Protocol of the Session on July 22, 2014

Auch hier ist keine Berichterstattung vorgesehen.

Wir treten in die Beratung ein. Für die Antragsteller spricht als Erster der Kollege Uwe Schwarz von der SPD-Fraktion.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Seit Jahrzehnten bemühen sich die Parteien parteiübergreifend, Maßnahmen zu finden, um die Bereitschaft zur Organspende in Deutschland zu erhöhen. Begriffe wie „Zustimmungslösung“, „Widerspruchslösung“ oder „Informationslösung“ standen dabei für die diskutierten Ansätze.

Dann hat es in Deutschland in einem ersten Gesetz des Bundes 1997 die Entscheidung gegeben, die sogenannte Informationslösung festzuschreiben, d. h. ein Instrument, das die Bereitschaft zur Organspende durch umfassende Aufklärung und

Information erhöhen soll. Das Gesetz ist 2012 novelliert worden.

Wir müssen leider feststellen, dass daraus erkennbare Erfolge bislang nicht entstanden sind. Nach wie vor warten über 12 000 Menschen auf ein Spenderorgan. 1 000 Menschen sterben jährlich, weil kein Spenderorgan rechtzeitig zur Verfügung stand.

Fast jedes Thema, das uns zwingt, sich mit den Folgen des eigenen Todes zu beschäftigen, wird von vielen Menschen zum Tabuthema erklärt. Da laufen dann auch Aufklärungskampagnen relativ schnell ins Leere. Hinzu kommen mangelnde Transparenz und Angst vor Missbrauch. Das sind weitere gewichtige Hinderungsgründe.

Nach den - ich sage es an dieser Stelle ganz deutlich - kriminellen Machenschaften einzelner Akteure vor einigen Jahren, als Patienten auf der Warteliste vorgezogen worden sind, ist die Spendenbereitschaft in Deutschland trotz aller Bemühungen weiter gesunken.

Mit der heutigen Entschließung empfiehlt der Sozialausschuss einstimmig, ein Transplantationsausführungsgesetz in Niedersachsen auf den Weg zu bringen, um so insbesondere eine stärkere Einbindung der Krankenhäuser in den Prozess der Organspende - vor allem die konsequente Umsetzung der Meldepflicht - zu erreichen.

Nach dem Bundesrecht ist es eindeutig Aufgabe der Länder, die Qualifizierung und Freistellung von Transplantationsbeauftragten zu regeln. Die Deutsche Stiftung Organtransplantation hat mehrfach darauf hingewiesen, dass in Niedersachsen ein solches Gesetz fehlt. In der vergangenen Legislaturperiode hat der Landtag die Landesregierung zweimal aufgefordert, ein solches Gesetz vorzulegen. Das ist heute, meine Damen und Herren, der dritte Versuch.

Gleichzeitig wird die Landesregierung gebeten, sich für den Abbau diskriminierender Regelungen in Bezug auf Organspenden einzusetzen, z. B. diskriminierende Regelungen gegen homosexuelle Männer - eine Regelung, die weder hilfreich noch zeitgemäß ist.

(Zustimmung bei der SPD, bei den GRÜNEN und bei der FDP)

Ich will an dieser Stelle eines deutlich sagen: Wenn jetzt im dritten Versuch durch die neue Landesregierung der Entwurf eines entsprechenden Ausführungsgesetzes für Niedersachsen vorgelegt

wird, dann wird dieses kein Allheilmittel werden. Aber es kann hoffentlich ein wichtiger Baustein werden, die Spendenbereitschaft in Niedersachsen und auch im Bund zu erhöhen. Es kann ein Beitrag dazu sein, die Situation von schwerstkranken Menschen zu verbessern und gegebenenfalls ihr Leben zu retten.

In diesem Sinne empfehlen wir aus dem Sozialausschuss Ihnen, diesen Antrag anzunehmen. Ich bitte um Zustimmung und hoffe, dass die Landesregierung unserer Bitte dann relativ schnell nachkommen kann.

(Beifall)

Vielen Dank, Herr Kollege Schwarz. - Für die CDUFraktion hat jetzt die Abgeordnete Petra Joumaah das Wort.

Sehr geehrter Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Wir alle wissen, wie viele, wie unglaublich viele Menschen dringendst ein lebensrettendes Spenderorgan benötigen. Wir alle beobachten - mein Vorredner hat es schon erwähnt - mit Sorge die nachlassende Organspendebereitschaft potenzieller Spender, was sich zum einen aus sehr persönlichen Gründen - durchaus auch Ängsten - ergibt und zum anderen auch, weil sie das Vertrauen in die Transplantationsmedzin verloren haben.

