Protocol of the Session on February 20, 2015

Er könnte sie gleich mit beantworten, wenn er möchte. - Bitte schön, Herr Minister!

Sehr geehrter Herr Präsident! In zweiter Reihe, nach dem Präsidenten, begrüße ich gern auch Sie, Herr Dürr, der Sie den vorliegenden Antrag gestellt haben. Als ich den Antrag las, hatte ich das Ge

fühl, dass Sie den Kontext etwas missverstanden haben.

Ich will deswegen noch einmal an die kleine Energierunde erinnern, die die Landesregierung im letzten Jahr mehrfach zu einer Diskussion eingeladen hat. Wir haben uns am Ende in einem sehr heterogenen Feld unterschiedlicher Verbände, Initiativen und Unternehmen auf eine gemeinsame Liste von Vorschlägen zur Reform des Emissionshandels, des Erneuerbare-Energien-Gesetzes, des Strommarktdesigns und zu vielen anderen Fragen verständigt.

Dabei ging es z. B. darum, endlich einen wirkungsvollen Emissionshandel zu schaffen, der die externen Kosten voll integriert und Schluss macht mit einem Wirtschaften auf Kosten von Umwelt und Natur.

Wir haben auch gesagt: Wir wollen die Energieeffizienz massiv erhöhen, den Energieverbrauch senken. Wir haben uns als Fernziel - entsprechend den globalen Verpflichtungen, die die Bundesrepublik eingegangen ist - die Dekarbonisierung bis 2050 gesetzt und wollen das auf unser Land herunterbrechen.

Wir haben in diesem Zusammenhang auch gesagt: Es kann nicht richtig sein, dass die Stromsteuer auch auf erneuerbare Energien erhoben wird. - Das ist damals leider so gelaufen; aber das war eigentlich immer ein kleiner Systemfehler. Deswegen haben wir den Vorschlag gemacht, in diesem Umfang die Stromsteuer zu senken. In Niedersachsen kommen schon rund 40 % des Stroms aus erneuerbaren Energien. Da hätten wir sogar noch mehr, als bundesweit erreicht werden.

Aber, Herr Dürr, Sie müssen sehen: Das muss sich in ein Gesamtsystem einpassen. Das Ziel ist, tatsächlich dafür zu sorgen, dass die Energieversorgung komplett auf erneuerbare Energien umgebaut wird.

Da war uns das Thema Akzeptanz von großer Wichtigkeit. Ich glaube, am Ende wird es nur mit den Bürgerinnen und Bürgern gehen. Es wird die Energiewende nur mit den Bürgerinnen und Bürgern geben. Die Entwicklung der letzten 20 Jahre war nur deshalb möglich, weil es eine Bürgerenergiewende war, weil viele Menschen sich hier direkt und unmittelbar engagiert haben.

Meine Damen und Herren, in diesen Kontext muss man den Vorschlag stellen. Dann ist der Vorschlag zielgerichtet. Wir haben ihn in verschiedenen Veranstaltungen und Gesprächen weiterverfolgt. Wir

haben diese Fragen mit der Bundesregierung intensiv diskutiert. Sie hat dann natürlich immer den Blick auf die Gegenfinanzierung gerichtet und Zweifel geäußert.

Aber es ist eigentlich nicht einsichtig, warum man die erneuerbaren Energien hier noch einmal extra besteuern sollte. Bei Braunkohle und Steinkohle versteht sich das von selbst. Da ist das eher zu wenig. Auch deswegen muss das Emissionshandelssystem endlich funktionsfähig gestaltet werden. Das ist im Übrigen am Ende auch der Erfolgsfaktor für ein gemeinsames europäisches Vorgehen.

(Volker Bajus [GRÜNE]: So ist es!)

Wenn wir das in dem Kontext diskutieren und das in diesem Kontext zusammen in Berlin unterstützen können, dann, glaube ich, kommen wir auch zu einer gemeinsamen Bundesratsinitiative. Wenn Sie das aber isoliert nur als Einzelmaßnahme diskutieren, dann haben Sie das Konzept missverstanden.

Ich danke Ihnen herzlich fürs Zuhören.

(Beifall bei den GRÜNEN - Christian Dürr [FDP]: Wir wollten das so ma- chen wie der Ministerpräsident!)

Vielen Dank, Herr Minister. - Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor. Wir sind am Ende der Beratung.

