Protocol of the Session on July 16, 2015

Ich verstehe die Sorgen der Geflügelwirtschaft vor massiven Hühnerfleischimporten aus den USA. Professor Sinn hat für das Europaparlament ein Gutachten erstellt, nach dem vor allem die deutsche Geflügelindustrie der große Verlierer wäre, wenn wir solche Verfahren, wie sie in den USA zugelassen sind, auch hier zuließen. Es wird von Kostenvorteilen von 30 % gesprochen, die die Amerikaner gegenüber unserer niedersächsischen Geflügelwirtschaft haben. Deshalb müssen wir auch aus wirtschaftlichen Gründen den Anfängen wehren und keine chemischen Keulen, keine Bestrahlung oder andere Verfahren zulassen, sondern hier eine rote Linie ziehen.

Das Europaparlament hat gerade noch einmal die Gentechnologie, die Verwendung von Chemikalien oder das Chloren als rote Linien in Bezug auf ein Freihandelsabkommen skizziert. Dem muss man sich im Sinne der Verbraucherinnen und Verbraucher, aber auch im Sinne der niedersächsischen Landwirtschaft, der Geflügelwirtschaft und der gesamten Fleischindustrie anschließen. Deshalb sollten wir keine Hintertürchen öffnen und „Chloren“ und „Bestrahlen“ nicht in „alternative Behandlungsmethoden“ umbenennen.

Danke.

(Beifall bei den GRÜNEN und bei der SPD)

Herr Minister, ich möchte Sie noch einmal kurz unterbrechen. Herr Kollege Oesterhelweg möchte Ihnen jetzt nochmal eine Zwischenfrage stellen. Ist es erlaubt?

Nein, danke.

Okay. - Herr Grupe bittet um zusätzliche Redezeit. Anderthalb Minuten, Herr Grupe!

Vielen Dank, Herr Präsident. - Da war er mal wieder, der alte Meyer aus der Oppositionszeit, von dem ich immer nur gehört habe.

Herr Minister, Sie haben hier einen regelrechten Skandal abgeliefert.

(Beifall bei der FDP und bei der CDU)

Sie haben uns unlautere Motive unterstellt, während wir ein ernstes Thema ansprechen. Ich darf daran erinnern: Es war der schlimmste Lebensmittelskandal weltweit, was EHEC-Infektionen angeht. Es hat sogar Tote gegeben. Und dann erzählen Sie, nur weil Herr Rösler in den USA war, wollen wir mal eben unsere ganzen Lebensmittel, insbesondere das Fleisch, chloren!

Das zeigt uns: Entweder haben Sie Probleme mit dem Lesen, oder Sie verdrehen alles ganz bewusst ins Gegenteil. Was Sie hier abziehen, Herr Minister, ist ein riesiger Skandal.

(Beifall bei der FDP und bei der CDU)

Vielleicht sollten Sie so viel verstanden haben - vielleicht so viel wenigstens -, dass es bei diesem Thema im Kern nicht um Fleisch geht, sondern um Gemüse und Rohkost, bei dem auch Gefahren auftreten. Wenn man das unbehandelt genießt, kann es tatsächlich zu schweren gesundheitlichen Schädigungen bis hin zum Tode kommen.

Herr Minister, Sie haben die Frage beantwortet, die ich eigentlich Herrn Schminke gestellt hatte, ob nämlich von Ihrer Seite der Einsatz dieses Mittels, das ja aus gentechnischer Veränderung kommt und nicht einmal zugelassen war, abgelehnt wird. Sie haben es gesagt: Man muss den Anfängen wehren. Man muss solche Mittel, solche chemischen Keulen von Vornherein verbieten. - Es wird an dem Standard festgehalten, und wenn es dann mal Tote gibt, dann kommt es nicht drauf an. - Wir wollen eine andere Politik! Das, was Sie machen, ist ein Skandal! Sie sind ein Verbraucherrisiko, Herr Minister!

(Beifall bei der FDP und bei der CDU - Christian Dürr [FDP]: So ist es!)

Zu Wort gemeldet hat sich Kollege Oesterhelweg. Sie haben noch Restredezeit. Bitte schön!

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich möchte kurz zwei Punkte aufgreifen. Herr Kollege Grupe ist in Stichworten darauf eingegangen.

Herr Minister, Sie haben gesagt, Fleisch soll weiter unbehandelt bleiben, wenn es zum Verbraucher

gelangt. Wo in unserem gemeinsamen Änderungsantrag steht etwas von Fleischbehandlung, das Sie dazu bringt, eine solche Formulierung zu wählen? Wo steht, dass wir chemische Keulen anwenden wollen?

Sie haben davon geredet, dass dies auch in Zukunft ohne chemische Keulen möglich sein müsse. - Ja! Das sehen wir ganz genauso. Wir wollen einen vernünftigen Produktionsprozess, wir wollen Prozessqualität, und wir wollen Produktqualität. Das ist doch vollkommen klar. Aber unterstellen Sie uns - nur weil wir hier von alternativen Behandlungsmöglichkeiten sprechen - doch nicht, dass wir Chlorhähnchen usw. wieder durch die Hintertür einführen wollen.

Sie wissen ganz genau, dass wir als Union in der ersten Ausschussberatung sehr, sehr deutlich gesagt haben: Chlorhähnchen nicht mit uns. Unsere europäischen Standards gelten verbindlich. Punkt, Ende!

