Sehr geehrte Damen und Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich begrüße Sie namens des Präsidiums und eröffne die 72. Sitzung im 27. Tagungsabschnitt des Landtages der 17. Wahlperiode. Gemeinsam mit dem Präsidium wünsche ich Ihnen einen guten Morgen!
Meine Damen und Herren, die meisten von Ihnen haben heute Morgen die Andacht besucht. Die Beteiligung war gut, auch wenn noch ein bisschen Luft nach oben ist; das darf man, denke ich, sagen. Ich möchte mich bei dieser Gelegenheit bei Herrn Bischof Dr. Franz-Josef Bode aus Osnabrück und Herrn Landesbischof Dr. Karl-Hinrich Manzke aus Bückeburg für das Abhalten der Andacht bedanken. Danke schön.
Angesichts der guten Beteiligung heute Morgen darf ich bereits jetzt die Beschlussfähigkeit des Hauses feststellen.
Beiden übermittle ich im Namen des ganzen Hauses herzliche Glückwünsche. Gesundheit und Wohlergehen für das vor Ihnen liegende neue Lebensjahr, aber auch weit darüber hinaus!
Meine Damen und Herren, zum Komplex Geburtstage habe ich noch eine ergänzende Mitteilung zu machen: Vorgestern ist unser Landtagskollege Jan-Christoph Oetjen Vater geworden.
Die kleine Tochter heißt Alix Charlotte. Wie man hört, sind Mutter und Kind und auch - da haben wir uns ja Sorgen gemacht - der Vater wohlauf.
Meine Damen und Herren, zur Tagesordnung: Die Einladung für diesen Tagungsabschnitt sowie die Tagesordnung einschließlich des Nachtrages und der Informationen zu den von den Fraktionen umverteilten Redezeiten liegen Ihnen vor. - Ich stelle das Einverständnis des Hauses mit diesen geänderten Redezeiten fest.
Ich darf bereits jetzt für die Aktuelle Stunde ankündigen, dass der Wunsch an mich herangetragen wurde, die Punkte 2 a, 2 c und 2 d - das gehört alles zum Gesamtkomplex Flüchtlingspolitik - gemeinsam zu beraten. Danach wird der Punkt 2 b - „Bessere Kindertagesstätten statt Landesbetreuungsgeld“ - Antrag der Fraktion der SPD - aufgerufen. Wenn ich die Aktuelle Stunde aufrufe, werde ich noch etwas zu den Regularien und den Redezeiten sagen.
Meine Damen und Herren, der Herr Ministerpräsident hat angekündigt, vor Tagesordnungspunkt 2 über die Ergebnisse der Gespräche der Bundeskanzlerin mit den Regierungschefs der Länder am 15. September 2015 zur Asyl- und Flüchtlingspolitik unterrichten zu wollen. Wenn gewünscht - und es wurde bereits gewünscht -, wird darüber anschließend selbstverständlich eine Aussprache geführt.
Für die Initiative „Schulen in Niedersachsen online“ werden in den kommenden Tagen Schülerinnen und Schüler der Robert-Bosch-Gesamtschule aus Hildesheim mit einer Onlineredaktion live aus dem Landtag berichten. Die Patenschaft dafür hat der Abgeordnete Bernd Lynack übernommen.
Die Nachwuchsjournalistinnen und -journalisten der Multi-Media Berufsbildende Schule werden im Laufe der kommenden Tage wieder Sendungen im Rahmen des Projektes „Landtagsfernsehen“ erstellen. Sie halten sich während der Plenarsitzungstage im Vorraum zum Raum der Landespressekonferenz sowie im Raum der Landespressekonferenz auf und führen dort auch Interviews durch. Die einzelnen Sendungen stehen im Internet auf der Homepage der Schule - www.mmbbs.de - bereit und sollen über den Regionalsender LeineHertz 106.5 und den Fernsehsender h1 ausgestrahlt werden.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, außer der Entschuldigung von Herrn Oetjen liegen keine Entschuldigungen vor.
