Protocol of the Session on January 21, 2015

Vielen Dank, Kollege Oetjen. - Das Wort hat jetzt für die Landesregierung Frau Ministerin Rundt.

Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Niedersachsen ist ein weltoffenes Land mit einer langen Einwanderungsgeschichte. Unsere Migrations- und Teilhabepolitik ist von gelebter Willkommens- und vor allem Anerkennungskultur für alle Menschen geprägt. Der Landtag hat dies angesichts der schrecklichen Ereignisse in Paris und angesichts des Demonstrationsgeschehens hier in Deutschland gerade erst gestern wieder sehr eindrucksvoll und gemeinsam bestätigt.

Logische Folge dieser Politik ist aber auch ein klares Ja zur Einbürgerung. Auf dem Weg zur Einbürgerung werden wir die Menschen mit allen uns zur Verfügung stehenden Mitteln unterstützen; denn Einbürgerung ist ein Wendepunkt, bei dem aus einem Mitbürger ein Staatsbürger wird. Alle Staatsbürgerinnen und Staatsbürger können in unserer Gesellschaft uneingeschränkt mitwirken. Wir sagen Ja zur Einbürgerung und begrüßen ganz ausdrücklich den Entschließungsantrag.

(Beifall bei der SPD und bei den GRÜNEN)

Die Einbürgerung steht am Ende eines sehr persönlichen, vor allen Dingen aber auch sehr emotionalen Entwicklungs- und Entscheidungsprozesses. Neben dem identitätsstiftenden Moment werden mit der deutschen Staatsangehörigkeit vor allem wesentliche Rechte manifestiert: die politische Beteiligung an Wahlen und Abstimmungen, der freie Zugang zu allen Ämtern, der bedingungslose Schutz vor Ausweisung, das Recht auf Unterstützung in schwierigen Lebenslagen, auch im Bereich des diplomatischen Schutzes im Ausland.

Die deutsche Staatsangehörigkeit garantiert ein unkündbares Recht auf das Leben in einem der sichersten und ökonomisch stärksten Länder der Erde sowie die Statusrechte eines EU-Bürgers bzw. einer EU-Bürgerin.

Der Weg zur Einbürgerung ist leider nicht frei von bürokratischen Hürden. Klare Regeln für öffentliche Verwaltungsverfahren sind wichtig. Solche Regelungen müssen aber auch verständlich sein und sich an den Bedarfen und Kompetenzen der Menschen ausrichten. Das schmälert im Übrigen

nicht die gute Arbeit, die die meisten Kommunen im Bereich der Beratung und Unterstützung leisten.

Hier wird die Landesregierung im Rahmen einer landesweiten Einbürgerungskampagne die Erfahrungen der einbürgerungswilligen Menschen, der Migrantenorganisationen, aber natürlich auch der kommunalen Einbürgerungsbehörden analysieren und entsprechende bedarfsgerechte Informationsangebote bereitstellen. Wir werden prüfen, ob Verfahrensregelungen vereinfacht werden können, und dort, wo wir als Land zuständig sind, Optimierungspotenziale nutzen.

Diese Punkte halte ich neben dem medialen Werben um Einbürgerung für besonders wichtig. Auch wenn ansprechende Werbemaßnahmen im öffentlichen Raum ein wichtiger Teil der Kampagne sind, so wollen wir uns doch nicht aufs reine Plakatieren beschränken. Bedarfs- und praxisgerechte Informationsangebote sowie mögliche Verfahrensverbesserungen sollen hier in diese Kampagne integriert werden.

Die rechtlichen Rahmenbedingungen für Einbürgerungsverfahren werden auf Bundesebene beschlossen. Die Landesregierung tritt also weiterhin mit Nachdruck für die vollständige Abschaffung der Optionsregelung und für die grundsätzliche Zulässigkeit von Mehrstaatlichkeit ein. Hierfür werden wir angesichts der Erfahrungen der letzten Zeit einen langen Atem brauchen. Aber den haben wir.

