Vielen Dank, Herr Thiele. - Die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen hat jetzt zusätzliche Redezeit gemäß § 71 Abs. 3 unserer Geschäftsordnung beantragt. Herr Scholing, zwei Minuten! Bitte schön!
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Herr Försterling, erstens, ich bin ein Mensch. Auch als ehemaliger Schulleiter und langjährige Lehrkraft sage ich das mit vollem Recht.
Zweitens. Ich habe mich bei Ihrem Wortbeitrag schon etwas gewundert. Ich dachte: Mensch, der Herr Försterling tritt hier so moderat auf! - Da dachte ich: Dem liegt diese Rolle des Antragseinbringens nicht so gut. Ihm liegt mehr die Rolle des
Replikgebens. - Aber jetzt sind Sie doch noch zur Form aufgelaufen, und da wird doch noch einmal eines deutlich, was Sie mit diesem Antrag wollen: Sie wollen dieses Thema skandalisieren - nichts anderes!
Sie wollen sich nicht auf die inhaltliche Debatte einlassen. Noch einmal: Die inhaltliche Debatte wird gnadenlos verkürzt. Sie wird gnadenlos verkürzt, wenn sie immer wieder auf die Unterrichtsverpflichtung abhebt. Wir müssen uns das ganze Paket angucken, und das werden wir tun!
Vielen Dank, Herr Scholing. - Jetzt hat sich die Ministerin zu Wort gemeldet. Frau Ministerin Heiligenstadt, bitte schön!
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich habe mich nun wirklich bemüht, sehr geehrte Damen und Herren insbesondere auf der rechten Seite des Hauses,
einen sachlichen und informativen Beitrag abzuliefern, damit auch Sie noch lernen, wie sich die Lehrerarbeitszeit aufteilt. Dass das ein bisschen zu schwierig für Sie ist, mag ja sein. Aber vielleicht versuchen wir es noch einmal mit einer etwas anderen Ausformulierung.
Die Lehrerarbeitszeit teilt sich in Unterricht und Tätigkeiten außerhalb des Unterrichts auf. Die Tätigkeiten außerhalb des Unterrichts werden sehr maßgeblich dadurch gestaltet, wie die entsprechenden persönlichen Erfahrungen, Einschätzungen und Schwerpunktsetzungen sind.
Wir haben die Unterrichtszeit für Lehrkräfte an Gymnasien um eine Stunde von 23,5 auf 24,5 Stunden erhöht. Das ist richtig. Gleichzeitig ist diese Landesregierung allerdings den Lehrkräften in sehr vielen Schritten entgegengekommen, die ich gerne noch einmal aufliste.
Erstens. Wir haben die Klassen verkleinert, auch an den Gymnasien, meine Damen und Herren, aber auch an allen anderen Schulformen im Lande Niedersachsen.
Zweitens. Wir statten die Ganztagsschulen deutlich besser aus, damit auch Lehrkräfte im Ganztagsbereich nachmittags Unterricht oder auch außerunterrichtliche Angebote machen können.
Auch das bedeutet ganz konkret eine Entlastung für Lehrkräfte, meine Damen und Herren, weil im Nachmittagsangebot keine Klausuren geschrieben werden müssen, da es ein ganz anderes Arbeiten im Nachmittagsangebot gibt.
Außerdem haben wir Fort- und Weiterbildungsmöglichkeiten für Lehrkräfte aufgelegt, damit sie Instrumente noch besser kennenlernen können, mit denen sie eine entsprechende Selbstreflektion im Unterricht vornehmen können, und damit Lehrkräfte in die Lage versetzt werden können, auch den neuen Herausforderungen eines modernen Unterrichts und einer größeren Heterogenität in den Klassen gerecht zu werden. Auch das haben wir gemacht, nachdem Sie sträflicherweise die gesamten Fortbildungsmittel auf 1 Million Euro in den letzten zehn Jahren heruntergestrichen hatten, meine Damen und Herren.
Wir haben das G 9 in den Gymnasien wieder eingeführt. Das werden wir mit dem Gesetzentwurf zum Schulgesetz 2015 hoffentlich gemeinsam hier in diesem Landtag beschließen. Das ist eine große Entlastung insbesondere zum Lernen und Arbeiten an den niedersächsischen Gymnasien, meine Damen und Herren. Das ist ein ganz wichtiger Beitrag.
Wir haben die Schulleitungen an Förderschulen und anderen Ganztagsschulen entlastet. 85 % der niedersächsischen Gymnasien sind Ganztagsschulen. Das heißt, der größte Teil der Gymnasien wird entlastet.
Insofern stehen die Gymnasien, seitdem sie einen Ganztagsbetrieb haben, besser da als jemals zuvor, meine Damen und Herren.
Nicht zuletzt haben wir - das ist ein weiterer Schritt, um auf die Lehrkräfte zuzugehen; neben all dem, was ich bereits aufgezählt habe - ein Altersteilzeitgesetz auf den Weg gebracht - dazu findet eine Anhörung statt -, das ein Blockmodell ermöglicht, was sich auch andere Beamte durchaus wünschen würden.
