Protocol of the Session on July 24, 2014

(Zustimmung bei den GRÜNEN)

Eine rechtliche Grundlage, hier als Land tätig zu werden, gibt es allerdings nicht. Das früher im Wasserrecht geregelte Instrument der wasserwirtschaftlichen Rahmenplanung ist entfallen. Allerdings erwägt die Landesregierung, in Abhängigkeit der verfügbaren Haushaltsmittel die Erarbeitung eines landesweiten Retentionskatasters als Planungsgrundlage vor Ort. Damit sollen Möglichkeiten zur Schaffung weiterer Retentionsräume auch an kleineren Gewässern aufgezeigt werden, die dann von den Kommunen und Verbänden vor Ort in ihre Planung aufgenommen werden können.

(Vizepräsident Karl-Heinz Klare über- nimmt den Vorsitz)

Niedersachsen setzt sich in der länderübergreifenden Zusammenarbeit im Besonderen dafür ein, dass im Einzugsgebiet der Elbe möglichst viele Retentionsmöglichkeiten geschaffen werden. Zusammen mit allen Elbe-Ländern ist dafür zu sorgen, dass der Elbe und ihren Nebenflüssen wieder mehr Raum gegeben wird.

(Miriam Staudte [GRÜNE]: Sehr rich- tig!)

Zur Finanzierung möchte ich Ihnen noch einige Daten an die Hand geben. Im Haushaltsplan 2014 sind neben den Mitteln der Gemeinschaftsaufgabe in Höhe von 7,05 Millionen Euro zusätzliche Landesmittel in Höhe von 1,1 Millionen Euro veranschlagt, um Kürzungen von Bundesmitteln bei der Gemeinschaftsaufgabe zu kompensieren. Zusätzlich stehen für 2014 EU-Mittel aus der vorangegangenen Förderperiode in Höhe von 8,2 Millionen Euro zur Verfügung.

(Dr. Gero Hocker [FDP]: Was machen Sie denn selber? Das ist doch die Fra- ge!)

Aufgestockt werden können diese Hochwasserschutzmittel ab 2015, wenn auf Initiative der Bundesländer eine Erhöhung der Finanzausstattung über einen Sonderrahmenplan „präventiver Hochwasserschutz“ erfolgt.

Zur Verstärkung des Hochwasserschutzes ist vorgesehen, die Haushaltsmittel der Gemeinschaftsaufgabe in der EU–Förderperiode 2014 bis 2020 aus dem ELER-Fonds in Höhe von insgesamt rund 45 Millionen Euro zu ergänzen. Nach dem Aufbauhilfefonds „Hochwasser Elbe“ werden in diesem Jahr aus dem Fonds Mittel nach dem Aufbauhilfefonds-Errichtungsgesetz bewilligt, um durch das Hochwasser 2013 entstandene Schäden an der wasserwirtschaftlichen Infrastruktur zu beseitigen. Derzeit ist davon auszugehen, dass die verfügbaren Haushaltsmittel aus dem Fonds ausreichen, um die vorliegenden Anträge zu bewilligen.

Meine Damen und Herren, über die Vorhersagen hatte ich schon etwas gesagt. Sie stellen uns angesichts zunehmender Extremwetter vor besondere Herausforderungen. Die Münchner Rück, eine der großen Rückversicherungen dieser Welt, zeigt auch auf Grafiken sehr eindrucksvoll, dass die Herausforderungen in diesem Bereich wachsen.

Herr Oesterhelweg, Sie hatten darauf hingewiesen: Wir werden zunehmend zum Winterregengebiet. Die Niederschläge verschieben sich etwas. Im Sommer wird es tendenziell weniger, im Winter

mehr. Von daher werden wir sehr aufmerksam beobachten, was sich hier weiter tut, was es für Herausforderungen gibt.

Ich sage an dieser Stelle auch ganz deutlich: Mir ist sehr wichtig, dass der Hochwasserschutz ein überparteiliches Thema ist und auch bleibt. Mir liegt sehr daran, sowohl den Küstenschutz als auch den Hochwasserschutz sehr, sehr ernst zu nehmen und zu gucken, dass wir gemeinsam auch hier im Haushalt die dafür notwendigen Mittel bereitstellen können.

