„Verantwortungsvolle Forschungsförderung bedeutet daher aber auch, langfristige Entwicklungen im gesellschaftlichen, wirtschaftlichen und technologischen Bereich zu verfolgen. Vor diesem Hintergrund wird die Erforschung der Kernfusion gefördert. Werden
die wissenschaftlichen und technischen Herausforderungen bewältigt, könnte die Kernfusion einen wichtigen und grundlastfähigen Beitrag für die Energieversorgung der Zukunft liefern. Aus diesem Grund arbeitet Deutschland mit europäischen Partnern beim Aufbau des internationalen For
schungsreaktors ITER zusammen, der erstmalig mit einem brennenden Fusionsplasma im 500-MW-Bereich die Machbarkeit der Energiegewinnung aus Fusionsprozessen demonstrieren soll.“
Meine Damen und Herren, Forschung soll Dinge für die Zukunft entwickeln, sie soll Möglichkeiten eröffnen. Damit ist doch überhaupt keine Entscheidung verbunden, ob man später eine solche Technologie anwendet. Wenn wir aber so tun und meinen, uns schon heute anmaßen zu können, die Wege vorzuzeichnen, dann ist das zukunftsfeindlich und fortschrittsfeindlich. Das ist keine Politik, für die wir uns hier hergeben werden.
Frau Staudte, die eigentlich spannende Frage ist doch: Was tun Sie denn auf Landesebene? - Die Wissenschaftsministerin gehört Ihrer Fraktion an, sie ist Mitglied Ihrer Partei. Was tut sie denn, um den vermeintlichen, von Ihnen identifizierten
Schwerpunkt zu besetzen? - Ich bin gespannt, ob sich das demnächst im Niedersachsen-Vorab widerspiegelt, ob dort entsprechende Schwerpunkte gesetzt werden. Bisher ist davon nichts zu hören. Ich bin gespannt, welche Initiativen die Ministerin auf der Wissenschaftsministerkonferenz oder der Wirtschaftsminister auf der Wirtschaftsministerkonferenz für diese Landesregierung einbringen wird, um Ihnen hier wenigstens einen Funken Glaubwürdigkeit zu verleihen.
Meine Damen und Herren, das ist nichts anderes als ein Schaufensterantrag, der nicht substantiiert ist. Sie wollen hier nur Ihre alten Vorurteile, Ihre alte Meinung wiederbeleben, um Ihre Klientel zu bedienen.
Vielen Dank, Herr Dr. Birkner. - Zu Wort gemeldet hat sich jetzt der Minister. Herr Minister Wenzel, bitte schön!
Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Sehr geehrter Herr Birkner, es lohnt sich vielleicht, sich etwas sachlicher mit dieser Herausforderung auseinanderzusetzen.
Das Standortauswahlgesetz formuliert das Ziel, in einem wissenschaftsbasierten und transparenten Verfahren einen Standort für die Lagerung insbesondere hoch radioaktiver Abfälle zu finden, der Sicherheit für 1 Million Jahre gewährleisten soll. Es geht dabei um die Frage, welche Anforderungen Politik und Zivilgesellschaft heutzutage stellen müssen, um Entscheidungen auf der Grundlage des vom Bundesverfassungsgericht geforderten aktuellen Stands von Wissenschaft und Technik treffen zu können und somit Vertrauen zurückzugewinnen, das in den letzten Jahren vielfach verloren gegangen ist.
Dabei gilt es schon, die Forschungskapazitäten des Bundes ins Blickfeld zu nehmen. Die Forschungslandschaft zur nuklearen Sicherheit, zur Entsorgung in Deutschland ist unübersichtlich und kompliziert. Sie ist über drei Bundesministerien verteilt: BMUB, BMBF und BMWi. Die Entscheidungswege sind schwerfällig und etwas intransparent, um es vorsichtig auszudrücken. Auch die Kriterien für vom Bund geförderte Forschungsprojekte sind intransparent. Es war in der Vergangenheit auch offensichtlich nicht sichergestellt, dass alle mit öffentlichen Mitteln geförderten Forschungsergebnisse in angemessener Form und vollständig veröffentlicht werden.
Es ist auch im niedersächsischen Interesse, dass beispielsweise nicht wie in der Vergangenheit einseitig alle Forschungsförderungen in Richtung Endlagermedium Salz konzentriert werden. Schätzungsweise sind hier 80%, vielleicht sogar 90 % der Fördermittel konzentriert worden, und andere Optionen hat man nur im Ausland, in Kooperation mit anderen Einrichtungen beforscht. Man hat sich sehr eindeutig auf eine Linie festgelegt.