(Beifall bei der SPD und bei den GRÜNEN)

Ein Ja zur Einbürgerung bedeutet eben auch ein Ja zu einer Politik der Vielfalt und der Teilhabe. Ich bitte Sie also, diesem Antrag zuzustimmen.

(Beifall bei der SPD und bei den GRÜNEN - Thomas Schremmer [GRÜNE]: Machen wir!)

Vielen Dank, Frau Ministerin. - Weitere Wortmeldungen liegen mir nicht vor. Deswegen kommen wir zur Abstimmung.

Wer der Beschlussempfehlung des Ausschusses folgen und damit den Antrag der Fraktion der SPD und der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen in der Drucksache 17/2163 unverändert annehmen will, den bitte ich jetzt um ein Handzeichen. - Ich frage nach Gegenstimmen. - Gibt es Stimmenenthaltungen? - Damit ist der Landtag der Beschlussempfehlung mit deutlicher Mehrheit gefolgt. Vielen Dank, meine Damen und Herren.

Ich rufe auf den

Tagesordnungspunkt 17: Abschließende Beratung: Solidaritätszuschlag muss 2019 auslaufen - Weiterführung ist eine Steuererhöhung - Antrag der Fraktion der FDP - Drs. 17/2463 - Beschlussempfehlung des Ausschusses für Haushalt und Finanzen - Drs. 17/2732

Der Ausschuss empfiehlt Ihnen, den Antrag abzulehnen.

Eine Berichterstattung ist nicht vorgesehen.

Ich eröffne die Beratung und erteile für die antragstellende Fraktion dem Abgeordneten Christian Grascha das Wort. Bitte, Herr Kollege!

(Ronald Schminke [SPD]: Hoffentlich wird das besser als gestern!)

Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Die aktuelle Debatte über die Zukunft des Solidaritätszuschlags hat sich von der historischen Einführung 1991 völlig gelöst. Es geht nicht mehr darum, was die Politik den Bürgerinnen und Bürgern bei der Einführung versprochen hat und ob die Aufgabe gegebenenfalls erledigt ist. Nein, es geht einzig und allein darum, wer die SoliMilliarden in Zukunft erhalten wird. Es geht um die Frage, ob die Finger von Herrn Schneider klebriger sind als die Finger von Herrn Schäuble. Das ist die zentrale Frage bei dieser Debatte.

(Zustimmung bei der FDP)

Hier wird ein Geschäfts zulasten Dritter vorbereitet, nämlich zulasten der Steuerzahler. Das ist unaufrichtig, und es zerstört Vertrauen in die Politik, meine Damen und Herren.

(Beifall bei der FDP - Miriam Staudte [GRÜNE]: Wie werden denn Ihre Diä- ten bezahlt? Von Steuergeldern!)

Der Solidaritätszuschlag ist 1991 als Ergänzungsabgabe für die Einkommensteuer, die Körperschaftsteuer und die Kapitalertragsteuer eingeführt worden. Die damalige Begründung für die Einführung war, die Kosten der deutschen Einheit und des ersten Golfkrieges zu decken. Die Bürgerinnen und Bürger waren damals bereit, diese zusätzliche Belastung zu tragen. In dieser historischen Stunde war es möglich, sie davon zu überzeugen, 40 Jah

re Sozialismus gemeinsam zu schultern und die Lasten gemeinsam zu tragen.

Ein ganz wichtiges Argument war damals aber, dass das nur eine Belastung auf Zeit sein sollte. Der Zuschlag ist zeitlich befristet; das lässt sich auch unschwer am Titel des damaligen Gesetzes erkennen: Gesetz zur Einführung eines befristeten Solidaritätszuschlags.

