Protocol of the Session on June 3, 2015

(Beifall bei der FDP und bei der CDU)

Sie rufen nach Berlin, und ich sage: Ja, der Bund sollte die Krankenkosten übernehmen. Und ja, der Bund muss dringend die Bearbeitungszeit der Asylanträge verkürzen. Aber darauf dürfen wir doch nicht warten. Wir dürfen doch die Kommunen jetzt nicht damit abspeisen, dass wir ihnen sagen: Wir warten, dass der Bund handelt. - Nein, das Land ist gefordert, seine Pflicht wahrzunehmen und die Kommunen zu unterstützen, sollte nicht warten und sollte nicht mit dem Finger auf den Bund zeigen.

(Beifall bei der FDP und bei der CDU)

Es kann uns doch nicht kaltlassen, wenn vor Ort darüber diskutiert wird, welche Maßnahmen gestrichen werden können, um die Kosten für die Unterbringung und Betreuung der Flüchtlinge zu decken. Wo das hinführen kann, brauche ich hier, glaube ich, nicht auszuführen. Deswegen ist es im gesamtstaatlichen Interesse, dass das Land jetzt nachschießt, dass das Land die Mittel zur Verfügung stellt, um die Last auf der kommunalen Ebene zu lindern. Das ist Ihre Aufgabe, Herr Ministerpräsident!

(Beifall bei der FDP und bei der CDU)

Wir von der FDP-Fraktion fordern Sie auf: Unterstützen Sie die Kommunen nicht nach Kassenlage mit Einmalzahlungen, sondern ändern Sie das Aufnahmegesetz, und erhöhen Sie die Kopfpauschale! Ändern Sie die Stichtagsregelung, damit die Kommunen die Kosten endlich nicht mehr über einen großen Zeitraum vorfinanzieren müssen, sondern ihnen die Kosten zeitnah erstattet werden!

(Miriam Staudte [GRÜNE]: Weil Sie das früher gemacht haben, nicht wahr?)

Dann sind die Kommunen nämlich auch bereit, in das zu investieren, was dringend notwendig ist, die Flüchtlinge vor Ort beim Spracherwerb, bei der medizinischen Betreuung und durch sozialpädagogische Betreuung zu unterstützen. Im Sinne der Flüchtlinge ist es notwendig, dass die Kommunen finanziell gut ausgestattet werden, und nicht nur, weil ein finanzielles Loch vorhanden ist. Es geht um die Menschen, verehrte Kolleginnen und Kollegen.

(Beifall bei der FDP und bei der CDU)

Vor allen Dingen aber: Sehr geehrter Herr Ministerpräsident, auch wenn Sie in dieser Debatte wieder einmal so tun, als wären Sie fast nicht daran beteiligt,

(Christian Dürr [FDP]: Ja, es ist regel- mäßig so!)

sorgen Sie dafür, dass den Kommunen die Kosten, die ihnen entstehen, auch tatsächlich erstattet werden! Sie sind hier gegenüber der kommunalen Familie in der Pflicht.

Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall bei der FDP und bei der CDU)

Vielen Dank, Herr Kollege Oetjen. - Es folgt jetzt für die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen die Vorsitzende, Frau Piel. Bitte sehr! Ich erteile Ihnen das Wort.

Sehr geehrter Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Niedersachsen kann für Flüchtlinge eine sichere und neue Heimat sein. Dafür zu sorgen, dass sich Menschen bei uns willkommen fühlen, ist ein Anspruch, den wir alle an uns selbst haben müssen.

Ich bin der Kollegin Modder für die Worte dankbar, die sie auch für die Ehrenamtlichen und all die Menschen in diesem Land gefunden hat, die diesem Anspruch schon nachkommen. Wir sehen uns an ihrer Seite.

(Beifall bei den GRÜNEN und bei der SPD - Zurufe von der CDU)

Was ist seit dem Regierungswechsel 2013 hier in Niedersachsen für Flüchtlinge besser geworden? - Herr Thümler, wir haben sehr wohl Verantwortung übernommen. Wir haben ein Traumazentrum für Flüchtlinge geschaffen. Das lindert ganz sicher nicht alle Not der Menschen, die hierher kommen, hilft aber vielen Betroffenen, die ihre schlimmen Erfahrungen zu bewältigen haben. Wir lassen die Menschen damit nicht alleine.

(Zustimmung bei den GRÜNEN und bei der SPD)

Niedersachsen ermöglicht syrischen Flüchtlingen mit einer eigenen Aufnahmeanordnung unbürokratisch Hilfe. Übrigens trägt das Land für diese Flüchtlinge auch die Krankheits- und Pflegekosten, falls sie von den Familien nicht selbst getragen werden. Dies ist ein wichtiger erster Schritt auf dem Weg zu einer Gesundheitsversorgung, für die Sie, Herr Thümler - das hat auch Frau Modder schon angesprochen -, sich auch einmal auf Bundesebene stark machen könnten.

(Johanne Modder [SPD]: Fehlanzei- ge!)

Denn soweit ich weiß, ist es Bayern, das bremst.

(Björn Thümler [CDU]: Das ist falsch! Bayern macht das doch alles!)

- Vielleicht haben Sie ja Kontakte dorthin. Ich glaube, Sie wissen, wer dort regiert.

Wir haben einen Innenminister, der sich auf Bundesebene für zusätzliche Aufnahmekontingente starkmacht. Dafür ein Dankeschön!

