Protocol of the Session on October 22, 2014

(Beifall bei der SPD und bei den GRÜNEN - Björn Thümler [CDU]: Das ist peinlich, Frau Modder! - Christian Grascha [FDP]: Der größte Teil der Entschuldungshilfe ist nach Südnie- dersachsen gegangen!)

Meine Damen und Herren von der CDU, vor ungefähr zwei Wochen war ich durchaus positiv überrascht, weil ich die Hoffnung hatte, Sie hätten es jetzt endlich verstanden. Ich will Ihnen gerne erklären, warum. Im vergangenen Jahr fragten Sie noch hilflos: Wo liegt Südniedersachsen?

(Christian Dürr [FDP]: Sie haben hilflos geantwortet!)

Vor zwei Wochen kam dann die Einrichtung einer Ideenwerkstatt Südniedersachsen. Immerhin erkennen Sie damit an, dass Südniedersachsen und die dortigen Probleme eine besondere Schwerpunktsetzung verdienen.

Sie sind aber nicht konsequent, meine Damen und Herren. Wenn Sie die Probleme Südniedersachsens wirklich ernst nähmen, dann würden Sie dieses Thema hier und heute nicht wieder zur Skandalisierung nutzen.

Meine Damen und Herren, was glauben Sie eigentlich, wie das in der betroffenen Region ankommt?

(Christian Dürr [FDP]: Die Menschen sind sauer auf Sie!)

Was sagen Ihre Kommunalpolitikerinnen und Kommunalpolitiker eigentlich dazu, dass Sie immer wieder ihre Region schlecht reden und für Ihre Inszenierungen benutzen?

(Ulf Thiele [CDU]: Die Menschen wollen, dass endlich geholfen wird!)

Und worum geht es hier im Kern eigentlich? - Herr Schünemann, im laufenden Genehmigungsverfahren des Multifondsprogramms EFRE und ESF des Landes Niedersachsen hat die EU-Kommission jetzt ihre offiziellen Anmerkungen übersandt und mit einer verkürzten Frist bis zum 7. November

versehen. Dies wird dann auch bis zum 7. November abzuarbeiten sein.

(Heiner Schönecke [CDU]: Hoffent- lich!)

Diese verkürzte Frist gilt im Übrigen, wie Sie ganz genau wissen, Herr Schünemann, für alle Bundesländer. Die Anmerkungen sind zum Teil mit denen für andere Bundesländer vergleichbar oder sogar identisch. Auch das wissen Sie.

Auf Südniedersachsen bezieht sich in diesen Anmerkungen nur eine einzige Frage, nämlich die Frage unter Nr. 11. Daraus der Öffentlichkeit suggerieren zu wollen, der Südniedersachsenplan sei gescheitert und damit die ganze EU-Förderung für Niedersachsen ins Rutschen gekommen, entbehrt wirklich jeder Grundlage.

(Beifall bei der SPD und bei den GRÜNEN)

Die Einreichung des überarbeiteten Multifondsprogramms war ohnehin für Mitte November vorgesehen. Ich bin mir sicher, dass wir diese Frist auch einhalten werden.

Ich will Sie auf einen weiteren Punkt hinweisen. Mit dem Multifondsprogramm für EFRE und ESF hat Niedersachsen deutschlandweit erstmalig einen fonds- und zielgebietsübergreifenden Ansatz erarbeitet, der wiederholt von der EU-Kommission positiv herausgestellt worden ist, Herr Schünemann.

(Zuruf von der CDU: Das hat man ja gehört!)

Dieser Ansatz entspricht 1 : 1 der europäischen Strategie „Europa 2020“. Auch das sollten Sie wissen, zumindest noch aus Ihrer letzten Tätigkeit.

Das Multifondsprogramm verabschiedet sich damit vom Gießkannenprinzip der Vorgängerregierung. Es setzt thematische Förderschwerpunkte für ganz Niedersachsen und konzentriert sich zielgerecht auf spezifische Handlungsfelder.

