Auch Ihnen Dank, Herr Hillmer. - Das Wort hat jetzt für die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen Herr Abgeordneter Ottmar von Holtz.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Lieber Herr Kollege Hillmer, ich werde versuchen, Ihnen das zu erklären.
In einem sind wir ja einer Meinung: Mit den Flüchtlingen kommen viele gut ausgebildete Menschen zu uns nach Deutschland und Niedersachsen, die meisten in einem Alter, in dem sie am Anfang einer Berufslaufbahn stehen, die leider durch die Ereignisse in ihrem Leben unterbrochen ist.
In meinem Landkreis habe ich einige davon angetroffen: ausgebildete Ingenieure, Journalistinnen, einen Architekten, Politikwissenschaftler aus Syrien, aus dem Iran, aus dem Sudan und auch Menschen aus anderen Ländern. Diese jungen Leute in den Arbeitsmarkt zu bringen - da sind wir einer Meinung -, muss höchste Priorität haben. Dazu gehört zweifelsfrei die Vermittlung der deutschen Sprache.
Bei all den jungen Leuten, die keine Ausbildung haben, muss die höchste Priorität sein, sie fit zu machen, damit sie eine Ausbildung beginnen können. Auch hierzu gehört zweifelsfrei die Vermittlung der deutschen Sprache.
Führen wir uns also einmal vor Augen, über welche Dimensionen wir hier reden. Bei der großen Zahl von Betroffenen landen wir schnell bei mehreren Hunderttausend Unterrichtsstunden pro Jahr, die zu leisten sind, um eine flächendeckende Sprachförderung hinzubekommen.
Da kommt Ihr Fraktionsvorsitzender gestern - ich zitiere Herrn Thiele - und spricht von „lächerlichen 800 000 Euro“. Damit erreichen Sie nichts - nada, niente.
Das Einzige, was tatsächlich hilft, sind effektive Maßnahmen, die diese Dimensionen auch auffangen können.
(Editha Lorberg [CDU]: Aber da macht ihr lieber gar nichts! - Weitere Zurufe von der CDU und von der FDP)
Das schafft man nicht mit - ich zitiere wieder Herrn Thiele - „lächerlichen 800 000 Euro“. Toppriorität muss hier die Öffnung der Integrationskurse für Asylsuchende und Geduldete haben. Das, meine Damen und Herren, ist jetzt wirklich überfällig. Ich muss ehrlich sagen: Ich verstehe nicht, warum das nicht hinzukriegen ist. Ich verstehe das Problem nicht.
Herr Kollege von Holtz - Sie haben wegen des Beifalls eben sowieso kurz unterbrochen -, der Kollege Hillmer möchte Ihnen eine Zwischenfrage stellen.
Ich verstehe nicht, weshalb es so schwierig sein soll, die Integrationskursverordnung zu öffnen. Das
geht nicht in meinen Kopf. Denn dann wären alle Flüchtlinge automatisch in die Sprachkurse auf der Ebene der Integrationskurse einbezogen.
Erste zarte Ansätze hat es tatsächlich in 2012 gegeben, als zumindest die berufsbezogenen Deutschkurse für Asylbewerberinnen und Asylbewerber und für Geduldete geöffnet wurden. Zwingende Voraussetzung war da zwar der Nachweis eines Arbeitsmarktzugangs, aber immerhin. Doch statt diesen Weg weiterzugehen oder auszubauen, macht der Bund eine Kehrwende. Es ist für mich absolut unverständlich, warum der Bundesinnenminister 2014 die Mittel für die Durchführung der berufsbezogenen Deutschkurse gekürzt hat - mit verheerenden Folgen beispielsweise für die sehr gut arbeitenden regionalen Netzwerke in Niedersachsen NetwIn, AZF und Fairbleib. Künftig wird nur noch eine Förderung für ein Netzwerk übrigbleiben. Diese Kürzung muss unbedingt rückgängig gemacht werden.
Die Arbeitsagenturen müssen sich der Flüchtlinge annehmen und Sprachfördermaßnahmen in die Arbeitsmarktinstrumente integrieren. Das alles, meine Damen und Herren, würde eine solide Grundlage schaffen, auf der wir als Land aufbauen können. Alles andere - ich wiederhole mich - wäre ein ineffektives Kleinklein.