(Beifall bei den GRÜNEN und bei der SPD - Christian Dürr [FDP]: Ich frage mich, wie er sie vernünftig versorgen will! - Reinhold Hilbers [CDU]: Das ist alles unzureichend!)

Und wir schaffen mehr Platz und mehr Kontingente für Flüchtlinge in den Erstaufnahmeeinrichtungen. Das nimmt seine Zeit, weil es mit aller gebotenen Sorgfalt durchgeführt werden muss. Denn wir wollen die Menschen sicher und menschenwürdig unterbringen. Das ist unser Ziel.

Wir arbeiten an der Verbesserung des Übergangsmanagements in den Kommunen, und die soziale Betreuung und Beratung der Flüchtlinge durch freie Träger in den Landesaufnahmeeinrichtungen ist gestärkt worden.

Seit 2013 - Herr Oetjen, das wird auch Sie interessieren; denn davor hatten Sie, glaube ich, die Verantwortung für das Land - etablieren wir endlich wieder Flüchtlingssozialarbeit in der Fläche, wo sie unter Schwarz-Gelb sukzessive auf null gesetzt wurde. Auch das gehört zur Wahrheit dazu.

(Beifall bei den GRÜNEN und bei der SPD - Christian Dürr [FDP]: Außer, dass es nicht stimmt! Das ist das Problem!)

Das Aufnahmegesetz sieht eine Pauschale für die Kostenerstattung an die Kommunen vor. Auch diese hat das Land erhöht. Ich verstehe den Ärger der Kommunen, denen das Geld bei den Pauschalen zu wenig ist. Wir wissen, dass das so ist.

(Christian Dürr [FDP]: Sie wissen, dass es zu wenig ist, aber es ist Ihnen völlig egal!)

Dieser Ministerpräsident hat diese Beträge nicht im Alleingang, sondern mit Unterstützung der Fraktion in einem ersten Schritt erhöht. Der zweite Schritt muss jetzt auf der Bundesebene organisiert werden. Dort sind Sie in der Pflicht.

(Christian Dürr [FDP]: Unglaublich!)

- Sie vielleicht nicht, aber die CDU ist mit Sicherheit in der Pflicht, unsere Verhandlungen dazu zu unterstützen.

(Beifall bei den GRÜNEN und bei der SPD - Christian Dürr [FDP]: Sie wis- sen, dass es zu wenig ist! Unter Juris- ten nennt man das Vorsatz! Unglaub- lich!)

Denn was, bitte schön, ist im Bund passiert, meine Damen und Herren? - Der Flüchtlingsgipfel der Bundesregierung, zu dem noch nicht einmal die Kommunen an den Tisch gebeten wurden - dies auch an Sie als Botschaft -, präsentierte sich bisher leider als zahnloser Tiger. Angesichts steigender Flüchtlingszahlen ist das den Menschen gegenüber halbherzig und gegenüber Ländern und Kommunen grob fahrlässig, ein unfreundlicher Akt, wenn man das so ausdrücken möchte.

(Beifall bei den GRÜNEN und bei der SPD - Björn Thümler [CDU]: Es ist genauso unfreundlich, mit uns zu re- den und nichts zu sagen!)

Die Weigerung des Bundes, endlich den erforderlichen Systemwechsel anzuschieben und dauerhaft - dauerhaft, Herr Thümler! - strukturelle Kosten zu übernehmen, ist ein unfreundlicher Akt gegenüber den Ländern und Kommunen, aber vor allen Dingen gegenüber den Betroffenen.

Auch die Kanzlerin weiß das im Grunde. Die Ende 2014 erzielten Einigungen mit den Ländern sind noch nicht ausreichend, und sie sind zum Teil noch nicht einmal eingelöst. Wir warten bis heute darauf, dass vom Bund das Signal kommt, dass die Kosten für die Gesundheitsversorgung übernommen werden.

Bringen Sie sich ein, Herr Thümler, machen Sie sich stark, nehmen Sie nachher den Telefonhörer in die Hand, rufen Sie Ihre Kanzlerin an, und sagen Sie ihr: „Wir warten in Niedersachsen darauf.“!

(Beifall bei den GRÜNEN und bei der SPD - Christian Dürr [FDP]: Weil Sie sich verweigern!)

Auch beim aktuellen Gesetzgebungsverfahren zu unbegleiteten minderjährigen Flüchtlingen erwarten wir Unterstützung vom Bund. Wir fordern außerdem ein Ende der Diskriminierung von Roma und anderen Minderheitsflüchtlingen. Sie dürfen nicht von der Verteilung auf die Kommunen ausgeschlossen werden.

(Editha Lorberg [CDU]: Was hat das mit Niedersachsen zu tun? - Weitere Zurufe von der CDU)

- Das haben Ihr Bundesinnenminister und die Opposition gefordert. Wir lehnen es entschieden ab.

(Zustimmung bei den GRÜNEN)

Auch dass die Bundesregierung immer noch den Zugang zu Sprachkursen für eine Vielzahl von Flüchtlingen verweigert, ist empörend. Auch das muss an dieser Stelle ausgesprochen werden.

(Beifall bei den GRÜNEN und bei der SPD - Zurufe von der CDU)

Wir sind in der Pflicht, den Menschen, die zu uns kommen, den Weg zur Teilhabe freizumachen.

(Editha Lorberg [CDU]: Dann tun Sie es doch endlich!)