Protocol of the Session on July 24, 2014

oder länderstaatlichen Einheiten, meine Damen und Herren.

(Zustimmung bei der CDU)

Wir haben eine Menge offener Fragen. Unsere Fragen sind noch lange nicht beantwortet, Herr Minister. Wir fragen uns schon - und nicht nur uns, sondern natürlich auch Sie -: Wie sieht es mit der Notwendigkeit der personellen Verstärkung der Hochwasservorhersagezentrale aus? Was ist Ihre Einschätzung zur Notwendigkeit der Aufstockung von Talsperren? Wie sieht es mit den GAK-Fördergrundsätzen aus? Wollen Sie da rangehen?

Wie sieht es aus mit dauerhaften Richtlinien für die Soforthilfe? Dazu ist etwas in Arbeit. Darüber wüssten wir gern mehr.

Wie sieht es aus mit der Beschleunigung von Verwaltungsverfahren und in Bezug auf baurechtliche Regelungen?

Wie sieht es aus mit der Einbeziehung der örtlichen Akteure in Hochwasserrisikomanagementpläne? Was ist der aktuelle Stand?

Wie sieht es aus mit Bemühungen um Elementarschadensversicherungen?

Wie sieht es aus mit konkreten Maßnahmen im Bereich der ELER-Förderung?

Viele offene Fragen! Neue Fragen und Unterrichtungswünsche darf ich an dieser Stelle schon ankündigen. Hochwasserschutz in Niedersachsen, Herr Minister: Wir bleiben dran!

Danke schön.

(Beifall bei der CDU)

Vielen Dank, Herr Kollege Oesterhelweg. - Da die Geschäftsordnung auch bei Großen Anfragen Kurzinterventionen nicht ausschließt, ist jetzt entgegen den üblichen Gepflogenheiten, wonach auf den Beitrag der Fragesteller sofort die Landesregierung antwortet, das Wort für eine angemeldete Kurzintervention zu erteilen. Herr Kollege Schminke für 90 Sekunden!

Vielen Dank. - Herr Präsident! Lieber Kollege Oesterhelweg, ich habe mich zu Wort gemeldet, weil mich durchaus betroffen macht, was Sie hier sagen.

Sie fordern mehr Personal ein. Sie sagen, dass mehr Hilfe notwendig ist, wenn es um die Bewältigung von Hochwasser geht, wenn es um Alarmmeldungen und um den Schutz von Menschen geht. In der Bundesregierung wird zurzeit genau das Gegenteil gemacht. Aber auch in der vorangegangenen Wahlperiode mit der Mehrheit von CDU/CSU und FDP sind entsprechende Beschlüsse gefasst worden.

Vielleicht kennen Sie Herrn Ferlemann. Er hat höchstpersönlich Entscheidungen zur sogenannten Wasser- und Schifffahrtsverwaltungsrefom getroffen. Diese Verwaltungsreform sieht vor, dass wir ganz dramatisch abgestuft werden, dass wir unsere Wasser- und Schifffahrtsverwaltung zu großen Teilen verlieren, dass privatisiert wird und dass Aufgaben nach außen verlagert werden. Dementsprechend wird weniger Manpower an den Flüssen vorhanden sein. Das heißt weniger Pflege - Sie hingegen hatten mehr Pflege eingefordert.

Deshalb mahne ich hier an: Sprechen Sie doch mal mit Herrn Ferlemann! Sprechen Sie doch mal mit Ihrer Fraktion im Bundestag! Sorgen Sie auch dafür, dass bei der Kategorisierung z. B. die Weser nicht auf das Niveau einer sonstigen Wasserstraße abgestuft wird, sondern dass sie in der Kategorie Stufe C verbleibt! Denn auch das hat etwas mit Manpower, mit mehr Pflege und Arbeit am Fluss zu tun.

Herzlichen Dank.

(Beifall bei der SPD)

Das hat ja genau geklappt, Herr Kollege Schminke. - Herr Oesterhelweg, Sie möchten antworten? - Bitte, Sie haben das Wort für 90 Sekunden.

(Ulf Thiele [CDU]: Das war jetzt aber nicht unbedingt zum Tagesordnungs- punkt!)