Beidem muss entgegengewirkt werden: zum einen durch zusätzliche Regelungen in einem Landesgesetz, aber auch weiterhin durch intensivste Aufklärung und Information. Die Organspendebereitschaft muss wieder erhöht werden. Deshalb stimmen wir dem vorliegenden Antrag natürlich zu.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Natürlich herrscht Einvernehmen bei der Beurteilung, dass aufgrund der sexuellen Orientierung auch im Bereich der Organspende keinerlei Diskriminierung stattfinden darf. Das haben wir hier im Plenum schon beim Thema der Blut- und Knochenmarkspende ausführlich erörtert.

Lassen Sie mich noch eine Anmerkung zum drängenden, ein wenig ungeduldigen Wort „endlich“ in Ihrem vorliegenden Antrag machen. Hätten Sie gleich einen Gesetzentwurf vorgelegt, hätten wir unter Umständen viel Zeit einsparen können.

Vielen Dank.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Vielen Dank, Frau Kollegin. - In der Beratung geht es mit dem Abgeordneten Thomas Schremmer für die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen weiter. Sie haben das Wort, Herr Kollege.

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Die Verwendung des Worts „endlich“ ist - wenn ich das von hier vorne aus einmal so sagen darf - nach zehn Jahren, glaube ich, nicht so unberechtigt. Verzeiht uns also, dass wir das so formuliert haben. Ich denke, es geht trotzdem.

Ich begrüße für meine Fraktion den Antrag auf Einführung eines Ausführungsgesetzes sehr, insbesondere weil der Fokus auf Qualifizierung von Transplantationsbeauftragten und Melderegister gelegt wird. Ich möchte aber auch zum Ausdruck bringen, dass trotz der großen Bereitschaft vieler Menschen, Organe zu spenden, im Grunde die wesentliche Voraussetzung, nämlich das Vertrauen in das System, weiterhin im Prinzip geschmälert ist. Ich glaube, das persönliche Sicherheitsgefühl - da kann ich mich einschließen; z. B. auch Ärztinnen und Ärzte sowie Pflegekräfte sagen genau dasselbe - ist im Augenblick noch nicht groß genug, um sich grundsätzlich bereit zu erklären, umfänglich Organe zu spenden. Das liegt aus meiner Sicht und aus Sicht der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen daran, dass wir privatrechtlichen Stiftungen insbesondere die Hoheit über die Organisation des Transplantationswesens geben. Die Prüfungs- und Überwachungskommission, die bei den Kosten- und Leistungsträgern eingerichtet worden ist, hat Probleme, transparent und nachvollziehbar zu arbeiten und Berichte zu schreiben. Das sind mindestens schwierige Probleme, die dazu führen, dass man in der Öffentlichkeit noch nicht so weit ist, eine Organspendebereitschaft sozusagen mit seiner individuellen Möglichkeit zu versehen.

Insofern bleibt aus unserer Sicht festzuhalten, dass Kampagnen, wie sie im Bundesgesundheitsministerium gemacht werden und wie wir sie hier machen, sicherlich wichtig sind. Aber sie sind bei Weitem nicht genug. Die Einführung eines Ausführungsgesetzes ist überfällig. Ein solches Gesetz wäre ein guter Baustein, um Vertrauen zurückzugewinnen. Ich bitte Sie daher, dem Antrag zu folgen.

Vielen Dank.

(Beifall bei den GRÜNEN und bei der SPD)

Auch Ihnen sage ich Danke schön, Herr Kollege Schremmer. - Für die FDP-Fraktion hat die Abgeordnete Sylvia Bruns das Wort.

Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Seit den Skandalen um die Manipulation bei der Organvergabe ist die Spendebereitschaft in Deutschland deutlich zurückgegangen. Nach dem bislang historischen Tief im letzten Jahr ist die Spenderzahl im März dieses Jahres weiter auf 204 gesunken. In Deutschland hingegen warten 11 000 schwer erkrankte Menschen auf ein Spenderorgan. Alle acht Stunden stirbt einer, weil ihm kein Organ zur Verfügung gestellt wurde. Daran wird deutlich: Handlungsbedarf besteht dringend. Der Antrag der Regierungsfraktionen ist ein guter Baustein, um die Spendenbereitschaft in der Bevölkerung zu erhöhen. Hier sind länderübergreifende Konzepte und bundesweit eine konzertierte Aktion gefragt.

Wir haben schon über die Diskriminierung bei der Blutspende gesprochen. Das ist natürlich auch immer ein Thema bei der Organspende. Deswegen begrüßen wir es außerordentlich, dass sich auch das in dem Antrag wiederfindet. Es darf bei der Organspende keine Organe erster und zweiter Klasse geben. Auch dies findet sich in dem Antrag wieder.

(Zustimmung von Thomas Schrem- mer [GRÜNE])

An dieser Stelle möchte ich bezüglich der Diskriminierung auf eine weitere Baustelle aufmerksam machen, und zwar auf die Knochenmarkspende, bei der es ähnliche Diskriminierungen gibt. Auch hier müssen wir uns auf den Weg machen.

