Protocol of the Session on July 24, 2014

Sie haben einen Bildungsetat mit der Summe x. Er wird um einen weiteren Betrag entlastet. Es werden aber auch durch Umschichtungen im Rahmen des Haushalts - der Finanzminister hat die Volumina eben vorgetragen - zusätzliche Mittel in den

Bildungsetat gepackt. Am Ende hängt am einzelnen Euro, der sich im Gesamtbildungsetat befindet, kein Schild, woher er denn kommt, sondern entscheidend ist - insoweit bekommt er Schilder -, wohin er geht. Machen Sie sich keine Sorgen: Da werden auch die Hochschulen am Ende nichts zu klagen haben.

(Beifall bei den GRÜNEN und bei der SPD)

Danke schön. - Die nächste Zusatzfrage: Fraktion Bündnis 90/Die Grünen, Kollege Heere, bitte sehr!

Sehr geehrter Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich frage die Landesregierung: Ist es richtig, wie der Fragesteller in seiner Frage suggeriert, dass BAföG-Mittel aus Berlin an das Land fließen, bei denen das Land entscheiden kann, ob es diese Mittel annimmt oder nicht, oder zeigt diese Frage nicht vielmehr die fundamentale Unkenntnis des Fragestellers über die Finanzströme?

(Beifall bei den GRÜNEN)

Danke schön. - Der Herr Finanzminister ist berufen. Bitte sehr!

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Da ich diese Zusammenhänge schon erklärt habe, kann ich die zuletzt gestellte rhetorische Frage zunächst mit Ja beantworten.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Des Weiteren kann ich - ich nutze die Gelegenheit gern - nachtragen - natürlich immer noch vorbehaltlich der Beschlussfassung des Kabinetts -: Der Aufwuchs im Einzelplan 06 wird voraussichtlich gegenüber dem laufenden Jahr ohne Personalverstärkungsmittel, die für eine künftige Tariferhöhung bereitgestellt sind - die sind nicht enthalten -, und unter Eliminierung der BAföG-Mittel - damit es vergleichbar ist - bei 160 Millionen, also deutlich über den 110 Millionen, liegen.

(Zuruf von Reinhold Hilbers [CDU])

- Das hat mit den Studienbeiträgen doch gar nichts zu tun.

(Jörg Hillmer [CDU]: Aber hallo!)

Die Studienbeiträge sind teils durch den Landeshaushalt und teils durch die Ressorts - Sie erinnern sich an den schönen Begriff „Aktion Klingelbeutel“ - umgesetzt. Die Hochschulen sind hier - das hat meine Kollegin Ministerin schon ausgeführt - dynamisch bedient worden und haben das auch als gute Leistung anerkannt. Auch die Hochschulpräsidenten, die bis zur letzten Sekunde an Ihrer Seite für die Studiengebühren gekämpft haben und weiter den Studenten in die Tasche greifen wollten, haben am Ende gesagt: Gut, das ist jetzt in Ordnung. Das ist ein fairer Abschluss. Wir sind vollständig kompensiert.

Das ist mit dem Thema BAföG nicht zusammenzubringen. Das hat miteinander nichts zu tun.

(Beifall bei der SPD und bei den GRÜNEN)

Vielen Dank, Herr Minister. - Meine Damen und Herren, ich darf feststellen, dass zu dieser Dringlichen Anfrage 23 b keine weiteren Wortmeldungen für Zusatzfragen angemeldet sind. Damit ist der Komplex der Dringlichen Anfragen insgesamt abgehandelt.

Ich darf darauf hinweisen, dass wir - Sie werden es bemerkt haben - den Zeitrahmen von 110 Minuten für die Dringlichen Anfragen - vielleicht nicht ganz unerwartet - nicht annährend ausgeschöpft haben, also, vom Fahrplan her gesehen, mehr als eine Stunde Vorsprung gewonnen haben. Wenn sich die Fraktionsführungen, die mir gerade alle nicht zuhören - pardon, Herr Grascha! -, verständigen, wäre es denkbar, dass der eine oder anderen Punkt des heutigen Tages oder von morgen auf den heutigen Vormittag vorgezogen wird. Aber das ist nur eine sehr allgemeine Überlegung.

Ich gehe jetzt über zu dem

Tagesordnungspunkt 24: Abschließende Beratung: Optionszwang schnell und vollständig abschaffen - Antrag der Fraktion der SPD und der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen - Drs. 17/1336 - Beschlussempfehlung des Ausschusses für Inneres und Sport - Drs. 17/1736

Der Ausschuss empfiehlt Ihnen, den Antrag unverändert anzunehmen.

Eine Berichterstattung ist nicht vorgesehen.

Ich darf nunmehr in die Beratung eintreten und brauche jetzt auch Wortmeldungen.

(Belit Onay [GRÜNE]: Liegt vor!)

- Richtig, Herr Onay. Sie liegt vor. - Bitte sehr!

Vielen Dank. - Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Der Bundestag hat vor Kurzem ein Gesetz zum sogenannten Optionszwang beschlossen. Es ist schon ganz interessant, zu beobachten, dass man - je nachdem, auf welcher Seite man im Bundestag steht - das Gesetz entweder größer oder kleiner zu reden versucht, als es in Wirklichkeit ist.

Die Türkische Gemeinde in Deutschland hat für dieses Gesetz einen sehr treffenden Titel, wie ich finde, gefunden: „Optionspflichtverlängerungsgesetz“ hat sie es genannt. Tatsächlich ist es nichts anderes. Der Optionszwang wurde verlängert.

