Protocol of the Session on January 21, 2015

Wenn Sie meinem Vortrag weiter lauschen würden, würden Sie schon genau erkennen, dass es keineswegs eine destruktive Haltung ist, sondern dass wir den Antrag der FDP mit unserem Änderungsvorschlag deutlich verbessert haben,

(Volker Bajus [GRÜNE]: So ist es! - Gegenruf von Reinhold Hilbers [CDU]: Sie haben ihn entstellt! - Hermann Grupe [FDP]: Er ging gar nicht zu ver- bessern!)

weil er praxistauglicher ist. Wir haben ganz nüchtern den Evaluationsbericht abgewartet, den die Landesregierung vorgelegt hat,

(Christian Grascha [FDP]: Sie muss- ten erst einmal von Ihrem Ministerium eingefangen werden!)

haben Pro und Kontra gegeneinander abgewogen und sind zu einem vernünftigen Ergebnis gekommen.

(Christian Grascha [FDP]: Sie muss- ten erst einmal von Ihrem eigenen Mi- nisterium eingefangen werden!)

Das Modell der zeitnahen Bp wird weitergeführt, aber unter anderen Prämissen als denen, die Herr Grascha und Sie gerne wollten.

Insofern kann ich daran nichts Destruktives erkennen. Im Gegenteil, wir waren konstruktiv und haben das Modell weitergeführt.

(Beifall bei der SPD und bei den GRÜNEN)

Das geht jetzt aber nicht von meiner Redezeit ab, oder?

Frage und Antwort gehen, wie hier üblich, nicht von Ihrer Redezeit ab.

Ich war gerade dabei, das ursprüngliche Modell zu erläutern.

Also, da ging eine nicht unterschriebene Steuererklärung ein. Der Prüfer ging dann in den Betrieb und prüfte gemeinsam mit dem Steuerberater diese vorläufige Steuererklärung und Steuerbilanz. Ein Betriebsprüfungsbericht nach Abschluss der Prüfung war eben nicht zu fertigen. Anschließend wurden durch Steuerberater und Betriebsprüfung eine endgültige Bilanz und eine endgültige Steuererklärung erstellt.

Diese für beide Seiten durchaus vorteilhafte und unbürokratische Vorgehensweise wurde dann aber 2011 eingestellt, da die Betriebsprüfungsordnung auf Bundesebene geändert wurde und diese nun wieder bundeseinheitlich - in allen Ländern - unterschriebene Steuererklärungen verlangte. Damit waren wesentliche Vereinfachungsmerkmale dahin. Zumindest war die zeitnahe Bp in dieser Form nicht mehr durchzuführen.

(Christian Grascha [FDP]: Aber Sie können die Betriebsprüfungsordnung doch ändern! Sie regieren doch in Berlin!)

Insofern, Herr Grascha, bin ich für Ihren Entschließungsantrag im Ergebnis sehr dankbar. Denn immerhin hat dieser Unterschied jetzt nach 15 Monaten Diskussion, glaube ich, Einzug in dieses Haus und auch in die FDP-Fraktion gehalten. Ich glaube, darüber sind wir uns jetzt einig, dass es da jetzt ein neues Modell gibt.

(Zustimmung bei den GRÜNEN)

Der Evaluationsbericht, auf den wir alle so lange gewartet hatten, bezog sich folgerichtig nicht mehr auf die zeitnahe Bp alter Prägung, sondern fußte auf der neuen BpO, insbesondere auf § 4 a der

BpO, in dem das Modell der zeitnahen Prüfung ausdrücklich festgeschrieben ist.

Als wesentliches Ergebnis des Evaluationsberichtes lässt sich aus unserer Sicht nun feststellen, dass sich die zeitnahe Bp grundsätzlich für Großbetriebe eignet, für die die Finanzämter für Großbetriebsprüfung zuständig sind, weniger für die Fälle, für die die Veranlagungsfinanzämter zuständig sind,

(Dr. Stephan Siemer [CDU]: Von de- nen war auch nie die Rede!)

und auch nicht für Konzerne, die länderübergreifend tätig sind, für grenzüberschreitende Konzerne; eine Prüfung über die Landes- und Staatsgrenzen hinweg zu führen, ist in der vorgegebenen Zeit sicherlich nicht zu leisten.

(Dr. Stephan Siemer [CDU]: Davon war beim Osnabrücker Modell auch nie die Rede!)

Außerdem ist der Erfolg der zeitnahen Bp weitestgehend von der Bereitschaft zur kooperativen Zusammenarbeit auf beiden Seiten abhängig. Vor allen Dingen - für das Land nicht ganz unwichtig - fällt das Mehrergebnis zeitnaher Betriebsprüfungen deutlich geringer aus als bei herkömmlichen Betriebsprüfungen. Damit fallen auch deutlich geringere Steuernachzahlungen an das Land an.