Wir kommen zur Ausschussüberweisung.

Es ist vorgesehen, den Ausschuss für Umwelt, Energie und Klimaschutz zu beteiligen. Wer dem zustimmt, den bitte ich um ein Handzeichen. - Gegenstimmen? - Enthaltungen gibt es nicht. Damit ist das so beschlossen.

Ich rufe auf den

Tagesordnungspunkt 28: Erste Beratung: Gute Arbeit durch Gesundheitsförderung am Arbeitsplatz ermöglichen - Zukunft der Arbeit gestalten - Antrag der Fraktion der SPD und der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen - Drs. 17/2887

Zu Wort gemeldet hat sich der Kollege Ronald Schminke für die SPD-Fraktion. Bitte schön, Herr Schminke!

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Bereits im Jahr 2011 hatten SPD und Grüne einen Antrag zum Thema Arbeits- und Gesundheitsschutz auf den Weg gebracht, aber damals waren CDU und FDP nicht ernsthaft bereit, mit uns über Verbesserungen zu reden. Sie haben unseren Antrag damals mit Ihrer Mehrheit einfach abgebügelt. Jetzt müssen Sie dafür nachsitzen, weil wir den wichtigen Arbeits- und Gesundheitsschutz als Bestandteil unseres Markenzeichens „Gute Arbeit“ richtig ernst nehmen und kontinuierlich weiterentwickeln werden, meine Damen und Herren. Das unterscheidet uns von Ihnen, und darum sitzen Sie heute knörig auf der Oppositionsbank.

(Frank Oesterhelweg [CDU]: Ach, nee!)

- Es sind nicht viele. Die meisten haben - ich weiß nicht -

(Frank Oesterhelweg [CDU]: Wir sind nicht knörig!)

entweder vielleicht das Granufink-Syndrom oder - - -

Wir wollen die Lebensbedingungen der arbeitenden Menschen in Niedersachsen verbessern. Unsere Arbeitswelt verändert sich nämlich rasant, und körperlich schwere Arbeiten nehmen tendenziell ab. Die Arbeits- und Gesundheitsforscher zeigen eine erhebliche Zunahme psychischer Erkrankungen. Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer stehen unter enormem Zeitdruck. Immer öfter wird von den Arbeitnehmern ständige Erreichbarkeit und Einsatzbereitschaft verlangt. Gleichzeitig besteht die Ungewissheit, ob der Arbeitsplatz erhalten bleibt. Das alles sind typische Begleiterscheinungen prekärer und atypischer Beschäftigungsverhältnisse. Diese Merkmale passen absolut nicht zum Leitbild „Gute Arbeit“, wie wir uns das vorstellen, meine Damen und Herren.

Darum ist die Zielsetzung des Antrags hoch aktuell. Wir werden das auch nach vorne bringen.

Wenn uns die Menschen im Arbeitsprozess wirklich wichtig sind und wenn wir die Chancen für eine immer älter werdende Arbeitnehmerschaft nutzen und stärken wollen, müssen wir jetzt sinnvoll gegensteuern. Das ist an vielen Stellschrauben gut möglich, wenn man es nur will.

Wir Sozialdemokraten haben sehr konkrete Vorstellungen für ein ausgewogenes Verhältnis zwischen beruflichem und privatem Leben. Arbeit

allein ist nicht das Leben. Work-Life-Balance ist sicher von vielen Faktoren abhängig, aber Arbeitszeiten und Verdienstmöglichkeiten sind dabei von besonderem Interesse. Das zeigen uns die repräsentativen Befragungen sehr eindeutig.

Meine Damen und Herren, die Einführung eines flächendeckenden Mindestlohnes war eine längst überfällige Antwort zur Entschärfung prekärer Arbeitsverhältnisse.

(Beifall bei der SPD und bei den GRÜNEN)

Ich betone ausdrücklich: Der Mindestlohn ist auch Ausdruck einer Wertschätzung der Arbeit. Es ist der Respekt vor der Arbeitsleitung der Menschen, und es ist deshalb auch ein großes Stück Gerechtigkeit. Darum begrüßen wir diesen Beitrag als spürbare Minderung der psychischen Belastung vieler Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer.

(Beifall bei der SPD und bei den GRÜNEN)

Gesundheitspolitisch bedeutet der Mindestlohn für die Arbeitnehmer eine gehörige Portion Seelenfrieden. Für viele ist das auch die Rückkehr der Würde, die Sie den Arbeitnehmern mit Ihrer Politik viel zu lange vorenthalten haben, meine sehr verehrten Damen und Herren der Opposition.