Es wurden allerdings ein paar Ausnahmetatbestände hinzugefügt. Von diesen Ausnahmetatbeständen sollen jedoch laut Bundesregierung 90 bis 95 % der Betroffenen profitieren können.

Vor dem Hintergrund dieser großen Zahl fragt man sich natürlich: Warum hält man an diesem Unding, an diesem gesetzlichen Monstrum fest?

(Miriam Staudte [GRÜNE]: Gute Fra- ge!)

Das ist ideologisch begründet.

Viele Gesetze, die ideologisch derart durchtränkt sind, weisen rechtliche Fehler auf. So ist es auch hier. Dieses Gesetz enthält gravierende Verstöße gegen das Grundgesetz und das Europarecht.

Es wird nicht nur gegen Artikel 3 - das Gebot der Gleichbehandlung - verstoßen, indem auf die Abstammung von Menschen abgestellt wird, nein, es wird auch gegen Artikel 16 verstoßen. Artikel 16 schließt die Entziehung der deutschen Staatsbürgerschaft aus.

(Helge Limburg [GRÜNE]: Richtig!)

Ein Verlust der Staatsangehörigkeit ist allerdings nur aufgrund eines Gesetzes möglich, wenn der Betroffene dadurch nicht staatenlos wird. Den Rahmen für die einfachgesetzliche Regelung hat das Bundesverfassungsgericht jedoch sehr eng gefasst. Es stellte auf die zumutbare Beeinflussbarkeit durch die Betroffenen ab. Das heißt, dass die Betroffenen Einfluss nehmen können müssen,

wenn ihnen der Verlust der Staatsbürgerschaft droht.

Hier ist das nachweislich nicht der Fall. Artikel 6 nämlich gibt den Eltern der betroffenen Jugendlichen und Kinder das Recht, über deren Aufenthalt zu bestimmen. Das heißt, die Eltern bestimmen darüber, ob sich die Kinder im Inland oder im Ausland aufhalten. Sich im Ausland aufzuhalten, führt nach den neuen Regelungen zum Verlust der Staatsbürgerschaft, bzw. dann greift die Optionspflicht, der Optionszwang.

Ebenso verhält es sich mit dem EU-Recht. Wenn ein optionspflichtiges Kind mit seinen Eltern nicht nach Mexiko oder Kenia auswandert, sondern beispielsweise nach Spanien oder Italien, dann - das haben die Beratungen im Innenausschuss gezeigt - nutzt es zwar als deutscher Staatsbürger sein Unionsbürgerschaftsrecht und damit die Freizügigkeit, aber diese Freizügigkeit wird ihm zum Verhängnis. Denn auch wenn ein Kind nicht in Deutschland, sondern im EU-Raum lebt, greift die Optionspflicht, der Optionszwang. So wird EURecht verletzt.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, das ist die rechtliche Seite des Ganzen. Kommen wir aber zur emotionalen Seite und zu der Signalwirkung, die dieses Gesetz ausstrahlt!

Das Gesetz strahlt Misstrauen aus, Misstrauen gegen Deutschen, die nur unter Vorbehalt Deutsche sein dürfen, die unter Beweis stellen müssen, dass sie deutsch genug sind, um Deutsche bleiben zu können. Ich muss auch in Richtung der CDU in Niedersachsen ehrlicherweise sagen: Es ist mir wirklich unverständlich, warum man an diesem Misstrauen festhalten will.

(Beifall bei den GRÜNEN und bei der SPD)

Gerade die CDU in Niedersachsen hat doch in der eigenen Fraktion an einem wirklich guten Beispiel - David McAllister - erfahren können, wie fruchtbar, wie positiv Binationalität sein kann.

(Beifall bei den GRÜNEN und bei der SPD sowie Zustimmung von Jan- Christoph Oetjen [FDP])

Sie hat auch damit kokettiert, beispielsweise im Wahlkampf, mit Slogans wie „I’m a Mac“. Ich habe sie zwar nicht gewählt; das wird Sie nicht überraschen. Aber ich fand gerade diesen Aspekt wirklich sympathisch.

Ein noch besseres Beispiel ist die deutsche Fußballnationalmannschaft. Schauen Sie sich die WMKader von 1954, 1974 und 1990 an! Da treffen Sie ein paar Jürgens, ein paar Andreasse, auch einen Lothar, natürlich nur einen Rudi Völler.

(Helge Limburg [GRÜNE]: Und einen Guido!)

Aber 2014 sehen Sie neben einen Philipp und einem Sebastian auch einen Mesut, einen Sami und einen Jérôme.

(Filiz Polat [GRÜNE]: Und einen Mi- roslav!)

Das ist nicht nur wunderschön und vielfältig, das ist weltmeisterlich.

(Beifall bei den GRÜNEN und bei der SPD sowie Zustimmung von Jan- Christoph Oetjen [FDP])

Meine sehr geehrten Damen und Herren, die Bundeskanzlerin hat es sich zu Recht nicht nehmen lassen, sich mit dieser Vielfalt ablichten lassen. Doch wenn man dieses Bild neben das Gesetz hält, das der Bundestag verabschiedet hat, dann sieht man, dass sportliche Anerkennung nicht gleichbedeutend mit politischer und gesellschaftlicher Anerkennung ist. Das ist für viele Menschen in diesem Land ein Schlag ins Gesicht.