Vielen Dank. - Herr Präsident! Herr Kollege Schminke, netter Versuch! Aber es klappt eben auch nicht immer. Drei Punkte möchte ich kurz ansprechen.

Erstens. Ich habe nicht mehr Personal gefordert. Ich habe mich auf die Aussage in der Antwort bezogen, dass überprüft wird, ob Mittel zur Verfügung stehen. Das ist aber nicht die entscheidende Frage.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Sie haben gefälligst zu überprüfen, ob wir mehr Personal brauchen oder nicht. Und dann geht es um die Mittel! Das ist der zweite Schritt. Ein kleiner, aber feiner Unterschied!

(Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Zweitens. Staatssekretär Ferlemann ist uns allen gut bekannt, ein netter Kerl, ist sehr kompetent. Wunderbar! Ich habe großes Vertrauen in ihn, zumal ich auch weiß, dass er sicherlich alles, was unser Land angeht, mit dem Vizekanzler - er kommt aus Ihrer Truppe - engstens abstimmt, meine sehr verehrten Damen und Herren.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Drittens. Wir reden hier nicht - das ist nicht die entscheidende Frage; das sind immer wieder Ihre klassischen Ablenkungsmanöver - über mehr oder weniger Personal im Bereich der Gewässerpflege. Nein! Wir reden darüber, dass Sie und Ihr Koalitionspartner aus ideologischen Gründen eine vernünftige Pflege verhindern.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Ich kann Ihnen Bäche im Landkreis Wolfenbüttel zeigen. Ich kann Sie auch mit an die Elbe nehmen. Das hat nichts mit mehr oder weniger Personal zu tun, sondern mit der Erkenntnis, dass das schlicht und einfach notwendig ist, meine Damen und Herren.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Nun geht es in der üblichen Reihenfolge weiter, dass bei der Behandlung einer Großen Anfrage zunächst die anfragende Fraktion und dann die Landesregierung redet. Das Wort hat jetzt Herr Umweltminister Wenzel. Bitte schön!

Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Sehr geehrter Herr Oesterhelweg, ich bin Ihnen außerordentlich dankbar dafür, dass Sie mit dieser Anfrage noch einmal Gelegenheit gegeben haben, dass wir uns hier das Hochwasserthema im Gesamtzusammenhang vor die Brust nehmen, uns der Herausforderungen bewusst werden und alle Herausforderungen, die abzuarbeiten sind, konsequent angehen.

Die Beantwortung dieser Großen Anfrage zum Thema „Hochwasserschutz in Niedersachsen“ stellte einen erheblichen Kraftakt für meine Fachleute dar, nicht nur, weil für die Antworten auf die 89 Fragen teilweise umfangreiche Datenzusammenstellungen erforderlich waren, sondern weil es zeitgleich auf verschiedenen Ebenen darum ging, die Hochwasservorsorge zu verbessern. Unter anderem sind aktuell die Beschlüsse der Sonderumweltministerkonferenz vom September 2013 und die der Elbeministerkonferenz aus dem Dezember 2013 umzusetzen, die neue Förderperiode 2014 bis 2020 vorzubereiten und der Aufbauhilfefonds Hochwasser Elbe auszuzahlen. Ferner werden aktuell die Vorbereitungen für die Hochwasserrisikomanagementpläne getroffen.

Ich hoffe trotzdem, dass wir auch mit den zugrundeliegenden Daten Orientierung gegeben haben - auch für die Kommunen, auch was die Einplanung der Mittel angeht, auch was den Umfang der noch anstehenden Maßnahmen angeht. Ich denke, was in der Antwort aufgeführt ist, liefert dafür eine ganz gute Datengrundlage.

Meine Damen und Herren, Hochwasser ist im Grundsatz ein natürliches Ereignis. In Niedersachsen gibt es eine Zunahme extremer Ereignisse etwa seit Anfang der 90er-Jahre. Aufgetretene Schäden dokumentieren die in der Vergangenheit geschaffenen Hochwasserrisiken in Überschwemmungsgebieten und mahnen dazu, in der Zukunft wieder mehr Wert auf den vorbeugenden Hochwasserschutz zu legen.