Auf dieser Grundlage greifen dann auch unsere landesseits in die Wege geleiteten Maßnahmen. Bisherige Maßnahmen wollen wir ergänzen. Deshalb der Antrag. Wir wollen die Erwachsenenbildung im Land unterstützen, die in diesem Bereich tätig ist, die Hochschulen unterstützen, die Initiativen ergreifen, um die Sprachkompetenz der Flüchtlinge zu fördern, Ehrenamtliche unterstützen, wir wollen die Öffnung der ESF-Maßnahmen für den Komplex Flüchtlinge usw.
Meine Damen und Herren, liebe Kolleginnen und Kollegen der Opposition, nur so wird ein Schuh aus dem Ganzen.
Die Herausforderungen, die an die Politik gestellt werden, den Menschen zu helfen, meistern wir nur gemeinsam. Leider neigt der Bund dazu - das ist ja das Problem -, sich hier aus seiner Verantwortung zu stehlen.
- Hören Sie einmal zu! - Aufenthaltsgesetz, das unsägliche Asylbewerberleistungsgesetz, sämtliche damit verbundenen Aufgaben und Maßnahmen sind nun einmal Angelegenheit des Bundes.
- Herr Hillmer, die Schuldenbremse einzuhalten und gleichzeitig Aufgaben und damit Ausgaben des Bundes zu übernehmen, das haut nicht hin. Der einzige wirksame Weg, den wir gehen können, ist der, den wir mit unserem Antrag aufzeigen.
Vielen Dank, Kollege von Holtz. - Zu einer Kurzintervention, also für 90 Sekunden, hat Herr Kollege Hillmer das Wort. Bitte!
Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Herr von Holtz, mit der Schuldenbremse sollten Sie bitte nicht argumentieren, wenn es um eine so wichtige Frage geht, wenn es um Menschen geht und wenn es vor allen Dingen um eine relativ kleine Summe von, wie Sie gesagt haben, lächerlichen 800 000 Euro geht.
(Thomas Schremmer [GRÜNE]: Das hat Herr Thiele gesagt! - Belit Onay [GRÜNE]: Er hat zitiert! - Dr. Christos Pantazis [SPD]: Er hat doch zitiert!)
- Er hat sich das zu eigen gemacht. Er hat von 800 000 Euro gesprochen. Wenn Ihnen das zu lächerlich ist, reiche ich Ihnen hier die Hand, Herr von Holtz. Wenn Sie sagen, es solle das Doppelte, das Dreifache, das Zehnfache sein, dann lassen Sie uns das hier beschließen - wir machen mit -, und, Frau Polat, wenn Sie bei der Einbindung des Bundes in weitere Verpflichtungen im Bereich der Integration erfolgreich sind, herzlich willkommen! Das können Sie alles obendrauf packen. Aber erbringen Sie endlich einen einzigen substanziel
Ich sehe keine Wortmeldung zur Erwiderung. Dann geht es weiter mit dem Wortbeitrag für die FDPFraktion. Frau Kollegin Almuth von Below-Neufeldt!
Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich kann in Richtung SPD und GRÜNE nur sagen: Ihre Wahrnehmung ist erstaunlich. Flüchtlingen zu ermöglichen, die deutsche Sprache zu erlernen, ist nach meinem Eindruck für Sie politisches Neuland. Kommen Sie endlich Ihrer Regierungsverantwortung nach!
(Beifall bei der FDP - Dr. Thela Wernstedt [SPD]: Hören Sie doch einmal zu, Frau von Below-Neufeldt! - Filiz Polat [GRÜNE]: Wer hat es über- haupt eingeführt? Das war Rot-Grün!)
„Willkommenskultur“ - das ist ein Wort, das ich durch Sie, Frau Polat, in der letzten Legislaturperiode überhaupt erst kennenlernte.
Erst heute höre ich es wieder, und zwar durch Herrn Dr. Pantazis. Aber es waren nur leere Worte. Es folgten keinerlei Taten.