Sehr geehrte Damen und Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich begrüße Sie namens des Präsidiums und eröffne die 5. Sitzung im 3. Tagungsabschnitt des Landtages der 17. Wahlperiode.
Am 13. März 2013 verstarb der ehemalige Abgeordnete Helmut Simson im Alter von 96 Jahren. Helmut Simson gehörte dem Niedersächsischen Landtag als Mitglied der SPD-Fraktion von 1967 bis 1974 an. Während dieser Zeit war er Mitglied im Ausschuss für Jugend und Sport, im Ausschuss für Häfen und Schifffahrt und im Ausschuss für Städtebau und Wohnungswesen. In der 7. Wahlperiode war er Vorsitzender des Ausschusses für Jugend und Sport. Helmut Simson wurde mit dem Verdienstkreuz am Bande des Verdienstordens der Bundesrepublik Deutschland ausgezeichnet.
Am 9. April 2013 verstarb der ehemalige Abgeordnete Reinhold Schultert im Alter von 93 Jahren. Reinhold Schultert gehörte dem Niedersächsischen Landtag als Mitglied der SPD-Fraktion von 1967 bis 1982 an. Während dieser Zeit war er Mitglied im Ausschuss für Wirtschaft und Verkehr und im Unterausschuss „Fremdenverkehr“. Von 1978 bis 1982 wirkte er darüber hinaus als Schriftführer im Präsidium dieses Hauses mit. Reinhold Schultert wurde mit dem Verdienstkreuz 1. Klasse des Verdienstordens der Bundesrepublik Deutschland ausgezeichnet.
Am 16. April verstarb der ehemalige Abgeordnete und Finanzminister a. D. Helmut Kasimier im Alter von 86 Jahren. Helmut Kasimier gehörte dem Niedersächsischen Landtag als Mitglied der SPDFraktion von 1963 bis 1986 an. Während dieser Zeit war er Mitglied im Ausschuss für innere Verwaltung, im Ausschuss für Haushalt und Finanzen, im Wahlprüfungsausschuss, im Geschäftsordnungsausschuss und im Ältestenrat. Von 1967 bis 1974 war Helmut Kasimier Vorsitzender der Fraktion der SPD, und von 1978 bis 1986 war er stellvertretender Vorsitzender der Fraktion der SPD. Von
Wir werden die Kollegen in guter Erinnerung behalten und widmen ihnen ein stilles Gedenken. - Ich danke Ihnen.
Meine Damen und Herren, ich denke, Sie sind mit mir einig, dass wir fast vollzählig besetzt sind, sodass ich die Beschlussfähigkeit des Hauses feststellen darf.
Zur Tagesordnung: Die Einladung, die Tagesordnung und der Nachtrag zur Tagesordnung für diesen Tagungsabschnitt liegen Ihnen vor. Außerdem haben Sie eine Übersicht erhalten, aus der Sie ersehen können, wie die Fraktionen die ihnen zustehenden Zeitkontingente verteilt haben. - Ich stelle das Einverständnis des Hauses mit diesen Redezeiten fest. Die heutige Sitzung soll demnach gegen 18:35 Uhr enden.
In der unteren Wandelhalle ist zurzeit die Ausstellung „Blinde Menschen im Spiegel der Kunst“ zu sehen, die der Blinden- und Sehbehindertenverband Niedersachsen e. V. konzipiert hat. Gestern haben wir - einige von Ihnen waren dabei - diese Ausstellung eröffnet. Der Veranstalter freut sich sicherlich über Ihr Interesse.
Für die Initiative „Schulen in Niedersachsen online“ werden in den kommenden Tagen Schülerinnen und Schüler des Gymnasiums der CJD Christophorusschule aus Elze mit einer Onlineredaktion live aus dem Landtag berichten. Die Patenschaft dafür hat der Kollege Markus Brinkmann übernommen. Dafür danken wir ihm.
Sendungen, die das „Modellprojekt Landtagsfernsehen“ der Multi-Media Berufsbildende Schule erstellt, stehen im Internet auf der Homepage der Schule - www.mmbbs.de - zum Abruf bereit und sollen auch über den Regionalsender LeineHertz 106einhalb gesendet werden.
Entschuldigungen liegen für den heutigen Sitzungstag nicht vor, sodass ich die Schriftführer nicht bemühen muss. Das verschafft mir Gelegenheit zu einer Gratulation, auch wenn wir einen Tag zu spät sind.
Gestern hatte unsere Ministerin für Soziales und anderes mehr Geburtstag. Verehrte Frau Rundt, herzlichen Glückwunsch!
