Protocol of the Session on September 25, 2014

CDU-Fraktion „Netzausbau beschleunigen“ in dieser Sache klar positioniert habe: Diese damals praktizierte Form der Weichspülung vermittelt uns in keiner Weise Vertrauen.

Ich möchte mit Genehmigung des Präsidiums kurz aus dem Protokoll der 42. Sitzung zitieren. Am Ende der Beratung zu Top 26 antwortete Minister Wenzel auf die Frage des Abgeordneten Dammann-Tamke, ob er die Ausführungen des Ministers dahin gehend interpretieren dürfe, dass man seitens der Landesregierung eine entsprechende Bundesratsinitiative erwarten könne - ich zitiere -:

„Es ist nicht immer unbedingt erfolgreich, wenn man die Fahne hoch hält und weit voran trägt, sondern manchmal helfen Gespräche deutlich weiter. Wir werden, wenn sich der Landtag hier zu einer Entscheidung durchringt, den effizientesten Weg gehen und gucken, wie wir im Sinne des Landtagsbeschlusses etwas erreichen können.“

Diese Landesregierung will also gucken, Gespräche führen und gucken. Das ist uns zu wenig. Das ist eine nette Umschreibung für die Ablage „bis auf Weiteres“.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Nein, verehrte Kolleginnen und Kollegen, für jemanden, der die Energiewende und einen schnellen, weil notwendigen Netzausbau will, ist nach mehreren Jahren des Stillstandes und der gegenseitigen Blockade der effizienteste Weg, um das Zitat des Ministers aufzugreifen, klar vorgegeben.

Die Entschädigungsfrage im Zusammenhang mit dem Netzausbau regeln die Bestimmungen der §§ 43 bis 45 a des Energiewirtschaftsgesetzes, also Bundesrecht.

Die Durchführung erfolgt dann auf der Basis der Entschädigungsgesetze der Bundesländer. Genau hier obliegt es uns, dem Niedersächsischen Landtag, über eine Neuregelung der Entschädigung das festgefahrene Verfahren zu beschleunigen und den Bund, aber vor allem auch andere Bundesländer unter Zugzwang zu setzen. Das Bundesland Niedersachsen würde nicht aus einer Gesamtsystematik ausbrechen. Außerdem: Was ist das für eine Systematik, die Kommunen auf der Basis des Netzausbaubeschleunigungsgesetzes für eventuell zukünftig entstehende Planungsverluste 40 000 Euro Entschädigungsleistung je Kilometer Leitung gewährt, den Grundstückseigentümern aber eine faire und gerechte Entschädigungsleistung vorenthält?

(Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Nein, lieben Kolleginnen und Kollegen, es ist Zeit für konkretes Handeln. Kein anderes Bundesland ist vom Netzausbau, ausgelöst durch die Energiewende, derart betroffen wie das große Flächenland im Norden, Niedersachsen.

Auf Bundesebene haben Arbeitsgruppen und Unterarbeitsgruppe innerhalb der Netzplattform über Jahre keine konkreten Ergebnisse erarbeitet. Zuletzt hat die Agrarministerkonferenz in ihrer Sitzung am 27. April 2012 dazu folgenden Beschluss gefasst - ich zitiere mit Genehmigung des Präsidiums -:

„4. Die Agrarministerkonferenz weist darauf hin, dass die derzeit üblichen Entschädigungssätze zu niedrig sind, weswegen der Netzausbau auch nur auf geringe Akzeptanz bei Landwirten und Waldbesitzern stößt. Eine Anpassung der Entschädigungsbeiträge würde hingegen zu einer Erhöhung der Akzeptanz für den Netzausbau führen können.

5. Die Ministerinnen, Minister und Senatoren der Agrarressorts der Länder bitten das BMELV, die Rechtslage zur Bemessung von Entschädigungen für die Einräumung von Dienstbarkeiten zu Gunsten der betroffenen Grundeigentümer anzupassen.“

All denjenigen Kolleginnen und Kollegen, die in dem von uns vorgelegten Gesetzentwurf einen erneuten Versuch einer leicht durchschaubaren

Klientelpolitik zugunsten von Landwirten, Waldbesitzern und sonstigen Grundeigentümern sehen,

(Helge Limburg [GRÜNE]: Die liegen richtig! Die liegen alle richtig!)

sei ein topaktueller Bericht zur Gesamtproblematik „Kosten des Netzausbaus“ empfohlen. Die Frankfurter Allgemeine Zeitung berichtet in ihrer Ausgabe vom 23. September 2014, also in dieser Woche, unter dem Titel „Noch 50 Milliarden Euro für das Stromnetz?“ über die besonderen finanziellen Belastungen, die auf die Endverbraucher zukommen, und über zusätzliche Bauverzögerungen, deren Ursache u. a. in der mangelnden Flächenbereitstellung zu suchen ist.

Diese volkswirtschaftlich unsinnigen Belastungen können wir, ausgehend von Niedersachsen, minimieren. Wer die Energiewende erfolgreich bestreiten will, der sollte sich unserer Gesetzesinitiative unvoreingenommen annähern.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Heute Morgen hat TenneT seine Planungen zum Leitungsbau Dollern–Sottrum–Landesbergen vorgestellt. Weitere Großprojekte, die wir alle schon kennen, werden in Kürze folgen. Wir sollten das Thema nicht auf die lange Bank schieben.

Ich freue mich auf die Beratungen, geben sie doch sicherlich Aufschluss darüber, ob einer Mehrheit hier im Landtag bereit ist, mehr zu tun als zu „gucken“.

