Protocol of the Session on February 18, 2015

Sie kennen die Geschäftsordnung: Bei einer Unterrichtung durch die Landesregierung ist auf Wunsch der Abgeordneten die Aussprache zu ermöglichen. Ich sehe eine solche Wortmeldung. Deswegen stelle ich jetzt für die möglichen Redezeiten Folgendes fest: Die Unterrichtung durch Frau Ministerin Rundt hat vier Minuten gedauert, sodass die FDP-Fraktion und die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen ebenfalls eine Redezeit von vier Minuten zur Verfügung haben und die beiden großen Fraktionen jeweils maximal acht Minuten, wenn sie davon Gebrauch machen wollen.

Die erste Wortmeldung ist für die FDP-Fraktion abgegeben worden. Melden Sie sich jetzt bitte schriftlich zu Wort! Die Wortmeldung von Herrn Bode nehme ich noch so entgegen. Herr Bode, Sie haben das Wort. Bitte!

Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Frau Ministerin Rundt, ich bin schon dar

über erstaunt, dass Sie glauben, mit einer so kurzen und inhaltlich dünnen Stellungnahme hier den Chef der Staatskanzlei komplett entlasten zu können. Aus meiner Sicht ist das vollkommen schiefgegangen.

(Beifall bei der FDP und bei der CDU)

Wir haben bereits in der letzten Woche bei einer mehrstündigen Unterrichtung durch das Sozialministerium festgestellt, dass auf die drängendsten Fragen, die wir zu den Kontrollmaßnahmen des Landkreises aufgeworfen haben - was tatsächlich gefunden worden ist, was dann passiert ist und ob das Ganze wirklich erfolgreich abgestellt worden ist -, von Ihrem Haus keine vernünftigen Antworten gegeben werden konnten. Sie haben auch bis heute nicht den Versuch gemacht, diese offenen Fragen zu beantworten. Ich finde, das ist sehr dürftig.

Ihre Aussage, diese Behauptung entbehre aus Ihrer Sicht jeder Grundlage, ist schon sehr weitgehend, wenn man sich einmal vor Augen führt, was denn tatsächlich die Vorwürfe sind, die auch Ihr Haus mit in den Raum gestellt hat bzw. offengelassen hat. Man kann nämlich nicht sagen und weiß immer noch nicht, ob die Tanklager, die vor Ort waren, tatsächlich von der Menge her mit der Genehmigungslage in Übereinstimmung waren.

Wieso hat man diese Diskrepanz, die vermutet werden kann, bei den Kontrollen nicht gesehen? Wieso hat eigentlich der Landkreis nicht die Problemlage vor Ort angegangen, als spätestens 2008 das Gewerbeaufsichtsamt Einwendungen - der Betrieb sei zu nah an der Wohnbebauung, und es müsse etwas geändert werden - erhoben hat? Warum hat der Landkreis dem Betrieb stattdessen weitere Baugenehmigungen erteilt und eine weitere Vergrößerung des Betriebes überhaupt erst möglich gemacht? - Auch diese Frage haben Sie hier nicht geklärt. Deshalb sind natürlich Zweifel bezüglich der Rolle von Landrat Mielke, dem heutigen Chef der Staatskanzlei, vorhanden, meine sehr geehrten Damen und Herren.

(Beifall bei der FDP und bei der CDU)

Im Übrigen sollten Sie nicht der Meinung sein, dass der Brief des Landrates im Jahr 2005 lediglich darüber Auskunft gibt, dass man an eine Gesamtlösung denkt. Der Satz lautet nämlich anders, und zwar - ich zitiere -:

„Weitere Schritte werden momentan vor dem Hintergrund einer Gesamtlösung geprüft.“

Dabei geht es auch um konkrete Maßnahmen zur Abstellung des schadhaften Zustandes, der tatsächlich vorhanden war, und um die Frage, wie man eigentlich dafür sorgen will, dass jemand, der sich jedes Jahr wieder rechtswidrig verhält, endlich einmal damit aufhört und einen nicht am Nasenring durch die Manege zieht.

