregierung belehrt und gesagt, sie könne gar nicht nachvollziehen, wie ich darauf komme, dass die durchschnittliche Unterrichtsversorgung bei 90 % liegt. Laut Aussage der Landesregierung liegt sie bei 95,5 %.

In der gleichen Antwort sagt die Landesregierung auf meine konkrete Frage zur Förderschule in Stade dann aber auch aus, dass dort eine sagenhafte Unterrichtsversorgung von rechnerisch 75,4 % besteht.

(Björn Thümler [CDU]: Was? - Christi- an Dürr [FDP]: Wahnsinn!)

Genau dies macht deutlich, wo es derzeit Probleme bei der Umsetzung der Inklusion gibt. Deutlich wird auch, dass sich alle Beteiligten - ich wiederhole es: die Eltern, die Lehrkräfte sowie die Schülerinnen und Schüler - von dieser Landesregierung alleingelassen fühlen.

(Beifall bei der CDU)

Gerade die Lehrkräfte sind es, die für das Gelingen der Inklusion einstehen und die die Gelingensbedingungen dafür sind. Unsere Lehrkräfte lassen Sie aber komplett im Regen stehen. Mit der vor der Sommerpause vorgenommenen Schulgesetzänderung ist festgelegt worden, dass die Förderschule Lernen jetzt sukzessive komplett auslaufen wird. Es werden aber keine Perspektiven für die Lehrkräfte aufgezeigt, die dort arbeiten. Was ist mit den Schulleitungen, die dort arbeiten? - Diesen Lehrkräften sind nicht einmal Bewerbungsmöglichkeiten aufgezeigt worden. Sie lassen bei der Umsetzung der Inklusion alle komplett allein.

In der weiteren Diskussion über die Frage, was wir in der Zukunft machen wollen, sorgen Sie über die Schulgesetzänderung hinaus dadurch für die nächste Verunsicherung, dass jetzt das bewährte System der Förderschulen endgültig zerschlagen werden soll, indem in Niedersachsen die sogenannten Regionalstellen für Schulische Inklusion eingeführt werden sollen. Ich habe es hier im Landtag schon einmal gesagt. Es gibt für diese Regionalstellen ja schon die Abkürzung „ReSchIs“. Eine Vertreterin aus dem Bereich der Förderschulen sagte kürzlich zu mir: ReSchIs machen aus Förderschulen Sushi. - Das verdeutlicht ein Stück weit, was von Ihnen hier auf den Weg gebracht wird.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Was bleibt, sind Fragen über Fragen. Eine Vielzahl von Fragen, und die Beteiligten stehen alleine da. Ihre Schulgesetzänderung von vor den Sommerferien bringt eben keine Antworten. Im Gegenteil: Sie schafft neue Verunsicherung.

In der Debatte - ich möchte an dieser Stelle darauf noch einmal deutlich hinweisen - machen gerade diejenigen Vertreter, die die Inklusion auch ideologisch betrachten - insbesondere die von SPD und Grünen -, immer wieder deutlich: Man ist dazu ja verpflichtet. Man kann ja gar nicht anders. Wir müssen die UN-Behindertenrechtskonvention umsetzen, und die zwingt uns dazu, Förderschulen zu schließen. - So wird es in der Diskussion immer wieder dargestellt.

An dieser Stelle möchte ich aus der Maiausgabe der Zeitschrift juris zitieren. Dort hat Herr Professor Dr. Ernst-Wilhelm Luthe, der an der Ostfalia Hochschule und der Uni Oldenburg tätig ist, ausführlich zu der Frage Stellung genommen, welche Rechtspositionen die UN-Behindertenrechtskonvention tatsächlich hat und was dies in der Konsequenz für uns bedeutet. In dem Aufsatz, den dieser Professor in der Zeitschrift juris geschrieben hat, leitet er ganz ausführlich ab, wie die rechtlichen Auswirkungen aussehen. Ich möchte aus diesem Aufsatz zitieren:

„Für die Konvention steht der Zusammenhang von Armut und Behinderung im Vordergrund ihres Selbstverständnisses. Sie ist Bestandteil der Armutsbekämpfung in Entwicklungs- und Schwellenländern und richtet sich an Staaten, in denen behinderte Menschen als ‚Objekte der Fürsorge‘, nicht aber als ‚Inhaber von Rechten‘ behandelt werden. Bereits hieran wird deutlich: Auf bundesrepublikanische Verhältnisse ist die Konvention offensichtlich nicht zugeschnitten.“

Dann stellt der Professor zum Bereich der Bildung zusammenfassend fest - auch das ein Zitat von Herrn Professor Luthe -:

„Es ist daher festzuhalten: Alles, was an integrativer Beschulung in den einzelnen Bundesländern getan wird und wurde, ist nicht das Ergebnis internationaler Rechtsbindung, sondern allein das Ergebnis grundsätzlich freier politischer Willensbildungsprozesse.“

„Als vorgeschobener Grund für wahlkampftaktische Manöver im Verborgenen wird die

Konvention auf Dauer nicht überzeugen können.“

(Zustimmung bei der CDU)

Ich denke, gerade diese rechtlichen Auswirkungen und diese rechtliche Beschreibung unterschreiben noch einmal: Verstecken Sie sich nicht hinter der Behindertenrechtskonvention! Wir wollen Inklusion! Wir wollen das Recht auf Teilhabe! Wir wollen das aber nicht aus ideologischen Gründen, sondern wir wollen es im Interesse des Kindeswohls umsetzen.

(Beifall bei der CDU)

Genau daran sollten wir die Umsetzung der Inklusion messen, nicht aber daran, was Bertelsmann uns in Studien vorgibt. Wir sollten Inklusion vielmehr daran messen, dass wir etwas im Interesse des Kindeswohls tun, und die Inklusion in Niedersachsen entsprechend auf den Weg bringen.

Deswegen bitte ich Sie nochmals - wir werden die Debatte heute nicht zum letzten Mal führen -: Ändern Sie von SPD und Grünen endlich Ihren eingeschlagenen Weg! Lassen Sie uns Inklusion im Interesse der Kinder machen, nicht aber aus ideologischer Sicht! Folgen Sie unserer Empfehlung „Material“, und ändern Sie den von Ihnen eingeschlagenen Weg!

(Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Vielen Dank, Herr Seefried. - Jetzt hat sich Heiner Scholing, Bündnis 90/Die Grünen, zu Wort gemeldet. Herr Scholing, Sie haben das Wort.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Auf das, was mein Vorredner vorgebracht hat, kann ich gar nicht eingehen. Dafür reicht meine Zeit nicht. Wir haben es schon oft genug getan. Meine zwei Minuten reichen dafür nicht.