Außerhalb der Tagesordnung: Unterrichtung über die Ergebnisse des Gesprächs der Bundeskanzlerin mit den Regierungschefs der Länder am 15. September 2015 zur Asyl- und Flüchtlingspolitik
Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Es ist erst wenige Tage her, dass der Landtag in einer Sondersitzung in intensiven Diskussionen die Situation im Zusammenhang mit der Flüchtlingsnot in unserem Land beraten hat. Trotzdem muss ich Ihnen auch heute wieder etwas berichten, und zwar über die Entwicklungen, die in der Zwischenzeit stattgefunden haben. Es ist eine ungebrochene Dynamik. Man kann auch sagen: Die Ereignisse überschlagen sich in diesen Tagen.
In den vergangenen sechs Tagen sind allein in Niedersachsen mehr als 3 200 weitere Plätze in den Erstaufnahmeeinrichtungen geschaffen worden. Das ist eine großartige Leistung. Ich möchte mich bei allen Beteiligten herzlich dafür bedanken.
Wir sind damit ganz sicher nicht am Ende. Die Planungen sehen vor, dass wir in den nächsten drei Wochen bis zu 4 000 weitere Plätze in Erstaufnahmeeinrichtungen bereitstellen können. Die Suche nach weiteren Standorten, nach weiteren Möglichkeiten für die Erstaufnahme hält unvermindert an. Das ist auch notwendig; denn in den we
nigen Tagen, seit wir uns gesehen haben, hatten wir in Niedersachsen mehr als 3 500 Zugänge zu verzeichnen. Das bringt zum Ausdruck, dass wir es unverändert mit einer ausgesprochen schwierigen Situation zu tun haben.
Lassen Sie es mich so sagen: Das Krisenmanagement in Niedersachsen läuft auf Hochtouren. Es läuft auch gut, aber nicht in allen Einzelfällen; das kann es auch nicht. Ich denke, wir müssen im Moment viel Verständnis miteinander dafür haben, dass in diesem oder jenem Einzelfall wirklich nicht alles so funktionieren kann, wie wir es uns ansonsten wünschen. Aber alles in allem, denke ich, können wir mit besonderer Dankbarkeit hervorheben die überragende Leistung von Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern in den Landesaufnahmebehörden, die überragende Leistung der Hilfsorganisationen
und das ungebrochene Engagement von unzähligen Bürgerinnen und Bürgern, die mit anpacken, die sich dieser Aufgabe mit stellen. Deswegen kann ich insgesamt sagen: Wir stehen unter massivem Druck. - Gleichzeitig können wir aber - Stand heute - sagen: das Krisenmanagement in Niedersachsen funktioniert.
Das ist auch notwendig; denn all das, was ich beschrieben habe, ist Ausdruck des anhaltenden Zustroms mit einer durchaus dramatischen Zuspitzung am Wochenende, als am Hauptbahnhof München allein am Samstag bekanntlich mehr als 13 000 Menschen ankamen und verteilt werden mussten, wodurch die dortigen Verantwortlichen vor allergrößte Aufgaben gestellt worden sind.
Am darauf folgenden Tag, am Sonntag, hat dann die Bundesregierung angeordnet, wieder Grenzkontrollen einzuführen. Man darf sicher sagen: Das ist schon ein Einschnitt gewesen. Es war eine schwierige Entscheidung nach Jahrzehnten, in denen wir alle miteinander Grenzkontrollen nicht kannten und die jüngeren Menschen in unserem Lande Grenzkontrollen noch niemals erlebt haben, jedenfalls nicht in Deutschland.
