Protocol of the Session on January 21, 2015

„Auch ist uns nicht bekannt, dass es an konkreten Hilfestellungen für einbürgerungswillige Menschen fehlt.“

(Zustimmung bei der CDU)

Zu Ihrer Forderung, alle Informationen bzw. Durchführungsbestimmungen zum Staatsangehörigkeitsrecht in leichter Sprache anzubieten, eine weitere Stellungnahme von NLT und NSGB, der wir uns inhaltlich voll anschließen. Ich zitiere:

„Sofern in der Begründung die Veröffentlichung der niedersächsischen Durchführungsbestimmungen zum Staatsangehörigkeitsrecht in einer übersichtlichen Form und einfachen Sprache angeregt wird, können wir nicht erkennen, warum dies vom zuständigen Fachministerium nicht einfach veranlasst wird.“

(Zustimmung bei der CDU)

Meine Damen und Herren, das Einbürgerungsverfahren zu vereinfachen bzw. zu beschleunigen klingt auf den ersten Blick sicherlich gut. Aber: Hier geht es doch nicht um irgendeinen Verwaltungsvorgang; hier geht es darum, einen Menschen zum deutschen Staatsbürger zu ernennen - ein besonderer Vorgang. Da muss ein gründlicher, sorgfältiger Bearbeitungsvorgang wohl zumutbar sein.

Auch eine Anmerkung zu Ihrer Forderung, das Einbürgerungsverfahren kostengünstiger zu gestalten. Die Kosten wurden bereits auf 225 Euro pro Erwachsenem und 51 Euro für Kinder gesenkt - ein Betrag, den die Kommunen nun einmal benötigen.

Wenn Sie diesen Kostenbeitrag gesenkt haben wollen, frage ich mich, warum Sie keine diesbezüglichen Mittel in den Haushalt eingestellt haben; denn es kann ja wohl nicht sein, dass diese Mindereinnahmen auch noch unseren Kommunen zugemutet werden sollen. Sie sind, wie wir alle wissen, durch die momentane Aufnahme der vielen Flüchtlinge, ihre Unterbringung, ihre Versor

gung und Betreuung sowohl personell als auch finanziell an der Grenze ihrer Belastbarkeit angekommen.

(Beifall bei der CDU)

Im Übrigen gibt es schon jetzt die Möglichkeit, bei Härtefällen eine geringere oder gar keine Gebühr zu verlangen. Auch Ratenzahlungen werden häufig vereinbart.

Meine Damen und Herren, einmal Ja, einmal Nein: Ja zur Einbürgerung, Nein zur Einbürgerungskampagne. Die CDU-Fraktion stimmt Ihrem Antrag nicht zu.

Vielen Dank.

(Beifall bei der CDU - Johanne Mod- der [SPD]: Schade!)

Vielen Dank, Frau Kollegin. - Das Wort hat jetzt für die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen der Abgeordnete Belit Onay.

Sehr geehrter Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Sehr geehrte Frau Joumaah, ich möchte zu Ihrer Kehrtwende nur anmerken - von der kann man nämlich in der Frage der Einbürgerungskampagne sprechen -, dass Sie in der letzten Legislaturperiode unter Nr. 3 der Drucksache 16/5308 - dabei geht es u. a. um Zuwanderung in größerem Umfang, aber auch um die Frage der Einbürgerung - unter dem Stichwort „Perspektive Staatsangehörigkeit“ eine Steigerung der Einbürgerungsquote verbunden mit einer Einbürgerungskampagne gefordert haben.

(Filiz Polat [GRÜNE]: Hört, hört!)

Davon sind Sie nun abgerückt. Das steht Ihnen zu. Aber das muss man zumindest anmerken.

(Beifall bei den GRÜNEN und bei der SPD)

Sie haben recht: Die Einbürgerung ist etwas sehr Elementares, etwas sehr Wichtiges. Aber eine Einbürgerungskampagne senkt nicht die Bedeutung der Einbürgerung für die Betroffenen. Dies möchte ich hier ausdrücklich unterstreichen. Denn Angeworbene, um Deutsche zu werden, sind nicht weniger Deutsche als diejenigen, die ohne eine solche Kampagne dazu werden.

(Zustimmung bei den GRÜNEN - Hel- ge Limburg [GRÜNE]: Völlig richtig!)

Mit einem Augenzwinkern möchte ich anmerken: Wenn sich jemand bewusst dafür entscheidet, Deutsche oder Deutscher zu werden, dann ist das doch zumindest gleichwertig mit denjenigen zu sehen, die bereits durch Geburt Deutsche geworden sind, meine sehr geehrten Damen und Herren.

