Protocol of the Session on July 14, 2015

Ich möchte noch eine weitere Anmerkung machen: Es hat auch etwas mit der Historie zu tun, die 70 Jahre zurückreicht, nämlich mit der Befreiung von Bergen-Belsen. Insofern geht auch an dieser Stelle noch einmal ein ganz herzlicher Dank an die britischen Truppen, die schließlich einen großen Beitrag dazu geleistet haben, dass wir vom Faschismus befreit worden sind.

(Beifall bei den GRÜNEN und bei der SPD)

Der Abzug hat natürlich enorme Auswirkungen auf die Infrastruktur in den Regionen, über die wir hier reden. Heftige Auswirkungen sind zu erwarten. Bergen im Landkreis Celle wird ein Drittel der Bevölkerung verlieren. In Bergen und Bad Fallingbostel werden weit über 800 Wohnungen frei, in Celle über 300. Der Leerstand wird sich vergrößern.

Die kommunalen Spitzenverbände sagen dazu - ich zitiere -:

„Der Überbestand an unbewohnten Wohnungen beeinträchtigt nicht nur das Stadt

bild, er schreckt auch Einwohner, Touristen und Investoren ab. Daher ist ein geordneter Um- und Rückbau aus unserer Sicht dringend erforderlich.“

Diese Zeilen machen sehr gut deutlich, worum es hier geht. Wenn man sich Bilder von Regionen anschaut, die bevölkerungsmäßig dramatisch ausdünnen - z. B. existieren solche Bilder aus der amerikanischen Großstadt Detroit -, bekommt man einen Eindruck davon, welche Wirkung das hat und welche Folgen dann immer weiter eintreten.

Wohnungen müssen aufgekauft werden. Rück- bzw. Umbau muss auf den Weg gebracht werden. Das ist eine ganz neue Aufgabe. Damit sind wir noch nicht vertraut. Bergen erhält über 4 Millionen Euro zur Bewältigung dieser Aufgabe. Das ist ein wichtiger Schritt, um den Kommunen und Landkreisen bei der Aufgabenbewältigung zu helfen.

Selbstverständlich sind wir uns alle bewusst, dass weitere Maßnahmen folgen müssen. Das ist ein wichtiger erster Schritt. Es ist sehr gut, dass es gelungen ist, dafür einen Rahmen zu schaffen. Dabei handelt es sich ja um einen Rahmen, an den wir uns erst noch gewöhnen müssen und für den wir noch kein Handwerkszeug haben.

Insgesamt können wir feststellen, dass die Konversion erfolgreich gestaltet werden muss und eine gemeinschaftliche Aufgabe von uns allen ist.

Ein Bibelzitat möchte auch ich Ihnen nicht vorenthalten: „Hütet euch aber vor den falschen Propheten …“

Vielen Dank.

(Heiterkeit und lebhafter Beifall bei den GRÜNEN und Beifall bei der SPD)

Verehrte Kolleginnen und Kollegen, weitere Wortmeldungen zu diesen beiden Tagesordnungspunkten liegen nicht vor. Deswegen kommen wir jetzt zunächst zur Abstimmung über den Gesetzentwurf unter Tagesordnungspunkt 7.

Ich rufe auf:

§ 1 einschließlich Anlage bis § 6. - Hierzu liegt eine Änderungsempfehlung des Ausschusses vor. Wer dieser zustimmt, den bitte ich um das Handzeichen. - Ich frage nach Gegenstimmen. - Enthaltungen? - Das ist nicht der Fall. Das ist einstimmig beschlossen.

§ 7. - Unverändert.

§ 8. - Auch hierzu gibt es eine Änderungsempfehlung des Ausschusses. Wer dieser zustimmt, den bitte ich um das Handzeichen. - Gibt es Gegenstimmen? - Enthaltungen? - Das war auch einstimmig.

§ 9. - Unverändert.

Auch zur Gesetzesüberschrift gibt es eine Änderungsempfehlung des Ausschusses. Wer dieser zustimmen will, den bitte ich um das Handzeichen. - Gegenstimmen? - Enthaltungen? - Das haben Sie so beschlossen.

Wir kommen zur Schlussabstimmung.

Wer dieses Gesetz so annehmen will, den bitte ich, sich vom Platz zu erheben. - Ich frage nach Gegenstimmen. - Die sehe ich nicht. - Ich frage nach Stimmenthaltungen. - Die gibt es ebenfalls nicht. - Dann haben Sie dieses Gesetz einstimmig so beschlossen.

