Protocol of the Session on September 17, 2015

(Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Am 15. September - der Redner der FDP-Fraktion hat es eben angesprochen - hat der Kölner Stadtanzeiger unter der Überschrift „Minister WalterBorjans will Obergrenze bei Bargeldgeschäften“ das Thema noch einmal aufgegriffen und dabei ausgeführt, dass Minister Walter-Borjans gesagt hat, dass die wesentlichen kriminellen Geschäfte in bar erfolgen. Im selben Artikel wurde dann darauf hingewiesen, dass das Land Nordrhein-Westfalen Schweizer Banken 3,85 Millionen Euro in bar für den Ankauf von Datenträgern mit Konto- und Kundendaten gezahlt hat.

(Frank Oesterhelweg [CDU]: Hört, hört! Tatsächlich?)

Ich finde, unglaubwürdiger kann man in so kurzer Zeit kaum sein.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Also ist es natürlich auch ein Thema in Niedersachsen, nicht zuletzt deshalb, weil eine demokratische gewählte Fraktion dieses Landtages dazu einen Antrag gestellt hat.

(Maximilian Schmidt [SPD]: Ja, des- wegen muss es noch lange nicht rich- tig sein! Das ist der Punkt!)

- Das muss nicht richtig sein, Herr Schmidt. Selbstverständlich, das muss nicht richtig sein.

(Maximilian Schmidt [SPD]: Ja, ist es auch nicht!)

Aber zu sagen, wir lehnen das ab und wollen uns mit dem Antrag gar nicht beschäftigen, das ist, finde ich, gegenüber dem Parlament eine reichlich arrogante Einstellung.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Die Landesregierung hat im Ausschuss für Haushalt und Finanzen ausgeführt, dass man sich mit Blick auf Schattenwirtschaft und Schwarzarbeit bald intensiver damit befassen werde und dass in diesem Kontext natürlich auch die aufgeworfene Frage des FDP-Antrags, die aus NRW herübergeschwappt ist, betrachtet wird. Immerhin: Dort ist man also bereit - das hat der Kollege Schmidt eben gesagt -, sich ernsthaft mit der Thematik auseinanderzusetzen. Da ist man also weiter als die Fraktionen von SPD und Bündnis 90/Die Grünen.

Das Kernargument: die Bekämpfung der Schattenwirtschaft. Ich habe das eben aus dem Artikel des Kölner Stadtanzeigers zitiert.

Wie ist die Faktenlage? - Noch 2003 machte die Schattenwirtschaft in Deutschland nach seriösen Schätzungen - genaue Erhebungen gibt es dazu logischerweise nicht; sonst wäre es keine Schattenwirtschaft - ein Volumen von rund 17 % des Bruttoinlandsprodukts aus. Bis 2014/2015 ist dieses Volumen auf 12 % gesunken - ein ganz erheblicher Rückgang, der auch mit vielen politischen Anstrengungen in diesem Land zusammenhängt.

Der renommierteste Experte im deutschsprachigen Raum für die wissenschaftliche Begleitung der Schattenwirtschaft ist Professor Dr. Friedrich Schneider, der an der Universität Linz zu diesem Thema lehrt. Er hat dieses Thema in einem Interview mit der Neuen Zürcher Zeitung am 10. Juni aufgegriffen.

(Maximilian Schmidt [SPD]: Und was hat er gesagt?)

„Lässt sich die Schattenwirtschaft mit einer Beschränkung oder gar einem Verbot von Bargeld eindämmen?“

Ich will dazu sagen, dass wir bei der ersten Beratung schon zwischen einer Einschränkung mit Höchstbeträgen oder einem Bargeldverbot unterscheiden mussten. Deshalb ist es gut, dass hier nach beidem gefragt wird und dass er auch zu beidem Stellung nimmt mit der Aussage:

„Nein, davon halte ich nichts. Das Bezahlen mit Bargeld ist hoch effizient. Zudem würde mit einem Verbot oder einer Einschränkung die Privatsphäre eingeschränkt. Wenn Sie alles mit Kreditkarte bezahlen, sind Sie komplett gläsern.“

Das ist exakt die Kritik, die wir auch in der ersten Beratung und jetzt natürlich wiederkehrend äußern.

„Wie sieht es bei Schwarzarbeit aus?“, war eine Frage. Dazu:

„Ein Kampf gegen Bargeldzahlung bringt wenig. Eine Beschränkung führt zu einem: zu mehr Tauschgeschäften.“

Und die Frage an den Experten: „Was wäre sinnvoller?“ Antwort: „Auf Anreize setzen.“ So wie Christian Grascha das eben für die FDP-Fraktion ausgeführt hat. Der in Linz lehrende Professor führt aus, was man da machen kann und was sehr gute Beispiele sind. Er führt z. B. ausdrücklich den Handwerkerbonus wie in Deutschland an. Das vermindert Schwarzarbeit. Es setzt Anreize, wenn man Steuerpflichtigen die Möglichkeit gibt, einige Hundert Euro im Rahmen ihrer eigenen Steuererklärung geltend zu machen, um diese Beschäftigung im Haushaltsbereich im legalen Bereich zu halten.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Auch die Schaffung von Minijobs führt er ausdrücklich als ein Instrument dafür an, Schwarzarbeit und Schattenwirtschaft zu bekämpfen.

