Protocol of the Session on December 18, 2014

Auch in der Bildungspolitik reden Sie nicht mit den Betroffenen. Auch dort haben Sie keine Ahnung von der Realität. Auch dort stülpen Sie den Menschen Ihre Ideologie über.

Ein Beispiel: Die Kinder in der Gemeinde Wardenburg bei mir im Landkreis Oldenburg haben die Auswahl zwischen zwei Gymnasien und einer Oberschule in Nachbarorten und der IGS vor Ort.

Die SPD hat vor Kurzem diese IGS in Wardenburg besucht. Gestern stand von diesem Besuch in der Nordwest-Zeitung - Zitat -: Bekanntlich bleibt die breite Akzeptanz dieser Schulform und damit der erhoffte Zulauf an Schülern hinter den Erwartungen zurück. Der Schulleiter bedauert einen großen Konkurrenzkampf. Zuletzt seien nur noch 66 Schüler angemeldet worden; 150 hätte man aufnehmen dürfen. Und er sagt: Er wünscht sich, dass die Anmeldezahlen wieder nach oben gehen. - Dann steht dort: Dieser Wunsch könnte sich mit der Schulgesetznovelle der Landesregierung erfüllen, wenn Gesamtschulen als Ersatz für andere Schulformen zugelassen werden dürfen. Somit entfiele ein Ausweichen für die Wardenburger auf andere Schulen. - Das kommentiert ein SPD

Kommunalpolitiker mit den Worten: „Einige Eltern überfordert die Wahlfreiheit aber auch.“

(Heiterkeit bei der FDP und bei der CDU - Unruhe bei der SPD)

Ich will das diesem Kommunalpolitiker nicht zum Vorwurf machen; denn er spricht nur das aus, was Sie alle hier denken. Wenn sich die Eltern nicht für die Schulform entscheiden, die sich die SPD wünscht, dann sind sie halt überfordert. - Das hat nichts mit Wahlfreiheit zu tun, das ist klassische Obrigkeitspolitik, meine sehr verehrten Kolleginnen und Kollegen!

(Beifall bei der FDP und bei der CDU)

Das erleben wir nicht nur bei den allgemeinbildenden Schulen. Das, was Sie derzeit mit den Förderschulen im Land machen, meine Damen und Herren, das spottet wirklich jeder Beschreibung. Frau Heiligenstadt, wir hatten im Oktober ein gemeinsames Gespräch mit den Elternvertretern der Förderschule Sprache in Nehrstedt. In dem Gespräch haben Sie den Eltern gesagt, dass ihre Fördergrundschule genau das macht, was Sie sich landesweit wünschen würden. Sie haben zugesagt, dass es eine pragmatische Lösung zum Erhalt dieser Schule geben würde.

(Petra Tiemann [SPD]: Ja!)

Fast jedes Kind verlässt diese Schule ohne sprachliches Defizit und geht dann zur Regelschule. Nachdem sie ihren Schulabschluss in der Tasche haben, fragt niemand mehr nach, ob sie die ersten Grundschuljahre an einer Förderschule verbracht haben. Diesen Kindern wird eine echte Chance gegeben.

Wissen Sie, wie diese Eltern auf Ihren Gesetzentwurf reagiert haben? - Am 13. November sprechen

sie in der NWZ von „großer Enttäuschung und maßloser Wut“. Die Förderschule Sprache wurde einfach aus dem Niedersächsischen Schulgesetz ersatzlos gestrichen. Der Gesetzentwurf diskriminiere sprachbeeinträchtigte Kinder.

Frau Meyer - wir haben dazu nachher noch eine Petition -, die Vorsitzende der Elternratsinitiative zum Erhalt der Förderschulen, die bei dem Gespräch im Oktober, das wir gemeinsam geführt haben, dabei war, spricht von „fadenscheinigen Lippenbekenntnissen“. „Das ganze Gerede und scheinbare Einlenken von Kultusministerin Heiligenstadt und ihrem Ressort war pure Makulatur. Hier ging es nie um das Wohlergehen der Kinder.“

Angesichts solcher Worte von betroffenen Eltern frage ich Sie, Frau Heiligenstadt: Wann wachen Sie endlich auf? - Diese Kinder haben eine Chance verdient! Und verdammt noch einmal: Die wiegt mehr als die Programmatik von SPD und Grünen, meine sehr verehrten Damen und Herren!