Nichts in diesem Bereich ist tatsächlich passiert! Deshalb enden Sie mit Ihren Ausführungen auch im Jahr 2007, meine sehr geehrten Damen und Herren.

(Beifall bei der FDP und bei der CDU)

Natürlich sind auch folgende Fragen zu stellen: Warum hat der Landkreis die Einwände der Bürger bei der Baugenehmigung im Jahr 2010, die massiv vorgetragen worden sind, ignoriert? Warum hat er die Einwände der Gemeinde Ritterhude ignoriert und ihr negatives Votum im Baurecht sogar noch ersetzt, um die Baugenehmigung möglich zu machen?

Das sind die Fragestellungen, auf die wir Antworten erwarten. Nichts davon haben Sie bis heute geliefert! Das ist keine befriedigende Situation.

(Beifall bei der FDP und bei der CDU)

Im Übrigen habe ich das schon geahnt, als der Kollege Schwarz im Ausschuss versucht hat, Vorabauszüge aus dem Protokoll der Ausschusssitzung nicht mehr vor der Plenarsitzung möglich zu machen.

(Heinrich Scholing [GRÜNE]: Das ha- be ich ganz anders in Erinnerung!)

Dankenswerterweise hat der Stenografische Dienst es trotz seiner anderen Belastungen tatsächlich geschafft.

Sie haben auch zugesagt, uns die Unterlagen mit allen Überwachungen und allen Mängelübersichten zur Verfügung zu stellen. Ich stelle fest: Sie sind, ob mit Drucksachennummer oder ohne Drucksachennummer, nicht gekommen.

Heute sagen Sie dankenswerterweise, dass Sie etwas beim Präsidium abgeben. Wir hätten schon seit Tagen die notwendige Aufklärung von Ihnen haben können, wenn die Sprechzettel Ihrer Kollegen und die Berichte des Landkreises darüber, welche Mängel es waren und was er getan hat, vorgelegt worden wären. Sie verheimlichen sie uns, weil Sie etwas zu verbergen haben. Wir werden es aber trotzdem herausbekommen, meine sehr geehrten Damen und Herren.

(Lebhafter Beifall bei der FDP und bei der CDU)

Vielen Dank, Herr Kollege Bode. - Das Wort hat jetzt für die CDU-Fraktion der Abgeordnete Martin Bäumer.

Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! In der Tat, Frau Ministerin: Das, was Sie vorhin hier vorgetragen haben, war relativ dünn. Ich frage mich, ob Sie damit auf Dauer bestehen können.

(Zuruf von der CDU: Natürlich nicht!)

Wenn ich Sie wäre, dann hätte ich die Chance genutzt, heute umfassend aufzuklären und klarzumachen: Ich bin die Herrin des Verfahrens. - Aber diese Chance haben Sie verwirkt.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Insofern glaube ich, dass die Zeit von Herrn Mielke mit dem heutigen Tag unwiderruflich abläuft.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP - Widerspruch bei der SPD)

Meine sehr geehrten Damen und Herren, im September 2014 fliegt in Ritterhude eine Chemiefabrik in die Luft. Im Januar 2015 informiert der Umweltminister ganz am Ende der Tagesordnung das Parlament. Er konzentriert sich mit voller Wucht auf die Gewerbeaufsicht. Vom Landkreis erfahren wir persönlich überhaupt kein Wort, auch nicht von der NGS; das kommt erst Tage später.

Mit keinem Wort hat Minister Wenzel damals den Landkreis oder den ehemaligen Landrat und Baudezernenten Mielke erwähnt. Aber, meine sehr geehrten Damen und Herren, Herr Mielke ist ein ehrenwerter Mann.

Dann kommt am 2. Februar eine Unterrichtung im Umweltausschuss: Fragen über Fragen. Es gibt einen 28-seitigen Bericht, der noch mehr Fragen aufwirft. Es wird die Geschichte von der näher heranrückenden Wohnbebauung erzählt - ein Märchen, wie wir heute wissen. Der Sozialausschuss muss die Mitglieder des Landtages unterrichten. Wiederum Fragen über Fragen! Wir als CDUFraktion beantragen gemeinsam mit der FDP ob der Fragen Akteneinsicht. Aber es bleibt dabei: Herr Mielke ist ein ehrenwerter Mann.