Ich danke für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Vielen Dank, Herr Kollege Dammann-Tamke. - Für die Fraktion der SPD hat sich Kollege Wiard Siebels gemeldet. Herr Siebels, Sie haben das Wort.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Herr Dammann-Tamke, vielen Dank für die Einbringung Ihres Gesetzentwurfs. Ich bin trotz Ihres Ausführungen - oder vielleicht auch gerade deswegen - nach wie vor erstaunt über diese Initiative von Ihnen.

Sie haben mit Datum vom 14. Januar 2014 in der Drucksache 17/1103 einen Antrag mit dem Titel „Netzausbau beschleunigen - Akzeptanz erhöhen - Angemessene Entschädigungszahlungen einführen“ in den Landtag eingebracht. Dieser Antrag ist

von uns vernünftig im Ausschuss beraten worden. Er hat auch das Plenum erreicht. Dazu hat es einen Änderungsvorschlag von uns gegeben. Dazu will ich gleich noch etwas sagen.

In diesem Antrag fordern Sie eine Änderung des § 45 des Energiewirtschaftsgesetzes. Das ist der Systematik nach auch nicht falsch. Dann schreiben Sie - weil das Energiewirtschaftsgesetz ein Bundesgesetz ist - wörtlich:

„Sollte sich eine Anpassung des § 45 EnWG als nicht durchführbar erweisen, fordert der Landtag die Landesregierung auf, das Niedersächsische Enteignungsgesetz entsprechend anzupassen“.

Meine Damen und Herren, das mit dem „nicht durchführbar“ geht bei Ihnen ja schnell. Wer regiert eigentlich in Berlin? Vielleicht rufen Sie bei Gelegenheit einmal Frau Merkel an.

(Zustimmung bei der SPD und bei den GRÜNEN - Zurufe von der CDU und von der FDP)

- Herr Oesterhelweg, rufen Sie sie einfach an! Sagen Sie ihr: Wir müssen § 45 des Energiewirtschaftsgesetzes ändern! - Dazu sind Sie offensichtlich nicht in der Lage.

(Zurufe von der CDU)

Sie werfen nach einem halben Jahr die Flinte ins Korn, geben auf und sagen: Auf Bundesebene kriegen wir das nicht hin; dann müssen wir es vor Ort machen.

(Zurufe von der CDU)

Das, meine Damen und Herren, finde ich schon einigermaßen abenteuerlich. Das will ich an dieser Stelle ganz deutlich sagen.

(Beifall bei der SPD und bei den GRÜNEN - Zurufe von der CDU)

- Sie sind offenkundig auf Bundesebene gescheitert. Anders lässt sich Ihre Gesetzesinitiative nicht erklären.

(Ronald Schminke [SPD]: Genau so!)

Jetzt komme ich auf den Änderungsvorschlag zu sprechen, den wir - die rote und die grüne Fraktion - eingebracht haben und der zum Beschluss des Plenums wurde. Auch hier ein kleiner Hinweis auf das Datum: Dieser Änderungsvorschlag wurde am 9. Juli 2014 vom Ausschuss angenommen. Wenn ich einigermaßen richtig aufgestellt bin,

dann reden wir über gut zwei Monate. Dass Sommerpause war, will ich gar nicht anschneiden.

In diesem Änderungsvorschlag, der in dieser Fassung das Plenum verlassen hat, ist wörtlich formuliert:

„Der Landtag fordert … die Landesregierung auf, sich gegenüber dem Bund dafür einzusetzen, dass geprüft wird, in § 45 des Energiewirtschaftsgesetzes … eine entsprechende Formulierung zu ergänzen, mit der für die beanspruchten privaten Flächen eine verbesserte Entschädigungsregelung getroffen werden kann.“

Wir sind Ihrem Anliegen also weitestgehend entgegengekommen. Diese Forderung wird noch konkretisiert, indem auf wiederkehrende Zahlungen abgestellt wird.

Dieser Änderungsvorschlag wurde am 9. Juli angenommen, und Sie stellen sich am 25. September hierhin und sagen: Es ist immer noch nichts passiert! Unglaublich! Die Regierung „guckt“ nur! - Wenn Ihre Vorstellung von ernsthafter Politik ist, dass eine Landesregierung dafür sorgt, dass das Energiewirtschaftsgesetz auf Bundesebene innerhalb von zwei Monaten, im Vorbeigehen, geändert wird, dann tun Sie mir, ehrlich gesagt, etwas leid. Meine Damen und Herren, das muss ich Ihnen schon sagen.

(Beifall bei der SPD und bei den GRÜNEN)

Ich will auf die inhaltlichen Probleme, die die von Ihnen geforderte Regelung mit sich bringen würde, hier nicht im Detail eingehen. Das können wir im Ausschuss machen. Über den Systembruch haben wir gesprochen. Ich glaube, es macht dann in der Tat Sinn, sich das Ganze im Zusammenhang anzusehen und nicht eine Entschädigungsregelung herauszugreifen und sie gesondert zu behandeln.

(Zustimmung bei den GRÜNEN)

Wenn man diese Geschichte behandelt, dann ist es erstens richtig, das bundesweit zu machen - es hilft uns in der Summe nicht, wenn einzelne Bundesländer landesrechtliche Regelungen treffen -, und zweitens, sich das im Zusammenhang der gesamten Entschädigungsleistungen anzusehen und eine Gesamtregelung für diesen Bereich zu treffen. Denn sonst produzieren Sie neue Unwuchten, meine Damen und Herren.

(Beifall bei der SPD und bei den GRÜNEN)

Das will ich gerne alles im Ausschuss mit Ihnen diskutieren. Trotzdem sage ich Ihnen, Herr Dammann-Tamke: Erst einen Entschließungsantrag einzubringen, dem wir auch noch entgegenkommen, und dann nach kürzester Zeit einen solchen Landesgesetzentwurf zu präsentieren, das kann ich leider nur als Klamauk bezeichnen. Es tut mir wirklich leid.