Völlig inakzeptabel ist aus meiner Sicht auch, dass hier nicht die 13. AtG-Novelle Berücksichtigung findet und immer noch das Potenzial „innovativer Reaktorkonzepte“ erforscht wird, sprich: neue Reaktorkonzepte erforscht werden. Das Geld kann man schlicht und einfach effizienter einsetzen, weil
unsere Gesellschaft, unsere Parlamente in Bund und Ländern sich sehr eindeutig entschieden haben, diese Form der Energienutzung hinter uns zu lassen. Deshalb gilt es, auf die Anforderungen, die damit nach wie vor verbunden sind - Sicherheit in den Restlaufzeiten zu gewährleisten, Alterungsmanagement, aber vor allen Dingen auch Entsorgung und sichere Lagerung, Rückbau -, die Mittel zu konzentrieren und dadurch sicherzustellen, dass höchstmögliche Sicherheit gewährleistet ist.
Meine Damen und Herren, die Bundesregierung ist deshalb gefragt, die 13. AtG-Novelle und auch das Standortauswahlgesetz bei ihren Förderungen im Bereich Forschung zu berücksichtigen.
Betrachtung längerer Zwischenlagerzeiten mit Blick auf Alterung, Abfälle und Behälter, die verstärkte wissenschaftliche Betrachtung alternativer Entsorgungspfade und die verstärkte Einbeziehung gesellschaftswissenschaftlicher Fragestellungen. Hierzu hat sich Herr Gabriel schon positiv positioniert. Es gibt aber auch noch andere Ministerien, wie beispielsweise das Forschungsministerium, das hier auch mit der Grundlagenforschung offensichtlich ganz andere Akzente setzt.
Niedersachsen hat sich mit dem Projekt ENTRIA engagiert. Dieses Projekt wird von niedersächsischer Seite unterstützt. Der Anstoß zu diesem Projekt kam von niedersächsischen Universitäten. Das ist ja auch noch von der alten Landesregierung mit begleitet worden.
ENTRIA betreibt disziplinäre und multidisziplinäre Forschung zu drei Schlüsselpositionen für die Lagerung radioaktiver Abfallstoffe: die wartungsfreie Tiefenlagerung, die Tiefenlagerung mit Rückholbarkeit oder Bergung und die oberflächennahe Lagerung.
Notwendig ist aber, Herr Bäumer und Herr Dr. Birkner, die fundierte wissenschaftliche Durchdringung aller Pfade der möglichen Lagerung von radioaktiven Stoffen, inklusive der Untervarianten und der verschiedenen Behälterkonzepte bei verschiedenen Konditionierungen und Abfalleigenschaften. Nur wenn wir tatsächlich alle relevanten Pfade wissenschaftlich durchdringen, ist auch eine Abwägung über die bestmögliche Sicherheit und den sichersten Pfad in der Endlagerung möglich. Dabei gilt es auch zu erkennen, wo Wissenslücken geschlossen werden müssen.
Meine Damen und Herren, ich würde mir wünschen, dass wir diese Herausforderung fraktionsübergreifend angehen, weil es nicht allein nur um technische Normen, sondern um eine gesellschaftspolitische Herausforderung geht. Deshalb sind auch die Gesellschaftswissenschaften hier in Zukunft in besonderer Weise gefordert.
Vielen Dank, Herr Minister. - Zu Punkt c liegen keine weiteren Wortmeldungen vor. Damit schließe ich die Beratung zu Punkt c.
d) Rot-Grün krempelt Bildungslandschaft um - Einfalt statt Vielfalt - Antrag der Fraktion der FDP - Drs. 17/2556
Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Schüler, Eltern und Lehrer haben es schon längst gemerkt: Rot-Grün will die Bildungslandschaft in Niedersachsen umkrempeln. Zukünftig soll Einfalt statt Vielfalt die niedersächsische Schullandschaft prägen. Dabei verliert Rot-Grün den einzelnen Schüler aus dem Blick.
Wenn Sie heute durch die Schulen gehen, werden Sie feststellen, dass Sie dort Schülerinnen und Schüler in großer Vielfalt mit individuellen Fähigkeiten und Fertigkeiten antreffen. Diese individuellen Fähigkeiten und Fertigkeiten müssen aus unserer Sicht auch in einem vielfältigen Bildungsangebot ihren Niederschlag finden.
Und auf was setzen Sie? - Sie setzen mit dem neuen Schulgesetz auf Gesamtschulen, und zwar flächendeckend. Sie schaffen die Förderschule Sprache ab, Sie lassen die Förderschule Lernen auch im Sekundarbereich I auslaufen, und Sie missachten dabei, dass insbesondere die schwächeren Schüler eine individuelle Förderung benötigen, beispielsweise damit ihre Sprachstörungen
geheilt, austherapiert werden können und sie dann ohne jeglichen weiteren Förderbedarf die Schullaufbahn durchlaufen können. Das vernachlässigen Sie. Diese Kinder verlieren Sie aus den Augen.
