Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Millionen Menschen sind in diesen Tagen von Verfolgung und Krieg bedroht. Hunderttausende Flüchtlinge haben Zuflucht in Deutschland gesucht, und wir gewähren diese Zuflucht gerne.
Wie wollen Sie sich im täglichen Leben zurechtfinden, wie wollen Sie einkaufen, wie wollen Sie Bus fahren, wie wollen Sie vor allen Dingen ärztliche Dienstleistungen in Anspruch nehmen, wenn Sie der Sprache nicht mächtig sind?
Meine Damen und Herren, wir diskutieren seit November letzten Jahres in diesem Landtag über Sprachförderung für Flüchtlinge. Im Dezember haben wir Ihnen bei den Haushaltsberatungen vorgeschlagen, mit einer Summe von 800 000 Euro über die Erwachsenenbildung sehr pragmatisch Flüchtlingen Sprachkurse zukommen zu lassen.
Das haben Sie - Herr Pantazis, Frau Polat - namentlich abgelehnt. Ich kann Ihnen das alles im Protokoll zeigen. Sie haben mit Nein gestimmt.
Lassen Sie mich nur noch anfügen, dass diese 800 000 Euro heute sicherlich nicht mehr reichen werden, weil wir inzwischen von ganz anderen Flüchtlingszahlen ausgehen müssen.
Wie sind Sie im weiteren Verlauf mit diesem Antrag umgegangen? - Sie haben im federführenden Wissenschaftsausschuss angekündigt, diesen Antrag sofort abzulehnen.
Dann haben Sie sich darauf eingelassen, dass wir den Sozialausschuss mitberaten lassen. Dort haben Sie mit Ihrer rot-grünen Mehrheit ebenfalls für Ablehnung plädiert.
(Filiz Polat [GRÜNE]: Herr Hillmer, unsere blöden Verfahrensfragen inte- ressieren doch die Bürger gar nicht!)
Dann haben Sie sich noch darauf eingelassen, dass die Migrationskommission dazu eine Stellungnahme abgibt. Das haben wir auch unterstützt. Diese hat uneingeschränkt empfohlen, den Antrag der CDU-Fraktion anzunehmen. Sie haben die Annahme im federführenden Ausschuss wiederum abgelehnt. Warum? - Sie spielen auf Zeit. Sie wollen das Jahr 2016 erreichen und vertun damit zwölf wertvolle Monate für eine Förderung der Flüchtlinge.
Nach inzwischen sieben Monaten und nach mehrfacher erfolgloser Ankündigung legen Sie jetzt einen eigenen Antrag zur Sprachförderung für Flüchtlinge vor.
Aber, meine Damen und Herren, was haben Sie denn da aufgeschrieben? - Sie reden in Ihren Sonntagsreden stets von einer Willkommenskultur. Man könnte als unbedarfter Beobachter den Eindruck gewinnen, dass Ihnen die Betreuung von Flüchtlingen wichtig wäre. Und dann legen Sie einen solchen hilflosen Antrag vor! - Der Bund soll, die Bundesebene soll - immer nur soll jemand anders etwas machen.
Auch für den Bereich der Erwachsenenbildung bringen Sie keine neuen Impulse und schon gar kein neues Geld ein, sondern Sie wollen innerhalb der Erwachsenenbildung nur durch Umschichtung vorhandener Mittel etwas für die Flüchtlinge tun.
Zwölf Punkte, meine Damen und Herren, formulieren Sie in Ihrem Antrag, aber keine einzige Anstrengung des Landes Niedersachsen für die Sprachförderung von Flüchtlingen!
Das ist hilflos und peinlich für eine Regierungsmehrheit, die vorgibt, dass ihr das Schicksal von Flüchtlingen am Herzen liegt.
Sie reden von Willkommenskultur, aber dort, wo Sie den Flüchtlingen konkret helfen könnten, nein müssten, verweigern Sie sich schon seit sieben Monaten einer konkreten Tat.
