Protocol of the Session on January 20, 2015

Es ist bemerkenswert, zu welchen Themen die Grünen eine Aktuelle Stunde auf die Tagesordnung setzen. Dabei gibt es doch so viele landespolitische Themen, die quasi auf der Straße liegen und die eine Erörterung verdient hätten:

(Miriam Staudte [GRÜNE]: Sind 228 Millionen Euro nicht relevant?)

Schüler demonstrieren, weil ihre Klassenfahrten wegen der rot-grünen Landespolitik ausgefallen sind. In Berlin geht es aktuell um Landwirtschaftspolitik. Wir haben Probleme bei Asse II; dort kommt man nicht voran. Der Minister hat Eckert & Ziegler in Braunschweig besucht.

Das sind Themen, die Niedersachsen tatsächlich berühren. Um die sollte es gehen, und damit hatte ich eigentlich auch gerechnet.

(Miriam Staudte [GRÜNE]: Stellen Sie doch einen Antrag!)

Aber womit kommen Sie? - Sie kommen mit einem Schreiben des Hessischen Ministerpräsidenten aus dem Jahre 2011, das - der Herr Minister hat

das eben selbst deutlich gemacht - überhaupt keinen Bezug zu Niedersachsen hat. Möglicherweise wird E.ON dieses Schreiben in der Klage heranziehen, aber eigentlich nur, um die rechtliche Position zu erklären. Mit Niedersachsen hat dieses Schreiben jedenfalls überhaupt nichts zu tun.

Das Ganze dient doch nur dazu, dass Sie Ihre altbewährten Verschwörungstheorien wieder aufwärmen können; Frau Staudte hat das einmal mehr hier eben getan, und der Minister hat das bedauerlicherweise unterstützt, indem er hier ständig von Verdächtigungen und sonst was gesprochen hat, ohne einen tatsächlichen Anhaltspunkt darzulegen.

(Anja Piel [GRÜNE]: Ich finde, solche Schreiben sind schon Anhaltspunkte!)

Zur Sache, meine Damen und Herren. Sie wollen belegen, dass es sich um ein bestelltes Schreiben handelt, dass es irgendwelche Verbindungen gegeben hat, die es nicht hätte geben dürfen. Damit bewegen Sie sich aber auf sehr dünnem Eis. Sie dürften wohl kaum die gesamte Faktenlage in diesem Prozess kennen, und Sie wissen wohl auch kaum etwas über die rechtliche Bewertung. Vielmehr stellen Sie aufgrund eines Medienberichts, der sicherlich nicht die objektive Wahrheit widerspiegelt, Spekulationen an.

Sie von den Grünen und von der SPD und Herr Wenzel vorneweg, Sie hätten im Jahr 2011, wenn E.ON oder RWE gesagt hätten, dass sie ihre Kernkraftwerke wieder anfahren wollen, eine atomrechtliche Untersagungsverfügung fordern müssen. Genau dagegen hätte sich der Betreiber dann mit einer Klage wehren müssen.

Aufgrund der Ereignisse in Hessen kann ich nachvollziehen, dass RWE argumentiert, dass das Schreiben des Ministers der Sache nach eine solche atomrechtliche Untersagungsverfügung sei. Sonst hätte der Betreiber die Kraftwerke wieder anfahren müssen, und erst dann wäre die Verfügung gekommen. Deshalb hat der Betreiber vorher gefragt: Wie würdet ihr reagieren, wenn wir das täten? - Der Ministerpräsident hat offensichtlich gesagt, dass dann eine solche Verfügung ergehen würde.

Mit anderen Worten: Sie beklagen hier ein Schreiben, das Sie in der damaligen Situation lauthals eingefordert hätten.

(Jörg Bode [FDP]: Genau! Ja!)

Sie sagen selbst, dass man das Wiederanfahren um jeden Preis hätte verhindern müssen. Aber heute werfen Sie denjenigen, die damals die Verantwortung übernommen haben, vor, sie hätten geklüngelt und irgendwelche Schadenersatzforderungen auf den Steuerzahler übertragen.

Das ist unredlich. Das ist eine Unverschämtheit, die wir uns nicht bieten lassen.

(Beifall bei der FDP - Zustimmung bei der CDU)

Aber das, Herr Wenzel, gibt mir die Gelegenheit, Ihr ohnehin fragwürdiges Verhältnis zum Rechtsstaat aufzugreifen.

(Zuruf von den GRÜNEN: Was? - Jörg Bode [FDP]: Gar kein Verhältnis zum Rechtsstaat! - Helge Limburg [GRÜNE]: Quatsch! Unfug!)

Ich meine die Art und Weise, mit der Sie bei jeder Gelegenheit auftreten. Sie können die Betreiber der Kernkraftwerke gut oder schlecht finden, Sie können die Betreiber der Kernkraftwerke diskreditieren, und Sie können auch eine Klage gut oder schlecht finden; das spielt überhaupt keine Rolle. Aber das, was Sie machen, grenzt im Prinzip an eine Verweigerung, einen effektiven Rechtsschutz zu gewährleisten.