Dass diese neue, zukunftsweisende Förderprogrammatik auch Anregungen, Hinweise und Fragen hervorruft, ist, glaube ich, nichts Ungewöhnliches. Das hat es im Übrigen auch zu Zeiten der Vorgängerregierung gegeben. Diese Anmerkungen müssen jetzt gewissenhaft und zeitnah abgearbeitet und noch einmal mit der EU-Kommission verhandelt werden.

(Jörg Hillmer [CDU]: Sie sind doch weit über die Zeit!)

Aber es gibt überhaupt keinen Grund, diesen Sachstand zum Anlass zu nehmen, die Genehmigung infrage zu stellen. Das ist ein normales Verfahren, das es auch zu Zeiten der Vorgängerregierung gegeben hat.

Ich will Ihnen ein Beispiel nennen, wie das funktionieren kann, und ziehe dabei ein - vielleicht nicht ganz vergleichbares - historisches Vorbild heran, nämlich den Emslandplan. Mit dem Emslandplan standen dem Emsland damals mehr als 2 Milliarden zur Verfügung - zugegebenermaßen in mehreren Tranchen und großenteils von Bund und Land finanziert. Das war die Basis für den Emslandplan. Der Erfolg lässt sich heute bewundern. Ich sehe das bei mir vor Ort. Hightech, Zukunftstechnologie, Beschäftigungsperspektiven - das ist unser heutiges Bild vom Emsland.

Meine Damen und Herren, diese Aktuelle Stunde läuft völlig ins Leere. Herr Schünemann, Sie überziehen wieder einmal ohne Rücksicht auf Verluste. Dabei hätte, glaube ich, ein einfacher Anruf in der Staatskanzlei alles aufklären können.

Ich kann nur noch einmal an Sie appellieren: Nehmen Sie die Probleme der Region wirklich ernst! Auf Ihre Ideenwerkstatt bin ich sehr gespannt. Beenden Sie die Skandalisierung! Denn sie hilft weder Ihnen noch der Region. Die Region hat Besseres verdient.

Vielen Dank.

(Lebhafter Beifall bei der SPD und bei den GRÜNEN - Unruhe)

Vielen Dank, Frau Modder. - Liebe Kolleginnen und Kollegen, beim Thema Geräuschpegel müssen wir alle uns, wie gesagt, noch ein bisschen disziplinieren.

Es folgt jetzt die erste Rede der Kollegin Regina Asendorf von der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen. Bitte sehr!

Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Das Ziel des Programms „Europa 2020“ ist intelligentes, nachhaltiges und integratives Wachstum, um u. a. zu einer besseren Koordinierung der nationalen und europäischen Wirtschaft beizutragen, Armut zu bekämpfen und durch eine Reduzierung der CO2-Emissionen das Klima zu schützen. Europa soll zu einem starken, belastbaren Wirtschaftsraum zusammenwachsen. Die

Unterschiede zwischen den Mitgliedstaaten sollen möglichst gering werden.

Die Wirtschafts- und Finanzkrise, die Millionen an Arbeitslosen, die vielen Schulden und die damit einhergehenden sozialen Unruhen haben gezeigt, dass dieser Wirtschaftsraum durchaus nicht so belastbar ist, wie wir es uns wünschen würden. „Europa 2020“ greift diese Erfahrung auf und setzt sie in einer Strategie und in Leitinitiativen um. Dies und die Darlegung der Ziele müssen in den Programmen der Länder zu finden sein. Denn es geht nicht nur darum, die Gelder effizient auszugeben. Die Programme sollen auch effektiv sein, sprich: den vorgegebenen Zielen so nahe wie möglich kommen.

Nun zu Südniedersachsen: Das Regionalmonitoring des Niedersächsischen Instituts für Wirtschaftsforschung (NIW) hat ergeben, dass hier die Überalterung, die Arbeitslosigkeit, die Leerstandsquote und der Abzug von Kaufkraft zu einer Abwärtsspirale führen, die aufgehalten werden muss.