(Beifall bei den GRÜNEN und bei der SPD)

Sie haben - dies haben Sie auch in der ersten Beratung angemerkt - Schwierigkeiten mit der doppelten Staatsbürgerschaft. Diese Diskussion haben wir an anderer Stelle geführt. Aber es ist leider so, dass der Umstand, dass die Möglichkeit der doppelten Staatsbürgerschaft nicht oder nur eingeschränkt besteht, tatsächlich für viele ein Hindernis ist, und zwar nicht nur aus emotionaler Betroffenheit, aus emotionalen Gründen, was wir schon an anderer Stelle mehrfach diskutiert haben, sondern auch aus verwaltungstechnischen Gründen. Denn die Ausbürgerung aus den jeweiligen anderen Staatsbürgerschaften ist mit Kosten verbunden. Das ist ein intensiver Verwaltungsaufwand, der für viele ein Hindernis darstellt, das sie nicht zu überwinden vermögen.

Deshalb haben wir uns in unserem Antrag vor allem auf die EU-Bürgerinnen und EU-Bürger konzentriert - nicht ausschließlich, aber vermehrt -, weil dort die doppelte Staatsbürgerschaft möglich ist und entsprechende positive Ergebnisse erzielt werden können.

Sie haben die Kritik der kommunalen Spitzenverbände angesprochen. Die Migrantenverbände haben ganz klar gesagt, dass sie eine solche Kampagne begrüßen, weil sie Defizite in den verschiedenen Kommunen sehen.

Wir haben aber auch gute Beispiele, nämlich Osnabrück. Auch das wurde in der Kommission für Migration und Teilhabe diskutiert, und darüber wurde berichtet. Viele Migrantinnen und Migranten waren von einer solchen Kampagne erst einmal überrascht. Sie waren überrascht darüber, dass sie Kontakt mit der Behörde bekommen haben, weil man das zunächst vielleicht mit etwas Negativem verbindet. Viele waren erst einmal positiv überrascht.

Deshalb ist es auch wichtig, wie wir es in unserem Antrag fordern, dass wir Lotsen, Multiplikatorinnen und Multiplikatoren haben, nämlich die Migrantenverbände, die dort aufklären und die Hemmschwelle absenken können. Ich glaube, dass das bei diesem Punkt der richtige Schritt ist.

Auch die leichte Sprache ist etwas ganz Entscheidendes. Ja, das ist ein Verwaltungsakt. Aber das darf natürlich auch sprachlich nicht so abgespeckt sein, dass es zu Missverständnissen oder sonstigen Fehlern führt. Aber ganz klar ist, dass die Sprache ein Hindernis sein kann, selbst wenn man sie spricht. Verwaltungsdeutsch ist eben nicht so einfach und nicht für jede und jeden zugänglich, meine sehr geehrten Damen und Herren.

In Bezug auf die Sprache möchte ich noch ein Beispiel nennen, das auch in der Kommission für Migration und Teilhabe genannt wurde, nämlich dass die Hürden, von denen Sie sprachen, zwar bestehen müssen - gewisse Hürden und Kriterien muss es sicherlich geben -, sie aber zum Teil so hoch sind, dass wir absurde Situationen haben. So müssen vereidigte Dolmetscherinnen und Dolmetscher - dieses Beispiel wurde in der Kommission genannt - trotzdem noch einmal einen Sprachkurs machen, weil sie ihr Diplom oder ihre Unterlagen nicht bei einer zertifizierten Stelle erworben haben. Das sind Absurditäten, die einfach nicht der Realität entsprechen.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, es ist wichtig, dass sich Menschen einbürgern. Das ist wichtig für die Betroffenen, weil sie dadurch Teil dieser Gesellschaft werden. Das wird durch die Staatsbürgerschaft dokumentiert. Sie dürfen - gerade für uns auf der politischen Ebene ist das wichtig - wählen. Das führt zu mehr Legitimation, weil ihr Wille abgebildet ist.

Sie dürfen aber auch gewählt werden. Wenn man in die kommunalen Parlamente, in die Landesparlamente und auch in den Bundestag schaut, meine sehr geehrten Damen und Herren, kann man feststellen: Es ist ein Gewinn für uns, wenn auch dort mehr Menschen aus verschiedenen Bevölkerungsschichten vertreten sind.

(Helge Limburg [GRÜNE]: Ganz ohne Frage!)

Vielen Dank für die Aufmerksamkeit.

(Beifall bei den GRÜNEN und bei der SPD)

Vielen Dank, Herr Kollege Onay. - Ich erteile jetzt dem Kollegen Jan-Christoph Oetjen für die Fraktion der FDP das Wort. Bitte, Herr Kollege!

Herr Präsident! Verehrte Kolleginnen und Kollegen! Ich hatte ja schon bei der ersten Beratung dieses Antrags deutlich gemacht, dass wir als FDP-Fraktion nicht nur kein Problem mit Mehrstaatlichkeit haben, sondern dass wir grundsätzlich auch fordern, dass die Mehrstaatlichkeit in Deutschland zugelassen werden sollte. Insofern haben wir uns in der letzten Plenardebatte und auch in den Ausschussberatungen positiv zu dem Antrag, der von SPD und Grünen vorgelegt wurde, geäußert.