Abschließend: Nehmen wir an, der Vorschlag von Herrn Minister Walter-Borjans aus NRW, der von dem einen oder anderen Wirtschaftswissenschaftler positiv begleitet wird, würde Realität werden. Es gäbe in Deutschland, wie es das in anderen Ländern auch gibt - was wir kritisch sehen - eine Bargeldobergrenze von 2 000 oder 3 000 Euro. Ich stelle mir vor, Herr Schmidt, wie das ist: Da trifft sich dann, weil es ja um Schattenwirtschaft und Kriminalität geht, ein Drogenhändler mit seinem Abnehmer auf einem Parkplatz und wird ihm sagen: Ich kann das Geschäft mit dir nicht machen. Wir haben eine Bargeldobergrenze von 2 000 Eu

ro. - Also genau die, die Sie treffen wollen, werden Sie damit doch nicht erwischen. Die, die Sie treffen, sind die Oma oder die Tante, die 2 000, 3 000 oder 5 000 Euro weitergeben wird. Aber damit werden wir doch die Schattenwirtschaft nicht bekämpfen. Es ist doch eine absurde Vorstellung, dass man die damit erwischen kann.

Vielen Dank.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Vielen Dank, Herr Kollege Mohr. - Das Wort hat jetzt für die Bündnis 90/Die Grünen der Abgeordnete Gerald Heere.

Sehr geehrter Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! In der Tat: Wir haben hier, wie es Herr Grascha eben schon gesagt hat, eine Phantomdiskussion. Zumindest hat er das aus dem Anfang der Ausschussberatung so mitgenommen.

(Zuruf von Christian Grascha [FDP])

Herr Försterling hatte gestern zu einem ganz anderen Tagesordnungspunkt gesagt: Ganz ehrlich, Niedersachsen hat derzeit ganz andere Probleme, die es zu lösen gilt.

(Zuruf von der SPD: So ist es! - Chris- tian Grascha [FDP]: Warum arbeitet dann Ihr Finanzministerium daran?)

Ich muss ganz ehrlich sagen: Ich verstehe diesen Antrag nicht. Niemand will hier das Bargeld abschaffen - das steht überhaupt nicht zur Debatte; es überrascht mich durchaus, dass Sie so etwas überhaupt vorbringen -:

(Christian Grascha [FDP]: Abschaffen oder den Verkehr damit einschrän- ken?)

wir nicht, die SPD nicht, Sie offensichtlich nicht, die Landesregierung nicht.

Problematisiert haben wir in diesem Kontext - ich glaube, das war ganz gut - noch einmal Probleme wie Schwarzarbeit, Geldwäsche, Schattenwirtschaft, Probleme mit großen Geldscheinen. Alles das sind Probleme, die man im Kontext von Bargeldverkehr durchaus angehen muss. Darauf muss man gucken, weil damit auch problematische Umstände einhergehen.

Die Landesregierung nimmt - das hat auch die Ausschussberatung gezeigt - diese Probleme ernst, aber ohne vorzuhaben, das Bargeld abzuschaffen. Dieser Vorwurf ist also wirklich bar jeder Realität.

Ängste der Menschen, Herr Mohr: Ich weiß nicht, ob dieser Antrag nicht mehr Ängste schürt, als er irgendwie aufnimmt.

(Renate Geuter [SPD]: Richtig!)

Ich habe vorher nicht davon gehört, dass man in irgendeiner Weise das Bargeld abschaffen will.

(Christian Grascha [FDP]: Einschrän- ken!)

Wenn man das jetzt hochzieht, dann wird hier ohne Not etwas in den Raum gestellt, was gar keine Realität ist. Man braucht also für dieses Thema Ihren Antrag nicht.

Weil wir Ihren völlig überflüssigen Antrag ablehnen, uns einfach zu unterstellen, dass wir dafür seien - nur deshalb -, das - Entschuldigung! - ist nun wirklich völlig aus der Luft gegriffen.

Um es abschließend noch einmal zu sagen: Die angesprochenen Probleme sind zu lösen, sind auch weiter zu diskutieren, aber ohne solch einen völlig überflüssigen Antrag wie Ihren.

Vielen Dank.

(Zustimmung bei der SPD und bei den GRÜNEN)

Vielen Dank, Herr Kollege Heere. - Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor. Die Beratung ist damit beendet.

(Christian Grascha [FDP]: Keine Mei- nung der Landesregierung dazu!)

Wir kommen Abstimmung.