Persönlich würde ich noch gerne auf die neue Kampagne „Pro Organ“ aufmerksam machen, die mir tatsächlich völlig aus der Seele spricht. Reden alleine hilft nicht, sondern es muss gehandelt werden. Ich selbst habe vor 27 Jahren - makabererweise zum Motorradführerschein - einen Organspendeausweis geschenkt bekommen. Ich hoffe, Sie alle gehen mit gutem Beispiel voran und haben ihn in der Tasche.

Vielen Dank.

(Beifall bei der FDP und bei der CDU sowie Zustimmung bei der SPD und bei den GRÜNEN)

Das sollten nicht nur Motorradfahrer tun, sondern alle Verkehrsteilnehmer. Das wollte ich als Nichtmotorradfahrer noch ergänzen. Auch Autofahrer sollten ihn dabei haben.

(Mechthild Ross-Luttmann [CDU]: Fußgänger auch!)

Frau Ministerin Rundt, Sie haben jetzt für die Niedersächsische Landesregierung das Wort. Bitte schön!

Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Am 7. Juni dieses Jahres war der „Tag der Organspende“. Nur wenige Tage später haben die Regierungsfraktionen von SPD und Bündnis 90/Die Grünen einen Entschließungsantrag zur Vorlage eines Niedersächsischen Ausführungsgesetzes zum Transplantationsgesetz gestellt. Dieser Antrag kann nur von Herzen begrüßt werden. Ich sehe auch, dass alle Fraktionen mit diesem Antrag ein gemeinsames, deutliches und positives Signal setzen werden; denn - wie bereits erwähnt - sinkt im Moment noch die Bereitschaft zur Organspende. In Niedersachsen ist die Zahl der transplantierten Organe nach postmortaler Organspende von 267 im Jahr 2010 auf 226 im Jahre 2013 zurückgegangen. Das ist tragisch, weil es bei den meisten Patientinnen und Patienten auf der Warteliste um schlicht nichts anderes als um Leben oder Tod geht. Da es um Leben oder Tod geht, ist es ein unglaublich wichtiges Zeichen, dass der Sozialausschuss dem vorliegenden Antrag einstimmig - wenn auch bei Abwesenheit der FDP - zugestimmt hat.

Mit dem Ausführungsgesetz soll dem Vertrauensverlust in der Bevölkerung durch transparente Prozesse entgegengetreten werden. So soll dem Mangel an Organspenderinnen und Organspendern begegnet werden. In dem Gesetz sind alle relevanten Bereiche zur landesrechtlichen Organspendeproblematik zu bündeln. Das Gesetz soll der Bevölkerung, insbesondere aber auch den im Gesundheitswesen damit befassten Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern Orientierung geben und Signalwirkung für sie sein. Wir werden also mit großer Sorgfalt und Zielstrebigkeit an dem Entwurf für ein

Ausführungsgesetz zum Transplantationsgesetz arbeiten.

In den letzten Wochen und Monaten waren wir nicht untätig. Wir haben z. B. bereits gemeinsam mit der Krankenhausgesellschaft dafür gesorgt, dass sich über 100 Krankenhäuser in Niedersachsen als Entnahmekliniken gemeldet haben, sodass schon die ersten Voraussetzungen gegeben sind. Es sind viele Dinge zu regeln, auch die Kostenproblematik bei Freistellungen. Uns wird dieser gemeinsame Antrag eine große Hilfe sein. Ich bin mir ganz sicher, dass wir nicht weitere zehn Jahre untätig sein werden, sondern wir werden handeln.

(Beifall bei der SPD und bei den GRÜNEN)

Vielen Dank, Frau Ministerin Rundt. - Weitere Wortmeldungen liegen zu diesem Tagesordnungspunkt nicht vor. Daher sind wir am Ende der zweiten Beratung und treten in das Abstimmungsverfahren ein.

Wer der Beschlussempfehlung des Ausschusses folgen und damit den Antrag der Fraktion der SPD und der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen in der Drucksache 17/1620 unverändert annehmen will, den bitte ich um das Handzeichen. - Ich frage nach Gegenstimmen. - Die sehe ich nicht. Enthaltungen? - Ebenfalls nicht. Sie haben einstimmig so beschlossen. Vielen Dank.

Wir kommen dann zu dem

Tagesordnungspunkt 11: Erste Beratung: Gänsemonitoring und -management in Niedersachsen - Antrag der Fraktion der SPD und der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen - Drs. 17/1757

Mir liegt zurzeit eine Wortmeldung vonseiten der Antragsteller vor. Das Wort hat der Kollege Wiard Siebels, SPD-Fraktion.