Allerdings - das ist wieder ein Vorteil; man muss ja immer Pro und Kontra abwägen - fallen die Steuer- und Zinsnachzahlungen für die Unternehmen nicht so geballt an; sie treten nicht für mehrere Jahre auf.

(Christian Grascha [FDP]: Es geht doch um eine gerechte Besteuerung!)

Auf diese Weise werden Liquiditätsprobleme vermieden, und die Unternehmen erlangen früher Rechtssicherheit.

Auf der anderen Seite konnten die erwarteten Effizienzsteigerungen und Personaleinsparungen aufseiten der Finanzverwaltung nicht erreicht werden. Auch die Zahl der Prüfungs- und Berichtstage konnte nicht verringert werden.

Mein lieber Herr Grascha, Sie haben im Haushaltsausschuss zwar immer wieder behauptet, ich hätte in meiner Stellungnahme zur zeitnahen Bp - wie auch Herr Hilbers gerade fälschlich behauptet hat - eine niederschmetternde Rede gegenüber den Forderungen der FDP und der zeitnahen Bp gehalten.

(Gabriela König [FDP]: Ja! - Dr. Ste- phan Siemer [CDU]: Genau so kam sie uns vor!)

Was Sie offensichtlich an dieser Stelle immer noch nicht verstanden haben: Wir als SPD-Fraktion haben lediglich den Evaluationsbericht abgewartet,

(Dr. Stephan Siemer [CDU]: Nein! Sie haben im Oktober 2013 geredet! Da lag der Bericht noch gar nicht vor!)

um dann auf dieser sachlichen Grundlage die Vor- und Nachteile des Modells nüchtern abzuwägen.

(Christian Grascha [FDP]: Sie haben uns schon bei der ersten Beratung gesagt, dass das alles Unfug sei!)

Das können Sie an unserer Beschlussempfehlung erkennen, die Ihnen heute vorliegt.

(Zustimmung von Gerald Heere [GRÜNE])

Herr Grascha, ich weiß, Ihre Aufregung ist nicht ganz unberechtigt.

(Dr. Stephan Siemer [CDU]: Wir ma- chen nur Zwischenrufe! Aufgeregt sind wir nicht! Sie können mal meinen Puls messen! Der ist bei 60!)

Dass ich nämlich Ihre Forderungen sonst niederschmetternd finde, weil sie fernab der Realität sind - da will ich Ihnen gerne recht geben.

(Christian Grascha [FDP]: Arroganz muss offensichtlich bei SPD-Finanz- politikern dazugehören!)

Nach Abwägung aller Vor- und Nachteile stelle ich zunächst einmal nüchtern fest, dass das Land Niedersachsen aufgrund geringerer Mehrergebnisse aus den Prüfungen zunächst einmal weniger Steuereinnahmen erhält, dementsprechend faktisch auch keine Nachzahlungszinsen mehr vereinnahmt, gleichzeitig aber wahrscheinlich höhere Personalkosten zu tragen hätte, wollte man das Modell, wie Sie es beantragt haben, flächendeckend in ganz Niedersachsen einführen.

Hauptkritikpunkt auf unserer Seite bleibt aber, dass das Modell der zeitnahen Bp zu einer Ungleichbehandlung von Unternehmen führt. Nur ein Teil der Unternehmen kommt in den Genuss der zeitnahen Bp; bei den übrigen Betrieben ist sie nicht leistbar.

(Christian Grascha [FDP]: Sie wären doch ohne uns gar nicht zu diesem Änderungsvorschlag gekommen!)

Insgesamt besteht also ein Spannungsverhältnis zwischen der zeitnahen Bp für wenige Betriebe

(Dr. Stephan Siemer [CDU]: Es will ja auch nicht jeder!)

und dem Anspruch, mehr Gegenwartsnähe bei Betriebsprüfungen für alle Betriebe in Niedersachsen zu erreichen. In diesem Spannungsverhältnis bewegen wir uns.

(Dr. Stephan Siemer [CDU]: Bewegen tun Sie sich eben nicht!)

Wir müssen sehen, dass wir es mit unserer Entschließung, die wir entsprechend verändert haben, lösen können.

(Zustimmung von Gerald Heere [GRÜNE])

Vor diesem Hintergrund sind wir zu der Auffassung gelangt - das ist, glaube ich, die einzig richtige Lösung -, dass es sinnvoll ist, den örtlichen Finanzämtern für Großbetriebsprüfung die Entscheidung zu überlassen, welche Firmen im Rahmen der zeitnahen Betriebsprüfung - im Jahrestakt oder im Zweijahrestakt - geprüft werden sollen,

(Reinhold Hilbers [CDU]: Unambitio- niert! - Christian Grascha [FDP]: Um wen geht es eigentlich, um die Steu- erzahler oder um die Finanzverwal- tung?)