Mir liegt sehr daran, jetzt mit Blick auf die Maßnahmen, die gemeinsam von allen 16 Bundesländern und dem Bund verabredet sind, Sorge zu tragen, dass wir insbesondere nach vorn schauen. In der Vergangenheit sind zu oft zwar Aufbaufonds aufgelegt worden, aber unser Interesse muss es sein, sicherzustellen, dass erst gar kein Aufbaufonds notwendig wird.

Vor dem Hintergrund der Hochwasserereignisse 2013 und der Umsetzung des 16 Punkte umfassenden Beschlusses der Sonderumweltministerkonferenz vom September 2013 befassen sich aktuell die Länderarbeitsgemeinschaft Wasser - „LAWA“ genannt - und die Flussgebietsgemeinschaft Elbe mit Maßnahmen zur Verbesserung des vorbeugenden Hochwasserschutzes. Die Sonderumweltministerkonferenz von 2013 hat festgehalten, dass Überschwemmungsgebiete durch ein langfristiges Flächenmanagement auch künftig in ihrer Funktion zu erhalten sind. Das ist keinesfalls

selbstverständlich, wie wir alle wissen. Oft ist in Perioden, in denen über längere Zeit kein Hochwasser auftrat - in der Vergangenheit oft auch über mehrere Jahrzehnte hinweg -, die Versuchung groß gewesen, das eine oder andere Überschwemmungsgebiet doch für die Bebauung freizugeben. Dann ist der Kummer natürlich groß, wenn am Ende ein extremes Ereignis dafür sorgt, dass große Schäden an der Infrastruktur auftreten.

Insofern müssen wir hierbei vorausschauend handeln, müssen wir sehr langfristig handeln und müssen auch für Lagen, von denen man glaubt, sie könnten nicht gefährdet sein, Sorge tragen, dass man dem Vorsorgegedanken Vorrang einräumt.

Das Nationale Hochwasserschutzprogramm wird derzeit erarbeitet. Darin sollen überregionale Maßnahmen zur Verbesserung des präventiven Hochwasserschutzes aufgenommen werden, insbesondere zur Gewinnung von Rückhalteräumen mit signifikanter Wirkung auf die Hochwasserscheitel sowie zur Schwachstellenbeseitigung bei vorhandenen Hochwasserschutzanlagen. Wenn es uns im Zweifelsfall gelingt, im Extremfall die Scheitel zu brechen, dann sind oft schon ganz wenige Zentimeter von entscheidender Bedeutung.

Wir wollen darüber hinaus mit allen anderen Ländern und dem Bund gemeinsam eine Finanzierungsstrategie entwickeln.

Wir wollen eine Verbesserung der Grundlagen für Hochwasservorhersagen. Es hat sich gezeigt, dass gerade die Extremwetterereignisse, die in den letzten Jahren gehäuft aufgetreten sind, ganz neue Herausforderungen bei der Vorhersage mit sich bringen. Die US-amerikanische Administration für derartige Vorhersagen hat darauf hingewiesen, dass die Daten aus den 60er-, 70er- und 80erJahren nicht mehr in der Form verwertbar sind, wie man das aus früheren Jahrzehnten kannte. Wir brauchen bei den Vorhersagen eine schnellere Aktualisierung der Datenbestände. Das führt zu ganz neuen Herausforderungen.

Wir haben uns im Rahmen der Sonder-UMK auch eine Überprüfung der rechtlichen Instrumentarien beim Hochwasserschutz vorgenommen mit dem Ziel, Hochwassermaßnahmen vorzunehmen und auch zu prüfen: Wie kann man eine Umsetzung zügiger ermöglichen? Herr Oesterhelweg hat es angesprochen. Das ist ein durchweg sensibles Thema, weil sich in der Vergangenheit auch gezeigt hat, dass nicht jede Beschleunigung hinterher auch zu einer besseren Maßnahme führt.

