Protocol of the Session on January 21, 2015

Die noch kleineren Betriebe haben in fast allen Jahren einen negativen Stundenlohn. Das heißt, sie konnten nicht einmal den Anspruch des Kapitals aus ihrer Arbeit decken, meine Damen und Herren.

Im Ackerbau ist nach Ihren eigenen Zahlen die Mindestgröße 100 ha, um die eigene Arbeit in der Größenordnung eines Mindestlohns überhaupt bezahlt zu bekommen - und das für hoch qualifizierte Landwirte! In den Milchviehbetrieben sieht es exakt genauso aus.

Ich empfehle Ihnen einmal das Studium der Drucksache 17/1413, in der dies von Ihrem Hause, Herr Minister, ganz hervorragend aufgeschlüsselt ist. Diese berechneten Zahlen basieren auf der Grundlage von 1 800 Stunden pro Jahr. Ich habe mir einmal das Vergnügen gemacht, 1 800 Stunden durch 365 Tage zu teilen. So viele Tage muss ein Landwirt nämlich arbeiten. Dann kommen Sie auf 4,93 Stunden pro Tag. Wenn ich Ihnen sage, dass ein Landwirt doppelt so viel arbeitet, jedenfalls wenn er Viehhaltung hat, dann können Sie vielleicht nachvollziehen, dass das nicht übertrieben ist.

Das heißt, diese Minimalzahlen halbieren sich noch einmal. Das sind die Lohnansprüche, die die Landwirte haben. Und Sie wollen uns dann erzählen, dass Sie kleine Betriebe anstreben wollen, um Niedersachsen als Agrarland Nummer eins zu bewahren.

(Beifall bei der FDP)

Meine Damen und Herren, ich komme zum Schluss. Es gibt keine Antwort auf die Frage, ob es sich bei wirtschaftlich arbeitenden etwas größeren Betrieben überhaupt um bäuerliche Familienbetriebe handelt. Sie diffamieren diese Betriebe ja gern als Agrarindustrie.

Ich kann nur feststellen: Mit einer Mischung aus Illusion und Ideologie zerstören Sie die Zukunftschancen für die Landwirtschaft und schaden damit dem gesamten ländlichen Raum nachhaltig. Zukunftsgestaltung, meine Damen und Herren, sieht anders aus.

Ich danke Ihnen.

(Lebhafter Beifall bei der FDP sowie Zustimmung von Clemens Große Ma- cke [CDU] und Frank Oesterhelweg [CDU])

Vielen Dank, Herr Kollege Grupe. - Zur Beantwortung der Großen Anfrage hat jetzt für die Landesregierung Herr Minister Meyer das Wort. Bitte schön, Herr Minister!

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Die FDP hat mit ihrer Großen Anfrage zum ländlichen Raum - nicht nur zur Landwirtschaft - der Landesregierung die Gelegenheit gegeben, umfangreiche Daten und Fakten auf über 2 000 Seiten zusammenzutragen. Davon gehen viele Daten natürlich in die Vergangenheit, in die Regierungszeit von Schwarz-Gelb, z. B. die Zahlen, die Sie eben zu den schlechten Einkommen genannt haben, die auch wir beklagen, die bäuerliche Betriebe in Niedersachsen haben. Deshalb wollen wir daran auch arbeiten.

Meine Damen und Herren, es wird aber nicht nur der Status quo dargestellt - also die Fakten der Vergangenheit -, sondern auch ein Ausblick auf den zu beschreitenden Weg gegeben, den die Landesregierung zusammen mit Kommunen, Verbänden und anderen Akteuren im ländlichen Raum in Niedersachsen gehen will. Die Verstärkung der Regionalpolitik sowie die Stärkung durch die Landesbeauftragten sind angesprochen worden.

Unser Ziel sind gleichwertige Chancen der eigenständigen und nachhaltigen Entwicklung in ganz Niedersachsen. Der ländliche Raum selbst soll als Wirtschafts-, Lebens-, Natur- und Erholungsraum

gestärkt werden. Seine Potenziale sollen weiterentwickelt werden.

Was ist nun der ländliche Raum? - Die Identität und das Bild Niedersachsens sind in sehr großem Maße durch seine ländlichen Räume bestimmt. Wenn man die Definition des ELER, des PFEILProgrammentwurfs, zugrunde legt, macht der ländliche Raum den Großteil der Landesfläche, nämlich 97 %, aus. Dort leben nach dieser Definition 79 % aller Niedersächsinnen und Niedersachsen.

