Protocol of the Session on July 23, 2014

(Beifall bei der SPD und bei den GRÜNEN)

Meine Damen und Herren, ich habe gesagt, die EU hat jetzt die zweite Stufe im Vertragsverletzungsverfahren gegen die Nichteinhaltung der EUNitratrichtlinie eingeleitet. Im dritten Schritt käme

die Klage vor dem Europäischen Gerichtshof, wenn Deutschland nicht binnen zwei Monaten reagiert. Das ist nicht mehr allzu viel Zeit.

Unsere Landesvertretung in Brüssel meldet auch, dass Niedersachsen bei der EU im Fokus stehe, da es hier in einigen Regionen besonders hohe Belastungen gebe. Also: Auch in Niedersachsen ist demnach nicht genug für die Reduzierung oder Prävention der Nitratbelastung getan worden.

Meine Damen und Herren, die Nitratrichtlinie dient dem Schutz der Gewässer vor Nitratbelastungen aus landwirtschaftlichen Quellen, und sie verpflichtet die Mitgliedstaaten, die Nitratkonzentrationen in allen Gewässerarten zu überwachen, gefährdete Gebiete auszuweisen und für diese Gebiete Aktionsprogramme zu entwickeln. In Deutschland ist die Düngeverordnung das Instrument, um die Nitratrichtlinie umzusetzen. Da müssen wir jetzt ansetzen bzw. die Bundesregierung ist schon dabei, eine neue Düngeverordnung zu erarbeiten.

Wir haben von unserer SPD-Fraktion aus dem Bundestag die Meldung bekommen. Sie hat deutlich gemacht, man setzt sich dort massiv für die Hoftorbilanz ein. Die anderen Themen sind eigentlich überall gleich. Es wird diskutiert über Lagerungszeiten, Stickstoffüberschüsse, Düngung in Hanglagen u. Ä. mehr.

Ich bin optimistisch, dass nach der Sommerpause der Entwurf vorgelegt wird und dass das dann ein Entwurf sein wird, der den Ansprüchen genügt, sodass wir auf dieser Basis weitermachen können. Ich bin sicher, unsere Landesregierung wird sich entsprechend einbringen, sodass dort sinnvolle Dinge erarbeitet werden, meine Damen und Herren.

(Beifall bei der SPD und bei den GRÜNEN)

Liebe Kolleginnen und Kollegen, eine wirksamere Düngeverordnung als die bisherige ist dringend nötig, nicht nur wegen der EU. Wir haben die Ziele der Wasserrahmenrichtlinie einzuhalten. Wir sollen bis 2015 einen guten chemischen und ökologischen Zustand der Oberflächengewässer und des Grundwassers herstellen. Das Ziel werden wir in der Form nicht erreichen.

Wir haben eine zu hohe Nährstoffbelastung der Oberflächengewässer. Wer gen Dümmer guckt, konnte in vielen Jahren miterleben, wie die Blaualgenproblematik wächst und wächst, was dort den Tourismus kaputt macht. Das soll und darf so nicht

weitergehen. Dafür müssen wir Lösungen finden, meine Damen und Herren.

Die Nährstoffbelastung im Grundwasser ist an vielen Stellen zu hoch. Ein Streit über die Zahlen und Messergebnisse führt uns gar nicht weiter. Wir wissen, dass ein weiterer Anstieg der Nitratbelastung nicht sein darf. Erst kürzlich hat der Geschäftsführer des BDEW darauf hingewiesen, welche Kosten auf die Wasserversorger zukommen, wenn sie Nitrat aus dem Trinkwasser entfernen müssen. Das Problem wird riesig.

Wir haben vom LBEG gehört - das muss ich nicht wiederholen, Herr Scholing hat es eben schon vorgetragen -, welcher Bilanzüberschuss besteht. Wenn man alles zusammennimmt, kann man sagen, dass wir ein Einsparpotenzial von 80 000 bis 90 000 t Stickstoff pro Jahr haben. Diese Mengen, die in den Gewässern landen, dürfen da nicht hin. Hier müssen wir Vorsorge treffen. Darum muss die Düngerichtlinie kommen.

Ich will noch kurz einige Punkte aufzählen, die zu tun sind. Das sind auch nicht alles unsere Gedanken: Das Umweltbundesamt, der Sachverständigenrat und andere fordern genauso die Einbeziehung aller organischen Düngemittel in die Ausbringungsobergrenze, die Erweiterung der Mindestlagerdauer, breitere Gewässerrandstreifen, die Bußgeldbewehrung der Überschreitung maximaler Nährstoffsalden, Ausweitung der Sperrfristen für die Ausbringung von Wirtschaftsdünger, Verschärfung der Anforderungen an Ausbringungstechnik. Das alles sind Forderungen, denen wir uns anschließen. Wir bauen darauf, dass es eine vernünftige Lösung gibt, eine Lösung, die Akzeptanz findet, damit sie dann hinterher auch tatsächlich wirkungsvoll im Land angewendet werden kann.