Dann hat es im Dezember 2013 die Elbe-Ministerkonferenz gegeben. Dort sind eine Bewertung und Einordnung des Ereignisses vorgenommen worden, und es sind Schlussfolgerungen für das Vorhersagemodell und die Bemessungswasserstände gezogen worden. Die Position Niedersachsens ist: Niedersachsen begrüßt die Forderung der ElbeMinisterkonferenz nach einer besonderen Schwerpunktsetzung beim nationalen Hochwasserschutzprogramm auf die Wiedergewinnung und Schaffung von Hochwasserrückhalteräumen. Ein nationales Hochwasserschutzprogramm ist wichtiger Baustein des präventiven Hochwasserschutzes. Insbesondere dient es der Schaffung von Retentionsraum, was gerade in Niedersachsen als Unterlieger an der Elbe helfen wird. Das Beispiel der Kooperation zweier Kommunen im Vorharzbereich ist eigentlich ein schönes Beispiel, weil es zeigt, dass die Zusammenarbeit zwischen den Kommunen, die ja hier auch grundsätzlich in der Verantwortung sind, am Ende beiden Seiten dient. Der Unterlieger leistet vielleicht etwas - auch finanzielle - Unterstützung für den Oberlieger. Aber beide gemeinsam können dadurch sowohl bei der Finanzierung als auch bei der Schadensvorsorge gewinnen.

Im Bereich der Elbe stehen wir natürlich vor ganz anderen Voraussetzungen. Zwei benachbarte Gemeinden, da kennt man sich. Da kann man miteinander direkt reden, und da kann man gemeinsam auch Verabredungen treffen. Bei der Elbe haben wir es mit vielen Bundesländern, ja sogar mit vier Bundesstaaten zu tun, wenn man sich den gesamten Einzugsbereich anguckt. Von daher umfasst die gesamte Flussgebietsgemeinschaft ein gewaltiges Einzugsgebiet und fordert uns in ganz besonderer Weise, wenn es um die Zusammenarbeit geht, weil sie sogar international sein muss. Es ist aber im Zusammenwirken von Bund und Ländern meines Erachtens auch möglich, hier eine gemeinsame Finanzierungsstrategie zu realisieren. Das sollte jedenfalls im Fokus sein.

Niedersachsen begrüßt daher, dass die Bundesregierung in ihrem Koalitionsvertrag die Einrichtung eines Sonderrahmenplans „präventiver Hochwasserschutz“ festgeschrieben hat. Aktuell wird auf Bundesebene der Mittelansatz für das nationale Hochwasserschutzprogramm diskutiert. Die Koalition hat mit dem Sonderrahmenplan einen Vorschlag Niedersachsens aus der Ministerpräsidentenkonferenz folgerichtig aufgegriffen. Wer Gelegenheit hat, mit dem einen oder anderen Verantwortlichen auf Bundesebene zu sprechen, dem

wäre ich sehr dankbar, wenn er sich entsprechend für eine anspruchsvolle Ausstattung dieses Programms engagieren würde.

Niedersachsen unterstützt in Anbetracht der beim Hochwasser 2013 eingetretenen Schäden und Wasserstände die Forderungen der Umweltministerkonferenz und der Elbe-Ministerkonferenz nach einer Überprüfung und Fortschreibung der Bemessungsgrundlagen, insbesondere auch auf die Elbe. Das Land unterstützt auch Initiativen der für den Hochwasserschutz zuständigen Kommunen und Verbände, in den Einzugsgebieten der Flüsse zusammenzuarbeiten und überregional wirksamen Retentionsraum zu schaffen. Das ist eine gewaltige Herausforderung.

Sie sprachen, Herr Oesterhelweg, den Flächenbedarf an. Natürlich ist immer die Sorge der Landwirte: Was passiert denn, wenn meine Fläche, mein Acker, meine Wiese am Ende für so etwas in Anspruch genommen wird? - Wir haben ja mit den Havelpoldern beim Elbe-Hochwasser gesehen, wie ein solches Instrument wirken kann, wie in einer solchen Extremsituation die entscheidenden Dezimeter dann am Ende vom Hochwasserscheitel gebrochen werden können. Natürlich führt das dazu, dass landwirtschaftliche Flächen überflutet werden. Deshalb braucht es hier auch immer begleitend Entschädigungsregelungen, die sicherstellen, dass dann, wenn eine Ernte verloren ist oder ein Acker oder ein Grünlandbereich im Frühjahr, Sommer oder Herbst beeinträchtigt ist, Entschädigungszahlungen fließen können. Ich glaube, es ist bei der Planung solcher Maßnahmen ganz wichtig, dass die Landwirte und die Flächeninhaber am Ende wissen, dass sie in diesen Situationen nicht allein stehen.

(Zustimmung bei den GRÜNEN)