(Dr. Gero Hocker [FDP]: Lippenbe- kenntnisse!)

Das ist immer auch eine gemeinsame Herausforderung, nicht nur für die Regierung, sondern auch für den Landtag. Insofern bin ich dankbar, hierzu vortragen zu dürfen.

Vielen Dank fürs Zuhören.

(Beifall bei den GRÜNEN und bei der SPD)

Danke schön, Herr Minister. - Es gibt eine weitere Wortmeldung: Kollege Marcus Bosse, SPD-Fraktion.

Herr Präsident! Meine Damen, meine Herren! Zunächst gilt mein herzlicher Dank den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern des Ministeriums für die umfangreiche Beantwortung dieser Großen Anfrage. Ich wäre Ihnen, Herr Minister Wenzel, und Ihnen, Frau Kottwitz, sehr dankbar, wenn Sie ihn übermitteln würden. Herzlichen Dank dafür!

(Beifall bei der SPD und bei den GRÜNEN)

Ich bin aber auch der CDU-Fraktion dankbar für diese Anfrage und für die in weiten Teilen sehr sachliche Debatte zu diesem Thema, zumal ich oft den Eindruck habe, dass der Hochwasserschutz im Binnenland eher beiläufig ist und Küstenschutz leichter in den Mittelpunkt gerät. Gerade im letzten Frühjahr war dies wieder der Fall.

Das Leben in der Nähe von Flüssen und Flussauen kann in der Tat reizvoll sein, und insbesondere jene Nutzer, die am Wasser leben, genießen in der Regel auch die Annehmlichkeiten des Wohnens in der Nähe und nehmen leider Gottes oftmals nur ungern die Risiken zu Kenntnis. Oft wird dann nach einem extremen Hochwasserereignis mit ge

ringen oder auch größeren Schäden der Ruf nach der Allgemeinheit, oftmals nach dem Staat, laut, um die Naturgewalten von den betroffenen Bereichen fernzuhalten.

Lange war Niedersachsen verschont von Extremhochwassern. Das schlimmste Hochwasser gab es im Februar 1946 an der Weser, und danach war wirklich viele Jahrzehnte Ruhe. Mit Beginn dieses Jahrtausends mehren sich allerdings die Hochwasser.

Was ist in der Zwischenzeit passiert? - In der Zwischenzeit wurde - nachweisbar und entgegen der Stellungnahmen der Wasserwirtschaftsverwaltung - häufig in Überschwemmungsgebiete und hochwassergefährdete Bereiche hineingesiedelt, es wurde gebaut.

Hochwasser sind im Übrigen natürliche Ereignisse - hierauf wurde schon hingewiesen -, die durch starke Niederschläge, oftmals verstärkt durch Schneeschmelze oder bei Eisstau, entstehen.

Meine sehr verehrten Damen und Herren, in der Folge von extremen Hochwasserereignissen wird auch Soforthilfe vom Staat verlangt. Ich sage hier ganz deutlich: Bei den Ereignissen, wie sie sich beispielsweise an der Elbe zugetragen haben, ist dies auch unabdingbar. Man kann die Leute nicht im Stich lassen. Nachdem diese Mittel oftmals gewährt werden, wird nachträglich noch ein umfassender Hochwasserschutz gefordert.

Im Laufe der Jahre stellen wir fest, dass wir auch handeln müssen. Wir können es nicht so tun, dass Sachsen-Anhalt auf der einen Seite der Elbe den Deich um 50 cm erhöht, worauf sie auf niedersächsischer Seite überläuft, und dass wir dann noch einmal um 80 cm erhöhen, worauf sie auf sachsen-anhaltischer Seite überläuft. Das geht nicht. Darum muss man oft und mehr kooperieren.

(Beifall bei der SPD und bei den GRÜNEN)

Bei der Beantwortung wurde auch deutlich, dass es eine Aufgabe des eigenen Wirkungskreises der Kommunen ist, den Hochwasserschutz - in diesem Fall den baulichen Schutz besiedelter Gemeindegebiete - zu gewährleisten. Dies kann nur gelingen, wenn in der örtlichen Gemeinschaft, also auch mit den Bürgerinnen und Bürgern, Alternativen entwickelt werden, die vernünftig diskutiert, beschlossen und realisiert werden.

