Protocol of the Session on October 23, 2014

Dann kam die Botschaft aus Berlin, man habe sich im Rahmen nächtlicher Verhandlungen der Großen Koalition darauf geeinigt, dass der Bund die Län

der entlastet, indem er die BAföG-Mittel voll finanziert.

Daraufhin trat der Ministerpräsident vollmundig vor die niedersächsische Öffentlichkeit und hat gesagt: Wir geben alle 120 Millionen Euro, die wir dadurch bekommen, für die dritte Kraft in den Krippen aus! - Und alle haben sich gefreut!

Dann wurde nachgerechnet. Man stellte fest: Ja, die BAföG-Mittel, die in Niedersachsen landen, sind doch nur 78 Millionen Euro. Na ja, man kann sich ja mal um ein paar Millionen verrechnen. Da machen wir ja auch keinen Vorwurf, ne?

(Beifall bei der FDP und bei der CDU)

Dann schlagen wir den Haushalt 2015 auf und denken: Mensch, dann muss jetzt die dritte Kraft mit 78 Millionen Euro gegenfinanziert werden! - Nein, aus 78 Millionen Euro wurden plötzlich 39 Millionen Euro! Wir haben uns gefragt: Wo sind denn jetzt die restlichen BAföG-Mittel? - Die wurden halt an anderer Stelle, aber nicht für die dritte Kraft ausgegeben. Also reden wir von 39 Millionen Euro. Aber selbst diese 39 Millionen Euro kommen gar nicht allein aus den BAföG-Mitteln, sondern sie wurden zum Teil gegenfinanziert, indem man im Jahr 2015 auf Landesmittel zum Krippenausbau verzichtet, meine sehr geehrten Damen und Herren.

Es ist also tatsächlich so, wie Herr Strümpel es vorhin gesagt hat: Man kürzt jetzt im investiven Bereich, um die dritte Kraft zu finanzieren.

Am Ende des Tages wurden dann aus angekündigten 120 Millionen Euro gerade einmal 31,3 Millionen Euro für die dritte Kraft.

Deswegen erklärt sich auch, warum man diesem CDU-Antrag gar nicht folgen will: Denn der CDUAntrag spricht davon, dass die dritte Kraft zu 100 % vom Land finanziert werden soll. Das, was jetzt vorgelegt wird - das hat die Kollegin Vockert schon gesagt -, ist aber nur die Finanzierung einer 50-prozentigen Kraft für 50 % der Gruppen, also nur eine 25-prozentige Finanzierung der dritten Kraft im Land, meine sehr geehrten Damen und Herren.

Dann kommt wirklich noch diese kleine Unverschämtheit, dass man sagt: Na ja, wir nehmen nur deswegen jede zweite Gruppe in die Finanzierung, weil wir damit rechnen - auch haushälterisch -, dass wir gar nicht so viele Fachkräfte finden, wie wir eigentlich bräuchten. Also wollen, können und brauchen wir sie nicht zu finanzieren.

So wurde aus den großen Ankündigungen nach mehreren Pirouetten am Ende nur eine kleine Seifenblase für die Kinder im Land Niedersachsen. Und die große Bildungsoffensive ist wieder mal nichts anderes als ein Traum, den Sie geträumt haben, den Sie aber nicht erfüllen, meine sehr geehrten Damen und Herren.

(Starker Beifall bei der FDP und bei der CDU)

Vielen Dank, Herr Kollege Försterling. - Für die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen spricht jetzt Frau Abgeordnete Julia Willie Hamburg. Sie haben das Wort, Frau Kollegin!

Sehr geehrter Herr Präsident! Meine lieben Damen und Herren! Herr Försterling, Sie sind ja wirklich ein Meister der Worte.

(Zustimmung von Jörg Bode [FDP])

Aber nur, weil man mit Worten viel jongliert, wird deren Inhalt nicht wahrer.

(Lebhafter Beifall bei den GRÜNEN und bei der SPD - Dr. Gero Hocker [FDP]: So, wie Sie mit Zahlen jonglie- ren, wird es auch nicht besser!)

Ich möchte mich am Anfang erfreut darüber zeigen, dass wir hier eine so große Einigkeit in der Frage haben, dass jetzt die Qualität in diesem Land nach vorne gestellt werden muss und wir nicht mehr ausschließlich auf die Quantität setzen können. Das ist doch schon mal ein Punkt, an dem wir gemeinsam anfangen können zu arbeiten.

(Beifall bei den GRÜNEN und bei der SPD)

Darüber hinaus möchte ich meinen sehr großen Dank an die Kita-Volksinitiative richten. Denn sie hat dafür gesorgt, dass dieses Thema in der Öffentlichkeit so präsent wurde. Sie hat die ganzen Missstände aufgezeigt. Sie hat dafür gesorgt, dass es in der Politik genügend Druck gibt, um dieses Thema wirklich offensiv und tiefergehend anzugehen.

(Zustimmung bei den GRÜNEN und bei der SPD - Astrid Vockert [CDU]: Aber nur in den Reden!)

Dabei freut mich besonders, dass die Landesregierung hier derzeit einen Kraftakt leistet, der sich „Zukunftsoffensive Bildung“ nennt und der sich sehen lassen kann. Er erstreckt sich nicht nur auf den frühkindlichen Bereich, sondern auf alle Bildungsbereiche. Er beinhaltet auch den Einstieg in mehr Qualität in den Krippen.