(Beifall bei der SPD und bei den GRÜNEN)

Wir kommen zur Abstimmung zu Tagesordnungspunkt 8.

Der gemeinsame Änderungsantrag aller Fraktionen - das setze ich einmal als gegeben voraus - entfernt sich vom ursprünglichen Antrag, dessen unveränderte Annahme die Beschlussempfehlung empfiehlt. Deswegen stimmen wir zunächst über diesen Änderungsantrag ab.

Wer den Antrag in der Fassung des gemeinsamen Änderungsantrages aller Fraktionen dieses Hauses in der Drucksache 17/3901 annehmen möchte, den bitte ich jetzt um ein Handzeichen. - Gibt es hier Gegenstimmen? - Das ist nicht der Fall. Gibt es Enthaltungen? - Dann haben Sie das auch einstimmig beschlossen.

Damit ist zugleich die Beschlussempfehlung nach § 39 Abs. 2 Satz 3 in Verbindung mit § 31 Abs. 3 Satz 2 unserer Geschäftsordnung abgelehnt und sind die Tagesordnungspunkt 7 und 8 im Verbund bearbeitet.

Ich rufe auf den

Tagesordnungspunkt 9: Abschließende Beratung: Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des Niedersächsischen Krankenhausgesetzes - Gesetzentwurf der Fraktion der SPD und der Fraktion

Bündnis 90/Die Grünen - Drs. 17/2709 - Beschlussempfehlung des Ausschusses für Soziales, Frauen, Familie, Gesundheit und Migration - Drs. 17/3850 - Schriftlicher Bericht - Drs. 17/3852

Der Ausschuss empfiehlt Ihnen, den Gesetzentwurf mit Änderungen anzunehmen.

Wir treten in die Beratung ein.

Als erster Redner hat für die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen der Abgeordnete Thomas Schremmer das Wort. Bitte, Herr Kollege!

Herr Präsident! Verehrte Kolleginnen und Kollegen! Ich denke, bei diesem Gesetzentwurf gibt es immer noch Zweiflerinnen und Zweifler. Deswegen versuche ich es heute exemplarisch. Stellen Sie sich also vor, Sie wären 80 Jahre alt und würden heute aus dem Krankenhaus entlassen. - Es ist nicht ganz einfach, sich das vorzustellen. - Sie freuen sich sehr; denn in der letzten Woche haben Sie einiges mitgemacht. An dem Abend, als der Notarzt Sie mit starken Bauchschmerzen ins Krankenhaus brachte, hat man Sie mehrere Stunden in der Notaufnahme warten lassen, bis Sie nach Mitternacht endlich auf Ihr Zimmer verlegt wurden. Das Pflegepersonal auf der Station ist zwar freundlich, hat es aber immer sehr eilig.

(Vizepräsident Karl-Heinz Klare über- nimmt den Vorsitz)

Als Sie nach der Operation nicht aufstehen durften, hat die Schwester glatt vergessen, Ihnen das Zahnputzzeug ans Bett zu bringen. Ihre Stationsärztin wirkt sehr kompetent, hat aber so schnell gesprochen, dass Sie überhaupt nicht verstanden haben, was nun genau mit Ihrer Galle los war. Und dass Sie immer schon um 17 Uhr Abendbrot essen mussten, hat Ihnen auch nicht gepasst. Das ist vielleicht auch verständlich.

Auf dem Weg zum Ausgang kommen Sie an einem Plakat vorbei, auf dem eine Lob- und Tadel-Hotline beworben wird. Und Sie denken sich, dass Sie Ihre Erlebnisse eigentlich schildern müssten, damit es anderen Patientinnen und Patienten nicht auch so geht wie Ihnen oder damit es Ihnen besser geht, falls Sie noch einmal in dieses Krankenhaus eingeliefert werden sollten. Allerdings haben Sie gerade nichts zum Schreiben zur Hand. Das ist vielleicht auch nicht so schlimm, da Ihre Beschwerde eventuell nichts ändern würde.