In diesem Zusammenhang wird auch oft gefordert, einen flussgebietsbezogenen Hochwasserschutz

zu schaffen, der den örtlichen Hochwasserschutz ersetzt, was durchaus vernünftig ist. Auch für diese Forderung gibt es zunächst einmal keine Rechtsgrundlage. Allerdings bietet das Wasserverbandsgesetz den Kommunen die Möglichkeit, gemeinde- und landkreisübergreifende Hochwasserschutzverbände zu bilden, was einige auch getan haben. Diese - das sage ich ganz deutlich - profitieren davon. Die Hochwasserschutzverbände können per Satzung die Aufgabe erhalten, flussgebietsbezogene Hochwasserschutzplanung voranzutreiben und Hochwasserschutzanlagen als Maßnahmenträger herzustellen und auch zu unterhalten.

Grundsätzlich ist es so, dass der Deutsche Wetterdienst die Daten zu Niederschlagsmengen bekannt gibt und diese auch auswertet. Dies erfolgt auch in der sogenannten koordinierten Regionalisierung, also in Bezug auf gebietsbezogene starke Niederschläge. Starkregenereignisse führen eher in kleinen Flussläufen, Gräben oder auch Bächen zu schnell ansteigenden Wasserständen, und diese Überschwemmungen können dann auch zu Sturzfluten führen, die in nahen Bereichen zu vollgelaufenen Kellern, Unterführungen oder auch zur Verschlammung von diversen Grünanlagen führen können.

Solche Ereignisse, meine sehr verehrten Damen und Herren, können überall und an jedem Ort auftreten. Intensive Starkniederschläge sind meist von kurzer Dauer, oft verbunden mit heftigen Gewittern, wie wir sie gerade im Sommer häufig erleben. Auch in der Anfrage wird darauf hingewiesen, dass sie hauptsächlich in der warmen Jahreszeit von April bis Oktober vorkommen.

Der Landesregierung liegen keine statistischen Daten über Personenschäden und Sachschäden in Niedersachsen im Allgemeinen und vor allen Dingen im Zusammenhang mit Hochwasserschäden vor. Ich denke, das ist auch ein Punkt, an dem man noch einmal nachhaken müsste.

(Frank Oesterhelweg [CDU]: Ja! In der Tat!)

Eine statistische Erhebung darüber durchzuführen, wäre, glaube ich, klug und vernünftig.

Gemäß § 2 Abs. 2 des Niedersächsischen Kommunalverfassungsgesetzes sind die Gemeinden in ihrem Gebiet die ausschließlichen Träger der gesamten öffentlichen Aufgaben, soweit Rechtsvorschriften nicht etwas anderes bestimmen. Ich möchte noch einmal daran erinnern - Kollege Oesterhelweg hat es vorgetragen -: Wir haben hier

einen Beschluss zum integrativen Hochwasserschutz gefasst, der vorangetrieben werden muss. Denn Integration und Zusammenhalt sind an dieser Stelle sehr wichtig. Ich will Ihnen einmal erläutern, warum. Herr Minister Wenzel hat es versucht; ich will noch deutlicher werden.

Wenn der Oberlieger beispielsweise Spundwände in den Fluss rammt, fließt das Wasser - das ist klar - wesentlich schneller. Wer sich nicht freut, ist der Unterlieger. - Wenn es nicht abgesprochen wird. - Wenn der Unterlieger beispielsweise große Stauflächen aufbietet und diese Staugebiete weit in die Nachbarkommune hineinreichen, dann „freut“ sich natürlich entsprechend der Oberlieger. Darum muss zusammengearbeitet werden. Das Land tut auch einiges. Die Rolle der Kommunen beim örtlichen Hochwasserschutz hat sich im Übrigen bewährt. In den vergangenen Jahren ist es bei den Kommunen durchaus zu einer Schärfung des Hochwasserbewusstseins gekommen. Hier zeigen sich auch die Erfolge der vom Land - ich sage ganz deutlich: auch unter Schwarz-Gelb - in der Hochwasservorsorge eingesetzten Instrumente: die Ausweisung von Überschwemmungsgebieten, die Erarbeitung von Hochwasserschutzplänen, die Unterstützung der Kommunen bei der Aufstellung von Hochwasserschutzkonzeptionen an kleinen Gewässern und natürlich die Bereitstellung von Informationen in Form von Gefahren- und Risikokarten.

