Meine sehr geehrten Damen und Herren, ich glaube, gerade vor diesem Hintergrund sind die Argumente erdrückend. Man kann eigentlich gar nicht anders, als diesem Antrag zuzustimmen. Ich freue mich aber auf die weiteren Diskussionen und bedanke mich für die Aufmerksamkeit.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Das Wahlrecht ist ein hohes Gut, das ein Staat seinen Bürgern einräumt. Ich glaube, wir alle sind froh, dass wir in einem demokratischen Rechtsstaat leben, in dem die Wahlgrundsätze frei, geheim, allgemein, gleich und unmittelbar gelten und selbstverständlich sind.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Dieses besondere Gut kann man nicht hoch genug schätzen. In vielen anderen Ländern dürfen Menschen nicht frei wählen. Es gibt keine Demokratie. Damit wird das Volk auch nicht an den demokratischen Willensbildungen beteiligt. Damit stellt sich die Frage: Wer darf in einem Land wählen? Wer soll an der politischen Willensbildung beteiligt werden? - Das Grundgesetz in Verbindung mit dem niedersächsischen Kommunalwahlrecht trifft hier eindeutige Regelungen.
Gegenwärtig dürfen alle Mitbürgerinnen und Mitbürger, die die deutsche Staatsangehörigkeit haben, sowie die EU-Bürgerinnen und -Bürger an Kommunalwahlen teilnehmen, die die Voraussetzungen hierfür erfüllen.
Jetzt kommen die Regierungsfraktionen und fordern die Landesregierung auf, sich auf Bundesebene für ein kommunales Wahlrecht für alle dauerhaft hier lebenden Menschen aus Drittstaaten einzusetzen. Meine Damen und Herren, hierzu sage ich: Das ist wieder mal so ein Showantrag, initiiert vermutlich von den grünen Gutmenschen.
Meine Damen und Herren von der SPD, warum bringen Sie als Teil der Großen Koalition diesen Antrag bzw. dieses Vorhaben nicht selbst auf Bundesebene ein?
Sie rufen doch auch sonst alle naselang nach dem Bund und stellen Ihre Forderungen. Ich will es Ihnen sagen: Damit wollen Sie von Ihrer eigenen Tatenlosigkeit hier in Niedersachsen ablenken.
Darüber hinaus gibt es sicherlich auch in Niedersachsen Mitglieder Ihrer Partei, die ihre eigene Meinung zu diesem Antrag haben.
Aber kommen wir nun zu den Anmerkungen, die ich im Einzelnen zu Ihrem Antrag, meine Damen und Herren von Rot-Grün, machen möchte:
Sie haben erst im Januar eine Einbürgerungskampagne beschlossen, weil Sie der Meinung waren, dass viele Mitbürgerinnen und Mitbürger, die in Niedersachsen leben, die Chance auf die deutsche Staatsangehörigkeit nicht nutzen. Obwohl das Staatsangehörigkeitsrecht erheblich liberalisiert wurde und auch die kommunalen Spitzenverbände darauf hingewiesen haben, dass es eine umfangreiche Aufklärung zu Fragen für den Erwerb der deutschen Staatsangehörigkeit vor Ort gibt, haben Sie erklärt, dass mehr Menschen in Niedersachsen davon Gebrauch machen müssen. Es gebe viele Menschen, die seit Jahrzehnten hier leben, alle Voraussetzungen erfüllen, sich aber dennoch nicht entschließen, Deutsche zu werden.
Fragen Sie sich einmal, meine Damen und Herren, warum Menschen, die hier seit 40 Jahren - wie Sie es angeführt haben - leben, nicht den Wunsch haben, die deutsche Staatsbürgerschaft zu bekommen! Ist Ihnen einmal der Gedanke gekommen, dass es vielleicht Menschen in unserem Land gibt, die man nicht dazu zwingen kann, wie Sie es gern wollen? - Die leben hier zufrieden mit den Chancen, die ihnen unsere Heimat bietet. Das aber ist mal wieder typisch: Sie wollen den Menschen etwas aufzwingen, weil Sie es so gut meinen.
Im Übrigen widersprechen Sie sich mit Ihrem Antrag auch in der Hinsicht, dass Sie einerseits die Einbürgerung wollen, andererseits aber das Wahlrecht für Drittstaatler ohne deutsche Staatsbürgerschaft. Wozu sollte man sich dann noch einbürgern lassen, wenn man nahezu alle Rechte, die ein deutscher Staatsbürger hat, auch hat?
Sie weisen darauf hin, dass das Urteil des Bremer Staatsgerichtshofs, wonach Wahlrechtsänderungen untersagt worden sind, auch anders gehandhabt werden könnte. Und dies mit gutem Grund. Der Bremer Staatsgerichtshof geht davon aus, dass das Volk wählt. Wer wählen darf, sei in erster Linie über das Staatsangehörigkeitsrecht zu bestimmen.
Was wollen Sie eigentlich? Dass Ihre Einbürgerungskampagne zieht und mehr Einbürgerungen stattfinden, oder dass alle ohne die deutsche
Staatsbürgerschaft wählen dürfen? Was heißt außerdem das Wort „dauerhaft“? Wie soll dieser unbestimmte Begriff ausgelegt werden? Wer soll das festlegen?