Bevor wir in die weitere Tagesordnung eintreten, habe ich eingedenk der Abläufe der Sitzungen im Februar und im März gemeinsam mit allen Präsidiumsmitgliedern eine Bitte.
Wir wären sehr dankbar, wenn Sie eine gewisse Disziplin walten ließen. Wenn ich mich richtig erinnere, ist es jetzt zweimal ohne Ordnungsrufe abgegangen. Ich denke, Sie alle haben ein Interesse daran, dass das auch heute und morgen so bleibt. Es wird spannende Beiträge von allen Seiten geben, denen zuzuhören - da sind wir sicher - sich lohnt.
Ich wäre auch dankbar, wenn man etwas Disziplin walten ließe, was das Sich-Bewegen innerhalb des Plenarsaals anbelangt, weil sich auch dies manchmal störend auswirken kann. Ich weise auch noch einmal darauf hin, dass die Plätze der Abgeordneten die Plätze der Abgeordneten sind - nicht, dass dort einmal jemand versehentlich Platz nimmt und wir es, falls wir zählen müssen, mit Irritationen zu tun haben.
Ich darf, an die Besuchertribüne gerichtet, sagen: Beifallskundgebungen und Missfallenskundgebungen sind das Privileg der Legislative, sind also von der Tribüne nicht erlaubt.
Ich darf auch die Regierungsbank rechts und links darauf hinweisen, dass man auch dort eine gewisse Disziplin einzuhalten hat und dass auch von dort Beifallsbekundungen und derlei Dinge traditionell nicht erlaubt sind. Aber ich denke, das hat sich mittlerweile herumgesprochen.
Tagesordnungspunkt 2: Abgabe einer Regierungserklärung mit dem Titel „Auf dem Weg zu einer rationalen Endlagersuche - Castor- und Erkundungsstopp für Gorleben“ - Unterrichtung durch den Ministerpräsidenten - Drs. 17/83
Mit Schreiben vom 10. April 2013 hat die Staatskanzlei darauf hingewiesen hat, dass unser Ministerpräsident eine Regierungserklärung unter dem oben genannten Titel abgeben möchte.
Ich darf jetzt Herrn Ministerpräsidenten Weil bitten, die angekündigte Regierungserklärung abzugeben, und erteile ihm das Wort.
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Die Endlagerung von hoch radioaktivem Abfall hält uns in Niedersachsen jetzt seit mehr als 35 Jahren in Atem. So lange schon tobt die Auseinandersetzung um Gorleben. Wie oft allein der Niedersächsische Landtag diese Frage debattiert hat, lässt sich nur erahnen. Und auch nach den Beratungen des Parlamentarischen Untersuchungsausschusses des Deutschen Bundestages gibt es bis heute noch nicht einmal eine zweifelsfreie Klärung, warum und mit welcher Begründung 1977 eine Entscheidung für Gorleben gefallen ist.
Seit damals, seit 1977, haben der Streit und die Auseinandersetzung niemals aufgehört: Jeder neue Castortransport war eine enorme Belastung für Niedersachsen. 113 Großbehälter sind es seitdem geworden, und jeder einzelne ist von den Wendländern - wie ich finde - verständlicherweise als eine vorgezogene Endlagerentscheidung verstanden worden.
Damit nicht genug. Ich glaube, wir alle stimmen darin überein: Die Einlagerung von Atommüll in den alten Asse-Salzstock ist ein einziges Desaster.
Geologen haben damals einen Wassereinbruch für immer für unmöglich erklärt, und die Geologie hat sie schon wenige Jahre später widerlegt. Heute wissen wir noch nicht einmal sicher, ob wir diese Fässer mit Atommüll jemals sicher bergen können. Und so ist die Asse - das empfinde ich so - heute ein Menetekel, das gewissermaßen über unserer gesamten Endlagerdiskussion schwebt.
Nehmen wir dann noch Schacht Konrad hinzu, so können wir feststellen: Niedersachsen ist seit Jahrzehnten das Opfer einer fehlgeschlagenen Endlagerpolitik, Niedersachsen hat deswegen das Recht, einen Neuanfang in der Endlagerpolitik zu fordern.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Es gibt nun endlich die begründete Aussicht auf diesen Neuanfang. Am Dienstag der vergangenen Woche, am 9. April, haben die Bundesregierung, alle 16 Bundesländer und die Bundestagsfraktionen mit Ausnahme der Linken einen Konsens erzielt. Grundlage dieser Einigung ist ein gemeinsamer
Vorschlag, den Bundesumweltminister Altmaier, Umweltminister Stefan Wenzel und ich zuvor gemeinsam erarbeitet haben. Der Konsens in Berlin ist deswegen - das lässt sich ohne Übertreibung sagen - ein herausragender Erfolg der niedersächsischen Landespolitik.