Stellen Sie sich nun vor, Sie führen dieses Krankenhaus oder ein anderes Krankenhaus. Sie haben ein Qualitätsmanagement eingerichtet und sind vielleicht sogar zertifiziert, und die Meinungen Ihrer Patientinnen und Patienten sind Ihnen wichtig. Deshalb haben Sie ein Beschwerdemanagement. Der Fall einer älteren Person mit einer Gallenerkrankung fällt Ihnen nicht weiter auf, da die Operation ohne Komplikationen verlief, da es zu keinen postoperativen Infektionen gekommen ist und die vorgegebene Verweildauer eingehalten wurde. Auch bei der Lob- und Tadel-Hotline gab es keine Beschwerde. Die betreffende Patientin oder der Patient muss Ihren Kriterien zufolge mit der Behandlung eigentlich zufrieden gewesen sein.

Das, liebe Kolleginnen und Kollegen, ist die Realität, und wir werden heute mit der Änderung des Niedersächsischen Krankenhausgesetzes die Einsetzung von Patientenfürsprecherinnen und -fürsprechern in allen Krankenhäusern beschließen. Ich möchte an drei Punkten deutlich machen, was damit gemeint ist.

Erstens. Patientenfürsprecher sind eine sinnvolle Ergänzung des Beschwerdemanagements in den Krankenhäusern. Das SGB V schreibt vor, dass es ein patientenorientiertes Beschwerdemanagement gibt. Viele Patientinnen und Patienten, vor allem ältere Menschen - wie die Dame aus dem Beispiel, das ich angeführt habe - werden mit den gängigen Methoden jedoch nicht erreicht. Insofern können sich Patientenfürsprecherinnen und -fürsprecher viel besser an den Bedürfnissen und Interessen der Patientinnen und Patienten orientieren und damit einen wichtigen Beitrag zur Qualitätssicherung leisten, indem sie genau die Menschen erreichen, die ihre Meinung sonst gar nicht äußern würden.

Zweitens. Patientinnen und Patienten befinden sich im Krankenhaus in einer Abhängigkeitssituation. Insofern sorgen die Patientenfürsprecher dafür, dass ihre Belange und Interessen gerade gegenüber dem Krankenhaus vertreten werden. Sie sind quasi eine Art Vertretung der Zivilgesellschaft im Krankenhaus, wie wir sie auch in vielen anderen gesellschaftlichen Bereichen vorfinden.

Drittens. Im Ausschuss und in der Beratung wurde auch angemerkt, dass es bei Weitem nicht nur um die Qualität des Essens oder um die Farbe der Handtücher geht, sondern um strukturelle und gleichermaßen systemimmanente Probleme der Patientinnen und Patienten, die mit den gängigen Instrumenten nicht erfasst werden können. Sie

sind aber für die Patienten bedeutsam, z. B. in der Kommunikation mit dem medizinischen Personal oder bei der Wahrung der Intimsphäre.

Die Erfahrungen, die wir mit Patientenfürsprecherinnen und Patientenfürsprechern in anderen Bundesländern, aber auch in Niedersachsen gemacht haben - denn es gibt ja schon einige hier -, zeigen, dass sie zu einer veränderten Kommunikationskultur und mehr Patientenorientierung im Krankenhaus beitragen können.

Gerade vor dem Hintergrund der zunehmenden Ökonomisierung und des steigenden Wettbewerbs liegt es aus unserer Sicht im eigenen Interesse aller Krankenhäuser, zufriedene Patientinnen und Patienten zu haben.

(Beifall bei den GRÜNEN und bei der SPD)

In diesem Sinne, liebe Kolleginnen und Kollegen, ist das Beispiel exemplarisch genug, um zu zeigen, dass diese Gesetzesänderung eine richtungsweisende Ergänzung für alle Beteiligten im Verhältnis Patient zu Krankenhaus ist und damit auch für die 80-jährige Dame wichtig ist, die sich bisher nicht so äußern konnte, wie sie es eigentlich wollte. Deswegen bitte ich um Ihre Zustimmung zu diesem Gesetzentwurf.

Vielen Dank.

(Beifall bei den GRÜNEN und bei der SPD)

Vielen Dank, Herr Schremmer. - Als Nächstes hat sich die Kollegin Annette Schwarz von der CDUFraktion zu Wort gemeldet. Bitte, Frau Schwarz!

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Gut gemeint ist nicht unbedingt gut gemacht. Unbestritten eine gute Sache ist die Einrichtung des Landespatientenbeauftragten hier in Niedersachsen. Das geschah im Übrigen auf unsere Anregung hin und wurde von Ihnen, von Rot-Grün, für Anfang des kommenden Jahres angekündigt.