Und heute, meine Damen und Herren, 23 Jahre später? - Kein Wort mehr davon. Die Menschen kommen sich heute doch veralbert vor, wenn sie an die damalige Debatte zurückdenken. In der historischen Stunde der deutschen Einheit ist der Solidaritätszuschlag eingeführt worden. Mittlerweile ist die deutsche Einheit vollbracht, aber die Steuer bleibt. Meine Damen und Herren, das ist doch wirklich eine unehrliche Debatte.

(Beifall bei der FDP und bei der CDU)

Man muss auch ganz klar sagen: Wer den Soli beibehalten will, der argumentiert auch ein Stück weit unhistorisch. Wer den Soli beibehalten will, der verrät auch die Idee der Väter der deutschen Einheit, nämlich Helmut Kohl und Hans-Dietrich Genscher, liebe Kolleginnen und Kollegen.

2019 läuft der Solidarpakt II aus, und die BundLänder-Finanzbeziehungen werden neu geregelt. Meine Damen und Herren, darin liegt auch der Grund für das Vorhaben der Großen Koalition auf Bundesebene, den Soli zu erhalten. Der Soli ist im Prinzip nur der Schmierstoff für die Verhandlungen, die auf Bundesebene zwischen den Ländern und dem Bund laufen.

(Adrian Mohr [CDU]: Das ist richtig!)

Kein Wort mehr von Reformen, kein Wort mehr davon, dass das System des Länderfinanzausgleichs und der Finanzbeziehungen fehlerhaft ist und falsche Anreize setzt, und kein Wort mehr davon, dass beispielsweise die Autonomie der Bundesländer gestärkt werden soll. Darum geht es überhaupt nicht mehr. Es geht schlicht, einzig und allein darum, mehr Geld zu bekommen, und zwar das Geld der Steuerzahler. Diese Politik, Herr Schneider, ist anstrengungslos, selbstzufrieden und träge.

(Beifall bei der FDP und bei der CDU)

Die Weiterführung des Solidaritätszuschlags ist im Prinzip eine schlichte Steuererhöhung.

(Glocke des Präsidenten)

Dabei ist es völlig egal, ob der Soli in die Einkommensteuer integriert wird oder ob er als Ergänzungsabgabe mit einer anderen Zweckbestimmung weiterläuft. Wenn eine Belastung für die Steuerzahler nicht wie versprochen abgeschafft, sondern weitergeführt wird, ist das gegenüber den bisherigen Versprechen eine schlichte Steuererhöhung.

Die Debatte, ob nun die Integration in den Einkommensteuertarif eine Steuererhöhung ist, verkauft den Bürger doch wirklich für dumm. Mehr Ehrlichkeit ist in dieser Debatte gefragt.

(Beifall bei der FDP und bei der CDU)

Die FDP-Fraktion sagt ganz klar: Wir müssen Wort halten.

(Glocke des Präsidenten)

Wir wollen nicht, dass der Solidaritätszuschlag am Ende das gleiche Schicksal erleidet wie die Sekt- oder Schaumweinsteuer aus dem Jahr 1902. Sechs Jahre nach Einführung der Schaumweinsteuer ist die kaiserliche Flotte untergegangen. 112 Jahre später haben wir noch immer die Schaumweinsteuer, und die Bürgerinnen und Bürger müssen diese zahlen.

Dieses Schicksal soll der Solidaritätszuschlag nicht erleiden. Deswegen muss spätestens nach 28 Jahren - - -

Herr Kollege, bitte, Ihr letzter Satz! Sie haben deutlich überzogen.

Spätestens 2019 muss Schluss sein. Wortbruch darf es hier nicht geben. Das Vertrauen in die Politik muss wiederhergestellt werden, und deswegen muss der Soli weg.

Vielen Dank.

(Beifall bei der FDP und bei der CDU - Ronald Schminke [SPD]: Der Soli bleibt! Die FDP muss weg!)

Vielen Dank, Kollege Grascha. - Für die SPDFraktion spricht jetzt der Kollege Holger Heymann. Sie haben das Wort.

Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Heute wollen wir also abschließend über den Antrag der FDP „Solidaritätszuschlag muss