(Beifall bei den GRÜNEN und bei der SPD)

Natürlich wird hier niemand infrage stellen, dass das nur ein erster Schritt sein kann und dass uns die Frage der Qualität in Krippen noch in den nächsten Jahren und Jahrzehnten beschäftigen wird - und das zu Recht. Wir werden ja auch noch das Kita-Gesetz angehen. Auch hierbei werden wir uns über Qualität die Haare machen. Ich freue mich auf diese Auseinandersetzung.

(Beifall bei den GRÜNEN und bei der SPD)

Ich möchte noch etwas zu den 50 % sagen. Diese 50 % sind ein Einstieg. Das wird auf 100 % ansteigen. Wir werden die Forderung nach einer dritten Kraft in den Krippen umsetzen, aber mit Augenmaß.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Ich verstehe gar nicht, warum Sie ohne Not diesen Konflikt hier aufmachen. Sogar die kommunalen Spitzenverbände, die nun wirklich einen Blick für die Situation vor Ort haben, sagen: Das ist ein sinnvoller Mittelweg, der den Einstieg ermöglicht. Ich verstehe nicht, warum Sie sich hier hinstellen und sagen: „Das reicht nicht aus“, wenn es sogar von den Leuten vor Ort überhaupt keine Kritik gibt.

(Beifall bei den GRÜNEN und bei der SPD)

Ich möchte auch darauf hinweisen, dass Ihre Forderung in einem eklatanten Widerspruch zu Ihrer Schuldenbremse ab 2017 steht.

(Christian Grascha [FDP]: Das stimmt nicht!)

Sie sagen hier: Wir wollen bis 2017 die Neuverschuldung stoppen.

(Christian Grascha [FDP]: Genau! - Dr. Stefan Birkner [FDP]: Generatio- nengerechtigkeit!)

- Ja, das ist eine Frage der Generationengerechtigkeit. Auch wir sagen: Wir wollen die Schuldenbremse bis 2020 umsetzen. Aber gerade vor dem

Hintergrund, dass das ein immenser finanzieller Kraftakt ist, ist es doch unredlich, hier zu behaupten, Sie könnten es sich leisten, ab 2015 100 % der Erzieherinnen und Erzieher zu finanzieren.

(Beifall bei den GRÜNEN und bei der SPD - Helge Limburg [GRÜNE]: Rich- tig!)

Ganz ehrlich: Sie werden sich in diesem Bereich noch ehrlich machen, und darauf freue ich mich sehr. Ich freue mich auf die Kürzungsvorschläge, die Sie uns hier vorlegen werden, um das ab 2015 finanzieren zu können. Wenn Sie dazu gute Ideen haben, können wir gerne noch einmal darüber reden, wie wir weitermachen.

Aber bis dahin möchte ich betonen, dass dies ein richtiger und wichtiger Schritt ist und ich mir wünsche, dass wir weiter gemeinsam darum ringen, dass die Qualität in den Kindergärten besser wird. Ich danke der Landesregierung für diesen ersten Schritt. Der vorliegende Antrag ist nicht zielführend, und deswegen werden wir ihn ablehnen.

(Beifall bei den GRÜNEN und bei der SPD)

Vielen Dank, Frau Kollegin Hamburg. - Für die Landesregierung hat jetzt das Wort Frau Kultusministerin Heiligenstadt. Bitte schön, Frau Ministerin!

Sehr geehrter Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Die in dem Entschließungsantrag enthaltene Forderung der CDU, ab dem 1. Januar 2015 die dritte Betreuungskraft in Krippengruppen auf Antrag der örtlichen Träger zu 100 % durch das Land zu finanzieren, wird derzeit in den Ausschüssen des Niedersächsischen Landtags als konkreter Gesetzentwurf beraten und steht im Dezember-Plenum zur Abstimmung an, und das ist auch gut so.

(Zustimmung bei den GRÜNEN)

Die dritte Kraft in Krippen kommt, gesetzlich verankert und vollständig vom Land finanziert. Das haben Rot und Grün in diesem Land bewirkt.

(Zustimmung bei der SPD und bei den GRÜNEN)

Unseren Ansatz hat die Arbeitsgemeinschaft der kommunalen Spitzenverbände Niedersachsens in der Anhörung zum Haushaltsbegleitgesetz in der letzten Woche ausdrücklich begrüßt und als einen

sehr sinnvollen Mittelweg zwischen dem finanziell Machbaren und dem fachpolitisch Notwendigen gewürdigt. Über diese Anerkennung und Bestätigung der Politik dieser Landesregierung habe ich mich sehr gefreut.

Als im Mai dieses Jahres der Bund zur Aufstockung der Bildungsfinanzierung vorgeschlagen hat, die Landeshaushalte um die BAföG-Mittel zu entlasten, hat Niedersachsen diese Chance konsequent und zügig genutzt und damit die Strukturqualität in den niedersächsischen Kindertagesstätten nachhaltig gestärkt.

Frau Ministerin, erlauben Sie eine Zwischenfrage?

Nein, das ist nicht der Fall.

Im Hinblick auf diese Haushaltsentlastung durch den Bund hat sich im Übrigen kein anderes Bundesland so früh und so eindeutig für die Anliegen unserer Kleinsten eingesetzt.