Protocol of the Session on April 17, 2013

Minuten gedauert hat. Wir hatten im Ältestenrat, wie üblich, die Redezeiten festgelegt. Dort war gesagt worden: 25 Minuten für die Regierungserklärung, jeweils 25 Minuten für die Replik der größeren Fraktionen und jeweils 12,5 Minuten Redezeit für die sogenannten kleineren Fraktionen.

Ich darf jetzt dem Vorsitzenden der CDU-Fraktion, Herrn Thümler, das Wort erteilen.

(Zustimmung bei der CDU)

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Der Grund für die heutige Regierungserklärung ist die in der vergangenen Woche in Berlin erzielte Einigung beim Standortauswahlgesetz. Als CDU-Landtagsfraktion anerkennen wir den erzielten Handlungsfortschritt. Gleichwohl bleibt festzustellen, dass das, was Sie eben vorgetragen haben, Herr Ministerpräsident, über bloßes Zeitungswissen nicht hinausgegangen ist.

(Beifall bei der CDU und Zustimmung bei der FDP)

Ihr Vortrag enthielt nichts Neues, und auf die zentralen Fragen, die sich in diesem Zusammenhang zwingend stellen, haben wir keinerlei Antworten gehört. Mit Allgemeinplätzen lässt sich vieles abfeiern. Es lohnt sich jedoch, der Sache einmal genauer auf den Grund zu gehen, zumal die Beteiligten nach der Anfangseuphorie inzwischen in der atomrechtlichen Wirklichkeit angekommen sind.

Deshalb ist Ludger Fertmann zuzustimmen, der im Hamburger Abendblatt am 9. April schrieb:

„Das neue Endlagersuchgesetz ist noch nicht der große Durchbruch, der Prozess wird in quälend langsamen Schritten erfolgen und die Nerven aller Beteiligten strapazieren.“

Aber der Teufel steckt bekanntlich im Detail. Deshalb wäre es besser gewesen, wenn Sie, Herr Weil, sich und Ihren Umweltminister und sein Verhandlungsgeschick heute hier nicht so überschwänglich gelobt hätten.

Fakt ist ebenso: Einen Kompromiss, wie er letzte Woche gefunden wurde, hätten wir im Grundsatz schon vor vielen Monaten haben können, meine Damen und Herren.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Es war Ministerpräsident David McAllister, der die Tür für einen Endlagerkonsens überhaupt erst aufgestoßen hat, meine Damen und Herren.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Er hat vor anderthalb Jahren in Winfried Kretschmann einen wichtigen Verbündeten in dieser Sache gefunden.

(Johanne Modder [SPD]: Der hat die Tür aufgestoßen!)

Er, David McAllister, hat Peter Altmaier von einem Erkundungsstopp in Gorleben überzeugt. Das ist die Wahrheit, meine Damen und Herren, und das muss auch so gesagt werden.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Herr Weil, ich muss Ihnen noch etwas ins Stammbuch schreiben. Das Verhalten, das Sie in dieser Frage bis zum 20. Januar 2013 an den Tag gelegt haben, ist in hohem Maße irrational. Das sage ich auch im Hinblick auf den von Ihnen selbst gewählten Titel Ihrer Regierungserklärung mit dem Postulat einer „rationalen Endlagersuche“. Sie wussten: Bei einem Neuanfang der Endlagersuche von einer „weißen Karte“ in Deutschland zu sprechen und gleichzeitig sofort einen Ort auf dieser Karte streichen zu wollen - das geht nicht. Das haben auch Herr Gabriel und Herr Trittin immer gesagt und daraus nie einen Hehl gemacht, meine Damen und Herren.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Ihre Haltung zu Gorleben war nicht nur irrational, nein, Sie waren in dieser Frage auch unehrlich.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Gleichwohl haben Sie als SPD-Spitzenkandidat die irrationale Position bezogen. Jeder kann das nachlesen. Ich erinnere an Ihre Interviews in der FAZ vom 10. September 2012. Mit exakt dieser Position sind Sie in den Wahlkampf gezogen. Mit dieser Haltung haben Sie sich am 20. Januar dem Wählervotum gestellt. Diese Haltung haben Sie auch noch in einem Gastkommentar in der Bild am Sonntag am 10. Februar 2013 bekräftigt.

Ihr zentrales Wahlversprechen hielt dagegen gerade einmal sechs Wochen. Das ist bemerkenswert kurz, meine Damen und Herren. Darüber sollten Sie einmal nachdenken!

(Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Deshalb ist es kein Wunder, wenn die Neue Presse in der Ausgabe vom 25. März Ihnen sehr kritisch vorhält - ich zitiere -: Klar ist: Die GorlebenFrage ist Weils erste große Niederlage als Ministerpräsident. Das Versprechen, den Salzstock im Wendland aus dem Verfahren zu streichen, konnte der SPD-Politiker nicht einhalten.

(Andrea Schröder-Ehlers [SPD]: Was haben Sie denn in zehn Jahren ge- schafft?)

Die Neue Zürcher Zeitung fasste den letzte Woche gefundenen Kompromiss unter der Überschrift „Gorleben lebt“ zusammen. - Meine Damen und Herren, wir haben Ihre Wahlversprechen nie geglaubt. Inzwischen glauben Ihnen aber auch die Bürgerinitiativen im Wendland kein Wort mehr.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP - Filiz Polat [GRÜNE]: Laufzeitverlänge- rung!)