Was ist der Kern dieser Übereinkunft? - Kurz gesagt: Zum ersten Mal soll die Suche nach einem sicheren Endlager gründlich, ergebnisoffen und nachvollziehbar erfolgen. Dafür werden die Weichen am Anfang gestellt. Der Gesetzgeber wird darauf verzichten, Entscheidungen zu treffen, ohne zuvor eine breite gesellschaftliche Diskussion möglich zu machen. Diese Entscheidungen werden auch nicht - wie zunächst vorgesehen - einer Regulierungsbehörde und ihrem Verwaltungsverfahren überantwortet. - So war es nach dem Entwurf vorgesehen, den wir vorgefunden haben. - Stattdessen wird nun eine in dieser Form einmalige Bund-Länder-Kommission eingerichtet, die sich pluralistisch zusammensetzt - von der Wirtschaft bis zu den Umweltverbänden - und die öffentlich tagt. Diese Kommission soll Fragen beantworten, die für die weitere Endlagersuche entscheidend sind: Welche Gesteinsarten sind für die Endlagerung geeignet? Welche Voraussetzungen für welche Gesteinsart müssen vor Ort gegeben sein? Muss die Rückholbarkeit gegeben sein oder nicht? Sprechen wir dann eigentlich noch von einer „Endlagerung“? Und viele andere Grundsatzfragen einer sicheren Lagerung mehr sind zu beantworten.
Es handelt sich um schwierige wissenschaftliche und technische Fragestellungen, aber - so empfinde ich das - auch um zutiefst moralisch-ethische Probleme. Ich will nur ein Beispiel erwähnen: Herr Kollege McAllister hat vor einigen Monaten richtigerweise darauf aufmerksam gemacht, dass nach den niedersächsischen Erfahrungen in der Asse der Atommüll rückholbar sein müsse.
Ich möchte einen weiteren Gesichtspunkt hinzufügen: Wer sagt uns eigentlich, dass es in 50, 100, 150 oder 200 Jahren nicht möglich sein wird, hoch radioaktiven Abfall wesentlich sicherer zu lagern oder weniger schädlich zu machen? Und haben wir heute das Recht, künftigen Generationen eine entsprechende Chance zu nehmen? - Ich finde,
Meine Damen und Herren, die Bund-LänderKommission wird eine entscheidende Rolle für das weitere Verfahren spielen. Nach ihrem Bericht wird das Gesetz zu überarbeiten und zu ergänzen sein, damit überhaupt geregelt ist, wonach gesucht wird.
In der öffentlichen Diskussion ist gelegentlich die Befürchtung geäußert worden, es werde sich doch bloß um unverbindliche Empfehlungen handeln. Richtig, kein Gesetzgeber kann zur Übernahme von Kommissionsempfehlungen gezwungen werden. Aber ich bin überzeugt, dass diese Empfehlungen eine sehr hohe Bindungswirkung erzielen werden. Ein pluralistisches Gremium von wichtigen gesellschaftlichen Akteuren, das nach gründlicher Debatte mit Zweidrittelmehrheit Empfehlungen abgibt, wird die Politik anschließend nicht einfach ignorieren können. Das wäre in der Tat das Ende des Konsenses.
Meine Damen und Herren, es hat nach der Einigung von Berlin viele Stimmen gegeben, die genau diese gesellschaftliche Öffnung der Entscheidungsfindung positiv hervorgehoben haben. Lassen Sie mich eines hinzufügen: Ausgehend von Forderungen und Vorschlägen der Umweltverbände, war genau dies die Forderung aus Niedersachsen. Wir haben damit das Gesetz deutlich besser gemacht, meine sehr verehrten Damen und Herren.
Was heißt das für Niedersachsen? Und vor allem: Was heißt das für Gorleben? - Im Anschluss an das soeben Gesagte lautet die Antwort: Das wird sehr stark von den Empfehlungen der BundLänder-Kommission und den sich anschließenden Schlussfolgrungen des Gesetzgebers abhängen. Ist Salz nach der Asse noch ein geeignetes Wirtsgestein? Bedarf es jedenfalls eines intakten Deckgebirges? Muss der Abfall rückholbar sein? - Alle diese Fragen werden wir erst im Lichte des Kommissionsberichtes entscheiden, und deswegen verhält sich das Standortauswahlgesetz, bezogen auf Gorleben, bis dahin neutral.
Meine Damen und Herren, die Landesregierung ist bekanntlich und unverändert der Auffassung, dass Gorleben aufgrund geologischer Bedenken und Zweifel als Endlagerstandort nicht geeignet ist.