(Lebhafter Beifall bei der FDP und bei der CDU)

Wir erleben derzeit einen Zustrom von Menschen, die vor Krieg und Verfolgung zu uns kommen. Ich will an dieser Stelle eines ganz deutlich sagen. Menschen, die ihre Heimat hinter sich lassen müssen, um hier in Niedersachsen zu leben, zu arbeiten, eine Familie zu gründen, sind für unsere alternde Gesellschaft eine große Chance. Aber die Politik muss natürlich auch die richtigen Maßnahmen ergreifen. Außer Sonntagsreden ist bei SPD und Grünen leider nicht viel zu sehen, meine Damen und Herren.

Es war richtig, dass der Bundesrat entschieden hat, die Arbeitsverbote für Asylbewerber und Flüchtlinge zu lockern. Ich meine, da könnte auch noch mehr drin sein.

Aber: Neben einem Dach über dem Kopf und einer Chance auf Arbeit brauchen diese Menschen vor allem eines: eine echte Chance auf Teilhabe! Da, meine Damen und Herren, kann das Land etwas tun. Wir als FDP-Fraktion haben deshalb in unseren Haushaltsanträgen vorgeschlagen, 12,5 Millionen Euro für Sprach- und Integrationskurse zur Verfügung zu stellen, und zwar für Kinder und Erwachsene. Wir wollen 1 000 zusätzliche VHSKurse und 80 neue Sprachlernklassen, 160 pädagogische Mitarbeiter sowie eine Erhöhung des Budgets für die Sprachlernklassen.

(Renate Geuter [SPD]: Leider haben Sie dabei nicht an das Haushaltsrecht gedacht!)

Ich habe mir Ihre politische Liste, Frau Kollegin Piel, liebe Kollegin Modder, noch einmal genau angeschaut. Sie wollen ganze 500 000 Euro dafür einstellen.

(Christian Grascha [FDP]: Ein Tropfen auf den heißen Stein ist das!)

Selbst wenn ich Ihrem Gedankengang folge, dass höchstens 30 Millionen Euro, also nur 0,1 % des Landeshaushalts, umgeschichtet werden könnten, muss ich Sie angesichts der Tatsache, dass Sie von diesen 30 Millionen Euro nur 500 000 Euro für diese Menschen ausgeben wollen, fragen: Welcher Titel in Ihren Änderungsvorschlägen wiegt mehr als das Schicksal dieser Menschen in Niedersachsen?

(Beifall bei der FDP und bei der CDU)

Ich will Ihnen sagen: Wer Integration und Teilhabe wie eine Monstranz vor sich herträgt, aber, wenn es zum Schwur kommt, nicht einmal bereit ist, das Nötigste dafür zu tun, der ist zwar ein Gutmensch und Ankündigungspolitiker, wird aber den Schicksalen dieser Menschen und den Chancen, die sie verdient haben, nicht gerecht.

(Beifall bei der FDP und bei der CDU)

Meine sehr verehrten Kolleginnen und Kollegen, ich will zum Schluss noch einmal auf den Zauberlehrling der Landesregierung zurückkommen.

Sehr geehrter Herr Schneider, Sie können 2 Milliarden Euro Steuermehreinnahmen seit 2013 verbuchen. Gleichzeitig ist die Zinsbelastung um 300 Millionen Euro gesunken. Die Nettokreditaufnahme reduzieren Sie im Jahr 2015 um 20 Millionen Euro gegenüber der von uns für das Jahr 2013 veranschlagten Nettokreditaufnahme. Sie haben also 2,3 Milliarden Euro mehr Spielraum, reduzieren die Nettokreditaufnahme aber in Summe um nur 20 Millionen Euro. Ich frage Sie: Wo ist der Rest geblieben? - Jedenfalls nicht bei den Landesbeamten, denen Sie die Tarifsteigerung erst verspätet gegeben haben.

Das ist mit Abstand der anstrengungsloseste Haushalt, den es je in der Geschichte des Landes gegeben hat. Meine Damen und Herren, das kann nicht angehen.