Wir halten es für einen Gewinn, wenn Menschen - auch wenn sie eine andere Staatsangehörigkeit haben und diese behalten - nach der deutschen Staatsangehörigkeit streben und diese bekommen. Das macht unsere Gesellschaft vielfältiger, und das ist ausgesprochen positiv.

(Beifall bei der FDP, bei der SPD und bei den GRÜNEN)

Mit Blick auf die Anforderungen an solch eine Kampagne möchte ich sagen: In Hamburg sind sehr gute Erfahrungen damit gemacht worden, Menschen direkt anzusprechen. Es geht, verehrte Kolleginnen und Kollegen, eben nicht nur darum, eine Hochglanzbroschüre aufzulegen, in der irgendein Minister oder eine Beauftragte zu sehen ist. Das ist mir nicht wichtig, wie ich ganz deutlich sage. Wichtiger ist mir, dass im Rahmen einer solchen Kampagne die Betroffenen direkt angesprochen werden; denn viele wissen gar nicht um die Möglichkeiten, die mit einer Einbürgerung verbunden sind, und welche Voraussetzungen zu erfüllen sind. Insofern ist das, glaube ich, durchaus ein richtiger Ansatz.

Ich hatte das Privileg, bei der letzten Einbürgerungsfeier des Landkreises Rotenburg das Grußwort zu sprechen. Dort wurden 36 neue Deutsche vereidigt. Es war sehr spannend zu sehen, was das für Menschen waren.

Viele dieser Menschen waren noch jung und gingen noch zur Schule oder wollten ein Studium aufnehmen. Sie wollten Hürden auf ihrem zukünftigen Lebensweg, auf ihrem Weg ins Studium oder in die Ausbildung beseitigen. Da waren junge Männer, die zur Bundeswehr gehen und dort ihre Ausbildung machen wollen, wofür sie natürlich die deutsche Staatsangehörigkeit brauchen.

Auf der anderen Seite waren aber auch ältere Menschen dort. Es waren z. B. Niederländer um die 60, die mit der niederländischen Armee einmal

in Seedorf gelandet sind, in Deutschland eine Frau gefunden und hier geheiratet haben. Nach ihrer Pensionierung haben sie festgestellt: Ich bleibe hier in diesem Land. Ich bin hier zu Hause. - Dann haben sie für sich den Schritt gemacht: Okay, dann will ich auch ganz dabei sein und Deutscher werden. - Ich glaube, dass es ein Potenzial bei diesen Menschen gibt, diese auch für die deutsche Staatsangehörigkeit zu gewinnen.

Meine Damen und Herren, Werbung ist aus Sicht der FDP-Fraktion aber nicht alles. Ich glaube, dass noch weitere Hürden beseitigt werden müssen. Die Kostenfrage ist zwar nicht für alle, aber doch für einige eine Hürde; denn je nach Nationalität sind die Gebühren unterschiedlich hoch. Ich glaube, dass dies ein Problem ist.

Ferner brauchen wir auch eine Regelung dahin gehend - ich wünsche mir von der Landesregierung, dass sie den Kommunen einen Leitfaden an die Hand gibt, aus dem hervorgeht, wie das gemacht werden kann -, dass der Sprachnachweis viel einfacher wird. Denn viele - der Kollege Onay hat es gesagt - haben einen Schulabschluss und sogar eine Ausbildung. Trotzdem muss - weil sie nicht den formalen Kriterien entsprechen - noch ein Deutschkurs oder Ähnliches belegt werden.

Da müssen wir einfach besser werden. Wenn wir sagen, dass diese Menschen bei uns willkommen sind, und wenn wir wollen, dass sie die deutsche Staatsbürgerschaft annehmen, dann müssen wir ihnen auch die Möglichkeit geben, unbürokratisch nachzuweisen - unbürokratisch, meine Damen und Herren! -, dass sie über ausreichende Sprachkenntnisse verfügen. An dieser Stelle wünsche ich mir mehr Flexibilität für die Kommunen und eine Handreichung der Landesregierung, damit dies ermöglicht werden kann, meine Damen und Herren.

Abschließend will ich sagen, dass wir uns auch überlegen sollten, ob wir die Einbürgerung nicht beschleunigen können. Ich bin der Überzeugung, dass eigentlich auch vier Jahre als Grundvoraussetzung für eine Einbürgerung ausreichen würden. Insgesamt aber ist es wichtig, dass wir dafür werben, dass Menschen die deutsche Staatsbürgerschaft annehmen. Deshalb werden wir als FDPFraktion der Beschlussempfehlung gern zustimmen.

(Beifall bei der FDP, bei der SPD und bei den GRÜNEN)

Vielen Dank, Kollege Oetjen. - Das Wort hat jetzt für die Landesregierung Frau Ministerin Rundt.