Meine Damen und Herren, ein anderer wichtiger Punkt: Sie verweisen immer auf den Bund und stellen damit die Staatlichkeit der Bundesländer infrage - leider nicht nur bei diesem Thema. Die Länder haben den Bund gegründet und staatliche Souveränität nur in genau definierten Bereichen an den Bund übertragen. Die Sprachvermittlung, meine Damen und Herren - auch die an alle Zugewanderten -, gehört definitiv nicht dazu, sondern ist ein Bildungsauftrag und klar Teil der Kulturhoheit der Länder.
Der Bund hat im Aufenthaltsgesetz Integrationsleistungen, Frau Polat, für anerkannte Asylbewerber übernommen.
Ebenso gibt es Kommunen - auch in Niedersachsen -, die freiwillig Sprachförderung auch für nicht anerkannte Asylbewerber anbieten.
Herr Hillmer, ich bin ein bisschen irritiert. Sie haben gerade das Aufenthaltsgesetz zitiert. In den Beratungen haben Sie uns immer suggeriert, dass Sie für die Öffnung der Integrationskurse für alle
sind - auch für die Asylbewerber, die eine Aufenthaltsgestattung haben. Ihre Äußerung gerade hat mich etwas irritiert. Sind Sie für die Öffnung der Integrationskurse für Asylsuchende oder nicht?
Frau Polat, das haben wir an keiner Stelle gesagt, jedenfalls nicht im federführenden Wissenschaftsausschuss.
Ich weiß nicht, worauf Sie sich da beziehen. Wir sind dafür, dass das Land Niedersachsen endlich seiner Verantwortung gerecht wird und etwas für die Sprachförderung tut. Nicht immer sich hinter dem Bund verstecken!
(Beifall bei der CDU und bei der FDP - Filiz Polat [GRÜNE]: Das war entlar- vend! - Thomas Schremmer [GRÜ- NE]: Sie wollen das nicht!)
Sie sollten zur Kenntnis nehmen, dass sich der Bund und auch viele Kommunen bei einer Aufgabe freiwillig engagieren, die eigentlich eine originäre Landesaufgabe ist. Sie sollten das mit Dankbarkeit zur Kenntnis nehmen und sich nicht Ihrer Verantwortung entziehen!
Meine Damen und Herren, es ist so, wie ich es Ihnen eben geschildert habe. Es gibt andere Länder, die sich dieser Aufgabe sehr entschlossen stellen. Ich will Ihnen einmal vorlesen, was in Bayern passiert: Das Modellprojekt „Deutschkurse für Asylbewerber“ des Bayerischen Staatsministeriums für Arbeit, Soziales, Familie und Integration, mit fachlicher Unterstützung des BMF entwickelt, startete schon im Juli 2013 - vor zwei Jahren. Die Förderung von Sprachkursen in Bayern erfolgt aus Haushaltsmitteln des Landes: 3 Millionen Euro im Jahre 2014.
Wenn Sie sagen, dass andere rot-grüne Bundesländer auch nichts für Flüchtlinge tun würden, dann verweise ich auf das Projekt in Brandenburg. Genauso gibt es Projekte in Rheinland-Pfalz und in Schleswig-Holstein, und sicherlich gibt es noch das eine oder andere mehr. Das heißt, andere Länder tun etwas, und Niedersachsen verweigert sich. Nicht einen einzigen Euro geben Sie für Sprachförderung für Flüchtlinge aus!
Sie von SPD und Grünen bekommen noch nicht einmal Ihre vorgeblich wichtigsten Projekte hin. Von den Pflichtaufgaben des Landes reden wir ja schon gar nicht mehr. Fangen Sie endlich an zu regieren! Regieren heißt zu entscheiden und sich nicht ständig hilflos hinter anderen zu verstecken.
Meine Damen und Herren, Sie haben jetzt zwei Möglichkeiten: Entweder Sie tun weiterhin nichts. Dann hören Sie aber bitte auf, von Willkommenskultur zu reden. Oder Sie folgen unserem Antrag und helfen damit den Flüchtlingen ganz konkret. Dazu sollten Sie sich sehr schnell entscheiden.