Vielen Dank, Frau Jahns. - Für die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen hat nun Herr Kollege Belit Onay das Wort.
Vielen Dank. - Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Vor knapp zehn Tagen sind in Paris Menschen nur deshalb ermordet worden, weil sie ihr Recht auf freie Meinungsäußerung in Anspruch genommen haben. Menschen sind ermordet worden, weil sie Polizistin bzw. Polizist
Diese Attentate inmitten Europas haben uns schockiert, sie haben Menschenleben gekostet, sie haben uns verstört. Nun stehen wir vor diesen Attentaten und suchen und ringen nach Antworten, nach Reaktionen, wie wir solchen Verbrechen begegnen können, Verbrechen, die auf unsere freiheitliche Gesellschaftsordnung, auf unsere
Freiheit abgezielt haben. Die Antwort - das muss man hier in aller Deutlichkeit sagen - auf diese Attentate, auf diese Morde kann nur sein, dass wir unsere Freiheit, unsere freiheitliche Gesellschaftsordnung vehement und um jeden Preis verteidigen.
Wir dürfen unsere Freiheit auch nicht vergessen, wenn wir über sicherheitspolitische Maßnahmen diskutieren. Auch an dieser Stelle möchte ich daher noch einmal ganz klar und deutlich sagen: Die Vorratsdatenspeicherung wird fälschlicherweise als ultimative Lösung angepriesen. Sie ist aber ein Einschnitt in die Grundrechte. In Frankreich haben wir leider gesehen, dass sie nicht dazu gedient hat, die Morde zu verhindern. Die Attentäter waren im Fadenkreuz der Ermittler, sie standen auf zig Listen, auf Terrorlisten, auf Verbotslisten usw., usf.
Vielen Dank, Frau Präsidentin. - Sehr geehrter Herr Kollege Onay, bei aller Unterschiedlichkeit der Meinungen in der Debatte über die Vorratsdatenspeicherung will ich aber, weil Sie ja gerade auch ein Stück weit für die rot-grüne Koalition gesprochen haben, noch einmal fragen, was Sie dazu
sagen, dass laut Neuer Presse Niedersachsens Innenminister Boris Pistorius eine Neuauflage der sogenannten Vorratsdatenspeicherung befürwortet. Müsste es da nicht eine klare Antwort der Grünen gegenüber dem Koalitionspartner geben?
Vielen Dank, Herr Dürr, für die Frage. Der Funke der Wahrheit entspringt dem Zusammenprall der Ideen, hat einmal einer gesagt.
Wir streiten uns auch gerne innerhalb der Koalition. Aber ich sehe auch gar keine gesetzliche Grundlage für die Vorratsdatenspeicherung, sodass sich eine Diskussion darüber und auch die Forderung danach zunächst einmal erübrigen.
Aber, Herr Dürr, es trifft sich gut, dass Sie sich gerade zu Wort gemeldet haben. Denn zu Ihnen wollte ich auch kurz etwas sagen. Sie haben vorhin in Ihrem Beitrag das Staatsbürgerschaftsrecht kurz angesprochen. Dazu möchte ich nur noch einmal erwähnen: Bei der Idee, dass wir quasi Menschen ausbürgern, die als Islamisten auffällig werden, ist nicht nur das Problem, dass wir uns unserer Verantwortung entziehen. Denn wir dürfen nicht vergessen, dass diese Personen hier, innerhalb unserer Gesellschaft, zu dem geworden sind, was sie heute sind.
Das Zweite ist: Wenn wir sie dann vermutlich sogar noch ausweisen oder abschieben würden, würden wir Terroristen sogar noch ins Ausland exportieren.
Herr Onay, Sie haben jetzt auch bei dem Kollegen Adasch den Wunsch hervorgerufen, eine Frage zu stellen.
Ich mache jetzt erst kurz weiter. Ich habe leider nicht mehr so viel Zeit, aber doch noch einiges zu sagen.