Wir wissen: Die Herausforderungen für die ländlichen Räume sind mehr als groß. Die notwendige Anpassung der Infrastruktur an den demografischen Wandel, der Ausbau eines schnellen Internets, gerade auch außerhalb der Zentren, und natürlich auch ökologische Herausforderungen wie z. B. der Rückgang der Artenvielfalt sind hier zu nennen.

Diese Aufgaben erfordern auch viele Taten. Sie erfordern viel Geld. Den ländlichen Räumen stehen in Niedersachsen bis 2020, wie Sie wissen, 1,1 Milliarden Euro EU-Fördergelder zur Verfügung. Das sind 145 Millionen Euro oder 15 % mehr als bisher - und das, obwohl die EU die ELER-Mittel für Deutschland eigentlich um 9 % gekürzt hatte.

Diese für den ländlichen Raum so positiven Zahlen sind ein klarer Verhandlungserfolg der rot-grünen Landesregierung in Niedersachsen, die sich für eine Mittelverlagerung aus der ersten Säule der GAP, den Direktzahlungen, und - das ist der größte Teil - für eine gerechtere Verteilung zwischen den Bundesländern eingesetzt hatte. Niedersachsen gehört zu den großen Gewinnern dieser ELER-Neuverteilung. Ich weiß, dass mittlerweile auch CDU und FDP anerkennen, dass wir da gut verhandelt haben.

Meine Damen und Herren, wir haben beschlossen, dieses Mehr an Fördergeld schwerpunktmäßig gerade für die Kommunen, für die Regionalentwicklung und für Anreize für Landwirte im Rahmen der sanften Agrarwende einzusetzen. Das kann man gleich am Anfang der Antwort auf die Große Anfrage nachlesen.

Mit fast 320 Millionen Euro will die Landesregierung über 50 % mehr als bei Schwarz-Gelb für Maßnahmen wie Dorfentwicklung, Basisdienstleistungen, Tourismus, Erhalt des Kulturerbes oder Regionalmanagement ausgeben. Hiervon können insbesondere die Kommunen kräftig profitieren, wenn sie die Innenentwicklung als Antwort auf den

demografischen Wandel vorantreiben, neue

Dienstleistungsangebote unterstützen oder die regionale Zusammenarbeit vertiefen wollen.

Im Einzelnen stehen für die Basisdienstleistungen nunmehr 25 Millionen Euro statt zuvor nur 7 Millionen Euro bereit. Der Ansatz für Tourismusprojekte aus dem ELER wächst von knapp 9 Millionen Euro auf 14 Millionen Euro. Für die Regionalentwicklung „von unten“ - da ist eine richtige Aufbruchsstimmung in ganz vielen Regionen des Landes für das Programm LEADER im Gange - hat die Landesregierung fast 108 Millionen Euro - das sind fast 50 % mehr - eingeplant, als es in der alten Förderperiode unter Schwarz-Gelb der Fall war.

Meine Damen und Herren, wichtig ist in diesem Zusammenhang natürlich auch, dass die Landesregierung im Zusammenspiel mit dem EFREFonds und dem ELER den Ausbau des schnellen Internets mit insgesamt 60 Millionen Euro fördern will und wird. Davon kommen 40 Millionen Euro aus PFEIL. Unter der Vorgängerregierung wurde das Breitband mit null Euro aus dem ELER gefördert. Meine Damen und Herren, das ist also ein Novum und hilft den ländlichen Gebieten, nicht den Anschluss zu verlieren.

Wir fördern gerade Landwirte - Herr Grupe hat dies angesprochen - in Bezug auf ihre Einkommen. Wir wissen, wie wichtig die Stützen für die Förderung sind. Wir haben uns nicht nur bei der GAP dafür eingesetzt, dass die Direktzahlungen in Niedersachsen besser sind, als wenn es da eine schnelle Angleichung der Kürzungen gibt, sondern wir geben gerade Anreize für Umweltschutz, für Klimaschutz und für den ökologischen Landbau. Das können wir auch mit Zahlen belegen: Der Ansatz für die Agrar-, Umwelt- und Klimamaßnahmen wächst um fast 33 % auf fast 292 Millionen Euro in der nächsten Förderperiode.

