Protocol of the Session on May 29, 2013

Tagesordnungspunkt 8: Erste Beratung: Entwurf eines Gesetzes zur Modernisierung der Ladenöffnungszeiten in Niedersachsen - Gesetzentwurf der Fraktion der FDP - Drs. 17/179

Die Einbringungsrede hält für die FDP-Fraktion die Kollegin Gabriela König, der ich das Wort erteile.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Das niedersächsische Ladenöffnungsgesetz ist im Verhältnis zu den Gesetzen der uns umgebenden Bundesländer stark eingeschränkt. In Hamburg, Hessen, Nordrhein-Westfalen, Mecklenburg-Vorpommern, Sachsen-Anhalt sowie Schleswig-Holstein gelten Ladenöffnungszeiten, die liberaler sind als die in Niedersachsen. Allein schon deshalb ist es an der Zeit, eine Harmonisierung und Flexibilisierung zu erwirken.

Es ist doch absurd, dass man rund um die Uhr alles im Netz bestellen kann und gleichzeitig beispielsweise der Verkauf von Brötchen, Zusatz- oder Geschenkartikeln gerade am Sonntag gesetzlich stark eingeschränkt bzw. verboten ist. Keinem ist zu erklären, dass Blumen am Sonntag verkauft werden dürfen, Blumentöpfe, Blumenerde oder Dekoartikel dagegen nicht.

(Beifall bei der FDP)

Warum sollten wir uns auf den Verkauf von Blumen und Pflanzen in kleinen Mengen und auf höchstens drei Stunden beschränken? Warum können wir nicht den Verkauf von Blumen und Pflanzen und den Verkauf von Blumenerde, Rankhilfen, Übertöpfen, Dekorations- und Geschenkartikel für fünf Stunden ermöglichen, erst recht, wenn sie im direkten Zusammenhang mit der frischen Ware stehen?

Es ist ebenfalls keinem zu erklären, dass unbelegte Brötchen nur für drei Stunden beim Bäcker zu erwerben sind, belegte Brötchen aber den ganzen Tag, beispielsweise in einer Konditorei - dort dafür aber keine unbelegten. Da wiehert meines Erachtens der Amtsschimmel.

In Hamburg kann man beispielsweise sein Fahrzeug am Sonntag sechs Stunden waschen, in Niedersachsen überhaupt nicht. Man kann es im Rahmen der Erhaltung und Wiederherstellung der Fahrbereitschaft aussaugen, ja, man kann es betanken - wobei mir nicht ganz klar ist, warum ein Auto, das nicht ausgesaugt werden kann, nicht trotzdem fahrbereit sein sollte.

Nehmen wir einmal das Beispiel einer Tankstelle in Hamburg-Neugraben. Waschen kann man da. Sieben Kilometer weiter, in Niedersachsen, in Neu Wulmstorf, darf man es nicht. - Was für eine Willkür!

Die Beschränkung des Sortimentkatalogs für den Sonntagsverkauf muss deshalb vernünftig angepasst werden.

(Beifall bei der FDP)

Schauen wir also noch einmal zu unseren Nachbarn hinüber. Nordrhein-Westfalen, MecklenburgVorpommern, Sachsen-Anhalt, Schleswig-Holstein - alle öffnen sonntags fünf Stunden, ohne jede Beschränkung. Hamburg öffnet fünf Stunden außer Ostersonntag, Pfingstsonntag und dem Zweiten Weihnachtsfeiertag. Hessen öffnet sogar sechs Stunden, außer dem Ostersonntag, Pfingstsonntag und dem Ersten Weihnachtsfeiertag sowie Karfreitag und Fronleichnam.

Wir wollen hier in Niedersachsen nicht mehr und nicht weniger als unsere Anrainerländer. Wir wollen nebenbei auch die Angriffsfläche für Wettbewerbsverbände und deren Klagemöglichkeiten reduzieren. Das sind wir unseren Unternehmen hier in Niedersachsen schuldig. Deshalb wollen wir diese Harmonisierung und Flexibilisierung. Wir wollen Ladenöffnungszeiten wie die anderen auch.

(Beifall bei der FDP)

Ich bitte Sie deswegen, im Rahmen der Realitäten, die in anderen Bundesländern längst bestehen, und im Sinne einer Kunden- und Wirtschaftsfreundlichkeit in Niedersachsen die Änderung des Ladenschlussgesetzes zu verfolgen, nicht mehr und nicht weniger.

