Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Ich frage die Landesregierung und die Ministerin ganz explizit. Als Justizministerin und Fachjuristin haben Sie die Rechts
grundlage und auch den Zeitpunkt des Erlöschens der Immunität von Herrn Edathy bisher nicht genannt. Sie berufen sich nur auf Mutmaßungen.
Ich möchte von Ihnen jetzt gerne wissen, wann die Immunität erloschen ist und auf welche Rechtsgrundlage Sie das stützen.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich bin als Justizministerin für viele rechtliche Prüfungen zuständig. Diese fällt nicht darunter. Die Prüfung des Erlöschens der Immunität liegt im Zuständigkeitsbereich des Präsidenten des Deutschen Bundestags.
Allerdings hat über die Frage, ob der Beschuldigte zu dem Zeitpunkt der Durchsuchungsmaßnahmen noch Immunität genoss - ja oder nein? - das Landgericht Hannover explizit entschieden. Entscheidungen der niedersächsischen Gerichte kommentiert die Justizministerin nicht.
Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich frage die Landesregierung: Warum wurden die Bürgerinnen und Bürger in Lingen nicht umgehend am 1. Juni darüber unterrichtet, dass ein Sicherungsverwahrter, der als gewalttätig und gefährlich gilt und ein 13-jähriges Mädchen vergewaltigt habe soll, auf freiem Fuß ist?
Meine zweite Frage: Vor dem Hintergrund, dass sich auch die SPD-Fraktion im Stadtrat in Lingen und auch Eltern nach Auskunft des NDR - - -
- „Vor dem Hintergrund“ darf ich ruhig sagen, damit das klar wird, liebe Frau Korter. Vielleicht hören Sie einfach mal zu.
Ich frage die Landesregierung, ob die Menschen in Lingen nicht ein Anrecht darauf haben, frühzeitig vor flüchtigen und rückfälligen Sicherungsverwahrten gewarnt zu werden.
Sehr geehrter Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Frau Lorberg, könnten Sie die erste Frage wiederholen? Durch das Gemurmel hier auf der Treppe war sie nicht zu verstehen.
Zur zweiten Frage: Grundsätzlich hat die Öffentlichkeit selbstverständlich einen Anspruch darauf, über flüchtige Straftäter informiert zu werden. Die entscheidende Frage ist: Wann tut man das, in welchem Ausmaß tut man es, und nach Abwägung welcher Kriterien tut man das?
Die Polizei hat vor Ort in Abwägung der Gesamtumstände und in der schon mehrfach geschilderten Erwartung, dass er sich kurzfristig wieder einfinden oder melden wird, von einer breiten öffentlichen Fahndung nach den mir vorliegenden Berichten zu diesem Zeitpunkt abgesehen, weil man der Auffassung war, dass eine öffentliche Fahndung zu diesem Zeitpunkt für eine möglicherweise unverhältnismäßige Aufregung gesorgt hätte. Gleichzeitig hätte man zunächst den dafür notwendigen Apparat aufbauen müssen, was die Frage des Auflaufens von Telefonanrufen und Hinweisen aus der Bevölkerung angeht.
Deswegen hat man sich entschieden, damit zu warten und auf gezielte örtliche Maßnahmen gesetzt. Das ist in der Tat passiert. Im Rahmen der täglichen Dienstverrichtung hat die örtliche Polizei sehr sorgfältig darauf geachtet, ob sich der Verdächtige in Lingen und Umgebung aufhält. In der Folge ist dann passiert, was Ihnen bekannt ist, dass nämlich am Montag dann die weiteren Maßnahmen eingeleitet wurden.
Vielen Dank, Herr Präsident. - Meine Damen und Herren! Meine Nachfrage bezieht sich im Grunde genommen auf alle drei Fälle. Vor dem Hintergrund, dass die CDU-Fraktion hier immer wieder massives Eingreifen seitens der Politik in laufende staatsanwaltschaftliche Ermittlungen gefordert hat: Teilt die Landesregierung die Auffassung der CDU, dass die Staatsanwaltschaften in diesem unserem Land Niedersachsen viel stärker politisch kontrolliert und gesteuert werden sollten?
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Es wird Sie nicht überraschen, dass ich nicht der Auffassung bin, dass die Staatsanwaltschaften in Niedersachsen politisch gesteuert werden sollten.
Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Frau Ministerin, vor dem Hintergrund, dass Sie gerade selbst ausgeführt haben, dass am Tag vor dem Gespräch des unter Korruptionsverdacht gefallenen Richters mit dem Staatssekretär bereits Durchsuchungen stattgefunden haben und Hausverbote erteilt worden sind, der Innenminister eingeräumt hat, dass Observationen durchgeführt wurden, die offensichtlich bemerkt worden sind, da der Verdächtige ja die Polizisten abgeschüttelt hat, und sie sich hier sogar verwundert geäußert haben, warum er nicht bereits einen Tag vorher die Flucht angetreten habe, und Sie sich das auch nicht erklären könnten, frage ich die Landesregierung: Spricht denn vor diesem Hintergrund nicht sehr viel dafür, da der seelenruhig ins Justizministerium zu einem Personalgespräch unter vier Au
gen gegangen ist, dass ihm für dieses Personalgespräch freies Geleit zugesichert wurde, weil möglicherweise dort irgendein Deal vereinbart werden sollte, durch den man das Ganze noch irgendwie kleinkriegt?
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich bin wirklich - - - Nein, sprachlos bin ich nicht. Ich bin ein Stück weit erschüttert, dass Sie es überhaupt für denkbar halten, dass der Staatssekretär im Niedersächsischen Justizministerium irgendwelche halbdunklen Deals mit einem Verdächtigen trifft, um ihn vor Strafverfolgung zu schützen. Ich verstehe überhaupt gar nicht, wie man auf so eine Idee kommen kann. Wir waren zutiefst erschüttert.
(Jens Nacke [CDU]: Das haben Sie doch gestern eingeräumt! Das ist doch gestern auch eingeräumt wor- den!)
Jeder niedersächsische Richter, mit dem ich darüber gesprochen habe, war zutiefst erschüttert und legt höchsten Wert darauf, dass dieser Richter bestraft wird. Das gilt natürlich auch für den Staatssekretär.
Es ist völlig absurd und abwegig, von einem solchen freien Geleit und von einer solchen Zielrichtung dieses Gesprächs auszugehen. Ich habe eindeutig gesagt, worum es bei diesem Gespräch gegangen ist. Der Richter hatte noch zu arbeiten. Es gab noch keine Entscheidung des Richterdienstgerichts.
Das war Gegenstand seines Gesprächs mit dem Staatssekretär. Ich habe mich hier auch nicht darüber verwundert geäußert, dass er nicht schon am