Wir brauchen aber klare Analysen. Wenn wir Antworten finden wollen, dann brauchen wir eine klare Analyse dessen, was gerade in Paris passiert ist. Da lohnt ein Blick in die Biografien, in die Lebensverläufe der dortigen Täter.
Wenn wir uns die Biografien einmal genau anschauen, dann werden wir merken, dass der oft gesagte Satz, der Islam habe nichts mit diesen terroristischen Taten zu tun, nicht bloß eine politisch korrekte Floskel ist. Wenn wir uns diese Biografien, die Lebensverläufe dieser drei Männer ansehen, dann sehen wir ein vollständiges, ein völliges Scheitern. Wir sehen gescheiterte Familien, wir sehen die gescheiterten Existenzen, wir sehen drei junge Männer, die nach Halt, Perspektive, nach Ausblick suchen. Wir sehen einen Werdegang von der Ausweglosigkeit hin in die Radikalisierung, meine sehr geehrten Damen und Herren. - Leider eine Geschichte von so vielen jungen Menschen, teilweise leider auch in Niedersachsen.
Darauf muss auch Politik Antworten finden. Deshalb freue ich mich sehr, dass die Sozialministerin in Kooperation mit den muslimischen Dachverbänden eine Präventionsstelle als Hilfestellung für die Betroffenen und ihre Angehörigen geschaffen hat.
Aber ein Blick in die Biografien zeigt auch, dass insbesondere zwei der Täter gerade im französischen Justizvollzug radikalisiert worden sind. Deshalb möchte ich hier noch einmal ausdrücklich erwähnen, dass im vergangenen Oktober 2014 die Justizministerin
die muslimische Seelsorge intensiv ausgebaut hat mit 36 Seelsorgerinnen und Seelsorgern, dass sie Bürokratie abgebaut hat, sodass der Kontakt zu den Inhaftierten intensiviert und die Arbeit verbessert werden kann.
Das ist auch der springende Punkt, meine sehr geehrten Damen und Herren: Wir brauchen den Zusammenhalt, wir brauchen den Schulterschluss, wir brauchen die Einigkeit auch mit den muslimischen Dachverbänden. Denn die Trennlinie verläuft nicht zwischen Abendland und Muslimen, sie verläuft zwischen Radikalen und Demokraten, sie verläuft zwischen Terroristen und dem Rechtsstaat, meine sehr geehrten Damen und Herren.
Deshalb dürfen wir uns auch nicht Positionen anbiedern, die genau diese Trennlinie, die nicht vorhanden ist, darstellen oder verschärfen wollen, meine sehr geehrten Damen und Herren.
Herr Dürr, darin stimme ich mit Ihnen völlig überein: Es ist nicht hinzunehmen, dass diese Demonstration am gestrigen Montag abgesagt werden musste. Ich halte es da mit dem Satz: Ich mag zwar verdammen, was ihr sagt, aber ich setze mich mit allem dafür ein, dass ihr es sagen dürft.
Aber das darf nicht dazu führen, dass wir Positionen übernehmen. Denn es ist überhaupt keine Frage mehr, ob das noch bürgerlich ist, was dort gesagt und propagiert wird, oder schon rassistisch.
Ich freue mich deshalb, dass wir hier in Niedersachsen, in unserer Landeshauptstadt Hannover 20 000 Menschen auf den Straßen hatten, die ein klares Zeichen gesetzt haben. Denn unsere Antwort auf Rassismus und Terrorismus kann nur sein: Mehr Einigkeit und Recht und Freiheit - und nichts anderes, meine sehr geehrten Damen und Herren.
ist sicherlich eine der größten Herausforderungen für die Sicherheit in Deutschland, aber eben auch für die Offenheit unserer Gesellschaft.
Ich empfinde es als alarmierend und als eine Niederlage der Demokratie, wenn Demonstrationen, wie in Dresden, abgesagt werden müssen, auch wenn die Inhalte, die dort propagiert werden, von mir in keiner Weise geteilt werden und ich sie ablehne.