(Widerspruch bei der CDU)

- Ja, ja, Sie waren zehn Jahre lang untätig, und auch jetzt zeigen Ihre Körperhaltung und Mimik, wo Sie stehen und wie ernsthaft Sie etwas verändern wollen. Wir nehmen das wirklich ernst. Für Sie ist Arbeits- und Gesundheitsschutz oft gleichbedeutend mit Mehrkosten. Das kennen wir bereits, das haben wir uns auch schon angehört. Das ist schlicht falsch.

Ich sage Ihnen einmal, was wir wollen. Wir wollen in Niedersachsen bestehende Projekte zur Erprobung der Verbesserung betrieblicher Gesundheitsförderung unterstützen. Wir wollen eine humane Arbeitskultur, in der Berufsgenossenschaften, Krankenkassen und andere Experten mit den Unternehmen und den Betriebs- und Personalräten zielorientiert zusammenarbeiten. Da geht nämlich noch viel mehr.

Wir wollen von der Landesregierung erfahren, wie sich das im Jahre 2002 eingerichtete Gesundheitsmanagement mit den Aufgabenbereichen Arbeitsschutz, Gesundheitsförderung, Suchtprävention und Sozialbetrug in der Landesverwaltung entwickelt hat. Wir wollen eine stärkere Unterstützung

von Betriebs- und Personalräten sowie der Fachkräfte für Arbeitssicherheit durch die Gewerbeaufsicht entwickeln. Wir wollen eine Moderation bei wichtigen Pilotprojekten zwischen Betrieben, Gesundheitsdienstlern und wissenschaftlichen Einrichtungen, um betriebliche Gesundheitsförderung an der Stelle weiterzuentwickeln.

Wir wollen in Kooperation mit der Ärztekammer dafür sorgen, dass ausreichend Betriebsärzte zur Verfügung stehen. Und wir wollen die arbeitsmedizinische Beratung durch den gewerbeärztlichen Dienst in den Gewerbeaufsichtsämtern weiterentwickeln und über die erzielten Erkenntnisse auch breit informieren.

Meine Damen und Herren, wir brauchen nicht nur technisch ausgebildete Fachkräfte für Arbeitssicherheit, sondern auch Fachleute, die mit sozialen und emotionalen Belastungskonstellationen umgehen können. Ärztliche Therapien und Rehabilitationsmaßnahmen müssen zeitnäher durchgeführt werden. Auch dafür werden wir uns einsetzen; denn in diesem Bereich gibt es völlig berechtigt Klagen und Unzufriedenheit.

Es geht uns auch um die Stärkung und bessere Vernetzung der Arbeitswissenschaft zum betrieblichen Zeit- und Gesundheitsmanagement, insbesondere um Prävention und Abbau psychischer Belastungen. Die Vereinbarkeit von Familie und Beruf muss endlich weiterentwickelt werden. Dazu gibt es viele gute Vorschläge, aber es mangelt an der Umsetzung. Wir wollen Taten sehen. Wir brauchen mehr betriebliches Engagement bei der Kinderbetreuung und auch dann, wenn Angehörige gepflegt werden müssen.

Eine kluge Personalpolitik berücksichtigt schon heute solche Interessen. Meine Damen und Herren, die Arbeitgeber sollten im Rahmen der Mitbestimmung die Gesundheitsförderung am Arbeitsplatz an jeder Stelle unterstützen; denn die beste Rendite erzielt man mit kerngesunden und hoch motivierten Arbeitnehmern.

(Beifall bei der SPD und bei den GRÜNEN)

Vorbildfunktionen kann und muss auch das Land Niedersachsen als Arbeitgeber aufzeigen, indem Arbeitszeitverkürzungen nach individuellem Bedarf der Bediensteten getroffen werden. Niedersachsen soll sich im Bundesrat für eine gesetzliche Antistressregelung und für eine umfassende Regulierung atypischer Beschäftigung durch Equal Pay in der Leiharbeit ab dem ersten Einsatztag im Betrieb

und für die Abschaffung sachgrundloser Befristung einsetzen. Herr Bley, das hören Sie gerne, oder?

(Karl-Heinz Bley [CDU]: Ja, Herr Schminke!)

Wir machen das.