Vielen Dank, meine Damen und Herren.

(Beifall bei der FDP)

Vielen Dank für die Einbringung, Frau Kollegin König. - Im Rahmen der Beratung hat für die SPDFraktion der Kollege Holger Ansmann das Wort. Bitte sehr, Herr Kollege!

Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Über Änderungen im Niedersächsischen Gesetz über Ladenöffnungs- und Verkaufszeiten ist auch in der vergangenen, der 16. Wahlperiode des Niedersächsischen Landtages immer wieder und ausführlich gesprochen worden, zuletzt in der 145. Plenarsitzung am 26. September 2012. Ein Schwerpunkt war dabei immer die Diskussion über den besonderen Schutz des Sonntags.

Die unterschiedlichen Meinungen und Positionen sind somit sowohl hier im Landtag als auch bei den betroffenen Akteuren wie Kirchen, Verbänden und Gewerkschaften bekannt. Als neu gewählter Landtagsabgeordneter verwundert es mich daher schon sehr, dass bei eigentlich ausdiskutierten Positionen dieser Gesetzentwurf von der Fraktion der FDP in den Landtag eingebracht wird.

(Beifall bei der SPD)

Es handelt sich hier offenbar um den Versuch, alte Positionen, die in der Regierungsverantwortung nicht durchsetzbar waren, in der Opposition am Leben zu erhalten. Das hat allerdings nichts mit Modernisierung zu tun, wie in der Überschrift des Gesetzentwurfs zu lesen ist, sondern mit einer politischen Haltung, die eine Debatte von gestern führt und rückwärts gewandt eine kleine Minderheit bedient und sich nicht an den Interessen der Mehrheit Tausender in dieser Branche beschäftigter Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer orientiert. Solch eine Politik werden wir nicht zulassen.

(Beifall bei der SPD und bei den GRÜNEN)

Schon im Jahr 2007, als die damalige CDU/FDPLandesregierung eine deutliche Ausweitung der Ladenöffnungs- und Verkaufszeiten mit ihrer politischen Mehrheit durchgesetzt hat, war dies nur gegen den massiven Widerstand einer nicht alltäglichen Allianz, bestehend aus Kirchen, Gewerkschaften, Kommunen, Einzelhandelsbetrieben sowie Sozial- und Familienverbänden, möglich.

Warum kam dieser Widerstand zustande? - Verlängerte Öffnungszeiten - so die belegbare Erkenntnis - helfen den großen Supermarktketten dabei, kleinere Einzelhandelsgeschäfte vom Markt zu verdrängen.

(Zustimmung bei der SPD)

Damit verschlechtert sich die Versorgung vor allem im ländlichen Raum sowie in den Randlagen von Städten. Die Ausweitung von Ladenöffnungszeiten hat massive negative Auswirkungen auf die Arbeitssituation der im Einzelhandel Beschäftigten, und das sind nach wie vor überwiegend Frauen in Teilzeit- und Minijobs. Die Flexibilisierung der Arbeitszeiten hat kaum zu Umsatzsteigerungen geführt. Die Kunden verteilen sich nur über einen längeren Zeitraum. Der Euro kann eben nur einmal ausgegeben werden.

(Zustimmung bei der SPD)

Gerade aktuell hat der Landessportbund darauf hingewiesen - immerhin hat er 2,8 Millionen Mitglieder -, dass die identitätsstiftende und integrierende Kraft des Sports nachhaltig geschwächt wird, wenn zunehmend mehr Menschen eine regelmäßige Teilnahme am Übungs- und Wettkampfbetrieb aufgrund veränderter Arbeitszeiten nicht mehr möglich ist.

(Beifall bei der SPD)

Der Gesetzentwurf sieht eine Verlängerung der Öffnungszeit an Sonntagen von drei auf fünf Stunden vor. Das ist nicht nur nicht nötig, sondern erkennbar auch nicht das angestrebte Ziel, hat die FDP in der Vergangenheit doch schon acht Stunden als sinnvoll angesehen und eingebracht. Diese Salamitaktik ist von uns erkannt worden und wird nicht mitgemacht.

(Christian Dürr [FDP]: Sie müssen ja nicht aufmachen! Das ist doch kein Öffnungszwang!)

Dass die FDP schon vor der heutigen Beratung durch Herrn Dürr erklärt, dass die CDU ihre Zustimmung signalisiert habe, überrascht

(Christian Dürr [FDP]: Das habe ich nicht gesagt!)