Außerdem dürfte Ihnen klar sein, dass man aus der Wahlbeteiligung in Niedersachsen an den Kommunalwahlen schließen kann, dass es auch unter den EU-Wahlberechtigten viele gibt, die ihr Wahlrecht gar nicht ausüben, wie viele Deutsche übrigens auch nicht.
um die Menschen zur politischen Teilhabe und dazu, von ihrem Wahlrecht Gebrauch zu machen, zu ermuntern. Es wäre schon eine positive Entwicklung, wenn die große Mehrheit der Wahlberechtigten wieder ihr Wahlrecht nutzen würde.
Wir dürfen unseren Rechtsstaat nicht der Beliebigkeit preisgeben, sondern wir sollten z. B. dafür Sorge tragen, dass niemand doppelt wählen kann, wie z. B. Herr di Lorenzo. Dazu gehören auch die bilateralen Verträge zwischen den einzelnen Staaten, die ein gegenseitiges Wahlrecht garantieren.
Wichtig für die CDU ist allerdings auch, dass die Bürger bei so weitgehenden Entscheidungen eingebunden werden. Bürgerbeteiligung ist bei einer solch gravierenden Forderung wie der nach einer Änderung des Grundgesetzes hinsichtlich der Erweiterung des Wahlrechts dringend geboten.
Ich fordere Sie deshalb auf: Warten Sie erst einmal ab, wie Ihre Einbürgerungskampagne läuft, und legen Sie Ergebnisse vor, bevor Sie blinden Aktionismus starten! Fragen Sie die niedersächsischen Bürgerinnen und Bürger, ob Ihr Antrag unterstützt wird! Dann können wir weiter über dieses Thema reden.
Danke, Frau Kollegin. - Auf Ihren Redebeitrag gibt es eine Wortmeldung zu einer Kurzintervention. Herr Abgeordneter Onay, Bündnis 90/Die Grünen, Sie haben das Wort.
Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Kollegin Jahns! Ich fand das wirklich nicht überzeugend. Wir reden hier über die kommunale Ebene, über ein kommunales Wahlrecht. Wenn Sie darauf hinweisen, dass Menschen, die ein Wahlrecht haben, nicht von diesem Wahlrecht Gebrauch machen, dann ist dieses Verhalten tragisch. Aber selbst das ist ein politisches Statement. Menschen, die seit Jahrzehnten in unseren Kommunen leben und unsere Nachbarinnen und Nachbarn sind, dürfen nicht mit darüber entscheiden, was in ihrer Nachbarschaft geschehen soll. Sie haben nicht einmal das Recht, ein Statement dahin gehend zu setzen, dass sie vielleicht nicht zur Wahl gehen; denn auch das ist ein Statement - zwar ein bedauerliches, aber ein Statement.
Das ist keine Lappalie. Das Wahlrecht macht die Demokratie aus. Ich will das jetzt gar nicht mit einem großen Pathos versehen. Das ist aber sozusagen die Essenz.
Dieses Recht wird den Bürgerinnen und Bürgern nicht vom Staat sozusagen als Gunst an die Seite gegeben, sondern es ist die Essenz des Staates und der Demokratie.
Wenn wir ins europäische Ausland schauen, sehen wir, dass man sich das Wahlrecht dort gegenseitig zuerkannt hat. Gleichzeitig gibt es aber auch einige andere Länder - ich hatte einige wie z. B. die skandinavischen Länder, viele unserer Nachbarn genannt -, die ihren zugewanderten Menschen ein solches Recht aus demokratischen Gründen einräumen.
Sie haben richtigerweise unsere Einbürgerungskampagne angesprochen. Das stimmt. Dennoch sehen wir, dass es viele faktische und rechtliche Hürden für die Menschen gibt, einen Zugang zu diesem Recht zu bekommen, obwohl sie schon seit Jahrzehnten hier leben. Das widerspricht sich deshalb nicht, sondern greift ineinander und kom
plementiert sich. Von daher müssen wir einmal schauen, ob wir dazu vielleicht nicht im Ausschuss - - -
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Sehr geehrter Herr Kollege Onay, Sie haben noch einmal auf Ihre Einbürgerungskampagne hingewiesen. Deswegen betone ich das hier noch einmal: Wenn Sie in Niedersachsen eine Einbürgerungskampagne starten wollen und der Auffassung sind, dass es viele Menschen gibt, die dann vielleicht den Wunsch haben, sich einbürgern zu lassen, dann kommt das Wahlrecht automatisch. Wenn es jetzt Menschen gibt, die schon 40 Jahre in Niedersachsen leben und wohnen, dann frage ich Sie: Warum nutzen diese Menschen bislang nicht die Chance, die deutsche Staatsbürgerschaft zu bekommen?
Das ist für mich doch die große Frage. Wenn ich hier schon 40 Jahre lebe, dann habe ich doch die Chance, die geforderten Kriterien zu erfüllen. Von daher denke ich, dass diese Möglichkeit zunächst einmal genutzt werden muss.