Wir ermöglichen es nun endlich den Landesbeamten im Schuldienst, flexibel in den Ruhestand treten zu können. Das alles sind Angebote, die wir den Lehrern gemacht haben. Ich denke, angesichts der Angebote, die sie jetzt bekommen haben, sollten auch die Lehrkräfte jetzt einen Schritt auf uns zu machen. Ich kann nur appellieren, diese Auseinandersetzung nicht auf dem Rücken der Kinder in Form von Klassenfahrtenboykott auszutragen.
(Beifall bei der SPD - Widerspruch von Jens Nacke [CDU], Björn Thümler [CDU] und Ulf Thiele [CDU] - Christian Dürr [FDP]: Sie nehmen Stunden weg, und dann sollen die einen Schritt auf Sie zu machen? Erst belügen Sie die Lehrkräfte, und dann sollen die ei- nen Schritt auf Sie zu machen?)
Vielen Dank, Frau Ministerin. - Jetzt hat auch die FDP-Fraktion zusätzliche Redezeit nach § 71 Abs. 3 unserer Geschäftsordnung beantragt. Herr Försterling, 2:30 Minuten!
Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Frau Ministerin, die Klassenverkleinerung, die Sie immer wieder propagieren, wurde von CDU und FDP auf den Weg gebracht.
Sie sagen, die Arbeitsbelastung für Lehrkräfte wird geringer, weil sie jetzt mehr Fortbildungsangebote erhalten. Das erschließt sich niemandem da draußen.
schulen ist genau dieselbe wie vorher. Ob eine Lehrkraft am Nachmittag eine Stunde ein pädagogisch wertvolles Angebot für die Schülerinnen und Schüler macht oder am Vormittag: Die Vorbereitung für diese Stunde am Vormittag darf doch nicht größer sein als für die Stunde am Nachmittag! Wir wollen doch immer ein ausgewogenes pädagogisches Angebot.
Sie sagen, G 9 bringt eine Entlastung für die Lehrkräfte. Ich glaube, G 9 bringt eine Entlastung für die Schüler - tatsächlich -, aber die einzelne Lehrkraft wird dadurch nicht weniger Klausuren zu korrigieren haben, wird deswegen nicht weniger Elterngespräche zu führen haben, wird deswegen nicht weniger Inklusion machen müssen, sondern sie wird aufgrund Ihrer Maßnahmen insgesamt mehr arbeiten müssen.
Zu sagen, dass Sie das Streichen der versprochenen Altersermäßigung mit dem Altersteilzeitgesetz kompensieren wollen, das ist nun wirklich ein Affront. Sie sagen den Lehrkräften: Ihr werdet entlastet. - Ich sage Ihnen, wo sie entlastet werden: Die Lehrkräfte können früher in Pension gehen. Aber sie müssen dafür finanzielle Einbußen hinnehmen. Frau Ministerin, auch das müssen Sie den Lehrkräften sagen.
Insgesamt bleibt es dabei: Ihre Zukunftsoffensive Bildung hat die 86 000 Lehrkräfte in Niedersachsen zusätzlich belastet. Das ging zulasten der Bildungsqualität. Die Lehrkräfte müssen jetzt Mehrarbeit mit einem Gegenwert von 1 750 Lehrkräften leisten, und Sie wischen das hier mit einer Selbstgefälligkeit weg, nur damit Sie weiterhin Luftballons mit dem Motto „Zukunftsoffensive Bildung“ verteilen können. Sie werden den Lehrkräften und den Schulen in Niedersachsen nicht gerecht, Frau Ministerin!
Danke, Herr Försterling. - Jetzt hat auch die CDU nach § 71 Abs. 3 unserer Geschäftsordnung zusätzliche Redezeit beantragt. Drei Minuten, Herr Thiele, bitte schön!
Herr Präsident, vielen Dank. - Frau Ministerin, Ihr Auftritt hier gerade zeigt das ganze Problem. Björn
Försterling hat soeben nochmals die von Ihnen aufgelisteten Maßnahmen seziert, auseinandergenommen und deutlich gemacht - ich stimme ihm voll zu -, dass nicht eine einzige der von Ihnen dargestellten Maßnahmen tatsächlich zu einer Entlastung der Lehrkräfte hinsichtlich ihrer Arbeitszeit führt.
Sie treten aber so auf, als wäre das der Fall. Wir alle wissen, dass insbesondere die GEW versucht hat, Ihnen die Hand zu reichen. Die GEW hat Ihnen einen Vorschlag auf den Tisch gelegt. Diesen Weg hätten Sie gehen können, und Sie hätten damit den Schulfrieden in Niedersachsen hergestellt. Sie haben diesen Vorschlag ausgeschlagen. Und dann wundern Sie sich? Sie gehen auf die Lehrkräfte in Niedersachen nicht ein Jota zu, sondern arbeiten mit Placebos und wundern sich, dass die Lehrkräfte nicht auf die Idee kommen, auf Sie zuzugehen? Die Lehrkräfte kommen nicht auf die Idee, auf Sie zuzugehen, weil Sie immer so auftreten, wie Sie hier gerade aufgetreten sind, und weil Sie den Lehrkräften in Niedersachsen eben immer wieder deutlich machen, dass Sie ihre Arbeit nicht wertschätzen.