- ich zeige Ihnen den entsprechenden Zeitungsausschnitt; auch Sie bringen sonst ja immer aktuelle Pressemeldungen mit in den Landtag -,

(Christian Dürr [FDP]: Ich möchte gern wissen, wo das steht! Das ist doch falsch!)

hat die CDU doch die besondere Schutzbedürftigkeit des Sonntags in der Vergangenheit in vielen Debatten gemeinsam mit uns erklärt. Unsere Position ist deutlich und klar: Drei Stunden am Sonntag sind ausreichend, um frische Brötchen einzukaufen. Dazu braucht man nur ein bisschen früher aufzustehen. Ausflüge am Sonntag sollen vorwiegend der Erholung dienen. Darüber hinaus gibt es für das Shoppen am Sonntag genügend Ausnahmeregelungen. Wer meint, am Sonntag Videos gucken zu müssen, hat für deren Besorgung an sechs Wochentagen ausreichend Zeit.

(Zuruf von Gabriela König [FDP])

Und das Auto am Sonntag waschen? - Lassen Sie uns den Sonntag zur Entschleunigung nutzen. Beschleunigung haben die Menschen bei den heutigen Arbeitsbedingungen an den anderen sechs Tagen der Woche genug.

Meine Damen und Herren, das Bundesverfassungsgericht hat 2009 in seiner Grundsatzentscheidung zum Berliner Ladenöffnungsgesetz ausdrücklich festgestellt, dass ein bloß wirtschaftliches Umsatzinteresse der Verkaufsstelleninhaber und ein alltägliches Erwerbsinteresse potenzieller Käufer keine Ausnahmen vom Schutz der Sonntagsruhe rechtfertigen würden. Lassen Sie uns somit den Sonntag auch zukünftig als einen unter dem besonderen Schutz von Staat und Gesellschaft stehenden Tag der Erbauung und Erholung erhalten!

(Beifall bei der SPD)

Wir alle kennen den Begriff der Sonntagsruhe. Diese Verbindung gibt es an den anderen Tagen der Woche nicht. Der Sonntag dient der Familie und den Freunden, in Anbetracht der heutigen Gedenkveranstaltung insbesondere auch den ausländischen Freunden, dem Abschalten und dem Kirchgang. Wir möchten nicht wieder die Allianz Niedersachsen, die Allianz von kirchlichen Organisationen, den Sportverbänden und den Gewerkschaften auf das parlamentarische Parkett rufen.

Wir gehen gern auch gegenüber anderen Bundesländern mit gutem Beispiel voran. Wir wollen, dass der Sonntag das bleibt, was er immer war - ein besonderer Tag.

Vielen Dank.

(Beifall bei der SPD und bei den GRÜNEN)

Herr Kollege Ansmann, wir bedanken uns auch bei Ihnen. Das war Ihre erste Rede hier im Hause. Herzliche Gratulation dazu!

(Beifall bei der SPD)

Im Rahmen der Beratung hat jetzt für die CDUFraktion die Kollegin Annette Schwarz das Wort. Bitte schön, Frau Kollegin!

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Die FDP hat mit dem Titel „Modernisierung der Ladenöffnungszeiten in Niedersachsen“ und der Artikulation in der Öffentlichkeit, dass das geltende Gesetz antiquiert sei, ein sehr deutliches Zeichen gesetzt.

Ich habe dabei überlegt und mich gefragt: Wann haben wir die letzte Novelle verabschiedet? - Das war vor gut anderthalb Jahren. Ich habe dann überlegt, wie alt ich eigentlich selbst bin. Ich habe gedacht: Hm, dann bist du ganz schön antiquiert.

Meine Damen und Herren, sehen wir uns den Gesetzentwurf der FDP einmal etwas näher an und fragen uns, was der FDP vorschwebt! Sie möchte, dass an Sonntagen statt drei künftig fünf Stunden lang geöffnet werden kann. Die Reduktion der Öffnungszeiten in den Ausflugs-, Kur- und Erholungs- bzw. Wallfahrtsorten von acht auf fünf Stunden ist, so denke ich, eher ein Flüchtigkeitsfehler, der Ihnen unterlaufen ist und mit Sicherheit noch geändert wird. In Ihrem Wahlprogramm und im Wahlkampf haben Sie selbst betont, dass Sie die dreistündige Öffnungszeit an Sonntagen auf acht Stunden ausdehnen wollen.