Vielen Dank.

(Beifall bei der SPD und bei den GRÜNEN)

Vielen Dank, Frau Kollegin. - Die Schriftführerkollegin fragt eben, ob wie bei den anderen verfahren werden soll. Ich sage: Ja, Frau Rakow hat am wenigsten überzogen. Herzlichen Glückwunsch. - Das Wort hat jetzt für die FDP-Fraktion der Kollege Hermann Grupe.

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Das Thema ist meines Erachtens in der Tat dauer

haft aktuell, nämlich haargenau so lange, bis wir deutliche Fortschritte bei dem Thema erzielt haben. Ich habe mich im Ausschuss sehr dafür eingesetzt, dass wir das sachlich-fachlich und lösungsorientiert behandeln. Dabei ist ein gemeinsamer Antrag herausgekommen. Allein das rechtfertigt schon, dass wir dazu eine Aktuelle Stunde abhalten.

Ich möchte noch einmal verdeutlichen: Wir haben in der Tat in einigen Landesteilen - das ist gar keine Frage - Probleme, dort, wo wir eine starke Viehhaltung haben.

Die Politik - auch das will ich hier noch einmal betonen - hat mit dem EEG im Jahr 2009 noch einen draufgesetzt, indem sie die Biogasanlagen gerade für die Rindvieh haltenden Regionen noch zusätzlich attraktiv gemacht - parallel zur Viehhaltung - und damit das Problem noch verschärft hat. Man wollte das Gegenteil erreichen, das hat man aber nicht. Damit ist ganz klar: Alle Düngeformen, alle Düngemittel müssen selbstverständlich einbezogen werden, wenn man eine Bilanz macht.

Es gibt aber sehr viele unterschiedliche Regionen in Niedersachsen, und es gibt auch ganz andere Entwicklungen. Das will ich hier auch sagen. Bei uns in Hameln haben wir uns neulich ein Wasserschutzgebiet ansehen dürfen. Dort steht eine Biogasanlage mitten im Wasserschutzgebiet. Das Biogassubstrat wird dort auch vor Ort ausgebracht. Man macht das in einem engen Kooperationsabkommen mit der Wasserwirtschaft, und die Nitratwerte sind dauerhaft absolut solide sinkend. Das muss beispielgebend sein. Das ist unser Ziel. Das wollen wir alle gemeinsam erreichen. Das können wir aber nur erreichen, wenn wir die organischen Düngemittel im Besonderen - Herr Scholing hat es gesagt - im Lande entsprechend verteilen.

Wir haben ja die Zuspitzung des Problems auch deswegen, weil gerade in den Regionen mit leichten Böden, wie wir sagen, also mit sandigen Böden, die Viehdichte besonders hoch ist. Diese Böden können Nitrate weniger gut halten als unsere schweren Lehm- und Tonböden im Süden. Es bleibt uns also nichts anderes - das ist ja nun mittlerweile Konsens -, als diese Düngemittel in diese Räume zu transportieren. Auch hierfür gibt es logistische Lösungen, indem man nämlich Kombifahrzeuge entwickelt hat, die auf der einen Tour diese organischen Düngemittel in den Süden bringen und die Futtermittel, das Getreide mit dem gleichen Fahrzeug, allerdings in einem anderen Raum und mit unterschiedlichen technischen Lö

sungen, die ich hier nicht erläutern will, wieder mit zurücknehmen können, sodass eine Leertour entfällt und die Organik in den Süden transportiert wird.

Das ist für uns ein absolut wertvoller Dünger. Der Kollege Scholing hat dankenswerterweise davon gesprochen:

(Unruhe - Glocke des Präsidenten)

Wir müssen auf 40 bis 50 kg herunterkommen. Es ist gut, wenn das hier auch Allgemeinwissen ist. Null gibt es nirgends. Unter dem gibt es keinen fruchtbaren Boden mehr und ist auch kein vernünftiger Ackerbau mehr notwendig. Das ist die anzustrebende Ideallinie. Wir sind im Grunde in den Ackerregionen bei 50 bis 60 kg. In der Düngeverordnung ist ja eine fallende Tendenz vorgesehen. Insofern, meine Damen und Herren, brauchen wir weniger neue Verordnungen und Gesetze. Wir brauchen nur die saubere Anwendung. Und wir brauchen das Engagement, dass wir uns hier gemeinsame für diese Ziele einsetzen.

Deswegen, Herr Minister, und vielleicht auch weil Sie heute Geburtstag haben, noch einmal die herzliche Einladung, hier an dem Konsens, den die Fraktionen bereits gefunden haben, mitzuwirken Wir hatten gerade bei diesem Thema die herrliche Situation, dass der gemeinsame Antrag veröffentlicht wurde, und zwei Stunden später von Ihnen die Meldung kam: Es gibt das Kataster.