An dieser Stelle will ich aber auch anschneiden, dass auch der Naturschutz nicht außer Acht gelassen werden darf; denn Ziel des Naturschutzes im Hinblick auf Bäche und Flüsse ist eine möglichst naturnahe Gewässeraue, sowohl hinsichtlich einer Ausdehnung der Überschwemmungsflächen als auch für den Auenzustand. Ich denke, die Synergie zwischen Natur und Hochwasserschutz ist durchaus ersichtlich. Natürlich muss man Grenzen ziehen: Wo bin ich an dem Punkt angelangt, an dem ich sage: „Ich muss den Bach, den Fluss vertiefen, ausheben, um Sachschäden und natürlich auch Schäden für Menschen, die diese an Leib und Seele davontragen können, zu minimieren.“?

Meine sehr verehrten Damen und Herren, die Hochwasserereignisse im August 2002 und 2013 im Bereich der Elbe haben zur Fortentwicklung des bundesgesetzlichen Instrumentariums geführt. Der Bund ist in dieser Hinsicht äußerst wachsam geworden. Hochwasserschutz im Binnenland wird - davon bin ich überzeugt - in den nächsten Jahren immer mehr in den Fokus geraten. Das ist über das Zusammenarbeiten der Kommunen, das Zu

sammenarbeiten der Bundesländer und in puncto Elbe auch das Zusammenarbeiten der Länder auf EU-Ebene möglich. Ich meine für den Bereich der Elbe speziell Tschechien und die Bundesrepublik Deutschland. Da muss mehr zusammengearbeitet werden. Alle profitieren letzten Endes davon.

Das Land wird auch in den nächsten Jahren landeseigene Maßnahmen des Hochwasserschutzes finanzieren und auch die Kommunen und Verbände entsprechend der verfügbaren Haushaltsmittel bei der Finanzierung von Maßnahmen des technischen Hochwasserschutzes unterstützen.

Zuletzt, meine sehr verehrten Damen und Herren, geht mein Dank - ich denke, da spreche ich für die komplette SPD-Fraktion -, geht unser Dank an die vielen freiwilligen, ehrenamtlichen und auch amtlichen und beruflichen Helfer von THW, Feuerwehr, Bundeswehr und vielen verschiedenen anderen Verbänden und Organisationen, die an der Elbe und auch in anderen Bereichen unseres Landes und der anderen Bundesländer gute Dienste geleistet haben. Herzlichen Dank dafür!

Ihnen danke ich für Ihre geschätzte Aufmerksamkeit.

(Beifall bei der SPD und bei den GRÜNEN)

Vielen Dank. - Zu Wort gemeldet hat sich jetzt Dr. Gero Hocker, FDP-Fraktion.

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich darf mich zunächst einmal dem Dank anschließen, den meine Vorredner zum Ausdruck gebracht haben. Uns ist sehr wohl bewusst, was für eine umfassende Aufgabe es für das Umweltministerium war, diesen umfangreichen Fragenkatalog zu beantworten. Wir sind sehr dankbar dafür, dass das in der gebotenen Tiefe und in der gebotenen Breite erfolgt ist. Herzlichen Dank an die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter im Umweltministerium!

Ich finde aber, dass die Antwort auf die Anfrage der Union ein Stück weit schon einen Paradigmenwechsel bei der Hochwasserpolitik und bei der Priorisierung in diesem Bereich erkennen lässt. Ich bewerte das erst einmal gar nicht, sondern gebe nur zwei nackte Zahlen zur Kenntnis:

Im letzten Jahr der schwarz-gelben Landesregierung, im Jahre 2012, hatte der damalige Umwelt