(Beifall bei der FDP und bei der CDU)

Sie hinterlassen das den nachfolgenden Generationen. Herr Ministerpräsident, deswegen will ich mich - vielleicht können Sie, sofern Sie die Möglichkeit haben, kurz von Ihrem iPad aufschauen - persönlich an Sie wenden. Die heute fünfjährigen Kinder, denen es nach Ihren Plänen ab dem kommenden Schuljahr verwehrt wird, die Förderschule Sprache zu besuchen, werden die Schuldenlast tragen müssen, die Sie auch mit diesem Haushalt auftürmen. Sie erwarten von denjenigen, denen Sie jetzt womöglich die Zukunft verbauen, dass sie nach Ihnen aufräumen. Ich sage: Das ist unanständig.

Herzlichen Dank für die Aufmerksamkeit.

(Starker, lang anhaltender Beifall bei der FDP und bei der CDU)

Vielen Dank, Herr Kollege Dürr. - Es folgt jetzt die Vorsitzende der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen. Frau Abgeordnete Piel, ich erteile Ihnen das Wort.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Wir blicken auf eine Haushaltswoche mit intensiven Beratungen zurück. Auch im Namen der GrünenLandtagsfraktion möchte ich dafür allen Abgeordneten in diesem Haus herzlich danken.

(Beifall bei den GRÜNEN und bei der SPD)

Dabei ist deutlich geworden, dass Rot-Grün konstruktiv, konzentriert und solide für ein gerechtes, ökologisches und weltoffenes Niedersachsen arbeitet. Das bilden wir auch mit diesem Haushalt 2015 ab.

Wir senken Schritt für Schritt die Neuverschuldung und werden die Schuldenbremse bis spätestens 2020 einhalten. Das sehen auch unabhängige wissenschaftliche Gremien so.

Gleichzeitig investieren wir in Klimaschutz, in Soziales und in gute Bildung, von der Krippe bis zur Uni. Wir haben in den letzten Tagen wie in den letzten zwei Jahren klargemacht, was wir wollen, wohin die Reise gehen soll.

Was aber will die Opposition in Niedersachsen? Sind Sie sich da überhaupt untereinander einig?

Sie werfen uns auf der einen Seite mangelnden Sparwillen vor. Aber bei Ihren Sparvorschlägen bleiben Sie vage und unkonkret und schenken uns eine ganz schön trübe Brühe an Vorschlägen ein.

(Christian Grascha [FDP]: Titelscharfe Vorschläge! - Gegenruf von Renate Geuter [SPD]: Die aber leider nicht belastbar sind! Was Sie da geschrie- ben haben, hat nichts mit der Realität zu tun!)

Herr Grascha, beim Blick auf die Globale Minderausgabe fällt auf: Ganze 40 Millionen Euro meint die FDP mal eben so im Landeshaushalt einsparen zu können. Gleichzeitig sind Sie mit den Erklärungen dafür ein bisschen sparsam.

(Beifall bei den GRÜNEN und bei der SPD)

Weit über 300 Stellen will die CDU streichen, die FDP sogar noch mehr. Was Sie den Bürgerinnen und Bürgern aber besser auch jetzt schon erzählen sollten: Allein 100 Stellen wollen Sie beim Verbraucherschutz einkassieren.

(Helge Limburg [GRÜNE]: Was?)

Das muss man sich einmal auf der Zunge zergehen lassen! Wir haben doch in den letzten Tagen intensiv über Verbraucherschutz geredet.

(Helge Limburg [GRÜNE]: 100 Stellen weniger im Verbraucherschutz? Un- glaublich! - Gegenruf von Jörg Bode [FDP]: Das stimmt doch gar nicht!)

Wie passt das eigentlich zu Ihrer neu entdeckten Liebe zum Verbraucherschutz?

Dann schlägt die FDP den Verkauf von Landeseigentum vor.

(Helge Limburg [GRÜNE]: Das hat sie schon immer gemacht!)

Wir haben im Plenum viel davon gehört, dass wir gute Steuereinnahmen haben. Und die FDP schlägt vor, jetzt ohne erkennbare Not Tafelsilber zu verscherbeln,