(Helge Limburg [GRÜNE]: Ja, ist er auch!)

Meine sehr geehrten Damen und Herren, jahrzehntelang haben Anwohner auf die Missstände vor Ort hingewiesen. Sie haben sich schon 1992 an das Umweltministerium gewandt und gesagt: Hier läuft etwas aus dem Ruder. Hier ist etwas nicht in Ordnung. - Aber passiert ist nichts.

Die Verantwortung ist im Bermudadreieck zwischen Ministerium, Gewerbeaufsicht und Landkreis hin und her geschoben worden. Man hat darauf vertraut, dass die Anwohner irgendwann müde werden, und dann hat sich alles in Luft aufgelöst. Aber Herr Mielke als Baudezernent von 1995 bis 2004, als Landrat ab 2005 und als heutiger Chef der Staatskanzlei bleibt ein ehrenwerter Mann.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, in dem Schreiben vom März 2005 geht Herr Mielke auf die Vorwürfe der Anlieger ein. Die Vorwürfe sind groß, sie wiegen schwer. Es geht darum, dass es keinen Feuerwehrplan gibt. Es geht darum, dass der Brandschutz nicht vernünftig nachgewiesen werden kann.

Wenn Sie vor Ort gewesen wären, Herr Minister Wenzel - Sie waren es ja anscheinend nicht; Sie waren in Ritterhude nur vor dem Rathaus, aber nicht an der Unglücksstelle -, dann hätten Sie gesehen, dass dort kein Feuerwehrfahrzeug zufahren kann. Da sind Missstände offenkundig. Aber Herr Mielke ist ein ehrenwerter Mann.

Da wird eine Tiefgarage als Lagerplatz genutzt. Da wird ein Außengelände als Lagerplatz genutzt. Da werden Gefahrstoffe im Einfahrbereich, im Eingangsbereich der Firma umgefüllt. Da wird die Kiepelbergstraße als Umschlagplatz für giftige Stoffe genutzt, die aus ganz Europa nach Ritterhude gekarrt werden. Die Anlieger, die Anwohner beschweren sich. Aber Herr Mielke ist ein ehrenwerter Mann.

Nun stellt sich Frau Ministerin Rundt heute Nachmittag hier hin und sagt: Alles überhaupt kein Problem. Der Landkreis hat die Sachen im Blick.

Mein Kollege Bode hat darauf hingewiesen: Von 2003 bis 2007 kann man nachweisen, was man getan hat. Aber danach reißt das irgendwann ab. Die Frage ist doch: Warum kann man für diese Zeit nicht nachweisen, dass man dort etwas getan hat?

Tatsache bleibt doch - das hat Herr Eckermann in einem Beitrag im Fernsehen eingeräumt -, dass

man Baugenehmigungen auch schon mal im Nachhinein erteilt hat.

Es gab die unglückselige Kette - dazu werden auch Sie keinen Aufklärungsbeitrag leisten können -, dass die Firma gegen Auflagen verstoßen hat, dass der Landkreis die Auflagen benannt hat und dass die Firma in der Folge wieder gegen diese Auflagen verstoßen hat.

Meine sehr geehrten Damen und Kinder,

(Heiterkeit - Zuruf von der SPD: Was?)

wenn jemand weiß, dass Dinge, die er tut - - -

(Wiard Siebels [SPD]: Was war denn das für eine Äußerung hier? Hallo!)

Meine sehr geehrten Damen und Herren, wenn jemand weiß, dass die Dinge keine Konsequenz haben, dann ist das wie bei kleinen Kindern:

(Ulrich Watermann [SPD]: Das, was Sie gemacht haben, ist eine Diskrimi- nierung!)

Wenn man denen irgendwann nicht klarmacht - - -