Die Frage war, wo überhaupt die Unterschiede liegen. Wir sollten ja einheitlich feststellen, wir wollen wenig Bürokratie, das wurde auch von Herrn Scholing gesagt. Das Kataster ist ein Synonym für Bürokratie geworden. Machen Sie bitte daher bei dem mit, was die Fraktionen bereits verabredet haben, und lassen Sie uns das Thema anpacken.

Danke schön.

(Beifall bei der FDP)

Herr Kollege Grupe, auch Ihnen ist es gelungen, unter den fünf Minuten zu bleiben. Man sieht also, es geht.

Das Wort hat nun der Herr Landwirtschaftsminister. Bitte, Herr Meyer!

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Die Lage bei den Nitratwerten und bei der Überdüngung in Niedersachsen ist ernst. Ich bin froh, dass hier in den Wortbeiträgen der Konsens deutlich wurde, dass es ein Problem gibt. Noch vor einer Woche habe ich von Herrn Grupe eine Pressemitteilung bei top agrar, vom 14. Juli 2014, gelesen, das Grundwasser sei viel besser als alle behaupten. Auch von Herrn Deneke-Jöhrens gab es Versuche, Details zu kritisieren und zu sagen, es sei mit den Messstellen schwierig.

Meine Damen und Herren, wer im Mai dieses Jahres beim gemeinsamen Symposium vom MU, ML und vom Sozialministerium mit den Wasserverbänden, den Kommunen und dem Landvolk dabei war, kennt die bedrückenden Zahlen: Von 2009 bis 2014 gab es nach vorläufiger Bewertung eine Verschlechterung der Nitratwerte auf weiteren 700 km2. Grundwasserkörper in einer Ausdehnung von 59 % der Fläche Niedersachsens sind voraussichtlich in Bezug auf Nitrat in einem schlechten Zustand. 2009 waren es noch 58 %. Das ist die berühmte Karte, die Herr Deneke-Jöhrens vermisst hat.

(Minister Christian Meyer hält eine Landkarte hoch)

Das ist die aktuelle Karte des NLWKN, die dort vorgestellt wurde. Die roten Bereiche sind nicht die Bereiche, die die SPD bei der Landtagswahl gewonnen hat, auch wenn das mehr geworden sind.

Herr Minister, Herr Dr. Deneke-Jöhrens möchte Ihnen eine Zwischenfrage stellen. Lassen Sie die zu?

Damit habe ich gerechnet. - Ja.

Bitte, Herr Kollege!

Herr Minister, Sie haben gerade die Messstellen angesprochen. Haben Sie es immer noch nicht verstanden, dass in Deutschland anders gemessen wird als in anderen Staaten? Wir messen an den Belastungsmessstellen. Das ist dort, wo Befunde sind. Und die anderen messen alles. Die

anderen geben den Durchschnittswert an, und wir geben nur die Durchschnittswerte der Messstellen an, die tatsächlich hohe Nitratwerte ausweisen. Das ist - ich habe es vorhin ausgeführt -, als wenn Sie in einer Stadt die Kriminalitätsrate der Bürger nur bei den Straftätern messen.

Herr Kollege, jetzt werden Ihre Ausführungen zu einer Rede. Ihre Frage ist angekommen. Vielen Dank.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Schön, dass ich das erläutern kann. Denn die bisher vorhandenen Daten sind die, die Ihre schwarzgelbe Bundesregierung an die EU gemeldet hat, auf dessen Grundlage die EU dieses Ranking erstellt. Der Punkt ist, dass wir in den letzten fünf Jahren eine Verschlechterung hatten.

(Dr. Hans-Joachim Deneke-Jöhrens [CDU]: Das stimmt nicht!)

- Doch, die Karte stimmt. Die erste Karte ist noch in der Amtszeit von Herrn Sander im Jahre 2009 herausgegeben worden. Und die neue ist die, die - leider, weil es nämlich nicht SPD-Wahlkreise sind - ein paar mehr rote Flecken ausweist. Das sind die gleichen Messstellen, die gleichen Messmethoden. Wir müssen nun leider hinnehmen, dass wir eine leichte Verschlechterung haben.

(Frank Oesterhelweg [CDU]: Hat der Kollege nun recht oder nicht?)

Wenn Sie mit den Wasserverbänden und den Landkreisen reden, dann wissen Sie, dass wir in einigen Bereichen, besonders in den Bereichen mit großer Tierhaltung, Biogasanlagen und Maisanbau, eine Tendenz zu verzeichnen haben, die leider wieder nach oben geht.

Meine Damen und Herren, die EU-Kommission hat nicht grundlos die zweite Stufe des Vertragsverletzungsverfahrens eingeleitet. Ich kann Ihnen nur raten, sich das Schreiben der EU wirklich einmal durchzulesen.

Es ist daher höchste Eisenbahn, dass der Bund endlich die Düngeverordnung novelliert. Da hat die CDU ja einen gewissen Einfluss. Sowohl die Umweltministerkonferenz als auch die Agrarministerkonferenz haben klare Vorschläge gemacht, die jetzt umgesetzt werden müssen, um ein teures