Nach dieser langen Zeit habe ich diese Entscheidung als eine Zäsur empfunden. Und ich füge hinzu: Es ist eine schwierige Entscheidung. Ich glaube angesichts der konkreten Situation aber auch, dass es eine richtige Entscheidung war. Es war
das Signal an die anderen Mitgliedstaaten der Europäischen Union, dass Deutschland nicht in der Lage sein wird, das Problem der Flüchtlingsnot auf unserem Kontinent gemeinsam mit Österreich und Schweden in hohem Maße allein schultern zu können. Es war auch der Versuch, unserem völlig überlasteten Aufnahmesystem eine Atempause zu verschaffen. Beide Gesichtspunkte halte ich für wichtig. Deswegen denke ich, dass diese Entscheidung gute Gründe hatte. Man kann bei aller ihrer Schwierigkeit dazu stehen: Es ist richtig gewesen. - Aber - auch darüber müssen wir uns einig sein -: Grenzkontrollen sind keine Lösung des Problems. Sie verschaffen uns eine Atempause. Sie signalisieren, wie es in Deutschland derzeit ausschaut. Sie sind aber keine Lösung des Problems.
Deswegen richten sich die Blicke auf Europa. Dort haben am Montag die Innen- und die Justizminister der Mitgliedstaaten der Europäischen Union beraten. Sie haben über die Verteilung von 160 000 Flüchtlingen beraten. Das sind, um es ins Verhältnis zu stellen, so viele, wie in Deutschland allein in wenigen Wochen aufgenommen werden. Sie haben sich vertagt, weil sie sich nicht auf eine konkrete Verteilung haben verständigen können. Ich habe das als eine ganz bittere Pille für den europäischen Gedanken empfunden, meine sehr verehrten Damen und Herren.
Gestern Abend haben im Bundeskanzleramt die Bundesregierung, die Bundeskanzlerin und die Ministerpräsidentinnen und Ministerpräsidenten getagt. Es handelte sich um eine kurzfristig einberufene Sitzung, die in großen Teilen und auch notwendigerweise dem wechselseitigen Austausch über die Frage diente, wie wir die nunmehr eingetretene Situation miteinander einschätzen.
An Ergebnissen dieser Beratungen habe ich Ihnen zu berichten, dass der Bund die Absicht hat, 40 000 Erstaufnahmeplätze in Deutschland einzurichten, zum Teil in sehr großen Einrichtungen. An dieser Stelle haben die Länder diese Absicht zunächst einmal sehr begrüßt, in einer Vielzahl von Punkten aber auch Fragen angemeldet. Das habe auch ich für das Land Niedersachsen getan; denn auch unser Land könnte von diesen Plänen betroffen sein.
Wir haben darüber hinaus vereinbart, dass wir zur Entlastung des Münchner Hauptbahnhofs in Deutschland zwei weitere Verteilzentren einrichten
wollen. Niedersachsen ist auch in dieser Hinsicht betroffen. Sie wissen, dass über die Einrichtung eines entsprechenden Verteilzentrums bei Oerbke diskutiert wird. Die Landesregierung begleitet dieses Vorhaben positiv und konstruktiv. Wir unterstützen dies.
Was der Inbetriebnahme dieses Verteilzentrums derzeit noch im Wege steht, ist eine abschließende Klärung mit der britischen Seite. Das aber ist unbestrittenerweise Aufgabe der Bundesregierung. Ich habe der Bundesverteidigungsministerin gestern Abend noch einmal bestätigt, dass wir dieses Vorhaben in Niedersachsen positiv begleiten. Gleichwohl gehe ich davon aus, dass es noch die eine oder andere Woche dauern wird, bis dieses Vorhaben in die Tat umgesetzt werden kann.
Die Bundesregierung hat angekündigt, in Bayern - in der Nähe zur österreichischen Grenze - sogenannte Warteräume mit zweimal jeweils 5 000 Plätzen einzurichten, Warteräume zur weiteren Verteilung. Dort soll aber auch versucht werden, für einzelne Gruppen in einem beschleunigten Verfahren gewissermaßen Erfahrungen für das zu sammeln, was sicherlich später in größeren Teilen noch umgesetzt werden soll.
Die Bundesregierung hat dem Wunsch der Länder entsprochen, eine stärkere koordinierende Rolle bei der Verteilung der Flüchtlinge auf die Bundesländer zu spielen. Bislang war es so, dass dies zwischen den Bundesländern telefonisch - hauptsächlich betroffen war hier der Freistaat Bayern - organisiert werden musste. Das ist seitens der Bundesregierung zugesagt worden.