Für den speziellen Arten- und Biotopschutz verfünffacht sich der Förderansatz. Für die Gewässerschutzberatung steigt er um 70 %.

Herr Grupe hat das Thema Tierschutz/Tierwohl angesprochen. Ich habe mit Freude gelesen, dass auch die CDU gesagt hat: Wir müssen das honorieren. - Sie haben ja eine Tierschutzabgabe auf Fleisch gefordert und gesagt: Damit müssen Landwirte honoriert werden.

Wir werden erstmalig in Niedersachsen aus dem ELER massiv Geld für Landwirte ausgeben, und zwar nicht nur für den Umbau von tiergerechten

Ställen, wie Sie es gerade gefordert haben - das haben wir schon mit dem AFP getan -, sondern wir werden auch für die Dauerhaftigkeit für mehr Tierschutz neue Akzente setzen. Wir haben dafür im ELER 28 Millionen Euro für Landwirte eingeplant. Sie fordern doch immer die Honorierung von mehr Tierschutz.

Für alle umweltbezogenen Maßnahmen - sei es in landwirtschaftlichen Betrieben, zur Pflege von Biotopen und zur Entwicklung von Gewässern - sollen 376 Millionen Euro bereitstehen. Das sind fast 40 Millionen Euro mehr als bislang.

Sie sehen: Rot-Grün stärkt den ländlichen Raum wie noch nie.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Zu den genannten EU-Mitteln kommen jeweils die Mittel - - -

(Zurufe von der CDU)

- Wenn es nach der CDU gegangen wäre, hätten wir eine Kürzung im ELER um 10 % gehabt. Dann hätten wir nur 880 Millionen Euro gehabt. Aber dank Rot-Grün haben wir 1,1 Milliarden Euro.

(Starker Beifall bei den GRÜNEN und bei der SPD - Wiard Siebels [SPD]: So ist es! - Zuruf von der SPD: Unser Erfolg!)

Wir geben übrigens - auch das ist eine Stütze für den ländlichen Raum, weil dort nämlich das Obst und das Gemüse produziert werden; Herr Dammann-Tamke, vielleicht überlegen Sie da auch noch einmal Ihre Ablehnung - noch einmal 4 Millionen Euro für die Teilnahme am EU-SchulobstProgramm aus, damit ein Drittel unserer Grundschülerinnen und Grundschüler eine Extraportion Obst und Gemüse bekommt. Auch das ist eine Stütze für Betriebe im ländlichen Raum sowie für Schülerinnen und Schüler. Insgesamt können wir im ELER hier zusammen mit der nationalen Kofinanzierung mit 1,5 Milliarden Euro rechnen.

(Beifall bei den GRÜNEN und bei der SPD)

Meine Damen und Herren, wir kümmern uns gerade auch um Kommunen mit weit unterdurchschnittlicher Steuereinnahmekraft - die Zahlen haben wir auch dargelegt -, die im Übrigen die Voraussetzungen des § 13 NFAG - Bedarfszuweisungen - erfüllen und die EU-Fördermittel aus den verschiedenen Strukturfonds EFRE, ELER und ESF in Anspruch nehmen möchten. Diese Kommunen

können ergänzende Zuweisungen zur Kofinanzierung erhalten.

Sie wissen: Rot-Grün hat im Finanzhaushalt noch einmal 4 Millionen Euro zusätzlich bereitgestellt. Dann kommen aus dem kommunalen Finanzausgleich noch einmal 4 Millionen Euro hinzu. Mit diesen 8 Millionen Euro können wir gerade finanzschwache Kommunen insbesondere auch im ländlichen Raum bei der so dringend nötigen Kofinanzierung strukturverbessernder EU-Projekte unterstützen. Das haben Sie immer gefordert. Sie haben immer beklagt, dass es keine landesseitige Kofinanzierung gibt. Jetzt unterstützen wir gerade strukturschwache Gemeinden im ländlichen Raum. Darüber hinaus hat der Landtag mit dem Haushalt 2015 noch einmal 2 Millionen Euro an Landesgeldern für die Dorfentwicklung zur Verfügung gestellt, wofür wir sehr dankbar sind.