Sie verlieren auch die Kinder aus den Augen, die nicht unbedingt in Gruppenarbeiten, Seminaren und Referaten ihr Heil finden, sondern die vielleicht gerade an der Hauptschule gut aufgehoben sind, weil dort berufspropädeutischer Unterricht stattfindet und weil es darum geht, die Kinder auf die Berufsausbildung vorzubereiten. Die Hauptschulen, die Realschulen und die Oberschulen in Niedersachsen - das muss man an dieser Stelle einmal sagen - leisten eine ganz hervorragende Arbeit. Sie bereiten die jungen Menschen ganz hervorragend auf die Berufsausbildung und ihr späteres Leben vor. Dafür gilt ihnen unser herzlicher Dank, meine sehr geehrten Damen und Herren.
Aber Ihnen geht es eben nicht um die Schülerinnen und Schüler. Ihnen geht es darum, die Schullandschaft in Niedersachsen zu konsolidieren. Das Schulgesetz hat doch das Ziel, Schulstandorte zu schließen, sich von der wohnortnahen Beschulung der Schülerinnen und Schüler zu verabschieden. Die Ersten, die es trifft, werden die zweizügigen Haupt-, Real- und Oberschulen sein. Da sieht das Schulgesetz ganz klar eine Ermächtigung für die Kommunen vor, sie zu vierzügigen Gesamtschulen zusammenzulegen. Die Nächsten, die es treffen wird, sind die Gymnasien.
Wir sehen es doch heute schon: An den Stellen, an denen die Diskussionen über ein Zwei-SäulenModell Gesamtschulen und Gymnasien geführt werden, melden sich schon die ersten Gesamtschulbefürworter und sagen: An der Gesamtschule brauchen wie eine repräsentative Zusammensetzung der Schülerschaft. - Wenn es aber nur noch eine andere Schulform daneben gibt, dann muss es doch auch an dieser Schulform eine repräsentative Zusammensetzung der Schülerschaft geben. Dann gibt es eben kein Gymnasium mehr, sondern höchstens noch zwei Namen für ein und dieselbe Schulform. Dann heißt die Einheitsschule in Niedersachsen einmal Gesamtschule und einmal Gymnasium. Das kann und darf nicht das Ziel niedersächsischer Bildungspolitik sein, meine sehr geehrten Damen und Herren.
Ganz konkret geht es darum, dass über 200 Schulstandorte in Niedersachsen durch Ihre Politik gefährdet sind. Der Landesrechnungshof zieht gerade durch Südniedersachen und empfiehlt sogar ganz konkret einzelnen Schulträgern, welche Schulen sie in der Zukunft schließen sollen. Meine sehr geehrten Damen und Herren, genau das ermöglichen Sie dann auch mit dem Schulgesetz, indem Sie ganz klar sagen: Es braucht keine Hauptschule, keine Realschule, keine Oberschule und auch kein Gymnasium mehr in einem Landkreis oder einer kreisfreien Stadt. Das Einzige, was es aus Ihrer Sicht braucht, sind Gesamtschulen.
Eines will ich an dieser Stelle deutlich sagen: Der Ministerpräsident Stephan Weil wurde im Sommer 2012 von der Braunschweiger Zeitung gefragt, was das Gymnasium von der SPD zu erwarten hat. - Seine Antwort war: Das Gymnasium im Übrigen hat von mir nichts Schlimmes zu erwarten. Wir werden keinen Schulkampf anzetteln in Niedersachsen; das steht fest.
Sehr geehrte Damen und Herren von der Landesregierung und von den sie tragenden Fraktionen, Sie haben unlängst den Schulkampf in Niedersachsen angezettelt. Dieses Schulgesetz läutet die nächste Schlacht ein. Aber ich prophezeie Ihnen: Wir werden dafür kämpfen, dass Sie diese Schlacht verlieren.
Vielen Dank, Herr Försterling. - Jetzt hat sich Heiner Scholing von der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen zu Wort gemeldet. Herr Scholing!
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! „Einfalt statt Vielfalt“ - so titulieren Sie, Kollege Försterling, diese Aktuelle Stunde. Sie haben hier gestern eine sehr bemerkenswerte Rede gehalten. Ich glaube, das ist keinem hier entgangen. Daraufhin war ich sehr gespannt, was Sie aus dem Titel „Einfalt statt Vielfalt“ machen. Was ist daraus geworden? - Mal wieder eine Debatte um die von Rot-Grün vermeintlich beförderte Einheitsschule. Schade!
Bei Verbandstagen von Gymnasiallehrkräften bekommen Sie für solche Reden viel Applaus. Ich bin dabei gewesen.
Aber wen interessiert eigentlich dieser ständige Griff in die Mottenkiste der bildungspolitischen Auseinandersetzung der 70er- und 80er-Jahre außerhalb dieser Debatten hier?