So sehr wir hoffen, dass Bundestag und Bundesrat im Juli dieses Jahres tatsächlich mit breiter Mehrheit ein Standortauswahlgesetz samt Protokollnotiz beschließen, bleibt eine Reihe von offenen Fragen. Ist es wirklich schon ausgemachte Sache, dass keine weiteren Castoren nach Gorleben rollen? Fakt ist doch: Die Energieversorger haben einen Rechtsanspruch auf diese Transporte nach Gorleben. Im Übrigen ist Gorleben das einzige in Deutschland planfestgestellte Zwischenlager dieser Art für diese radioaktiven Stoffe.

(Anja Piel [GRÜNE]: Sie wollen Gor- leben weiter?)

- Zuhören!

(Lachen bei der CDU)

Gegenwärtig liegen keine Genehmigungen für Castoren aus der Wiederaufbereitung von Großbritannien und Frankreich für die Standortzwischenlager an den Kernkraftwerken vor. Man braucht aber neue Genehmigungsverfahren für die Einlagerung von verglasten Abfällen in den Zwischenlagern. Bearbeitungsdauer: drei Jahre, meine Damen und Herren.

(Petra Emmerich-Kopatsch [SPD]: Da ist nicht viel Platz!)

Denn diese sind bisher nur für die Zwischenlagerung von abgebrannten Brennelementen für maximal 40 Jahre genehmigt - für die Brennelemente, die in diesem Kraftwerk zum Einsatz gekommen sind, meine Damen und Herren, und nicht für

Brennelemente aus der Wiederaufarbeitung aus Sellafield oder La Hague. Das ist die Wahrheit. Das verschweigen Sie den Leuten. Das ist Ihre Unehrlichkeit, meine Damen und Herren.

(Starker Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Die Frage ist: Wie wollen sie die Betreiber dazu bringen, Genehmigungsanträge zu stellen? Sie müssen die Energieversorger in dieser Frage doch mit ins Boot holen!

Meine Damen und Herren, ich möchte Sie ebenso fragen: Respektieren Sie die völkerrechtlichen Verträge, die in die Amtszeit von Bundesumweltminister Trittin fallen und die Rückführung aus der Wiederaufbereitung vorsehen?

(Andrea Schröder-Ehlers [SPD]: Was wollen Sie eigentlich wirklich?)

Sie können in dieser Frage nicht einfach auf Berlin verweisen. Großbritannien und Frankreich würden einen Bruch der geltenden Vereinbarungen nicht ohne Weiteres hinnehmen. Es drohen unter Umständen sogar Schadensersatzforderungen, wenn es, bedingt durch eine innenpolitische Debatte, zu eklatanten Verzögerungen in der Rückführung kommt.

Meine Damen und Herren, es ist unser Müll, der dort lagert. Das wissen Sie ganz genau, so wie auch wir es wissen. Es bereitet auch uns keine Freude, genau diesen Tatsachen ins Auge zu schauen. Aber man kann sie nicht einfach ausblenden, weil man sie nicht zur Kenntnis nehmen will.

(FDP - Johanne Modder [SPD]: Das macht doch keiner!)

Das macht nämlich die Unehrlichkeit noch schlimmer, als sie ist, meine Damen und Herren.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Auch mit der neuen Genehmigung für Zwischenlager ist es noch nicht getan. Was machen Sie beispielsweise bei defekten Castorbehältern? In Gorleben steht dafür eine Pilotkonditionierungsanlage - in Klammern: die einzige - zur Verfügung. Wäre es aus Ihrer Sicht verantwortbar, für den Fall der Fälle defekte Castortransporter beispielsweise von Philippsburg quer durchs Land nach Gorleben zu transportieren?

Zudem möchte ich von der Landesregierung wissen: Soll die Genehmigung der Castortransporte zukünftig ohne Öffentlichkeitsarbeit erfolgen?

(Zuruf von den GRÜNEN: Die waren noch nie kaputt!)

- Ich höre gerade den Zwischenruf: Die waren noch nie kaputt. - Nein, die waren noch nie kaputt. Aber, meine Damen und Herren, Castortransportbehälter - das wissen Sie - haben eine Gasschutzhülle. Es kann schon einmal vorkommen, dass aus dieser Gasschutzhülle Gas entweicht. Dann müssen diese Castorbehälter überprüft und umgelagert werden. Das geht - das wissen Sie genau - nur in einer dafür genehmigten Pilotkonditionierungsanlage. Derer gibt es nur eine in Deutschland. - Auch das ist die Wahrheit. Das wissen Sie genau, meine Damen und Herren. Das blenden Sie aus. Das ist Fahrlässigkeit.

(Starker Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Mit dem Stopp der Erkundung in der Amtszeit Jürgen Trittins mussten seinerzeit Standortzwischenlager errichtet werden. Hiergegen gab es schon damals erhebliche Vorbehalte von Kommunalpolitikern und der Bevölkerung vor Ort. Auf diese Vorbehalte wird auch die Verbringung von Castoren an andere Standorte in Deutschland stoßen. Die Politik steht vor der Herkulesaufgabe, die möglichen Standortkommunen davon zu überzeugen, dass die Castoren aus Großbritannien und Frankreich hier nicht auf unbestimmte Zeit, bis zum Sankt-Nimmerleinstag, lagern. Die Frage, die sich in diesem Zusammenhang stellt: Wie überwindet man den Widerstand, mit dem man an den infrage kommenden Zwischenlagerstandorten Brunsbüttel und Philippsburg zu rechnen hat? Und: Welchen Beitrag leistet die Niedersächsische Landesregierung dabei?