Wenn Sie sich jetzt gegen Forschung wenden, dann machen Sie das auf dem Rücken der Gesundheit von Verbraucherinnen und Verbrauchern.

(Anja Piel [GRÜNE]: Das lassen Sie mal die Verbraucher entscheiden! Ehrlich!)

Sie betreiben eine forschungsfeindliche Politik und eine verbraucherfeindliche Politik, meine sehr verehrten Damen und Herren. Und das wird Sie irgendwann bei der nächsten Krise in diesem Bereich böse einholen.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Vielen Dank, Herr Oesterhelweg. - Jetzt hat sich Frau Staudte gemeldet. Ebenfalls anderthalb Minuten!

Vielen Dank, Herr Präsident. - Sehr geehrter Herr Grupe, Sie überziehen hier. Sie behaupten hier, Sie hätten einen Antrag gegen EHEC geschrieben. Der einzige Satz, in dem das Wort „EHEC“ vorkommt, befindet sich in der Begründung:

„Eine 100-%-Sicherheit gibt es jedoch nicht, wie die EHEC-Epidemie im Jahr 2011 gezeigt hat.“

Mehr steht zu EHEC in diesem Antrag nicht drin. Daran ändert auch Ihre unverschämte Pressemit

teilung, die Sie soeben herausgegeben haben, nichts,

(Hermann Grupe [FDP]: Die ist super!)

in der Sie einfach die Unwahrheit sagen und behaupten, wir hätten ohne Angabe von Gründen - die Gründe haben Sie vielleicht nicht verstanden - Ihren Antrag abgelehnt. Wir haben sehr wohl begründet, warum wir hier Ihren unsäglichen Antrag ablehnen.

(Zustimmung bei den GRÜNEN und bei der SPD)

Sie wollen nicht wahrhaben, was in der Anhörung gesagt worden ist, dass nämlich die Gefahr der Rekontamination durch diese Endbehandlung sogar noch vergrößert wird. Es werden quasi Keime abgetötet, aber die Gefahr, dass durch spätere Kontaminationen auf den Lebensmitteln keine Antagonisten mehr vorhanden sind, bewirkt, dass sich die schlechten Keime umso stärker ausbreiten können - das war Ihnen wahrscheinlich schon zu hoch.

(Zustimmung bei den GRÜNEN und bei der SPD - Hermann Grupe [FDP]: Ich gebe Ihnen mal was über Plas- mabehandlung! Dann können Sie sich informieren! Ich gebe Ihnen mal Un- terlagen!)

Herr Oesterhelweg, ich glaube, die CDU merkt gar nicht, was für einen Antrag sie hier mit unterstützt.

(Beifall bei den GRÜNEN und bei der SPD)

Vielen Dank. - Es ist hier richtig lebhaft geworden. Wir sind jetzt aber am Ende der Beratungen, meine Damen und Herren.

Wir kommen zur Abstimmung.

Die auf Ablehnung lautende Beschlussempfehlung ist die weitergehende Empfehlung. Wir stimmen daher zunächst über diese ab. Nur falls die Beschlussempfehlung abgelehnt wird, stimmen wir anschließend noch über den Änderungsantrag ab.

Wer also der Beschlussempfehlung des Ausschusses folgen und damit den Antrag der Fraktion der FDP in der Drucksache 17/1743 ablehnen will, den bitte ich jetzt um ein Handzeichen. - Gegenstimmen? - Das Erste war die Mehrheit. Der Beschlussempfehlung des Ausschusses wurde gefolgt.

Damit ist zugleich der Änderungsantrag der Fraktionen der CDU und der FDP in der Drucksache 17/3892 nach § 39 Abs. 2 Satz 3 in Verbindung mit § 31 Abs. 3 Satz 2 unserer Geschäftsordnung abgelehnt.

Ich rufe jetzt noch ganz kurz auf den

Tagesordnungspunkt 39: Europäische Sauenhaltung auf neueste wissenschaftliche Erkenntnisse stellen - Antrag der Fraktion der FDP - Drs. 17/273 - Beschlussempfehlung des Ausschusses für Ernährung, Landwirtschaft, Verbraucherschutz und Landesentwicklung - Drs. 17/3857 - Änderungsantrag der Fraktion der CDU und der Fraktion der FDP - Drs. 17/3905

Die Beschlussempfehlung des Ausschusses lautet auf Ablehnung des Antrags.

Der Änderungsantrag der Fraktionen der CDU und der FDP zielt auf eine Annahme des Antrags in einer geänderten Fassung.

Wie bereits gestern bekannt gegeben, sind die Fraktionen übereingekommen, zu diesem Beratungsgegenstand heute auf eine Aussprache zu verzichten und ihn nach § 39 Abs. 3 Satz 1 in Verbindung mit § 32 Abs. 1 Satz 1 unserer Geschäftsordnung wieder an den Fachausschuss zu überweisen. - Ich sehe und höre keinen Widerspruch. Damit werden der Antrag und der Änderungsantrag an den Ausschuss für Ernährung, Landwirtschaft, Verbraucherschutz und Landesentwicklung zurücküberwiesen.

Ich danke Ihnen. Wir treffen uns wieder um 14.30 Uhr.

(Unterbrechung der Sitzung von 12.31 Uhr bis 14.30 Uhr)

Liebe Kolleginnen und Kollegen! Herzlich willkommen zur heutigen Nachmittagssitzung!