Meine Damen und Herren, es ist sicherlich richtig: Das Land Niedersachsen hat starke Regionen wie z. B. die Region Hannover, die Nachbarräume der Stadtstaaten Bremen und Hamburg sowie natürlich die Region Weser-Ems. Die Stärken dieser Regionen sollen weiter ausgebaut und verstetigt werden. Die Landesregierung hat aber besonders die strukturschwachen Regionen in den Fokus genommen. Dazu zählt natürlich auch Südniedersachsen.

Meine Damen und Herren, der Dialogprozess mit allen Beteiligten in den Regionen findet statt. Hierbei konzentrieren sich die Leitbilder insbesondere auf Probleme, die durch den demografischen Wandel und strukturelle Schwächen hervorgerufen werden. Landkreise haben bereits Demografiekonzepte erarbeitet. In Anbetracht der sehr verschiedenen Demografieperspektiven in den ländlichen Räumen ist das aus unserer Sicht der richtige Ansatz.

Die Landesregierung unterstützt die konzeptionelle Arbeit der Landkreise zur Bewältigung der Herausforderungen des demografischen Wandels. Mit diesen Konzepten möchten die Landkreise u. a. Bürgerinnen und Bürger sowie Vereine und Verbände einbinden.

Meine Damen und Herren, die Landesregierung hat auch Ideen zur Unterstützung der niedersächsischen Wirtschaft umgesetzt. Die demografische Entwicklung hat einen starken Einfluss auf die Wirtschaft, insbesondere unter dem Stichwort Fachkräftemangel. Gerade auch bei den weiten Wegen im ländlichen Raum ist das ein Problem. Um sich diesem Problem zu stellen und Lösungsansätze zu finden, ist die Fachkräfteinitiative ins

Leben gerufen worden. Diese Initiative soll Potenziale nutzen und weiterentwickeln, um Fachkräftelücken zu vermeiden und den Bedarf an Fachkräften zu decken.

Meine Damen und Herren, im Rahmen der Förderung von Investitionsvorhaben der gewerblichen Wirtschaft unterstützt die Landesregierung Investitionen in die Errichtung neuer Betriebsstätten und die Erweiterung bestehender Betriebsstätten. Aber auch die Diversifizierung der Produktion in neue oder zusätzliche Produkte wird gefördert. Es werden sogar Übernahmen stillgelegter oder von der Stilllegung bedrohter Betriebsstätten gefördert. Auch diese Förderung ist ein wichtiger Baustein zur Unterstützung der Wirtschaft und Lebensqualität im ländlichen Raum.

Meine Damen und Herren, Niedersachsen ist nicht nur Agrarland Nummer eins, sondern auch Ehrenamtsland Nummer eins. In keinem anderen Bundesland gibt es so viel freiwilliges Engagement für die Gemeinschaft wie in Niedersachsen. Darauf sind wir stolz. Es geht hier nicht nur um Anerkennung und Wertschätzung, nicht nur um Auszeichnungen, Preise und Ehrungen, sondern es geht um Qualifizierungs- und Nachweismöglichkeiten für diese Tätigkeiten. In Niedersachsen leben Menschen, auf die man sich im Hinblick auf Ehrenamt und freiwilliges Engagement verlassen kann.

Die damalige SPD-Landesregierung hatte seit dem Jahr 2001 zu Recht Wert auf die Offensive „Bürgerschaftliches Engagement für Niedersachsen“ gelegt. Dies war sicherlich mit ein Auslöser für diese positive Entwicklung, gerade das Ehrenamt im ländlichen Raum zu stärken.

Die Mobilität im ländlichen Raum muss nicht nur aufrechterhalten werden, sondern sie muss verbessert werden. Es ist das erklärte Ziel der Landesregierung, dass intelligente Lösungen zur Ausweitung des Mobilitätsangebotes entwickelt werden. Würden wir die Mobilität auf dem Lande außer Acht lassen, würden Bereiche der Daseinsvorsorge - Bildung, Gesundheitswesens, Einzelhandel, Kultur, Freizeit; überall muss man mobil sein - und auch Arbeitsstätten darunter leiden.

Nachhaltige und bezahlbare Mobilitätskonzepte zu entwickeln und den Ausbau des öffentlichen Personennahverkehrs auf Schiene und Straße zu befördern, sind im Übrigen auch Bestandteil der Koalitionsvereinbarung. Hier soll gerade im ländlichen Raum der öffentliche Personennahverkehr besser wahrgenommen werden.