Sie behaupten immer wieder, die politische Entscheidung für den Ausstieg aus der Kernenergie und der gesellschaftliche Konsens würden angegriffen, und deshalb wäre eine solche Klage am Ende illegitim. Das aber muss ich ausdrücklich zurückweisen. Wir leben in einem Rechtsstaat, und dort hat jeder die Möglichkeit, seine Rechte durchzusetzen, auch gerichtlich. Wenn Ihnen das nicht passt, dann ist das Ihr Problem. Sie müssen es aber hinnehmen und sollten nicht versuchen, auf die Art und Weise, wie die Grünen das hier tun, diesen Vorgang zu diskreditieren.

Vielen Dank.

(Beifall bei der FDP und bei der CDU)

Vielen Dank, Herr Dr. Birkner. - Frau Staudte hat sich zu dem gleichen Punkt noch einmal gemeldet. Das wird eine knappe Sache; denn Sie haben nur noch elf Sekunden.

Gut, dann in aller Kürze.

Herr Dr. Birkner, wie bei 228 Millionen Euro der Bezug zu Niedersachsen nicht gegeben sein soll, das müssen Sie erst einmal erklären.

(Beifall bei den GRÜNEN und bei der SPD)

Es kann ja sein, dass Sie die Klageschrift nicht kennen. Aber zumindest die Süddeutsche Zeitung sollten Sie gelesen haben.

Ich finde, es ist eine Unverschämtheit, dass Sie uns immer wieder ein gestörtes Verhältnis zum Rechtsstaat unterstellen.

(Jörg Bode [FDP]: Das ist doch so!)

Der Skandal liegt ausdrücklich nicht darin, dass geklagt wird, sondern der Skandal liegt darin, dass sich der Ministerpräsident einer schwarz-gelben Landesregierung als Steigbügelhalter der Atomwirtschaft geriert hat.

Sicherlich: Es ist legal, zu klagen. Aber letztendlich ist es illegitim, wenn man berücksichtigt, wie sehr die Atomwirtschaft in den letzten Jahrzehnten gefördert und subventioniert worden ist.

(Beifall bei den GRÜNEN - Christian Dürr [FDP]: Was? Ihr Rechtsstaats- verständnis geht an der Demokratie vorbei! Nur die Gutmenschen dürfen anklagen? Unglaublich!)

Vielen Dank, Frau Staudte. - Jetzt hat sich noch einmal Dr. Birkner zu Wort gemeldet. Er hat noch eine ganze Minute. Bitte schön!

Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Sehr geehrte Frau Staudte, Sie haben im Prinzip das bestätigt, was ich gesagt habe.

Sie sagen, diese Klagen seien illegitim.

(Miriam Staudte [GRÜNE]: Ja!)

Das heißt, sie seien nicht vernünftig, politisch nicht sinnvoll und am Ende auch nicht wirklich legitimiert.

Frau Staudte, natürlich ist es legitim, zu klagen. Das ist legal und legitim.

(Miriam Staudte [GRÜNE]: Legitim! Sie sind Jurist und müssten den Un- terschied kennen!)

Jeder hat einen Anspruch darauf, seine Rechte vor Gericht durchzusetzen. Es ist legitim, wenn er das tut. Ob das am Ende legal ist, darüber entscheiden die Gerichte und nicht Sie! Legitim ist es allemal.

(Beifall bei der FDP und bei der CDU - Miriam Staudte [GRÜNE]: Warum ha- ben Sie nichts zur FDP-Verantwort- ung unter der letzten Hessischen Landesregierung gesagt?)

Sie versuchen, einen Skandal herbeizureden - das ist mit den Händen zu greifen -, haben aber bisher keinen Anhaltspunkt gefunden. Herr Bosse hat spekuliert - „wäre“, „könnte“, „sollte“, „müsste“ -, Sie haben spekuliert, haben aber keinen konkreten Anhaltspunkt.

Das zeigt, dass es Ihnen nur darum geht, die alten Fronten wiederherzustellen und Ihrer Anhängerschaft, die Sie noch zu haben glauben, zu genügen. Sie wollen die alten Kämpfe gegen die Atomindustrie wieder aufnehmen.

Ich finde, Sie sollten sich lieber auf konstruktivere Dinge konzentrieren, als erneut vergebene

Schlachten zu schlagen. Aber das müssen Sie selber wissen.

(Beifall bei der FDP und bei der CDU)

Vielen Dank.

Vielen Dank, Herr Dr. Birkner. - Damit sind wir am Ende des Punktes 3 b.

Wir kommen jetzt zu

c) Mehr Chancen durch mehr Zuwanderung - Warum Deutschland qualifizierte Zuwanderung braucht! - Antrag der Fraktion der FDP - Drs. 17/2750