(Helge Limburg [GRÜNE]: Richtig!)

Es droht ein Auseinanderdriften der Regionen. Deshalb muss gehandelt werden.

(Beifall bei den GRÜNEN und bei der SPD)

Vor diesem Hintergrund ist die Programmerstellung - zusammen mit der Einrichtung eines Multifonds aus Mitteln von ESF und EFRE - sehr aufwendig. Eine enge ressortübergreifende Abstimmung und natürlich ein Austausch mit der EUKommission sind unabdingbar. Das kostet - nicht vorhandene - Zeit. Zu dem erhöhten Aufwand für die Erstellung des Programms kommt noch hinzu, dass die zeitliche Abfolge bei dieser Programmerstellung zu Erschwernissen führte, auf EU- und auch auf Bundesebene.

Das Operationelle Programm Niedersachsens wurde im Juni in Brüssel eingereicht und im September mit 241 Anmerkungen zurückgeschickt. Nun hat die Niedersächsische Staatskanzlei bis zum 7. November Zeit, diese Anmerkungen bei den Operationellen Programmen ausreichend zu berücksichtigen.

Kurz und gut: EU-Fördergelder zu beantragen ist ein kompliziertes und aufwendiges Geschäft und selten von sofortigem Erfolg gekrönt. Diese Erfahrung ist nicht neu, und es macht sie nicht nur Niedersachsen. Vielmehr stehen wir damit in guter Gesellschaft mit anderen Bundesländern, die

ebenfalls umfangreiche Fragenkataloge abzuarbeiten haben.

(Beifall bei den GRÜNEN und bei der SPD - Thomas Schremmer [GRÜNE]: Schimären werden hier aufgebaut!)

An dieser Stelle ist es richtig und auch an der Zeit, all denjenigen Dank zu sagen, die unermüdlich daran gearbeitet haben und die sich auch jetzt keine Pause gönnen und Tag und Nacht und am Wochenende alles daransetzen, die vorgeschriebenen Fristen einzuhalten.

(Beifall bei den GRÜNEN und bei der SPD)

Der Wille, das ambitionierte Projekt zum Erfolg zu führen, ist offenkundig und zeugt von einem großen Teamgeist.

Sie können also davon ausgehen, dass sich die Staatskanzlei ihrer Verantwortung voll und ganz bewusst ist und alles Menschenmögliche unternimmt, um die Frist einzuhalten. Also heißt die Antwort auf Ihre Fragen: Nein, Niedersachsen verspielt keine Fördergelder. In der Folge ist auch der Südniedersachsenplan nicht gescheitert.

Im Umkehrschluss entnehme ich Ihren Fragen, dass Sie besorgt sind, dass dieser Südniedersachsenplan eventuell nicht stattfinden könnte. Diese Besorgnis drückt Ihre Unterstützung des Vorhabens aus und erfreut uns daher sehr.

(Heiterkeit und Beifall bei den GRÜ- NEN und bei der SPD)

Denn schließlich muss dieses Projekt von allen getragen werden. Frau Honé hat im Ausschuss ausdrücklich alle zur Mitwirkung aufgerufen.

An dieser Stelle blicke ich kurz zurück in unsere niedersächsische Geschichte. Auch wenn er jetzt schon erwähnt wurde, möchte auch ich Sie an den sehr ehrgeizigen Emslandplan von 1950 erinnern, der noch mit Mitteln des Marshallplans begonnen wurde und über die Emsland GmbH, die in etwa mit dem Projektbüro Südniedersachsen vergleichbar ist, realisiert wurde. Der Plan, der damals auf zehn Jahre angedacht war, hat letztendlich 40 Jahre gedauert und großen Erfolg gehabt.

(Beifall bei den GRÜNEN und bei der SPD)